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BFH-Urteil vom 4.7.1985 (V R 82/77) BStBl. 1985 II S. 538

Zur Bereitstellung eines Angelteiches für Betriebsangehörige.

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Satz 2 Buchst. b und c, § 15 Abs. 1 und Abs. 2.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

Der Kläger betreibt ein kunststoffverarbeitendes Unternehmen. Er pachtete im Jahre 1970 für den Zeitraum von zwölf Jahren ein Gewässer, das ausschließlich seinen Betriebsangehörigen als Angelteich dient. Diejenigen Betriebsangehörigen, die Interesse am Angelsport haben, gründeten eine Angler-Interessengemeinschaft und gaben ihr eine Satzung. Nach dieser müssen die zum Angeln zugelassenen Betriebsangehörigen im Besitz eines vom Kläger erteilten Erlaubnisscheins sein. Sie haben einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 3 DM zu entrichten. Die Mitgliedsbeiträge werden für den notwendigen Fischbesatz sowie für die Veranstaltung von Angelwettbewerben und Angelfesten verwendet.

Der vom Kläger zu zahlende Pachtzins beträgt jährlich 3.400 DM. Einschließlich der mit der Nutzung des Gewässers als Angelteich verbundenen weiteren Ausgaben, die für das Jahr 1972 zu einem Vorsteuerabzug von 55,92 DM führten, hatte der Kläger in den Jahren 1970 bis 1973 Aufwendungen von 3.400 DM, 3.500 DM, 4.472 DM und 3.400 DM. Diese Aufwendungen behandelte der Kläger einkommensteuerrechtlich als abzugsfähige Betriebsausgaben. Das Finanzamt hielt sie dagegen unter Berufung auf § 4 Abs. 5 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für nicht abzugsfähig. Deshalb erhöhte es bei der endgültigen Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1970 bis 1973 die Gewinne entsprechend.

Im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1970 bis 1973 hat das Finanzamt (Beklagter) diese Aufwendungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967) der Umsatzsteuer unterworfen (Mehrwertsteuer von insgesamt 1.624 DM). Die Einsprüche sind ohne Erfolg geblieben.

Das Finanzgericht hat der gegen die Heranziehung dieser Aufwendungen zur Umsatzsteuer gerichteten Klage stattgebend die Umsatzsteuern für die Jahre 1970 bis 1973 entsprechend herabgesetzt. Zu § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG in der für die Jahre 1970 bis 1973 maßgebenden Fassung hat es die Ansicht vertreten, bei den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben im Sinne dieser Vorschrift handele es sich nur um Aufwendungen zur Pflege der Geschäftsbeziehungen, die unangemessenen Repräsentationsaufwand darstellten. Die Nutzung der in § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG aufgeführten Gegenstände durch eine größere Zahl von Arbeitnehmern habe der Gesetzgeber nicht erfassen wollen. Allein diese Auslegung sei mit der Entstehungsgeschichte sowie mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. Eine Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1967 sei demnach ausgeschlossen. Auch liege keine sonstige Leistung des Klägers im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 an seine Arbeitnehmer vor, da er den Angelteich nicht gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe. Den Betriebsangehörigen werde kein geldwerter Vorteil, sondern nur eine umsatzsteuerrechtlich irrelevante Aufmerksamkeit im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 6. Februar 1975 V R 103/72 (BFHE 115, 75, BStBl II 1975, 255) zugewendet.

Mit der Revision rügt das Finanzamt Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1967 durch Nichtanwendung des § 4 Abs. 5 Nr. 3 EStG. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Finanzamts ist unbegründet.

1. Der Kläger hat den von ihm gepachteten Angelteich weder zur Ausführung von Umsätzen gegen Entgelt noch für Zwecke verwendet, die außerhalb seines Unternehmens liegen. Seine Aufwendungen für den Angelteich werden auch nicht von der Steuer für den Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c UStG 1967 erfaßt.

2. Der Kläger hat mit der Bereitstellung des Angelteiches für seine am Angeln interessierten Betriebsangehörigen eine sonstige Leistung im Rahmen seines Unternehmens erbracht, die der Besteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 nicht unterliegt, weil sie nicht gegen Entgelt ausgeführt worden ist.

a) Die Leistung ist im Rahmen des Unternehmens erbracht worden. Der Kläger hat den Angelteich nur seinen Betriebsangehörigen zur Verfügung gestellt. Veranlaßt wurde er hierzu allein durch das Arbeitsverhältnis, in dem diese zu ihm standen. Ausschließlich unternehmerische Erwägungen - Bindung der Arbeitnehmer an den Betrieb, Erhaltung oder Verbesserung des sog. Betriebsklimas u.a. - haben ihn zu dieser Verwendung des Teiches bewogen. Der Kläger hat demgemäß den Angelteich nur im Interesse und damit nur für Zwecke seines Unternehmens gepachtet und verwendet. Er ist also nicht in einem Bereich, der außerhalb seines Unternehmens liegt, tätig geworden. Hierbei ist rechtlich ohne Belang, daß die Betriebsangehörigen den Angelteich nur in ihrer Freizeit nutzten, denn maßgebend ist, welche Zwecke der Unternehmer verfolgt. Auch Werbegeschenke an Geschäftsfreunde verlieren nicht ihren Charakter als durch die Interessen des Unternehmens bedingte Wertabgaben, selbst wenn sie nur für deren persönlichen Verbrauch bestimmt sind.

b) Nach den Feststellungen des Finanzgerichts hat der Kläger den Angelteich als soziale Betriebseinrichtung verstanden und ihn daher ohne Einforderung einer besonderen Vergütung zur Verfügung gestellt. Eine zusätzliche Arbeitsleistung ist von den Arbeitnehmern, die den Angelteich nutzten, weder erwartet oder gefordert noch erbracht worden. Desgleichen scheidet die Annahme aus, diese Arbeitnehmer hätten, Erwartungen des Klägers entsprechend, nunmehr einen Teil ihrer im Umfang unverändert gebliebenen Arbeitsleistung als Benutzungsentgelt erbracht und damit im Gegensatz zu ihren am Angeln nicht interessierten Arbeitskollegen den vollen Barlohn für eine geringere Arbeitsleistung erhalten. Arbeitsleistung und Arbeitslohn waren vertraglich festgelegte Größen; sie wurden durch die freiwillige soziale Zuwendung des Klägers in ihrer umsatzsteuerrechtlichen Relevans nicht verändert. Für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes 1967 scheidet damit eine Besteuerung der Zuwendung aus (vgl. die Entscheidungen des Senats vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, vom 17. September 1981 V B 43/80, BFHE 134, 65, BStBl II 1981, 775, vom 24. März 1983 V B 56/82, BFHE 138, 111, BStBl II 1983, 391, vom 6. Juni 1984 V R 136/83, BFHE 141, 359, BStBl II 1984, 688, und vom 4. Oktober 1984 V R 82/83, BFHE 142, 66, BStBl II 1984, 808).

3. Da der Kläger den Angelteich ausschließlich für Zwecke seines Unternehmens verwendet hat, kommt die Besteuerung eines Eigenverbrauchs für unternehmensfremde Verwendungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG 1967 nicht in Betracht.

4. Die Aufwendungen des Klägers für den Angelteich unterliegen auch nicht als Eigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1967 der Umsatzsteuer. Denn diese Aufwendungen sind nicht gemäß § 4 Abs. 5 EStG von der Behandlung als abzugsfähige Betriebsausgaben ausgeschlossen. Der erkennende Senat tritt der in dem Urteil vom 30. Juli 1980 I R 111/77 (BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58) vertretenen Auffassung bei, wonach § 4 Abs. 5 EStG (in der seit dem Steueränderungsgesetz 1960 geltenden und für die hier in Betracht kommenden Besteuerungszeiträume 1970 bis 1973 maßgeblichen Fassung) verhindern will, daß unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand bei der Gewinnermittlung berücksichtigt wird und daß Aufwendungen eines Unternehmers für Sozialeinrichtungen (die im entschiedenen Fall auch die Aufwendungen des Klägers für den Angelteich betrafen) deshalb nicht von § 4 Abs. 5 EStG, insbesondere nicht von seiner Nr. 3, erfaßt werden. Auf die Begründung in BFHE 131, 469, BStBl II 1981, 58 wird Bezug genommen.

5. Dem Kläger steht das Recht des Vorsteuerabzuges gemäß § 15 UStG 1967 zu. Die Aufwendungen für den Angelteich erfolgten aufgrund von Umsätzen anderer Unternehmer, die für das Unternehmen des Klägers ausgeführt wurden (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967); denn die Bereitstellung des Angelteiches geschah, wie sich aus Teil 2a der Gründe ergibt, im Rahmen seines Unternehmens für Zwecke dieses Unternehmens. § 15 Abs. 2 UStG 1967 versagt den Vorsteuerabzug nur bei bestimmten steuerbefreiten Umsätzen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.