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BFH-Beschluß vom 13.9.1985 (III R 21/85) BStBl. 1985 II S. 707

Wird in einer Einkommensteuersache die steuerliche Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses begehrt, so sind bei der Ermittlung des Streitwerts für die Revision im Streitjahr zusammen mit dem Arbeitslohn (nach § 28 BerlinFG) an den Arbeitnehmerehegatten ausgezahlte Arbeitnehmerzulagen jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Zulagenbetrag insgesamt höher war als eine (nach § 21 BerlinFG) für die Einkünfte des Arbeitnehmerehegatten aus nichtselbständiger Arbeit zu gewährende Steuerermäßigung.

BFH-EntlG Art. 1 Nr. 5; FGO § 155; ZPO § 3; BerlinFG §§ 21, 28.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Der verheiratete Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 1975 bis 1979 in Berlin (West) als selbständiger Vertreter tätig gewesen. Seine Ehefrau hatte nach einem schriftlich geschlossenen Vertrag ab 1. Juli 1975 im Unternehmen mitzuarbeiten. Sie hatte vom Kläger zusammen mit dem Arbeitslohn jeweils auch Zulagen nach § 28 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) in den für die Streitjahre gültigen Fassungen erhalten. Diese hatten sich auf insgesamt 8.676 DM belaufen.

Der Kläger und seine Ehefrau waren für die Streitjahre zur Einkommensteuer jeweils zusammenveranlagt worden. Die ausgezahlten Arbeitnehmerzulagen (nach § 28 BerlinFG) hatten in sämtlichen Jahren die auf die Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit entfallenden Steuerermäßigungen nach § 21 BerlinFG übertroffen; für die übrigen Einkünfte der Ehegatten war die Einkommensteuer jeweils nach § 21 BerlinFG ermäßigt worden.

Im Jahre 1982 wurde beim Kläger eine Außenprüfung durchgeführt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte im Anschluß daran unter anderem das zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau vereinbarte Arbeitsverhältnis - für sämtliche Streitjahre - steuerlich nicht mehr an.

Die entsprechenden Einkommensteueränderungsbescheide 1975 bis 1979 wiesen nach Berücksichtigung der Berlinpräferenz gemäß § 21 BerlinFG Einkommensteuerschulden in Höhe von insgesamt 65.403 DM aus. In den durch sie geänderten Bescheiden war die Einkommensteuer 1975 bis 1979 mit insgesamt 57.725 DM festgesetzt worden. Die Festsetzungen für die Jahre 1977 bis 1979. standen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung - AO 1977 -).

Mit der Klage hatte sich der Kläger (ausschließlich) gegen die steuerliche Nichtanerkennung des Ehegattenarbeitsverhältnisses gewandt.

Auf diesen Streitpunkt hat er auch seine Ausführungen zur Begründung der Revision beschränkt.

Der Kläger beantragt (gleichwohl), das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1975 bis 1979 in der Weise zu ändern, daß die Einkommensteuer um insgesamt 21.601 DM herabgesetzt wird, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA hat die Revision schließlich für zulässig gehalten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Der Wert des Streitgegenstandes übersteigt nicht 10.000 DM (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFH-EntlG -).

1. Der Streitwert für die Zulässigkeit einer Revision richtet sich nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit §§ 3 bis 9 der Zivilprozeßordnung (ZPO). Nach § 3 ZPO wird dieser Wert vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Doch haben sich im Laufe der Zeit verschiedene feste Regeln ausgebildet. So kommt es in Einkommensteuersachen auf die Differenz zwischen der festgesetzten und der angestrebten Steuer an. Bei Ermittlung dieses Betrages kann zwar nicht berücksichtigt werden, aus welchen Einzelbeträgen die jeweilige Steuer errechnet worden ist und aus welchen Gründen das FA auf einzelne Teile des steuerpflichtigen Einkommens eine Steuerermäßigung angewandt hat (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Juni 1978 I R 22/78, BFHE 125, 440, BStBl II 1978, 631, zur Berlinpräferenz nach dem Ersten Einkommensteuer-Änderungsgesetz vom 4. Juli 1955, BGBl I, 384, BStBl I, 245). Doch ist andererseits regelmäßig allein auf den unmittelbar umstrittenen Einkommensteuerbetrag abzustellen, nicht auf das geldwerte Interesse des Revisionsklägers schlechthin und in seiner Gesamtheit (BFH-Zwischenurteil vom 24. November 1982 I R 195/82, BFHE 137, 390, BStBl II 1983, 331, mit weiteren Nachweisen).

2. Der Kläger hat - im Streitfall - die Einkommensteueränderungsbescheide 1975 bis 1979 angefochten und begehrt mit der Revision (nur), das mit seiner Ehefrau geschlossene Arbeitsverhältnis wieder (wie in den ursprünglichen, geänderten Bescheiden) steuerlich zu berücksichtigen.

a) Dieses materielle Revisionsbegehren ist auch der Berechnung des Streitwerts zur Feststellung der Zulässigkeit des Rechtsmittels zugrunde zu legen (vgl. hierzu die BFH-Entscheidungen vom 9. November 1976 VIII R 27/75, BFHE 121, 179, BStBl II 1977, 306, und vom 25. Oktober 1974 IV R 4/71, BFHE 114, 162, BStBl II 1975, 234). Der Senat kann (gleichwohl) davon absehen, Einzelberechnungen zu der mit diesem Begehren erstrebten unmittelbaren Einkommensteuerminderung anzustellen. Denn das FA hat in den angefochtenen Bescheiden nicht nur das Ehegattenarbeitsverhältnis steuerlich nicht mehr anerkannt, sondern auch noch andere Änderungen zuungunsten des Klägers und seiner Ehefrau vorgenommen. Trotzdem haben die Änderungsbescheide insgesamt nur zu einer Einkommensteuermehrung von 7.678 DM geführt. Der auf die steuerliche Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau entfallende Einkommensteuerbetrag liegt mithin jedenfalls unter 7.678 DM.

b) Die mögliche Rückforderung der vom Kläger an seine Ehefrau nach § 28 Abs. 4, früher Abs. 5, BerlinFG ausgezahlten Zulagen (in Höhe von insgesamt 8.676 DM) kann nicht in die Berechnung der Revisionssumme einbezogen werden.

Für die von der Ehefrau des Klägers erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurde im Rahmen der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagungen zwar für alle Streitjahre eine Vergleichsrechnung bezüglich der Höhe einer eventuellen Steuerermäßigung nach § 21 Abs. 1 BerlinFG und der Höhe der tatsächlich gewährten Zulagen durchgeführt. Doch kam es in keinem Fall zu einer zusätzlichen (über die Zulagen hinausgehenden) Einkommensteuerermäßigung nach § 25 Abs. 3 BerlinFG. Es verblieb vielmehr bei den in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen gezahlten Zulagen (§ 21 Abs. 1 Satz 3 BerlinFG).

Der Senat geht daher - jedenfalls für den Streitfall - nicht von einer streitwertrelevanten Einbeziehung der Zulagengewährung nach § 28 BerlinFG in die Einkommensteuerfestsetzungsverfahren 1975 bis 1979 aus. Dafür spricht auch, daß die vom Kläger angefochtenen Einkommensteuerbescheide keinen unmittelbaren Einfluß (s. hierzu den Beschluß in BFHE 137, 390, BStBl II 1983, 331) auf die Belassung bzw. Rückforderung der in den Streitjahren gewährten Zulagen genommen hatten. Eine Rückforderung war vielmehr in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen (§ 29 Abs. 1 BerlinFG; s. auch Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, K § 29 Tz. 5). Schließlich handelt es sich bei der Zulage nach § 28 BerlinFG auch um eine von der Ermäßigung nach § 21 BerlinFG wesentlich verschiedene Fördermaßnahme. Wird dort die auf bestimmte Einkünfte entfallende Einkommensteuer ermäßigt, so wird hier (nach § 28 Abs. 4, früher Abs. 5, BerlinFG) eine von der Höhe des Arbeitslohns abhängige Geldzulage gewährt, die sich gegebenenfalls noch um feste Kinderzuschläge erhöhen kann.

Wegen dieser Besonderheiten setzt sich der erkennende Senat mit der hier vertretenen Auffassung auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des I. Senats in BFHE 125, 440, BStBl II 1978, 631, die einen Fall der Steuerermäßigung für Einkünfte aus Berlin (West) betraf.

3. Nach alledem war die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO).