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BFH-Urteil vom 25.10.1985 (III R 79/82) BStBl. 1986 II S. 150

Die Investitionszulage für Investitionsvorhaben im Bereich der Energieerzeugung und -verteilung setzt voraus, daß die in § 4a InvZulG aufgeführten Anlagen vom Investor mindestens drei Jahre lang selbst betrieben werden.

InvZulG § 4a.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, beschränkt sich auf die Verwaltung und Nutzung ihres eigenen Grundbesitzes. In den Jahren 1978 und 1979 errichtete sie ein Heizkraftwerk, das sie jedoch nicht selbst betreibt, sondern das sie vermietet hat. Für die Herstellung dieses Kraftwerks beantragte die Klägerin Investitionszulagen nach § 4 a des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) von insgesamt ... DM. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Anträge mit Bescheid vom 1. September 1980 im Hinblick auf die vorgenommene Vermietung ab. Einspruch und Klage waren ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 583 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der Verbleibvorschrift des § 4 a Abs. 2 InvZulG. Die vom FG gestellten Anforderungen seien weder vom Wortlaut der Vorschrift noch vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gedeckt. Mit der Verbleibvorschrift werde bezweckt, Mißbräuche zu verhindern. Ob eine Gestaltung (hier die Vermietung) mißbräuchlich sei, könne nur anhand des Gesetzeszwecks beurteilt werden. Aufgabe des § 4 a InvZulG sei die Förderung von Investitionen, die in besonderem Maße auf die Einsparung von Energie gerichtet seien (BT-Drucks. 7/2980 S. 1). Die Erreichung dieses Zieles setze aber nicht die Bindung eines Kraftwerks an einen bestimmten Betrieb oder eine bestimmte Person (Investor) voraus. Die Energieeinsparung erbringe die Anlage und nicht die Person des Betreibers. Aus diesem Grund sei es auch verfehlt, für die Auslegung des § 4 a InvZulG auf die Vorschriften über die Regionalzulage nach § 1 InvZulG zurückzugreifen. Bei dieser Vorschrift gehe es um die Förderung der einzelnen Betriebsstätte. Es sei deshalb folgerichtig, daß das Gesetz (§ 1 Abs. 3 InvZulG) auf die eigenbetriebliche Verwendung abstelle. § 4 a InvZulG wolle aber nicht einen bestimmten Betrieb fördern, sondern das Ziel sei auf Maßnahmen der Energieeinsparung in der Gesamtwirtschaft gerichtet. § 4 a Abs. 2 InvZulG verlange auch nicht ausdrücklich eine eigenbetriebliche Verwendung wie z. B. § 1 Abs. 3 Nr. 2 InvZulG 1975. Von diesen Überlegungen abgesehen nutze die Klägerin das Kraftwerk eigenbetrieblich, nämlich durch Vermietung entsprechend ihrem Gesellschaftszweck. Daß sie das Kraftwerk auch selbst betreiben müsse, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine Wortinterpretation des dreijährigen Verbleibens "im Betrieb" bedeute eine dreijährige Bindung des Wirtschaftsguts an das Betriebsvermögen des investierenden Betriebs. Schädlich sei lediglich eine vorzeitige Überführung des Kraftwerks in das Privatvermögen (BT-Drucks. 7/3011 S. 2).

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und des Ablehnungsbescheids vom 1. September 1980 das FA zu verurteilen, Investitionszulagen in Höhe von ... DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 4 a InvZulG 1975 werden Investitionen im Bereich der Energieerzeugung und Energieverteilung durch die Gewährung einer Investitionszulage gefördert. Die Investitionsobjekte, die Gegenstand der Förderung sind, werden im Gesetz im einzelnen beschrieben. Ein Heizkraftwerk, wie es von der Klägerin errichtet worden ist, fällt grundsätzlich unter die gesetzliche Regelung. Erforderlich ist, daß der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen bestätigt, daß die Investition zur Einsparung von Energie besonders geeignet ist. In die Bemessungsgrundlage sind nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern einzubeziehen, die im Zusammenhang mit der Errichtung oder Erweiterung eines solchen Investitionsobjektes angeschafft oder hergestellt werden. Außerdem müssen die beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen des investierenden Betriebs gehören. In § 4 a Abs. 2 InvZulG wird zusätzlich gefordert, daß die Wirtschaftsgüter drei Jahre lang nach ihrer Anschaffung oder Herstellung "im Betrieb des Steuerpflichtigen verbleiben" müssen. Die Auslegung der Verbleibvorschrift ist unter den Verfahrensbeteiligten streitig.

2. Nach Auffassung des Senats trifft die gesetzliche Verbleibregelung eine Aussage über die tatsächliche Verwendung der begünstigten Wirtschaftsgüter während der dreijährigen Bindungsdauer. Diese tatsächliche Verwendung ist im Sinne einer eigenbetrieblichen Nutzung der Wirtschaftsgüter durch den Investor zu verstehen. Bezieht man in die Beurteilung den Investitionszusammenhang mit ein, in dem die einzelnen Wirtschaftsgüter zu dem Investitionsobjekt stehen müssen, so ist das "Verbleiben im Betrieb des Steuerpflichtigen" als ein Einsatz der Wirtschaftsgüter im eigenen auf die Energieerzeugung oder Energieverteilung gerichteten Unternehmen des Investors aufzufassen. Der Senat bestätigt damit die Auffassung der Vorinstanz, die das Gesetz in der gleichen Weise ausgelegt hat. Das bedeutet im Ergebnis, daß ein Steuerpflichtiger, der im Bereich der Energieerzeugung oder Energieverteilung ein Investitionsobjekt erstellt, dieses auch selbst für die Dauer von drei Jahren betreiben muß. Eine Vermietung des Objekts vor Ablauf von drei Jahren führt zur Versagung oder Zurückforderung der Investitionszulage.

3. Eine Auslegung der Verbleibregelung im vorstehenden Sinn entspricht ständiger Rechtsprechung und einhelliger Auffassung im Schrifttum zu Verbleibregelungen in vergleichbaren zulagerechtlichen Vorschriften. Danach wird "Verbleiben im Betrieb des Steuerpflichtigen" als ein tatsächliches (räumliches) Verbleiben des begünstigten Wirtschaftsguts im Betrieb des Steuerpflichtigen verstanden. Damit ist das Vermieten von einzelnen Wirtschaftsgütern oder ganzen Betriebsstätten regelmäßig zulageschädlich. Ausnahmen von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung bisher nur anerkannt, wo der konkrete Gesetzeswortlaut dazu eine Möglichkeit bot (so in dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Mai 1968 VI R 46/68, BFHE 92, 356, BStBl II 1968, 573 zu § 21 des Berlinhilfegesetzes / § 19 des Berlinförderungsgesetzes, sowie in den Urteilen vom 8. Oktober 1976 III R 162/73, BFHE 120, 438, BStBl II 1977, 168, und III R 87/75, BFHE 120, 444, BStBl II 1977, 171 zu § 1 InvZulG 1969; eine Ausnahme gilt auch für den Bereich des § 4 b InvZulG 1982, worauf in dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 16. Juni 1982, BStBl I 1982, 569 unter Tz. 43 und 47 zutreffend hingewiesen wird). Von diesen Grundsätzen im vorliegenden Fall abzugehen, besteht kein Grund. Dies gilt um so mehr, als die Verbleibvorschriften im Laufe der Zeit einander nachgebildet wurden. Es muß angenommen werden, daß der Gesetzgeber die Regelung in § 4 a InvZulG (eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes vom 30. Dezember 1974, BGBl I 1974, 3726) mit dem Bedeutungsinhalt übernommen hat, mit dem sie bis dahin von Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu vergleichbaren Vorschriften bereits entwickelt war.

Die Klägerin wendet sich insbesondere dagegen, daß das FG die entsprechende Vorschrift bei der Regionalförderung (§ 1 Abs. 3 Satz 1 InvZulG 1975) zum Vergleich herangezogen hat. Der Senat hält diesen Einwand für unbegründet. Der Umstand, daß bei der Regionalförderung auf die Betriebsstätte abgestellt und nur ein begrenztes Wirtschaftsgebiet gefördert wird, während bei der Energiezulage Förderungsobjekt der Betrieb ist und als Fördergebiet das gesamte Inland in Betracht kommt, vermag eine unterschiedliche Gesetzesauslegung nicht zu rechtfertigen. Ebensowenig hat die Klägerin mit ihrem Einwand Erfolg, daß § 4 a Abs. 2 InvZulG 1975 im Gegensatz zu der Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1975 eine eigenbetriebliche Verwendung durch den Investor nicht ausdrücklich vorsieht. Richtig ist, daß die Regelungen in den Zulagebestimmungen insoweit nicht einheitlich sind. Das kann aber nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Wenn in § 1 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 InvZulG 1975 zwischen beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern unterschieden wird und für die beweglichen Wirtschaftsgüter ein dreijähriges Verbleiben in der Betriebsstätte angeordnet ist, während für unbewegliche Wirtschaftsgüter verlangt wird, daß sie drei Jahre lang zu mindestens 90 v. H. zu eigenbetrieblichen Zwecken verwendet werden müssen, so mag dies seinen Grund darin haben, daß dem Gesetzgeber bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern eine ausdrückliche Verbleibregelung überflüssig erschienen ist, weil man z. B. ein Gebäude aus der Betriebsstätte nicht entfernen kann. Der Senat folgt auch insoweit der Auffassung des FG, daß in der gesetzlichen Verbleibregelung die Verwendung zu eigenbetrieblichen Zwecken vorausgesetzt wird.

Die Klägerin ist schließlich der Auffassung, mit der Verbleibregelung sollten die vorzeitige Überführung von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen und deren Veräußerung an Dritte unterbunden werden. Der Senat kann dieser Auffassung nicht folgen. Wäre sie richtig, hätte eine Regelung genügt, wonach die Wirtschaftsgüter drei Jahre lang an das Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gebunden sind, und es hätte nicht der - weitergehenden - Regelung bedurft, daß die Wirtschaftsgüter drei Jahre lang im Betrieb des Steuerpflichtigen verbleiben müssen.

4. Die Klägerin hat das von ihr hergestellte Heizkraftwerk ab Fertigstellung an Dritte verpachtet. Es ist deshalb nicht drei Jahre lang in ihrem Betrieb verblieben. Es wird vielmehr in dem Betrieb des Pächters verwendet. Das FA hat deshalb der Klägerin zu Recht die begehrten Investitionszulagen nicht gewährt. Daß die Verpachtung von Grundbesitz bei der Klägerin eigens Gegenstand ihres Gesellschaftszwecks ist, kann an dem Ergebnis nichts ändern.