| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Urteil vom 29.10.1985 (IX R 61/82) BStBl. 1986 II S. 260

Versicherungsprämien einer Risikolebensversicherung, die der Erwerber eines Mietwohngrundstücks zur Sicherung des in Form einer Leibrente zu entrichtenden Kaufpreises abgeschlossen hat, sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Anschluß an das Urteil des Senats vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82, und Bestätigung des Urteils vom 26. Juli 1962 IV 355/61 U, BFHE 75, 338, BStBl III 1962, 390).

EStG § 9, § 12 Nr. 1 Satz 2, § 21.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 13. Dezember 1976 ein Hausgrundstück. Als Gegenleistung übernahm er die den eingetragenen Grundpfandrechten zugrunde liegenden Verbindlichkeiten der Verkäuferin. Außerdem verpflichtete er sich, an die Verkäuferin bis zu deren Tod eine monatliche Leibrente in Höhe von 3.000 DM zu zahlen. Zur Sicherung der sich daraus ergebenden Zahlungsansprüche der Verkäuferin schloß der Kläger im Januar 1977 eine Todesfallrisikoversicherung ab und trat den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme an die Verkäuferin sicherungsweise ab. Die Versicherungsgesellschaft hatte hiernach in der Höhe festgelegte, sich jährlich verringernde Versicherungsleistungen "zahlbar beim Ableben der versicherten Person vor dem vereinbarten Schlußtag" zu gewähren. Die Verkäuferin wurde für die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag als "bezugsberechtigt vorgemerkt". Der Kläger verzichtete auf den Widerruf mit der Maßgabe, daß das Recht auf die Leistungen an ihn zurückfalle, wenn er den Ablauf der Versicherungsdauer erlebe oder wenn die unwiderruflich Bezugsberechtigte vor ihm versterbe.

Mit der Einkommensteuererklärung 1979 machte der Kläger Beiträge zu dieser Versicherung in Höhe von 1.130,40 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab. Es erging zunächst ein Einkommensteuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung, der auf den Einspruch des Klägers in anderen Punkten gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert wurde. Das FA wies den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück, wobei der Nachprüfungsvorbehalt aufrechterhalten blieb. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 511 veröffentlichten Urteil ab.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er macht geltend: Objektiver "Anlaß" für den Abschluß der Risikolebensversicherung sei nur der Grundstückskauf und dessen Finanzierung gewesen. Diese Versicherung habe nur dem Schutz der Verkäuferin gedient. Es handle sich um Nebenkosten der laufenden Rente, vergleichbar mit den Bankgebühren oder Bearbeitungskosten als Nebenkosten des Bankzinses. Die Risikolebensversicherung ähnele eher der zu Werbungskosten führenden Unfallversicherung als der Lebensversicherung. Im betrieblichen Bereich seien Versicherungsbeiträge Betriebsausgaben, wenn der Versicherungsabschluß vom Kreditgeber zur Voraussetzung der Kreditgewährung gemacht werde und der Versorgungszweck demgegenüber weit in den Hintergrund trete. Dasselbe müsse für die Anerkennung von Werbungskosten gelten. Bei der Risikolebensversicherung ergebe sich zu Lebzeiten des Klägers in keinem Fall eine Vermögensmehrung.

Während des Revisionsverfahrens hat das FA den angefochtenen Bescheid erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geändert, ohne daß die Streitfrage hiervon berührt wurde. Der Kläger hat den Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellt.

Der Kläger beantragt, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung das FA zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 1979 in der Fassung vom 24. Oktober 1984 dahin gehend zu ändern, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um weitere Werbungskosten in Höhe von 1.130,40 DM gemindert werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zu entscheiden ist über den Einkommensteuerbescheid 1979 in der während des Revisionsverfahrens geänderten Fassung, den der Kläger gemäß §§ 68, 121, 123 Satz 2 FGO zum Verfahrensgegenstand gemacht hat (vgl. das Urteil des Senats vom 31. Juli 1984 IX R 3/79, BFHE 142, 347, BStBl II 1985, 33, Ziff. 1 der Gründe, mit weiteren Nachweisen).

Der Senat tritt dem FG-Urteil darin bei, daß die Beiträge des Klägers zu der Risikolebensversicherung keine Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind.

Für Beiträge zu Risikoversicherungen, die nur im Todesfall eine Leistung vorsehen, kommt gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2b aa EStG 1979 ein Abzug als Sonderausgaben bis zu den Höchstgrenzen des § 10 Abs. 3 EStG in Betracht, wenn sie keine Werbungskosten sind. Die Aufwendungen des Klägers können den Werbungskosten nicht zugerechnet werden. Dem Abzug dieser Aufwendungen als Werbungskosten steht das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen.

In dem Urteil vom 29. Oktober 1985 IX R 56/82 (BFHE 145, 52, BStBl II 1986, 143) hat der erkennende Senat entschieden, daß die Beiträge zur Risikoversicherung, die ein Bausparer für sich abschließen lassen muß, um einen Kredit zur Zwischenfinanzierung seines Bauvorhabens zu erhalten, in erheblichem Umfang privaten Zwecken des Steuerpflichtigen dienen, vor allem dem Schutz seiner Angehörigen vor dem Verlust des Eigenheims.

Ferner hat der Senat darauf hingewiesen, daß die Risikolebensversicherung die Tilgung einer etwaigen Restschuld sichern soll, die Darlehenstilgung jedoch ebenfalls dem Vermögensbereich des Steuerpflichtigen zuzurechnen ist. Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden, in dem es um die Sicherung der Kaufpreistilgung nach dem Erwerb eines Mietwohngrundstücks geht. Die Rechtsauffassung des erkennenden Senats wird auch dadurch bestätigt, daß der IV. Senat des Bundesfinanzhofs bereits mit Urteil vom 26. Juli 1962 IV 355/61 U (BFHE 75, 338, BStBl III 1962, 390) zu Prämien für eine Lebensversicherung, die der Erwerber eines Unternehmens zur Sicherung der Kaufpreisrente für den Veräußerer abschließen mußte, ebenso entschieden hat.

Im vorliegenden Fall spricht außerdem für die Zuordnung der Risikolebensversicherung zum Vermögensbereich des Klägers, wie das FG zutreffend ausführt, daß dem Kläger aus dieser Versicherung ein gegenwärtiger Vermögensvorteil insoweit zusteht, als er im Falle des Vorversterbens der Verkäuferin entweder einen Dritten als Bezugsberechtigten bezeichnen oder unter bestimmten Voraussetzungen verlangen kann, daß die Risikoversicherung in eine Versicherung auf den Todes- oder Erlebensfall umgewandelt wird.