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BFH-Urteil vom 12.11.1985 (IX R 2/82) BStBl. 1986 II S. 261

1. Eine unentgeltlich erworbene, zeitlich befristete Rente ist - ohne eine ausdrückliche Regelung ihres Fortbestandes im Falle eines vorzeitigen Todes des Rentenberechtigten - als abgekürzte Leibrente zu beurteilen, wenn feststeht, daß die wiederkehrenden Leistungen dem Berechtigten zum Zwecke seiner Unterstützung versprochen worden sind. Sie bleibt hingegen als Zeitrente vom vorzeitigen Tod des Rentenberechtigten unberührt, wenn sie diesem zum Ausgleich für einen entgangenen Erb- oder Pflichtteilsanspruch zugewendet worden ist.

2. Wiederkehrende gleichmäßige Leistungen, die ein weichender Erbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung auf Lebenszeit erhält, stellen eine Leibrente dar, wenn in der letztwilligen Verfügung nicht ausdrücklich eine Abänderbarkeit ihrer Höhe entsprechend dem Rechtsgedanken des § 323 ZPO vorgesehen ist (Anschluß an BFH-Urteil vom 1. August 1975 VI R 168/73, BFHE 116, 505, BStBl II 1975, 882).

EStG 1971 § 10 Abs. 1 Nr. 1; EStDV 1971 § 55 Abs. 2; BGB § 520.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Der Vater des Klägers setzte in seinem Testament vom 23. März 1970 den Kläger und dessen Bruder als seine Erben ein. Sein Vermögen bestand im wesentlichen aus den Anteilen an der ... GmbH (GmbH) und Grundstücken. Seine Ehefrau - die Stiefmutter des Klägers -, seine Tochter A und seine am 1. Juli 1961 geborene Tochter B bedachte der Erblasser mit Vermächtnissen. Er verpflichtete seine Erben als Gesamtschuldner, seinen beiden Töchtern für die Dauer von 20 Jahren monatlich jeweils 1/4 des Betrages zu zahlen, der dem Mietzins für die von der GmbH genutzten Grundstücke und Gebäude im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entsprach. Das Testament enthält keine Regelung für den Fall eines vorzeitigen Todes der Töchter vor Ablauf der 20 Jahre. Die Geldleistungspflicht war mit einer Wertsicherungsklausel verbunden. Außerdem vermachte der Erblasser seinen beiden Töchtern Ansprüche auf Zahlung von monatlich 425 bzw. 575 DM für die Dauer von fünf Jahren sowie auf ein Grundstück bzw. ein Wohnrecht. Seiner Ehefrau hinterließ der Erblasser eine lebenslänglich, nur im Falle ihrer Wiederverheiratung vorzeitig entfallende Geldrente in Höhe des doppelten Grundgehalts einer bestimmten Beamtengruppe unter Berücksichtigung späterer Besoldungsänderungen; schließlich vermachte er ihr ein Wohnrecht, das Mobiliar und privates Geld- und Wertpapiervermögen.

Der Vater des Klägers verstarb am 25. Mai 1970.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte in seiner Zusammenveranlagung der Kläger zur Einkommensteuer für das Jahr 1971 die Zahlungen des Klägers an seine Stiefmutter von 22.072 DM und diejenigen an seine beiden Schwestern von je 7.617 DM in Erfüllung der 20jährigen Rentenverpflichtungen als Leistungen aufgrund von Leibrentenversprechen und ließ lediglich den Ertragsanteil im Rahmen der Sonderausgaben zum Abzug zu. Die Zahlungen an die beiden Schwestern in Höhe der Hälfte von 425 bzw. 575 DM berücksichtigte das FA als dauernde Last.

Mit ihrer Klage verfolgten die Kläger den Abzug ihrer Leistungen in voller Höhe als dauernde Last. Sie sind der Ansicht: Bei den Zahlungen an die beiden Schwestern liege eine Leibrente schon wegen der festen Bezugszeit von 20 Jahren und der Abänderbarkeit der Höhe entsprechend dem jeweiligen Mietzins nicht vor. Das Vermächtnis zugunsten der Stiefmutter beinhalte eine reine Unterhaltsrente, die auch ohne eine Abänderungsklausel bei einer Veränderung der Bedürftigkeit der Berechtigten anzupassen sei. Der Erblasser habe damit den Unterhalt seiner Ehefrau sicherstellen wollen. Der Steuerberater ... und der Ingenieur ..., die dem Erblasser bei der Abfassung seines Testaments geholfen hätten, könnten bestätigen, daß dieser Leistungen gewollt habe, die bei den belasteten Erben als dauernde Lasten abziehbar und bei den Vermächtnisnehmern als wiederkehrende Bezüge steuerpflichtig seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe sowohl seinen beiden Schwestern als auch seiner Stiefmutter Leistungen aufgrund von Leibrentenverpflichtungen erbracht, die im Falle der Schwestern auf 20 Jahre abgekürzt seien. Das Vorbringen der Kläger, der Erblasser habe die für sie steuerlich günstigere Gestaltung von dauernden Lasten gewollt, sei für die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten unerheblich.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG hätte die Stiefmutter und die Schwestern des Klägers gemäß § 60 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V. m. § 174 Abs. 4 und 5 der Abgabenordnung (AO 1977) beiladen müssen. Weiter habe es - entgegen seiner Verpflichtung nach § 76 Abs. 1 FGO - unterlassen, zur Auslegung des Testaments den Willen des Erblassers zu erforschen. Insbesondere habe es den Beweisantritt der Kläger übergangen, Steuerberater ... und Ingenieur ... zu ihrer Behauptung als Zeugen zu vernehmen, der Erblasser habe den Vermächtnisnehmern Leistungen nach Art von dauernden Lasten zuwenden wollen. Eine entsprechende Auslegung des Testaments ergebe, daß der Erblasser mit seinem Vermächtnis den Unterhalt seiner Ehefrau habe sicherstellen wollen. Er habe sie nicht vermögensmäßig so stellen wollen, wie sie als Erbin gestanden hätte. Im Vergleich zu den Vermögenswerten, die er dem Kläger und seinem Bruder als Erben hinterlassen habe, habe er seiner Ehefrau nichts vermacht, was als Abfindung für ihre Erbanwartschaft gewertet werden könnte. Die Vermächtnisse zugunsten der Schwestern habe das FG rechtsfehlerhaft als abgekürzte Leibrente angesehen. Es fehle im vorliegenden Fall an einem Rentenstammrecht. Die Schwestern könnten die Zahlungen nach Art einer Zeitrente für 20 Jahre unabhängig davon beanspruchen, ob sie vor Ablauf dieses Zeitraums versterben sollten. Der Erblasser habe seine Töchter dafür abfinden wollen, daß er sie nicht als Miterben eingesetzt, sondern sein Unternehmen allein seinen Söhnen hinterlassen habe. Der Versorgung seiner Töchter diene bereits der fünfjährige Zahlungsanspruch auf 425 bzw. 575 DM. Auch insoweit fehle es an einer Auslegung des Testaments durch das FG.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für das Jahr 1971 auf 40.374 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

In seiner Erwiderung trägt das FA vor, die Zahlungen des Klägers an seine beiden Schwestern über eine Laufzeit von 20 Jahren könnten schon deswegen nicht als dauernde Last abgezogen werden, weil sie als Abgeltung für Erb- und Pflichtteilsrechte Ratenzahlungen darstellten. Folge man dem nicht, kämen nur mit dem Ertragsanteil berücksichtigungsfähige abgekürzte Leibrenten in Betracht. Da die Leistungen der Versorgung der Schwestern dienten, sei zu vermuten, daß ihre Ansprüche höchstpersönlicher Natur seien. Auch die wiederkehrenden Leistungen des Klägers an seine Stiefmutter müßten als Leibrente und nicht als dauernde Last beurteilt werden. Sie seien nicht als reine Unterhaltsleistungen auch ohne eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) der Höhe nach abänderbar, weil sie ebenfalls der Abfindung der Mutter für ihre Erb- und Pflichtteilsrechte dienten. Im übrigen sei die Zuwendung reiner Unterhaltsleistungen durch den Erblasser an seine überlebende Ehefrau nach § 12 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abziehbar. Die Zahlungen des Klägers an seine beiden Schwestern von jeweils der Hälfte von 425 bzw. 575 DM monatlich könnten - entgegen der Beurteilung des FA in seiner Einspruchsentscheidung - im Hinblick auf die kurze Laufzeit von fünf Jahren nicht als dauernde Last berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist teilweise begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

1. Entgegen der Auffassung der Kläger war das FG nicht verpflichtet, die Stiefmutter des Klägers und seine Schwestern A sowie B als Empfängerinnen der strittigen wiederkehrenden Leistungen nach § 60 Abs. 1 FGO i.V. m. § 174 Abs. 4 und 5 AO beizuladen. Es lag im Ermessen des FA, auf eine solche Beiladung hinzuwirken, um sich eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977 zu eröffnen. Dies hat das FA jedoch nicht getan. Es war nicht Aufgabe des FG, durch eine Beiladung von Amts wegen die Grundlage für eine solche Änderungsmöglichkeit zu schaffen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Januar 1982 VII B 141/81, BFHE 134, 537, BStBl II 1982, 239).

2. Leistungen des Klägers an seine beiden Schwestern

a) Das FG ist bei seiner rechtlichen Beurteilung der wiederkehrenden Zahlungen des Klägers an seine beiden Schwestern mit der vorgesehenen Laufzeit von 20 Jahren zutreffend davon ausgegangen, daß es sich hierbei um Rentenleistungen und nicht - entsprechend der Ansicht des FA - um Ratenzahlungen handelt, die nicht unter den Begriff der dauernden Last fallen.

Ratenzahlungen kommen in Betracht, wenn das Entgelt für die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes oder aus einem veräußerungsähnlichen Vorgang gestundet und in Teilbeträgen entrichtet wird oder wenn ein Kapitalbetrag - wie etwa ein Darlehen - in Tilgungsbeträgen zurückgezahlt wird. Für eine solche Sachlage gibt der vorliegende Fall nichts her. Der Vater des Klägers hat in seinem Testament seinen beiden Töchtern keinen festen Kapitalbetrag vermacht, den der Kläger (und sein Bruder) abzutragen hätten. Vielmehr hat er seinen Töchtern eine zwanzigjährige Rente hinterlassen, die an dem Ertrag des von der GmbH genutzten Grundstücks ausgerichtet ist.

b) Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision zu Recht gegen die Beurteilung der vorstehenden wiederkehrenden Leistungen des Klägers als abgekürzte Leibrente i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1971 i.V. m. § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1971 (EStDV). Denn das FG hat nicht geprüft, ob die wiederkehrenden Leistungen tatsächlich vom Leben einer Bezugsperson abhängen oder ob sie als Zeitrenten zu beurteilen sind mit der Folge, daß sie in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar sind.

Nur im Falle von Leibrenten ist sowohl der Abzug auf seiten des Verpflichteten als auch die Besteuerung auf seiten des Berechtigten auf den Ertragsanteil beschränkt (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V. m. § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG 1971). Hingegen sind im Falle sonstiger Verpflichtungen zu wiederkehrenden Leistungen die Aufwendungen des Verpflichteten als Sonderausgaben in vollem Umfang abziehbar und die Bezüge des Berechtigten dementsprechend steuerpflichtig. Sonstige wiederkehrende Leistungen sind nicht in die für Leibrenten geltende Ertragsanteilsbesteuerung einbezogen. Das gilt insbesondere für Zeitrenten (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1978 VIII R 172/75, BFHE 126, 282, BStBl II 1979, 135). Zeitrenten können nicht etwa abgekürzten Leibrenten gleichgestellt werden (BFH-Urteil vom 25. November 1980 VIII R 71/76, BFHE 132, 422, BStBl II 1981, 358).

Bei der Unterscheidung zwischen Leibrenten und Zeitrenten ist die Rechtsprechung von dem bürgerlich-rechtlichen Begriff der Leibrente (§ 759 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) ausgegangen. Eine Leibrente ist danach ein einheitlich nutzbares Recht (Rentenstammrecht), aufgrund dessen dem Berechtigten für die Lebensdauer einer Bezugsperson regelmäßig wiederkehrende gleichmäßige Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen erbracht werden (BFH-Urteil vom 18. März 1980 VIII R 69/78, BFHE 130, 446, BStBl II 1980, 501, und vom 20. Mai 1980 VI R 108/77, BFHE 130, 520, BStBl II 1980, 573). Eine abgekürzte Leibrente (§ 55 Abs. 2 EStDV) ist ebenfalls an die Lebenszeit eines Menschen gebunden, jedoch auf eine bestimmte Höchstzeit beschränkt, nach deren Ablauf die Leibrente erlischt, selbst wenn die maßgebliche Person noch weiter lebt.

Im Gegensatz hierzu ist die Dauer einer Zeitrente nicht vom Leben eines Menschen abhängig, sondern auf einen festgelegten Zeitraum beschränkt. Der Zeitrente fehlt damit die Ungewißheit, die für die Leibrente infolge ihrer Verknüpfung mit der Dauer des Lebens eines Menschen wesentlich ist (vgl. Urteil in BFHE 132, 422, BStBl II 1981, 358; Staudinger-Amann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1982, Vorbem. 16 zu §§ 759-761; Stoll, Rentenbesteuerung, 3. Aufl. 1979 S. 21).

Die Frage, ob eine abgekürzte Leibrente oder eine Zeitrente i. S. der vorstehenden Ausführungen vorliegt, kann im Falle einer zeitlich beschränkten Rente schwierig zu entscheiden sein, wenn in dem die Rentenverpflichtung begründenden Vertrag oder der Verfügung von Todes wegen eine Bestimmung darüber fehlt, ob die Rente mit dem Tod des Berechtigten vor Erreichen der zeitlichen Beschränkung erlöschen oder sie vererblich sein soll. Eine Leibrente kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn feststeht oder sich im Wege der Auslegung feststellen läßt, daß die Rente mit einem vorzeitigen Tod der Bezugsperson enden soll.

Entgegen der Auffassung des FG und von Jansen/Wrede (Renten, Raten, Dauernde Lasten, 8. Aufl. 1983 S. 44) ist bei einer unentgeltlich erworbenen Rente mit einer zeitlich befristeten Laufzeit nicht im allgemeinen davon auszugehen, daß eine solche Rente dem Lebensunterhalt des Berechtigten dienen und somit im Falle seines vorzeitigen Todes - mangels einer anderslautenden Bestimmung in der Verpflichtungsurkunde - enden soll. Auslegungsregeln oder Erfahrungssätze dieses Inhaltes gibt es nicht. Nur wenn feststeht, daß wiederkehrende Leistungen zum Zwecke der Unterstützung unentgeltlich versprochen worden sind, ist nach § 520 BGB zu vermuten, daß die Verbindlichkeit mit dem Tode des Schenkers erlischt. Darüber hinaus wird ein solcher Anspruch auf seiten des Beschenkten - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - als unvererblich angesehen (Staudinger-Reuss, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1978, § 520 Rz. 3) und somit als Leibrente beurteilt.

Dient die unentgeltliche Zuwendung einer zeitlich befristeten Rente hingegen nicht dem persönlichen Unterhalt, sondern dem Zweck, einem weichenden Erben einen Ausgleich für sein entgangenes Erbe oder seinen Pflichtteilsanspruch zu verschaffen, so ist die Rente ebenso vererblich wie nach dem Todesfall der Erbanteil oder der Pflichtteilsanspruch (§ 2317 Abs. 2 BGB), an deren Stelle die Rente getreten ist (vgl. Staudinger-Boehmer, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl. 1954, § 1922 Rz. 171); sie bleibt somit als Zeitrente von einem vorzeitigen Tod des Berechtigten unberührt.

c) Die Entscheidung, ob es sich bei den den Schwestern A und B vermachten Renten mit einer zwanzigjährigen Laufzeit jeweils um eine abgekürzte Leibrente oder eine Zeitrente handelt, hängt somit davon ab, ob die Rente im Falle eines vorzeitigen Todes der Bedachten schon vor Ablauf der 20 Jahre enden oder unabhängig davon 20 Jahre lang gezahlt werden soll. Mangels einer ausdrücklichen Regelung im Testament hätte das FG den Willen des Erblassers im Wege der Auslegung feststellen müssen. Da das FG diese Auslegungsfrage nicht geprüft und auch etwaige hierfür erhebliche Umstände nicht erforscht hat, war das angefochtene Urteil nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 11. Februar 1981 I R 13/77 (BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475) aufzuheben. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG entsprechend den Ausführungen zu b) festzustellen haben, welchen Zweck der Erblasser mit den seinen beiden Töchtern vermachten Renten von jeweils grundsätzlich zwanzigjähriger Laufzeit verfolgte.

3. Leistungen des Klägers an seine Stiefmutter

Die Kläger haben mit ihren Revisionsangriffen keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Beurteilung der testamentarischen Rentenverpflichtung des Klägers gegenüber seiner Stiefmutter als Leibrente in dem angefochtenen Urteil wenden. Insoweit sind - wie das FG zutreffend angenommen hat - sämtliche in Abschnitt 2. b) aufgeführten Voraussetzungen für eine Leibrente erfüllt. Der Kläger ist aufgrund des väterlichen Testaments - gesamtschuldnerisch mit seinem Bruder - verpflichtet, seiner Stiefmutter - abgesehen von dem Fall ihrer Wiederverheiratung - für die Dauer ihres Lebens eine Geldrente in Höhe des doppelten Grundgehalts einer bestimmten Beamtengruppe zu zahlen.

Die wiederkehrenden Leistungen sind insbesondere gleichmäßig und im voraus bestimmbar. Dem steht nicht die Koppelung der Rentenhöhe mit dem Grundgehalt einer bestimmten Beamtengruppe entgegen. Die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel jeglicher Art widerspricht nicht dem Charakter einer Leibrente, weil hierdurch gerade die Wertbeständigkeit der Leistungen gewährleistet sein soll (BFH-Urteile vom 25. Februar 1975 VIII R 115/70, BFHE 115, 563, BStBl II 1975, 730 für den Fall der Bindung an ein Beamtengehalt; vom 5. Dezember 1980 VI R 118/79, BFHE 132, 84, BStBl II 1981, 265, und vom 22. September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99).

Eine Abänderbarkeit der Rentenzahlungen entsprechend den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Berechtigten und der Verpflichteten ähnlich den für eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO erforderlichen Voraussetzungen ist in dem das Rentenvermächtnis enthaltenden väterlichen Testament nicht vorgesehen. Bereits der VI. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 19. September 1980 VI R 161/77 (BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26) einerseits für die Anerkennung einer dauernden Last keine strengen Anforderungen gestellt, indem er eine bloße Bezugnahme auf § 323 ZPO hierfür hat ausreichen lassen; andererseits aber hat er verlangt, daß die Abänderbarkeit der laufenden Zahlungen sich ausdrücklich und eindeutig aus dem die Verpflichtung enthaltenden Vertrag ergibt. Fehlt eine solche Abänderungsklausel in der die Rentenverpflichtung enthaltenden Urkunde, so bleibt nach der vorstehenden Entscheidung des VI. Senats der Leibrentencharakter unberührt, wenn dem nachträglich eine Erläuterung dahin gehend hinzugefügt wird, daß von vornherein eine Anpassung der Rentenhöhe nicht ausgeschlossen sein sollte. Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung in seinem Urteil vom 30. Oktober 1984 IX R 2/84 (BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610) angeschlossen. Mangels einer klaren und eindeutigen Abänderungsklausel in dem Testament des Vaters kann somit die Verfahrensrüge des Klägers nicht eingreifen, das FG sei seinem Beweisantritt dafür nicht nachgegangen, daß sein Vater tatsächlich Leistungen an seine Ehefrau gewollt habe, die bei ihm als dauernde Last abziehbar und bei ihr infolge des Korrespondenzprinzips steuerpflichtig seien.

Ohne eine ausdrückliche Abänderungsklausel ergibt sich eine Abänderbarkeit nur bei reinen Unterhaltsvereinbarungen aufgrund des aus § 323 ZPO zu entnehmenden allgemeinen Rechtsgedankens, daß Unterhaltsleistungen bei einer Änderung der bei Vertragsschluß maßgeblichen Verhältnisse entsprechend der Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit der Parteien anzupassen sind (so zuletzt das Urteil des erkennenden Senats in BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; zu reinen Unterhaltsvereinbarungen vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1973 VIII R 77/69, BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103).

Das Rentenvermächtnis zugunsten der Stiefmutter des Klägers kann nicht als reine Unterhaltsverpflichtung beurteilt werden, da es zugleich auch Abfindungscharakter hat. Dies ergibt sich aus dem Testament des Vaters, in dem dieser seinen beiden Söhnen als seinen Erben sein in die Rechtsform einer GmbH gekleidetes Unternehmen hinterließ, während er seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern Vermächtnisse aussetzte. Dabei mußte er seine Ehefrau in einem solchen Umfang bedenken, daß sie nicht veranlaßt war, anstelle der Vermächtnisse ihren Pflichtteil zu verlangen. Wie bereits der VI. Senat des BFH mit seinem Urteil vom 1. August 1975 VI R 168/73 (BFHE 116, 505, BStBl II 1975, 882) entschieden hat, müssen die Grundsätze, die für Rentenversprechen - insbesondere bezüglich der Abänderbarkeit ihrer Höhe - im Falle von Betriebsübergaben im Wege vorweggenommener Erbfolge entwickelt worden sind, entsprechend angewendet werden, wenn in einer letztwilligen Verfügung einem weichenden Erben eine Rente vermacht worden ist. Reine Unterhaltsleistungen, die auch ohne eine Abänderungsklausel entsprechend § 323 ZPO angepaßt werden können, kommen dabei nur in Betracht, wenn auf den Erben als Leistungsverpflichteten lediglich unwesentliche Vermögenswerte übergegangen sind. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.

4. Soweit das FA geltend macht, es habe in seiner Einspruchsentscheidung die vom Kläger an seine beiden Schwestern erbrachten wiederkehrenden Leistungen in Höhe der Hälfte von 425 und 575 DM monatlich rechtsirrtümlich als dauernde Last anerkannt, brauchte der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob insoweit eine dauernde Last im Hinblick auf die kurze Laufzeit der wiederkehrenden Leistungen von fünf Jahren zu verneinen ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 12. März 1965 VI 102/64, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 504). Diese Frage wird erst dann entscheidungserheblich, wenn das FG bei seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß es sich bei den wiederkehrenden Leistungen des Klägers an seine beiden Schwestern mit einer Laufzeit von 20 Jahren - entgegen der Einspruchsentscheidung des FA - um in vollem Umfang als dauernde Last abziehbare Zeitrenten handelt (vgl. oben Abschnitt 2. b) und c). Erst dann stellt sich die vom FA aufgeworfene Frage der Saldierung.