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BFH-Urteil vom 5.2.1986 (II R 259/83) BStBl. 1986 II S. 447

Tatsächliche Änderungen, die zu einer Wertfortschreibung führen können, rechtfertigen nicht für sich allein auch eine Artfortschreibung.

BewG 1965 § 22.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Die Kläger sind Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das sie im Jahr 1976 erworben haben. Das Grundstück war als gemischtgenutztes Grundstück bewertet gewesen und der Einheitswert auf 118.900 DM festgestellt worden. Der Einheitswert des Grundstücks wurde den Klägern zum 1. Januar 1977 unverändert zugerechnet.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) haben die Kläger in den Jahren 1976 und 1977 für Umbauten an dem Gebäude ca. 235.000 DM ausgegeben. Wörtlich führt das FG aus: "U. a. haben sie die Wohnfläche um 48,42 qm auf ca. 281 qm sowie den umbauten Raum von 1.732 cbm auf 1.932 cbm erweitert". Weiter hat das FG festgestellt, daß die Kläger im Zuge des Umbaues am Ende des Nordflügels einen pavillonartigen Anbau mit offenem Innenkamin errichtet hätten, der nunmehr zusammen mit dem bisherigen Wohn- und Herrenzimmer als Wohn- und Eßzimmer diene.

Das Gebäude ist ein L-förmiger Flügelbau. Der Nordflügel ist eingeschossig, der Ostflügel zweigeschossig. Im Ostflügel befanden sich im Erdgeschoß rd. 68 qm Praxisräume, im Obergeschoß liegt der Schlaftrakt. Das Gebäude wird durch eine in einen Vorraum führende Tür betreten, von dem links der mit Sicherheitsschloß versehene Praxiseingang abzweigt. Rechts befinden sich Türen zu einer Toilette und einem Abstellraum. Geradeaus liegt die ebenfalls mit einem Sicherheitsschloß versehene Wohnungstür.

Mit Bescheid vom 30. Juli 1980 nahm das Finanzamt (FA) eine Wert- und Artfortschreibung auf den 1. Januar 1978 vor. Es stellte nunmehr die Grundstücksart Einfamilienhaus und einen im Sachwertverfahren ermittelten Einheitswert von 297.100 DM fest. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde vom FA als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage begehren die Kläger, die Grundstücksart gemischtgenutztes Grundstück festzustellen.

Das FG hat nach Augenscheineinnahme die Klage abgewiesen.

Mit der Revision beantragen die Kläger, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Artfortschreibung auf den 1. Januar 1978 aufzuheben.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil die Feststellungen des FG seine Entscheidung, der Artfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1978 sei rechtmäßig, nicht tragen.

Nach § 22 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) wird im Wege der Artfortschreibung über die Art des Gegenstands eine neue Feststellung getroffen, wenn sie von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und dies für die Besteuerung von Bedeutung ist. Eine solche Artfortschreibung ist auch zur Beseitigung eines Fehlers der letzten Feststellung zulässig (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BewG). Fortschreibungszeitpunkt ist bei einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse der Beginn des Kalenderjahrs, das auf die Änderung folgt (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG); bei einer fehlerbeseitigenden Fortschreibung ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Fehler dem FA bekannt wird (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG).

Das FG hat zwar tatsächliche Feststellungen getroffen, die die - hier außer Streit befindliche - Wertfortschreibung rechtfertigen. Diese Gründe rechtfertigen aber nicht aus sich heraus die Artfortschreibung. Hierzu wären vielmehr Feststellungen darüber zu treffen gewesen, ob vor dem 1. Januar 1978 tatsächliche Veränderungen an dem Gebäude bzw. der Nutzung vorgenommen worden sind, die gegenüber dem der letzten Feststellung zugrunde liegenden Zustand die Feststellung einer anderen Grundstücksart (§ 75 BewG) rechtfertigen, bzw. darüber, wann - wenn die letzte Feststellung fehlerhaft gewesen sein sollte - der Fehler dem FA bekanntgeworden ist.

Da diese Feststellungen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Artfortschreibung auf den Stichtag 1. Januar 1978 unabdingbar sind, ist die Sache nicht spruchreif.