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BFH-Urteil vom 23.1.1986 (IV R 335/84) BStBl. 1986 II S. 623

1. Bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft kann zur Ermittlung des Einbringungsgewinns geprüft werden, ob beim Ansatz durch die Kapitalgesellschaft die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter überschritten wurden.

2. Der Ansatz bei der Kapitalgesellschaft ist für die Berechnung des Einbringungsgewinns auch dann maßgebend, wenn der Einbringende damit rechnen mußte, für die von der Kapitalgesellschaft übernommenen Schulden des Betriebs in Anspruch genommen zu werden. An Gläubiger geleistete Zahlungen können jedoch nachträgliche Anschaffungskosten auf die erlangte Kapitalbeteiligung darstellen.

UmwStG 1969 § 17 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, Abs. 7, § 18 Abs. 1 und 2.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war persönlich haftender Gesellschafter der A-KG; Kommanditist war sein Bruder, der Beigeladene zu 1. Die KG betätigte sich als Bauträger, vermietete aber auch eigene Grundstücke.

Am 13. Dezember 1972 übertrugen die Gesellschafter ihre Beteiligungen an der KG neben weiteren Beteiligungen an Kommanditgesellschaften und an einer GmbH auf die B-GmbH (GmbH), die später als C-GmbH firmierte. Für die Einbringung der Beteiligungen erhielten die Gesellschafter neu geschaffene Anteile an der GmbH. Die Anteilsübertragung sollte mit Wirkung vom 30. September 1972 wirksam werden. Die auf den Stichtag vom 30. September 1972 errichtete Bilanz der KG wies ein negatives Kapital von 35,9 Mio DM aus. Zum Ausgleich stockte die GmbH die auf sie übergegangenen Vermögenswerte der KG in der Aufnahmebilanz zum 1. Oktober 1972 um 36,8 Mio DM auf. Die GmbH fiel 1973 in Konkurs.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) errechnete aus diesen Vorgängen nach einer Betriebsprüfung einen auf die Gesellschafter der KG aufzuteilenden Veräußerungsgewinn von 36.575.668 DM.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Revision rügt der Kläger unzutreffende Anwendung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) und mangelnde Sachaufklärung.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, den Veräußerungsgewinn auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Kläger hat neben anderen Vermögenswerten auch seine Beteiligung an der KG im Wege der Sacheinlage in die GmbH eingebracht, um dafür einen Anteil am erhöhten Stammkapital zu erlangen. Hierin liegt ein tauschähnlicher Vorgang, der nach allgemeinen Grundsätzen zu einem Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen kann (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. April 1975 I R 41/73, BFHE 116, 118, BStBl II 1975, 706). Ob es hierzu kommt, hängt nach § 17 Abs. 4 des im Streitfall noch anzuwendenden UmwStG 1969 von der Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ab; dieser Wert gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis. Über den Veräußerungspreis und den Veräußerungsgewinn hat das FA zu Recht im Gewinnfeststellungsverfahren 1972 der KG entschieden (BFH-Urteil vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233). Die KG hat in diesem Jahr ihr Ende gefunden, weil auch der Mitgesellschafter des Klägers (der Beigeladene zu 1) seinen Gesellschaftsanteil auf die GmbH übertragen hat und dadurch das bisher vorhandene Gesamthandsvermögen im Wege der Anwachsung zu Alleinvermögen der GmbH wurde (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 10. Mai 1978 VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296, 299).

2. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1969 konnte die GmbH das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder einem höheren Wert ansetzen. Dies gilt auch bei der Einbringung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft. Im Einkommensteuerrecht wird die Übertragung eines solchen Mitunternehmeranteils als Veräußerung der ideellen Anteile des Übertragenden an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens angesehen (§ 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Hiervon geht auch das UmwStG 1969 aus, wie sich aus dem Zusammenhang von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes ergibt. Das Bilanzierungswahlrecht der Kapitalgesellschaft erstreckt sich demnach auf die eingebrachten Anteile am Betriebsvermögen der Personengesellschaft. Da im Streitfall sämtliche Gesellschafter der Personengesellschaft ihre Anteile am Betriebsvermögen eingebracht haben, konnte die GmbH das Wahlrecht hinsichtlich des gesamten Betriebsvermögens der KG ausüben.

Im Zeitpunkt der Einbringung wies die Bilanz der KG ein negatives Kapital aus, da die Passivposten im Betriebsvermögen die Aktivposten übertrafen; dementsprechend ergab sich auch für den Kläger ein negatives Kapitalkonto. Für einen solchen Fall bestimmt § 17 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1969, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens so ansetzen muß, daß sich Aktiv- und Passivposten ausgleichen. So ist die GmbH verfahren. Sie hat die Aktivposten des Betriebsvermögens der KG um rund 36,8 Mio DM aufgestockt und dadurch das negative Kapital der KG von 35,9 Mio DM, sowie auch das negative Kapitalkonto des Klägers zum Ausgleich gebracht.

Dieser Ansatz ist aber nur maßgebend, wenn die GmbH dadurch den Teilwert der höher bewerteten Wirtschaftsgüter nicht überschritten hat (§ 17 Abs. 2 Satz 5 UmwStG 1969). Ob dies geschehen ist, kann auch im Besteuerungsverfahren des Einbringenden überprüft werden. Zwar ist in diesem Verfahren nach § 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969 der von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft angesetzte Vermögenswert als Veräußerungspreis maßgebend. Dieser Maßgeblichkeitsgrundsatz kann aber dann nicht Platz greifen, wenn der Kapitalgesellschaft kein Bewertungswahlrecht zusteht und sie das eingebrachte Betriebsvermögen mit einem unzulässigen Wert angesetzt hat. Der Senat hat deswegen die Ermittlung des Teilwerts des Betriebsvermögens im Besteuerungsverfahren eines beschränkt steuerpflichtigen Einbringenden für geboten gehalten, wenn die Kapitalgesellschaft entgegen der Anweisung in § 17 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1969 die eingebrachten Anteile am Betriebsvermögen nicht mit ihrem Teilwert angesetzt hat (Urteil in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233). Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts (FG) gelten diese Überlegungen nicht nur für den Fall, daß der Kapitalgesellschaft, wie unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 UmwStG 1969, überhaupt kein Wahlrecht zusteht. Sie sind vielmehr auch dann beachtlich, wenn der Kapitalgesellschaft ein beschränktes Wahlrecht eingeräumt ist. Der Wertansatz bei der Kapitalgesellschaft ist in diesem Fall für den Einbringenden nur dann maßgebend, wenn die Gesellschaft sich bei der Bewertung innerhalb der Gesetzesgrenzen bewegt hat. Deswegen kann auch im Besteuerungsverfahren des Einbringenden überprüft werden, ob die GmbH mit ihrer Bewertung des eingebrachten Vermögens unzulässigerweise den Teilwert überschritten hat (vgl. Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., § 20 UmwStG 1977 Anm. 7040). Ob dies auch deshalb erforderlich wäre, weil sonst nach allgemeinen Grundsätzen eine zur Bilanzberichtigung nötigende Überbewertung vorläge, kann dahinstehen.

3. a) Ungeachtet seines abweichenden Ausgangspunkts hat das FG doch tatsächliche Feststellungen zum Teilwert des eingebrachten Vermögens getroffen. Im Streitfall kann zweifelhaft sein, ob diese Prüfung für den Tag der rechtsgeschäftlichen Übertragung des Mitunternehmeranteils am 13. Dezember 1972 oder für den von den Beteiligten vorgesehenen Termin vom 30. September 1972 vorzunehmen ist, für den auch eine Bilanz der KG erstellt wurde.

Der Rückbeziehung kommt zivilrechtlich grundsätzlich nur schuldrechtliche Bedeutung zu; die Beteiligten haben einander danach so zu stellen, als sei die rechtsgeschäftliche Änderung bereits zu dem früheren Zeitpunkt vollzogen worden (BFH-Urteil vom 12. Juni 1980 IV R 40/77, BFHE 131, 224, BStBl II 1980, 723). § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 sieht jedoch vor, daß die Wirkungen der Sacheinlage auf einen früheren Stichtag zurückbezogen werden können. Diese Möglichkeit besteht nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Fälle, in denen die Einlage durch Umwandlung eines Unternehmens anderer Rechtsform in eine Kapitalgesellschaft nach den §§ 40 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) erbracht wird. Der BFH hat es abgelehnt, diese Bestimmung auf Sacheinlagen anzuwenden, die in anderer Weise, insbesondere durch Einbringung von Mitunternehmeranteilen bewirkt werden (Urteil vom 9. April 1981 I R 157/77, BFHE 134, 404, BStBl II 1982, 362); er hat auch dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 14. Juni 1982 (BStBl I 1982, 624) keine Bedeutung beigelegt, das die entsprechende Anwendung der Vorschrift im Billigkeitswege herbeiführen will (vgl. Urteil vom 20. Oktober 1982 I R 118/78, BFHE 137, 265, BStBl II 1983, 247). Eine Rückwirkung käme danach entsprechend allgemeinen Grundsätzen allenfalls in Betracht, wenn sie nur von kurzer Zeit ist und nur technische Bedeutung hat, steuerliche Folgen sich daraus aber nicht ergeben (BFH-Urteil vom 18. September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55).

b) Der Senat braucht hierauf nicht einzugehen, weil die tatsächlichen Feststellungen des FG ergeben, daß der Wertansatz bei der GmbH den Teilwert des eingebrachten Betriebsvermögens auch zum 13. Dezember 1972 nicht überschritt. Das FG hat in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Aufnahmebilanz vom 1. Oktober 1972 verwiesen und sich diese Ausführungen dadurch zu eigen gemacht. Aus dem Prüfungsbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und auch aus dem Bericht der Betriebsprüfung ergibt sich, daß die Aufstockung im wesentlichen bei den zur Veräußerung bestimmten bebauten und unbebauten Grundstücken erfolgt ist und dabei nur 72,6 v.H. der für die Grundstücke ermittelten stillen Reserven aufgelöst wurden. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist hierbei von den später tatsächlich erzielten oder anhand von Sachverständigengutachten von den erwarteten Kaufpreisen ausgegangen. In dieser Weise wäre auch ein Erwerber des Unternehmens verfahren; der Einzelveräußerungspreis ist die untere Grenze des Teilwerts. Wie vom FG hervorgehoben, hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Wertverhältnisse noch im März 1973 bestätigt. Da auch die von ihr eingeholten Sachverständigengutachten sich ersichtlich nicht allein auf den Stichtag vom 1. Oktober 1972 bezogen, kann davon ausgegangen werden, daß die Wertfeststellungen auch den Teilwert bei der rechtsgeschäftlichen Durchführung der Sacheinlage am 13. Dezember 1972 betrafen.

Gegenüber den tatsächlichen Feststellungen des FG hat der Kläger keine Revisionsrügen erhoben. Er hat den Ansatz des übernommenen Betriebsvermögens bei der GmbH lediglich als überhöht bezeichnet und in diesem Zusammenhang auf eine vom Konkursverwalter angefertigte Wertübersicht verwiesen. Darin liegt neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zudem liegen die bei einer Konkursabwicklung zu erzielenden Veräußerungswerte erfahrungsgemäß unter den Preisen, die bei einer Fortführung des Unternehmens erlöst werden können.

4. Das FA hat den Einbringungsgewinn des Klägers durch Gegenüberstellung seines negativen Kapitalkontos in der KG mit dem auf ihn entfallenden positiven Wert des Betriebsvermögens der KG nach der Aufnahmebilanz der GmbH ermittelt. Das entspricht § 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969.

Vor dem FG hat der Kläger eine Minderung des Veräußerungsgewinns deshalb beantragt, weil die GmbH ihm die Freistellung von der Haftung für die Verbindlichkeiten zugesagt, die Zusage aber, wie schon vorher abzusehen, nicht eingehalten habe, so daß Gesellschaftsgläubiger ihn mit Forderungen von rund 85 Mio DM überzogen hätten. Das FG hat diesem Vortrag für die Bemessung des Einbringungsgewinns mit Recht keine Bedeutung beigelegt.

Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus der Übertragung eines Mitunternehmeranteils kann es allerdings von Bedeutung sein, daß eine getroffene Freistellungsvereinbarung keinen wirtschaftlichen Wert hat und der ausgeschiedene Gesellschafter deshalb von vornherein mit einer Inanspruchnahme durch die Gläubiger der Gesellschaft rechnen muß (BFH-Urteile vom 24. November 1965 VI 325/63 U, BFHE 84, 388, BStBl III 1966, 141; vom 30. November 1977 I R 27/75, BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 16 Anm. 84 b). Hiervon kann im Streitfall angesichts des auf die GmbH übergegangenen umfangreichen Vermögens der KG nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Selbst wenn sich aber nach den sonstigen Verhältnissen der GmbH Zweifel am Wert der Freistellungsvereinbarung ergaben, folgt daraus keine Minderung des Einbringungsgewinns. § 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969 schreibt nämlich zwingend vor, daß der von der Kapitalgesellschaft angesetzte Wert des Betriebsvermögens für den Einbringenden als Veräußerungspreis gilt, d.h. als Gegenwert für das eingebrachte Vermögen fingiert wird. In diese Berechnung gehen auch die von der Kapitalgesellschaft übernommenen Verbindlichkeiten ein. Diese gesetzliche Regelung verbietet es, die erlangte Kapitalbeteiligung als Gegenleistung für die Einlage gesondert zu bewerten und hierbei auch dem tatsächlichen Wert einer Freistellungsvereinbarung Rechnung zu tragen.

Gleichwohl kann die Belastung eines ausgeschiedenen Gesellschafters durch die Inanspruchnahme für Gesellschaftsschulden berücksichtigt werden. Im Falle der Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung würde sich hieraus ein nachträglicher Verlust des Ausgeschiedenen ergeben (vgl. Urteil in BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149). Im Falle der Einbringung des Betriebsvermögens in eine Kapitalgesellschaft können diese zusätzlichen Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten auf den einbringungsgeborenen Kapitalanteil angesehen werden (vgl. Widmann/Meyer, a.a.O., § 20 UmwStG 1977, Rdnr. 7307), die sich bei einer späteren Veräußerung des Anteils auswirken und bei der Abwicklung der Kapitalgesellschaft zu einem Veräußerungsverlust führen können (§ 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 UmwStG 1969). Sofern sich die durch die Besonderheiten des UmwStG erst später entstehende steuerliche Entlastung für den Einbringenden nicht auswirkt, kann auch eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO 1977 aus sachlichen Gründen in Betracht kommen. Da nur die Höhe des Einbringungsgewinns streitig ist, kann hierauf im Streitfall aber nicht eingegangen werden.