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BFH-Urteil vom 18.6.1986 (II R 222/83) BStBl. 1986 II S. 787

Ein sog. Baustellencontainer, der seiner baulichen Gestaltung nach zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen ist, ist bewertungsrechtlich kein Gebäude, weil ihm die dem Gebäudebegriff immanente Ortsfestigkeit (Beständigkeit) fehlt.

BewG 1965 §§ 68, 70 Abs. 3.

Vorinstanz: FG Bremen

Sachverhalt

Die Klägerin, die Anstrich- und Korrosionsschutzarbeiten ausführt, verwendet als Tagesunterkünfte für die Beschäftigten auf den einzelnen Baustellen sowie als Büroraum ihr gehörende transportable Container. Ein solcher Container (sog. "Combitainer") steht auch auf dem Gelände einer Werft in Bremen. Der Combitainer ruht mittels einer selbsttragenden Stahlrahmenkonstruktion auf lose verlegten Schwellen. Die sanitäre Versorgung ist an das Zu- und Abwassernetz der Werft angeschlossen.

Das Finanzamt (FA) bewertete den Combitainer als Gebäude auf fremden Grund und Boden und stellte den Einheitswert durch Bescheid zum 1. Januar 1974 auf 14.300 DM fest.

Die nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage, mit der die Klägerin die Aufhebung des Einheitswertbescheids begehrt, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie der Einspruchsentscheidung und des Feststellungsbescheids zum 1. Januar 1974.

Nach § 70 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) gilt als Grundstück im Sinne des BewG auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet ist.

Bewertungsrechtlich ist ein Gebäude ein Bauwerk, das durch räumliche Umschließung Menschen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständigkeit und standfest ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Juni 1969 III 17/65, BFHE 96, 57, 63, BStBl II 1969, 517, m. w. N.). Die feste Verbindung mit dem Boden ist regelmäßig gegeben, wenn Teile des Gebäudes in das Erdreich eingefügt sind oder das Gebäude auf einem Fundament ruht, wobei es in letzterem Fall unerheblich ist, ob das Bauwerk mit dem Fundament fest verbunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 1954 II 44/53 U, BFHE 58, 575, BStBl III 1954, 130). Ausreichend ist auch, daß es kraft seiner Eigenschwere auf den Trägerelementen ruht (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juni 1955 II 121/55 U, BFHE 61, 75, BStBl III 1955, 226, und vom 21. Februar 1973 II R 140/67, BFHE 109, 156, BStBl II 1973, 507; s. auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 1978 V ZR 33/76, Neue Juristische Wochenschrift 1978, 1.311). Im Urteil vom 4. Oktober 1978 II R 15/77 (BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190) hat der erkennende Senat einer Fertiggarage, die infolge ihres Eigengewichts ohne Verankerung im Boden eine ihrem Verwendungszweck entsprechende Standfestigkeit hatte, als Bauwerk betrachtet, wobei mitentscheidend war, daß eine derartige, in eine Wohnanlage integrierte Garage ein ortsfestes Bauwerk ist.

Der Baustellencontainer der Klägerin erfüllt jedoch die Merkmale eines Gebäudes nicht. Zwar mag er dank seiner Eigenschwere auf den lose verlegten Schwellen fest aufliegen, doch ist er nach seiner baulichen Gestaltung zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen, so daß ihm die dem Gebäudebegriff immanente Ortsfestigkeit (Beständigkeit) fehlt. Im Gegensatz beispielsweise zu Ausstellungshallen und dergl., die zwar auch nur für kürzere Zeit errichtet werden, deren örtliche Veränderung aber ihren Abbruch und den anschließenden Wiederaufbau bedingt, ist der Baustellencontainer jederzeit versetzbar und transportabel, wie eine mobile Umschließung mit eigenem Fahrgestell (z.B. ein als Büro genutzter Eisenbahnwagen). Insbesondere durch das letztere Merkmal unterscheidet er sich von den im Senatsurteil in BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190 angesprochenen Fertiggaragen, die zwar auch - theoretisch - wieder auf einen entsprechenden Tieflader verbracht und transportiert werden können, die aber dauernd an einem bestimmten Ort verbleiben. Offenbleiben muß, ob ein ähnliches Bauwerk, das bleibend einem Grundstück integriert ist, als Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinn zu qualifizieren ist.