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BFH-Urteil vom 8.8.1986 (VI R 195/82) BStBl. 1986 II S. 824

1. Ein Busfahrer im (städtischen) Linienverkehr kann ein Berufskraftfahrer i.S. des Abschn. 22 LStR 1981 sein.

2. Die Pauschbetragsregelung in Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Nr. 3 LStR, wonach ein Berufskraftfahrer bei mehr als sechsstündiger beruflich veranlaßter Abwesenheit ohne Einzelnachweis 8 DM als Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten abziehen kann, ist grundsätzlich auch von den FG zu beachten.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1; LStR 1981 Abschn. 22 Abs. 2 und 3.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte sowie Anschlußrevisionskläger (Kläger) ist Linienbusfahrer bei den Verkehrsbetrieben der Stadt X. Im Streitjahr 1979 befuhr er im täglichen Wechsel rund 20 Buslinien, bis zu fünf Linien an einem Tag. Der Beginn seiner regelmäßigen Arbeitszeit lag bei 11.30 Uhr. Er verließ deshalb seine Wohnung um 10.45 Uhr und kehrte abends gegen 21.00 Uhr von seiner Tätigkeit nach Hause zurück. Die von ihm zu fahrenden Busse mußte der Kläger zu Beginn der Arbeitszeit in der Betriebsstätte abholen und nach Beendigung der Fahrten wieder dorthin zurückbringen. Vor Fahrtbeginn und nach Abschluß der täglichen Fahrzeit benötigte der Kläger noch jeweils 20 Minuten zur Vorbereitung des Fahrzeugs und zur Abrechnung der Tageseinnahmen.

Der Kläger hatte an unterschiedlichen Haltepunkten Gelegenheit, Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Regelmäßig hatte er nach einem Fahrbetrieb von zwei bis vier Stunden Pausen von 13 bis 33 Minuten. Er aß dann in nahegelegenen (nicht weiter als 100 m von der Endhaltestelle entfernten) Lokalen. Die Essenspreise haben nach dem Vortrag des Klägers zwischen 4,50 DM und 17 DM betragen. Zu dem Preis von 4,50 DM ist noch ein Getränk hinzugekommen. In der Regel hat er nach seinem Vortrag viermal wöchentlich eine warme Mahlzeit zu sich genommen. Gelegentlich hat er auch nur dreimal in der Woche warm gegessen.

In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger für 230 Tage je 8 DM pauschal als Verpflegungsmehraufwand geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger sowie Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung dieser Werbungskosten - auch im Einspruchsverfahren - ab. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 115 veröffentlichten Urteil weitgehend statt. Es berücksichtigte für 161 Tage einen pauschalen Verpflegungsmehraufwand von 8 DM. Dazu führt es aus:

Durch Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 29. Juni 1979 IV B 6 - S 2353 - 47/79 II und 2. Januar 1980 IV B 6 - S 2353 - 157/79 sowie durch Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1981 sei eine Pauschale für Verpflegungsmehraufwand eingeführt worden, nach der Berufskraftfahrer, die mehr als sechs Stunden täglich beruflich unterwegs seien, einen geschätzten beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwand von 8 DM täglich als Werbungskosten geltend machen könnten. Das FA schließe den Kläger zu Unrecht von dieser Regelung aus. Er sei hauptberuflich Berufskraftfahrer, für den die angesprochenen Regelungen anzuwenden seien. Die hiervon abweichende Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Hamburg sei unrechtmäßig. Die OFD habe nicht die Befugnis, Erlasse des BMF einzuschränken.

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe die von der Finanzverwaltung festgesetzten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen in ständiger Rechtsprechung bestätigt. Die Steuerpflichtigen könnten deshalb davon ausgehen und darauf vertrauen, daß die Pauschalen auch in ihrem Fall angewandt würden. Wenn die Finanzverwaltung für einzelne, häufig wiederkehrende Sachverhalte die Höhe des beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwandes in Form von Pauschalbeträgen schätze, greife sie nicht in Gesetzgebungsbefugnisse ein, sondern gestalte im Rahmen der Exekutivbefugnis die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Nachweiserleichterungen.

Da der Kläger täglich mehr als sechs Stunden auf seinem Fahrzeug unterwegs gewesen sei, erfülle er die Voraussetzungen, die nach den BMF-Schreiben und Abschn. 22 LStR 1981 zu beruflich veranlaßtem Verpflegungsmehraufwand führten. Gemessen an den Aufwendungsgrenzen der Durchführungsverordnungen bewegten sich die für Berufskraftfahrer geschätzten Mehraufwandspauschalen auch in einem vertretbaren Rahmen. Die Anwendung der Pauschalen auf den Kläger nur für Tage, an denen er warme Mahlzeiten zu sich genommen habe, führe nicht zu einem offensichtlichen Mißverhältnis im Vergleich zu seinem tatsächlichen Aufwand. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen, daß er regelmäßig an vier Tagen in der Woche warme Mahlzeiten zu sich nehme, deren Kosten teilweise über und teilweise unterhalb der Pauschale von 8 DM lägen. Unter Einbeziehung von Getränken habe der Kläger an diesen Tagen einen Aufwand zwischen 6 DM und 17 DM gehabt. Bei Berücksichtigung der Haushaltsersparnis sei ihm jeweils ein Mehraufwand entstanden, der zwischen 4,80 DM und 13,60 DM gelegen habe. Dann führe der Ansatz des Pauschbetrages von 8 DM für alle Tage, an denen der Kläger eine warme Mahlzeit zu sich genommen habe, nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung.

Das FG schätze, daß der Kläger in 23 Wochen viermal und in 23 Wochen dreimal wöchentlich (= 161 Tage) warme Mahlzeiten zu sich genommen habe, deren Kosten regelmäßig einen Mehraufwand von 8 DM verursacht hätten. Im übrigen habe die Klage abgewiesen werden müssen; denn schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers sei ihm an den restlichen Arbeitstagen kein Aufwand entstanden, der mit der Berufskraftfahrerpauschale habe abgegolten werden sollen.

Mit der Revision macht das FA geltend, die sog. Berufskraftfahrerpauschale habe ursprünglich nur für Kraftfahrer im Güterfernverkehr, im Omnibusfernverkehr, im Güternahverkehr und im Möbeltransport gelten sollen. Wende man sie nunmehr auf alle die Personen an, deren Fahrzeug ihre Arbeitsstätte sei, habe sie u.a. für Linienbusfahrer zu gelten, obwohl diese keinen beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwand hätten. Die Anwendung der Pauschale führe insoweit zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, zumal Linienbusfahrern aus Erfahrung die an den Endhaltestellen möglichen günstigen Verpflegungsstätten bekannt seien.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen und - mit der Anschlußrevision - für weitere 69 Tage (230 abzüglich anerkannter 161 Tage) einen pauschalen Verpflegungsmehraufwand von täglich 8 DM zu berücksichtigen.

Der Kläger macht geltend, der pauschale Verpflegungsmehraufwand von 8 DM müsse für alle Arbeitstage, an denen er mehr als sechs Stunden auf seinem Fahrzeug unterwegs gewesen sei, berücksichtigt werden. Es dürfe nicht danach differenziert werden, ob er warme Mahlzeiten zu sich genommen oder sich durch von zu Hause mitgebrachtes Essen verpflegt habe. Die einengende Auslegung des FG laufe praktisch darauf hinaus, daß im Einzelfall geprüft werden müsse, wann und welche Mehraufwendungen entstanden seien. Im übrigen könne auch die Beköstigung durch Mitgebrachtes teuer sein. Bei Anwendung der Pauschale auf alle Arbeitstage sei keine offensichtlich unzutreffende Besteuerung gegeben.

Das FA beantragt, die Anschlußrevision zurückzuweisen. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist trug es noch vor, daß Busfahrer ihr Fahrzeug während der Fahrten nicht verlassen dürften. Schon deshalb sei ein Gaststättenbesuch und ein dadurch veranlaßter Verpflegungsmehraufwand ausgeschlossen.

Der Kläger hat insoweit erwidert, daß es sich um neues tatsächliches Vorbringen handele, das noch dazu unzutreffend sei. Er habe den Bus verlassen dürfen und auch tatsächlich verlassen, um Mahlzeiten zu sich zu nehmen.

Auf Aufforderung des Senats ist der BMF dem Verfahren beigetreten. Er hat sich im wesentlichen wie folgt geäußert: Es stehe der Bundesregierung zu, mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln, unter welchen Voraussetzungen bei einer Berufsgruppe im allgemeinen die geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung nicht zu beanstanden seien. Die Regelung könne sich auch auf §§ 88, 162 der Abgabenordnung (AO 1977) stützen. Der BFH habe derartige Verwaltungsanweisungen, die auf Erfahrung der Verwaltung beruhende Schätzungen zum Inhalt haben, aus Gründen der Gleichbehandlung immer anerkannt, solange sie im Einzelfall nicht offensichtlich zu falschen Ergebnissen führten.

Die hier maßgebliche Verwaltungsanweisung sei nicht etwa deswegen bedenklich, weil sie eine bestimmte Berufsgruppe betreffe. Denn gerade für eine bestimmte Berufsgruppe könne eine Differenzierung geboten sein. Das treffe vorliegend besonders zu. Der BFH habe mit zwei Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, daß Berufskraftfahrer keine regelmäßige Arbeitsstätte am Sitz des Arbeitgebers hätten. Deshalb habe es für diesen sehr großen Personenkreis einer zusätzlichen Verwaltungsanweisung bedurft. Es bestünden im allgemeinen keine Bedenken, bei der Eigenart der beruflichen Tätigkeit von Berufskraftfahrern das Entstehen von beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwendungen anzunehmen.

Bei der Regelung für Berufskraftfahrer handele es sich um eine auf Erfahrung der Verwaltung beruhende Schätzung. Allerdings lägen keine besonderen Erfahrungswerte vor. Für Berufskraftfahrer, die Dienstreisen durchführten, sei dies auch nicht erforderlich. Die Durchschnittswerte in Abschn. 22 LStR 1981 beruhten auf Erfahrungen der betroffenen Tarifpartner und Berufsverbände. Diese hätten glaubhaft durchschnittliche Verpflegungsmehraufwendungen in dieser Höhe dargetan. Der Interessengegensatz zwischen den Tarifvertragsparteien biete - was durch § 3b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verdeutlicht werde - eine Gewähr für eine maßvolle Festsetzung der anfallenden Verpflegungsmehraufwendungen.

Abschn. 22 LStR 1981 gelte sowohl für Fernfahrer als auch für Busfahrer im (städtischen) Linienverkehr und führe für letztere grundsätzlich - in Einzelfällen könne dies anders sein - nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Bei Unterbrechung der Fahrt seien die Pauschalen allerdings nicht anzuwenden, wobei ein Halt keine Unterbrechung sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist nicht begründet. Die Anschlußrevision des Klägers hat dagegen Erfolg. Der Kläger kann die pauschal (ohne Einzelnachweis) geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen.

1. Der Senat hat anerkannt, daß Verpflegungsmehraufwendungen steuerlich berücksichtigt werden können, soweit sie beruflich veranlaßt sind. Er läßt insoweit auch einen Abzug von Pauschalbeträgen - also ohne Einzelnachweis - zu, was er z.B. für Dienstgänge (Urteil vom 14. August 1981 VI R 115/78, BFHE 134, 139, BStBl II 1982, 24) und zuletzt für Dienstreisen (Urteil vom 25. Oktober 1985 VI R 15/81, BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200) ausdrücklich entschieden hat.

Der Senat hat vor allem in dem letztbezeichneten Urteil bestätigt, daß die in den LStR festgelegten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen grundsätzlich auch von den FG zu beachten sind. Er ließ sich dabei von der Erwägung leiten, daß die Feststellung der Höhe der Mehraufwendungen dem Bereich der Sachverhaltsermittlung zuzuordnen sei. An sich sei insoweit eine Schätzung der Aufwendungen im Einzelfall erforderlich. Die Finanzverwaltung könne jedoch eine griffweise Schätzung durchführen und demgemäß Pauschbeträge festsetzen, um das Erhebungsverfahren zu vereinfachen, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten und den Steuerpflichtigen die Sammlung von Belegen zu ersparen.

Hinsichtlich der Höhe der Pauschbeträge hat der Senat in dem Urteil in BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200 gefordert, daß die Schätzungsgrundlagen der Finanzverwaltung nachvollziehbar sein müßten. Er hat dies bei den für Dienstreisen in den LStR festgelegten Pauschbeträgen für gegeben erachtet, weil sie sich an den entsprechenden Regelungen des öffentlichen Dienstes orientierten und weil bei diesen durch Gesetz- und/oder Verordnungsgeber getroffenen Regelungen nicht davon ausgegangen werden könne, daß diese Staatsorgane überhöhte Beträge zuerkannt hätten.

2. Der Kläger hat allerdings weder einen Dienstgang noch eine Dienstreise durchgeführt. Nach den BFH-Entscheidungen vom 24. November 1978 VI R 171-172/76 (BFHE 126, 454, BStBl II 1979, 148) und vom 11. Mai 1979 VI R 129/77 (BFHE 127, 546, BStBl II 1979, 474) setzt die Annahme einer Dienstreise voraus, daß ein Arbeitnehmer vorübergehend den Ort seiner regelmäßigen Arbeitsstätte verläßt, um aus dienstlichen Gründen anderswo tätig zu werden. Der BFH hat in diesen Urteilen weiter entschieden, daß sich bei einem Berufskraftfahrer die regelmäßige Arbeitsstätte nur dann am Betriebssitz des Arbeitgebers befindet, wenn sich aus der Häufigkeit des Aufenthalts am Betriebssitz und dem Umfang der dortigen Verrichtungen ergibt, daß dieser Platz beruflicher Mittelpunkt des Fahrers ist. Ist dies nicht der Fall, dann ist die ständige Arbeitsstätte des Berufskraftfahrers das von ihm benutzte Fahrzeug mit der Folge, daß er keine Dienstreisen oder Dienstgänge durchführt. Dementsprechend sind die Verfahrensbeteiligten des Streitfalles und das FG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, daß der Kläger keine Dienstreisen unternommen hat, weil die von ihm gefahrenen Omnibusse jeweils seine Arbeitsstätte sind.

3. Da Berufskraftfahrer, deren Fahrzeug ihre Arbeitsstätte ist, aber ebenso wie solche, die Dienstreisen durchführen, beruflich veranlaßte Verpflegungsmehraufwendungen haben können und - nach den Ausführungen des BMF - typischerweise auch tatsächlich haben, hat die Finanzverwaltung für die erstgenannte Gruppe von Berufskraftfahrern durch die bezeichneten BMF-Schreiben vom 29. Juni 1979 und vom 2. Januar 1980 sowie durch Abschn. 22 LStR 1981 Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen festgelegt. Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß diese auch von den FG zu beachten sind.

a) Die hier maßgebliche Regelung gilt für Arbeitnehmer, die auf einem Fahrzeug tätig sind, das ihre regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 3 LStR 1981), also insbesondere für solche Berufskraftfahrer, die keine Dienstreisen durchführen (vgl. hierzu vorstehend 2.). Für diesen Personenkreis sind bestimmte Pauschbeträge für beruflich veranlaßte Verpflegungsmehraufwendungen (Abschn. 22 Abs. 3 Nr. 3 LStR 1981) festgelegt.

Dadurch wird im Bereich der Sachverhaltsermittlung eine Beweiserleichterung eingeführt. Dazu ist die Finanzverwaltung vor allem deshalb berechtigt, weil auf diese Weise eine gleichmäßige Besteuerung innerhalb der hier angesprochenen Berufsgruppe erreicht wird. Beim erkennenden Senat waren verschiedene Verfahren anhängig, in denen die FÄ - bei grundsätzlich übereinstimmender Sachverhaltsgestaltung - einen beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwand in einigen Fällen voll verneinten, in anderen Fällen pauschal einmal mit 5 DM und ein anderes Mal mit 6 DM berücksichtigten. Eine derartig unterschiedliche Behandlung an sich übereinstimmender Kosten ist nach Auffassung des Senats mit den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kaum vereinbar.

Die vorbezeichnete Richtlinienregelung dient darüber hinaus der Verfahrensökonomie. Es bleibt der Finanzverwaltung nämlich erspart, in allen Fällen nachzuprüfen, wie hoch die tatsächlichen beruflich veranlaßten Verpflegungsmehraufwendungen waren. Die in Betracht kommenden Steuerpflichtigen werden von der aufwendigen Sammlung von Belegen, deren Wert noch dazu fragwürdig erscheinen könnte, entbunden. Dies ist eine Erleichterung und Vereinfachung für alle Beteiligten.

b) Allerdings gilt die Richtlinienregelung nur für einen bestimmten, wenn auch großen Personenkreis. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 16. Dezember 1981 VI R 227/80 (BFHE 135, 57, BStBl II 1982, 302) zum Ausdruck gebracht, daß er eine Spezialregelung für eine bestimmte Berufsgruppe - dort Binnenschiffer im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung - mit Rücksicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz für unsachgemäß erachte, wenn es sich um eine sachlich nicht gerechtfertigte Einschränkung der allgemein (für alle Arbeitnehmer) im Rahmen der doppelten Haushaltsführung anerkannten Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen handelt. Der Senat hatte diese Einschränkung beanstandet, weil sich der Ansatz geringerer Pauschbeträge nur für eine bestimmte Berufsgruppe auf konkrete Erfahrungswerte zurückführen lassen müsse, was dort nicht der Fall war, so daß dies zu einer Ungleichbehandlung führte.

Im Streitfall sind dagegen nicht allgemein geltende Pauschbeträge zum Nachteil einer kleinen Berufsgruppe eingeschränkt worden; vielmehr wurden Pauschbeträge für einen großen Personenkreis uneingeschränkt geschaffen, ohne daß zum Nachteil einer besonderen Personengruppe ohne Vorliegen von Erfahrungswerten Sonderregelungen getroffen worden sind. Die Begrenzung der Regelung auf eine bestimmte Berufsgruppe führt hier also nicht zu einer Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Personen, die entsprechende Voraussetzungen erfüllen. Sie dient vielmehr gerade der Gleichbehandlung aller Personen, die den betreffenden Anforderungen entsprechen.

c) Auch die Höhe der in Abschn. 22 Abs. 3 Nr. 3 LStR 1981 festgelegten Pauschbeträge ist grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Der Senat geht zwar davon aus, daß der Pauschbetrag von 8 DM bei mehr als sechsstündiger Abwesenheit im oberen Schätzungsrahmen liegt. Der BMF hat mitgeteilt, daß er die in dieser Regelung festgelegten Pauschbeträge für glaubhaft halte, zumal im Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen des Deutschen Bundestages der ursprünglich in Erwägung gezogene Pauschbetrag von 5 DM keinesfalls als ausreichend angesehen worden sei. Es besteht danach für die Steuergerichte, deren Aufgabe es vor allem ist, den Steuerpflichtigen Rechtsschutz zu gewähren, keine Veranlassung, die der Beweiserleichterung dienende Regelung einschränkend anzuwenden.

Es kommt hinzu, daß eine pauschalierende Regelung nur dann tatsächlich der Vereinfachung (vgl. 3.a) dient, wenn sie in der Regel alle Fälle abdeckt und nur ausnahmsweise dazu veranlaßt, Nachweise für (noch) höhere Aufwendungen zu sammeln und der Finanzbehörde vorzulegen. Der Sinn einer Pauschbetragsregelung wird daher nur dann voll erreicht, wenn die anerkannten Sätze nicht an der untersten Grenze des Schätzungsrahmens liegen. Schließlich zeigen gerade die mit der Revision nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des FG, daß Aufwendungen in Höhe der Pauschbeträge denkbar und also nicht außergewöhnlich sind.

d) Die generell für Arbeitnehmer, die auf einem Fahrzeug tätig sind, das ihre regelmäßige Arbeitsstätte darstellt (Abschn. 22 Abs. 2 Nr. 3 LStR 1981), geltende Richtlinienregelung ist auch auf Linienbusfahrer anwendbar.

Schon dem Wortlaut nach bestehen keine Zweifel, daß unter diese Bestimmung auch Linienbusfahrer fallen können. Der BMF hat darüber hinaus bestätigt, daß die Richtlinienregelung bundeseinheitlich auch für diesen Personenkreis gedacht ist und auf ihn angewandt werden soll.

e) Allerdings darf die Berücksichtigung von Pauschbeträgen für Verpflegungsmehraufwendungen im Einzelfall nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen. Dies ist bei Anwendung der Pauschbeträge von 8 DM auf alle 230 Arbeitstage des Klägers aber nicht der Fall.

Der erkennende Senat hat in dem Urteil in BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200 die Grundsätze zusammengefaßt, die im Einzelfall die Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung rechtfertigen. Er hat hervorgehoben, daß - dem Vereinfachungszweck der Pauschbetragsregelung entsprechend - eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung nur ganz ausnahmsweise angenommen werden soll. Nach dem vorbezeichneten Urteil läßt sich eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung insbesondere nicht daraus ableiten, daß der Arbeitnehmer die Möglichkeiten zu preisgünstiger Essenseinnahme - aus welchen Gründen auch immer - kennt. Würde schon dieser Umstand zur Nichtanwendbarkeit der Pauschbetragsregelung führen, müßten die Finanzbehörden jeweils genau prüfen, wie häufig ein Arbeitnehmer dieselbe Strecke fährt, wohin er überhaupt fährt und auch, ob an den jeweiligen Fahrtzielen preisgünstige Lokale vorhanden sind. Dies würde dem Vereinfachungszweck der Pauschbetragsregelung entgegenstehen. Darüber hinaus würden die jeweiligen Finanzbehörden die Möglichkeiten zu preisgünstiger Essenseinnahme unterschiedlich beurteilen, so daß auch dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht mehr ausreichend Rechnung getragen würde.

Schließlich ist der Umstand, daß ein Arbeitnehmer zum Teil selbstzubereitete Mahlzeiten zu sich nimmt, nach der Rechtsprechung des Senats kein Grund für die Annahme einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, falls der Arbeitnehmer gleichwohl die Pauschbeträge in Anspruch nehmen möchte (vgl. BFHE 135, 57, BStBl II 1982, 302). Denn auch selbstzubereitete Mahlzeiten können einen erhöhten Aufwand erfordern, zumal wenn noch Getränke gekauft werden müssen. Es kommt hinzu, daß der Senat bei der Anwendung der Verpflegungsmehraufwandspauschalen z.B. bei Dienstgängen und bei ständig wechselnden Einsatzstellen auch nicht danach differenziert, ob der Arbeitnehmer - was in diesen Fällen häufig denkbar ist - sich von Selbstmitgebrachtem, in Restaurants oder sonstwo ernährt.

Dementsprechend ist die Auffassung des FG im Streitfall nicht gerechtfertigt, der Kläger dürfe nur für 161 Tage die Pauschale von 8 DM in Anspruch nehmen, zumal ein möglicherweise geringerer Mehraufwand an den Selbstverpflegungstagen durch einen besonders hohen, über 8 DM liegenden Mehraufwand an den anderen Tagen ausgeglichen sein kann.

4. Demnach ist die Revision des FA unbegründet, weil das FG zu Recht für 161 Tage den pauschalen Mehraufwand des Klägers mit 8 DM berücksichtigt hat. Auf die Anschlußrevision des Klägers sind ihm jedoch für weitere 69 Tage jeweils 8 DM Verpflegungsmehraufwand zuzugestehen.

Die nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist aufgestellte Behauptung des FA, der Kläger habe in keinem Fall in Restaurants essen können, da er seinen Omnibus nicht habe verlassen dürfen, kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie verspätet vorgebracht worden ist (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -); sie dürfte auch durch den weiteren Vortrag des Klägers entkräftet, wenn nicht sogar widerlegt sein.