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BFH-Urteil vom 23.10.1986 (IV R 319/84) BStBl. 1987 II S. 64

Verlustanteile aus einer Partenreederei sind zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn des Beteiligten auch dann hinzuzurechnen, wenn die Partenreederei noch keinen Gewerbebetrieb i. S. des GewStG ausübt.

GewStG § 2 Abs. 1, § 8 Nr. 8.

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, war im Streitjahr 1977 an einer Partenreederei beteiligt. Die Reederei bestand in dieser Zeit als Baureederei; das von ihr im Jahre 1975 bestellte Seeschiff wurde im Jahre 1978 in Dienst gestellt. Die Partenreederei wies im Streitjahr einen Verlust aus Vorbereitungshandlungen für die Seeschiffahrt und die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen gemäß § 82f der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) aus; auf die Klägerin entfiel ein Verlustanteil von ... DM. Die Klägerin berücksichtigte diesen Verlustanteil bei der Errechnung ihres Gewerbeertrags. Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) davon aus, daß der Verlustanteil dem Gewinn der Klägerin gemäß § 8 Nr. 8 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hinzugerechnet werden müsse; er änderte insoweit den Gewerbesteuermeßbescheid 1977. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 7 GewStG entspricht der zur Bestimmung des Gewerbemeßbetrags anzusetzende Gewerbeertrag grundsätzlich dem nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu ermittelnden Gewinn. Im Falle der Klägerin würde sich hierbei ihr Anteil am Verlust der Partenreederei auswirken, die zu den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG erwähnten "anderen Gesellschaften" gehört, bei denen der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Januar 1973 I R 156/71, BFHE 108, 111, BStBl II 1973, 219; vom 10. Juli 1980 IV R 12/80, BFHE 131, 324, 328, BStBl II 1981, 90). Demgegenüber bestimmt § 8 Nr. 8 GewStG, daß dem ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb die Anteile am Verlust einer anderen Gesellschaft hinzuzurechnen sind, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind; zu diesen anderen Gesellschaften gehört wiederum auch die Partenreederei (BFH-Urteil vom 21. August 1961 I 32/61 U, BFHE 73, 643, BStBl III 1961, 500).

Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht entschieden, daß diese Vorschrift auch Anwendung findet, wenn die Beteiligungsgesellschaft nicht der Gewerbesteuer unterliegt, wie das für eine Partenreederei vor Indienststellung des Schiffes als sog. Baureederei der Fall ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. April 1986 IV R 100/84, BFHE 146, 457, BStBl II 1986, 527). Der Wortlaut der Bestimmung stellt nicht darauf ab, daß die Beteiligungsgesellschaft ihrerseits gewerbesteuerpflichtig ist. Da die Gewinnermittlung nach den Vorschriften des EStG erfolgt, liegt vielmehr nahe, daß auch die Hinzurechnungsvorschrift, die diese Gewinnermittlung korrigiert, an die Vorstellungen des EStG anknüpft, hier also den Verlustanteil i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG meint. Von dieser Auslegung ist bereits das BFH-Urteil vom 6. Dezember 1955 I 261/55 U (BFHE 62, 13, BStBl III 1956, 6) im Falle der Beteiligung an einer Baureederei ausgegangen; an ihr ist auch gegenwärtig festzuhalten.

Zu Recht führt das FG hierfür auch den Wortlaut des § 8 Nr. 8 GewStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1977 (BGBl I 1977, 1586, BStBl I 1977, 442, 446) an, der eine Hinzurechnung auch für Verlustanteile an einer ausländischen Gesellschaft vorsieht, obwohl diese Gesellschaften nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG grundsätzlich nicht der deutschen Gewerbesteuer unterliegen.

2. Die von der Klägerin vertretene Deutung der Bestimmung, die die Hinzurechnung nur bei der Beteiligung an einem nach dem GewStG steuerpflichtigen Betrieb eingreifen lassen will, würde auch gegen den Sinn der Vorschrift verstoßen.

Gegenstand der Gewerbesteuer ist nämlich nur der auf den eigentlichen Betrieb entfallende Gewinn, während die Einkommensteuer alle betrieblichen Vorgänge von den ersten Vorbereitungshandlungen zur Betriebseröffnung bis zur Veräußerung oder Entnahme der letzten betrieblichen Wirtschaftsgüter berücksichtigt (BFH-Beschluß vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; Urteil vom 11. März 1982 IV R 25/79, BFHE 136, 204, BStBl II 1982, 707). Die von der Klägerin vertretene Auslegung würde demgegenüber bedeuten, daß sich die Ergebnisse aus der Vorbereitungs- und Abwicklungsphase dennoch bei der Gewerbesteuer auswirken, wenn auch nicht bei der Personengesellschaft, so doch bei ihren Gesellschaftern. Bei diesen würden dann auch Anteile am Gewinn der Personengesellschaft aus der Veräußerung oder Aufgabe ihres Unternehmens der Gewerbesteuer unterliegen, weil die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2 GewStG nicht eingreifen würde. Damit wäre die Gesetzesentscheidung hinfällig, daß nur der laufende Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Ob die Ergebnisse aus der Vorbereitungs- oder Abwicklungsphase gewerbesteuerlich Bedeutung erlangen, würde außerdem von der Zufälligkeit abhängen, ob der Gesellschafter bzw. der Beteiligte einer Partenreederei seinerseits einen gewerbesteuerpflichtigen Betrieb i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterhält und die Beteiligung zum Betriebsvermögen gehört. Eine derartige Auslegung läßt sich nicht vertreten.