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BFH-Urteil vom 30.10.1986 (III R 56/86) BStBl. 1987 II S. 137

Werden Anzahlungen durch Hingabe eines Wechsels geleistet, so sind sie nicht schon im Zeitpunkt der Diskontierung des Wechsels i. S. des § 7a Abs. 2 Satz 4 EStG aufgewendet, wenn der Diskonterlös aufgrund einer vorherigen Vereinbarung zwischen dem Lieferanten und der diskontierenden Bank für die Laufzeit des Wechsels auf einem Festgeldkonto bei dieser Bank angelegt wird.

InvZulG 1975 § 4b Abs. 3 und 4; EStG § 7a Abs. 2 Sätze 3 und 4.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Omnibusunternehmen. Im Februar 1977 beantragte er beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 für die Anschaffung eines Reiseautobusses. Dem Antrag war ein Schreiben der Lieferfirma, der Firma Z-KG, vom 30. Juni 1976 beigefügt, in dem diese bestätigt, vom Kläger einen Wechsel per 30. September 1976 über ... DM erhalten zu haben. Als Zeitpunkt der Bestellung des Fahrzeugs war im Antrag der 14. Juni 1975 angegeben. Das FA entsprach diesem Antrag nach einer Korrektur der Bemessungsgrundlage.

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung stellte die Steuerfahndungsstelle A fest, daß der vom Kläger hingegebene Wechsel von der Z-KG bei der B-Bank eingereicht und von dieser am 30. Juni 1976 diskontiert worden war. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Firma Z-KG und der Bank, die vor Einreichung des Wechsels getroffen worden war, mußte der Wechseldiskonterlös laufzeitkongruent als Festgeld angelegt werden. Das Festgeldkonto diente der Bank als Sicherheit für den eingeräumten Diskontkredit. Ferner betrachtete die Bank das Festgeldkonto als Sicherheit zu ihren Gunsten als verpfändet.

Das FA änderte daraufhin den Zulagebescheid, setzte dabei die Zulage für den Reisebus auf 0 DM fest und forderte den bereits ausgezahlten Betrag zurück. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt der Kläger Verfahrensfehler und Verletzung des § 4b InvZulG 1975.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, den angefochtenen Änderungsbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Entscheidung ergeht insoweit gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) ohne Angabe von Gründen.

2. Das FG hat zu Recht die Wechselhingabe im Juni 1976 nicht als rechtzeitige Anzahlung im Sinn des im Streitfall anzuwendenden § 4b Abs. 4 InvZulG 1975 angesehen.

a) Anzahlungen auf Anschaffungskosten i. S. des § 4b Abs. 4 Satz 1 InvZulG 1975 sind Vorleistungen auf ein zu einem späteren Zeitpunkt noch zu vollziehendes Anschaffungsgeschäft. Der Umstand, daß derartige Vorleistungen bilanzrechtlich Anzahlungen darstellen, genügt jedoch für sich allein gesehen noch nicht, den Zulageanspruch zu begründen. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus noch, daß die fraglichen Aufwendungen vor dem 1. Juli 1976 getätigt worden sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. November 1980 III R 19/79, BFHE 132, 175, BStBl II 1981, 179).

Aufgewendet sind Anzahlungen auf Anschaffungskosten gemäß § 4b Abs. 4 i.V. m. § 4b Abs. 3 InvZulG 1975 und § 7a Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) grundsätzlich im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung (Urteil in BFHE 132, 175, BStBl II 1981, 179). Werden Anzahlungen durch Hingabe eines Wechsels geleistet, so sind sie in dem Zeitpunkt aufgewendet, in dem dem Lieferanten durch Diskontierung oder Einlösung des Wechsels das Geld tatsächlich zufließt (§ 7a Abs. 2 Satz 4 EStG). Dies erfordert, daß der Diskonterlös dem Lieferanten über den buchmäßigen Ausweis hinaus gleichsam wie Bargeld zur grundsätzlich freien Verfügung stehen muß. Diese Auslegung entspricht nicht nur der Zielsetzung des § 7a Abs. 2 Satz 4 EStG, sondern steht auch im Einklang mit der Funktion des Diskontgeschäftes, die grundsätzlich gerade darin besteht, dem Diskontnehmer einen Kredit zu beschaffen (zur Funktion des Diskontgeschäfts vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 2. Bearbeitung in: Großkommentar HGB, 3. Aufl., Bd. III/3, 1981, Rdnr. 1.539).

An dem gemäß § 7a Abs. 2 Satz 4 EStG erforderlichen tatsächlichen Zufluß fehlt es aber, wenn diskontierende Bank und Diskontnehmer spätestens im Zeitpunkt der Diskontierung vereinbaren, daß der Diskonterlös auf ein Festgeldkonto bei der diskontierenden Bank zu überweisen ist und der Diskontnehmer während der Laufzeit des Wechsels nicht über den Wechselgegenwert verfügen kann. In einem solchen Fall erhält der Diskontnehmer (Lieferant) nicht, wie erforderlich, zusätzliche Finanzmittel, die er in handelsüblicher Weise verwenden, sondern Buchgeld, mit dem er sich allenfalls einen Zinsgewinn verschaffen kann.

Da es gemäß § 7a Abs. 2 Satz 4 EStG entscheidend allein darauf ankommt, daß der Diskonterlös dem Lieferanten tatsächlich zufließt, ist es unerheblich, ob der Anzahlende selbst das seinerseits Erforderliche getan hat, damit der Leistungserfolg eintreten kann. Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Grundsätze des zu § 11 EStG ergangenen BFH-Urteils vom 30. Oktober 1980 IV R 97/78 (BFHE 132, 410, BStBl II 1981, 305) wegen der im Streitfall maßgeblichen Sonderregelung nicht einschlägig (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., § 7a Anm. 3 a. E.).

Der Auslegung des Senats steht das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Juni 1980 5 Str 542/79 (Betriebs-Berater - BB - 1980, 1.090) nicht entgegen. Der Senat verweist insoweit auf sein Urteil vom 4. März 1983 III R 20/82 (BFHE 138, 286, 291, BStBl II 1983, 509).

b) Danach war im Streitfall das Geld aus der Diskontierung wegen der Festlegung des Diskonterlöses der Z-KG nicht vor dem 1. Juli 1976 tatsächlich zugeflossen. Ob die Zulage zu gewähren wäre, wenn der Kläger der Finanzierungsbank andere Sicherheiten gegeben hätte, braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung.

3. Da die Zulage bereits deshalb zu versagen war, weil die Voraussetzungen des § 4b Abs. 4 Satz 1 InvZulG 1975 nicht vorlagen, ist es nicht mehr entscheidungserheblich, ob der Kläger den Kaufvertrag, wie das FA behauptet, rückdatiert hat.