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BFH-Urteil vom 18.12.1986 (V R 18/80) BStBl. 1987 II S. 280

Die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen gemäß § 15 Abs. 3 bis 5 i.V. m. § 15 Abs. 2 UStG 1967 richtet sich allein nach der Verwendung des Leistungsgegenstands, nicht aber nach dem Anlaß, aus dem der Unternehmer die Leistung bezogen hat.

UStG 1967 § 15.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die einen Großhandel mit Modeschmuck betreibt, ließ 1976 auf ihrem Grundstück ein Gebäude errichten. Dabei handelte es sich aufgrund einer Auflage der Gemeinde um ein zweigeschossiges Gebäude anstelle des zunächst geplanten eingeschossigen Betriebsgebäudes. Die Räume im Erdgeschoß verwendete die Klägerin zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze. Die im Obergeschoß errichteten vier Wohnungen vermietete sie an private Mieter.

In der Umsatzsteuererklärung 1976 machte die Klägerin die gesamt Umsatzsteuern, die in den Baurechnungen ausgewiesen waren, als abziehbare Vorsteuerbeträge geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ hingegen die Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zu, die nach den Ermittlungen einer Betriebsprüfung auf die Herstellungskosten für das Obergeschoß entfielen, mit der Begründung, das Obergeschoß werde zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Das FA verminderte die abziehbaren Vorsteuern demgemäß um 25.688,52 DM. Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der Klage machte die Klägerin geltend, zumindest die Vorsteuerbeträge, die auf die Rohbauarbeiten im Obergeschoß entfielen, seien abziehbar, weil ohne Errichtung des Obergeschosses die Erlaubnis zum Bau der Geschäftsräume im Erdgeschoß nicht erteilt worden wäre. Nicht abziehbar seien allenfalls die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen über den Wohnungsausbau.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab mit der Begründung, die Umsatzsteuern aus den Baukosten zur Errichtung des Obergeschosses seien vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967/73) ausgeschlossen, weil das Obergeschoß zur Ausführung von nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1967/73 steuerfreien Vermietungsumsätzen verwendet werde. Bei der Anwendung des § 15 Abs. 2 UStG 1967/73 komme es nicht auf die Motive für die Errichtung des Obergeschosses an.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 15 Abs. 3 und 4 UStG 1967/73 mit dem Vortrag, das FG habe sich über den klaren Wortlaut dieser Vorschriften hinweggesetzt. In ihrem Fall habe die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 aufgrund der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Vorsteuerbeträge zu erfolgen und nicht nach § 15 Abs. 2 UStG 1967/73. Den Aufteilungsantrag nach § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 habe sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gestellt. Das angeschaffte Gebäude werde gemischt betrieblich und zu Wohnzwecken genutzt. Die Errichtung des gesamten Gebäudes sei primär betrieblich veranlaßt gewesen. Das Obergeschoß habe lediglich aus Schallschutzgründen aufgesetzt werden müssen. Da der betrieblich bedingte Bau nur mit dem Obergeschoß möglich gewesen sei, sei der gesamte Rohbau unmittelbar durch den Betrieb veranlaßt. Die (steuerfreie) Vermietung der Wohnungen im Obergeschoß sei allenfalls mittelbarer Zweck der Gebäudeerrichtung gewesen. Bei dieser Sachlage sei die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Stockwerken nicht sachgerecht und widerspreche dem Sinn des Gesetzes. Selbst wenn man nach § 15 Abs. 2 UStG 1967/73 entscheiden müsse, komme es auf die unmittelbare Ermöglichung des Betriebszwecks durch den gesamten Rohbau und nicht auf die mittelbar bezweckte Vermietung an.

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die in den Rohbaukosten für die Erstellung des Obergeschosses enthaltene Umsatzsteuer mit 17.125,68 DM (2/3 von 25.688,52 DM) zum Abzug zuzulassen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Nach seiner Ansicht wurden die Vorsteuerbeträge bereits nach § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 aufgeteilt. Für die Errichtung des Obergeschosses seien nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung, denen die Klägerin nicht widersprochen habe, Umsatzsteuern in Höhe von 25.688,52 DM in Rechnung gestellt worden. Da das Obergeschoß zur Ausführung der steuerfreien Vermietungsumsätze verwendet werde, seien die genannten Vorsteuerbeträge (wirtschaftlich) diesen Umsätzen zuzurechnen. Auf die betriebliche Veranlassung der Gebäudeerrichtung insgesamt komme es hier nicht an.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat zwar das gesamte Gebäude - sowohl das ihrem Betrieb dienende Erdgeschoß als auch das der Wohnungsvermietung dienende Obergeschoß - im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/73 "für ihr Unternehmen" angeschafft. Auch die Wohnungsvermietung gehört zur gesamten unternehmerischen Betätigung der Klägerin im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1967/73 - unbeschadet der Steuerfreiheit dieser Umsätze nach § 4 Nr. 12 Buchst. a 1967/73 -.

Vom Vorsteuerabzug sind aber die Umsatzsteuern aus den Baurechnungen ausgeschlossen, soweit die Klägerin das angeschaffte Gebäude zur Ausführung der steuerfreien Wohnungsvermietung verwendet.

Nach § 15 Abs. 2 UStG 1967/73 sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuern für Lieferungen von Gegenständen oder für sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze (soweit sie nicht unter § 4 Nr. 1 bis 5 UStG 1967/73 fallen) verwendet oder in Anspruch nimmt. Diese Regelung betrifft die jeweils ausschließliche Verwendung einer bezogenen Leistung zu dem genannten Zweck.

Für "gemischt verwendete" Leistungsbezüge (die zur Ausführung von Umsätzen, die teils zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug und teils nicht zum Ausschluß führen) gilt die Aufteilungsregelung der Abs. 3 bis 5 des § 15 UStG 1967/73, die grundsätzlich die Aufteilung nach drei verschiedenen Methoden zuläßt.

Geht man mit den Beteiligten und dem FG - hier unbedenklich - davon aus, daß die Klägerin das Gebäude als einen einheitlichen Gegenstand für ihr Unternehmen angeschafft hat, den sie - nach Geschossen trennbar - einerseits vorsteuerabzugsschädlich (Obergeschoß) und andererseits nicht abzugsschädlich (Erdgeschoß), also gemischt verwendet, so ist der vom FA zugelassene nur anteilige Vorsteuerabzug nicht zu beanstanden.

Die von der Klägerin beantragte Aufteilungsmethode nach Maßgabe der betrieblichen Veranlassung der Errichtung des Gesamtgebäudes findet in den gesetzlichen Aufteilungsmethoden keine Stütze.

Für den Geltungsbereich des UStG 1967/73 ist Regelaufteilungsmethode die Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel gemäß § 15 Abs. 3 UStG 1967/73. Nach dieser Methode läßt sich die beantragte Aufteilung jedenfalls nicht erreichen. Sie wurde auch weder von der Klägerin noch vom FA angewendet.

Nach § 15 Abs. 5 UStG 1967/73 kann das FA verlangen, daß der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach Abs. 4 der Vorschrift aufteilt, wenn die Aufteilung nach Abs. 3 zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt. Wie der Senat im Urteil vom 14. Februar 1980 V R 49/74 (BFHE 130, 107, BStBl II 1980, 533) dargelegt hat, ist insoweit der Aufteilungsmaßstab aus § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967/73 zu gewinnen, woraus weiter folgt, daß nur die Regelung des § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 mit ihrer Aufteilung nach wirtschaftlicher Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu den Umsätzen der gesetzlichen Zielsetzung in vollem Umfang gerecht wird. Das FA kann die Bestimmung nach § 15 Abs. 5 UStG 1967/73 auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von sich aus vornehmen. Im vorliegenden Fall hat das FA die Methode des § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 im Ergebnis zutreffend angewendet. Die Klägerin beruft sich zwar gleichfalls auf einen angeblich gestellten Antrag, nach dieser Vorschrift zu verfahren. Das von ihr erstrebte Ergebnis läßt sich damit aber nicht erreichen.

Nach § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1967/73 können die gesamten Vorsteuerbeträge danach aufgeteilt werden, wie diese Beträge den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 führenden Umsätzen und den übrigen Umsätzen ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Die Regelung der Vorsteueraufteilung richtet sich somit ausschließlich danach, zur Ausführung welcher Umsätze die bezogene Leistung tatsächlich verwendet wird. Auf die Veranlassung, die zum Bezug der Leistung führte, kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin hierbei nicht an. Die Umfangsbestimmung des Vorsteuerabzugs nach Maßgabe der tatsächlichen Verwendung einer Leistung (§ 15 Abs. 2 bis 5 UStG 1967/73) setzt voraus, daß der vorsteuerabzugsbegehrende Unternehmer die Leistung gemäß § 15 Abs. 1 UStG 1967/73 "für sein Unternehmen" angeschafft hat.

Von den auf die Herstellung des gesamten Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträgen hat das FA demnach die Vorsteuerbeträge, soweit sie auf Herstellungskosten des Obergeschosses entfallen, zutreffend vom Abzug ausgenommen, weil das Obergeschoß zur Ausführung steuerfreier Vermietungsumsätze (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG 1967/73) verwendet wurde.