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BFH-Urteil vom 13.3.1987 (V R 55/77) BStBl. 1987 II S. 467

1. Die Zierfischzucht in Teichen fällt nicht unter § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967.

2. Zur Frage, inwieweit die Aufzucht von Köderfischen, Testfischen, Futterfischen und Besatzfischen in Teichen als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb (Teichwirtschaft, Fischzucht für die Teichwirtschaft und die Binnenfischerei) gilt.

UStG 1967 § 24 Abs. 2 Nr. 1; BewG § 62 Abs. 1; EStG § 13 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 1978, 100)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) führten in den Streitjahren (1968 bis 1971) einen landwirtschaftlichen Betrieb. Im Rahmen einer daneben unterhaltenen Fischzucht in Teichen züchteten sie in mehr als 40 künstlich angelegten Teichen im wesentlichen Sonnenbarsche, Goldorfen, Goldplötze, Hundsfische sowie Karpfen und Schleien. Die Fische wurden von den Klägern nicht gefüttert, sondern ernährten sich ausschließlich von den in den Teichen lebenden Pflanzen und Kleinstlebewesen, derentwegen die Teichböden gedüngt worden waren.

Nach dem Verkauf dienten die Fische unterschiedlichen Zwecken. Schleien und Karpfen, zum Teil auch Goldplötze, wurden als Speisefische verwendet. Hundsfische dienten Anglern als Köder. Goldorfen und Sonnenbarsche wurden zum Teil als Zierfische, überwiegend aber als Futterfische für Hechte und Forellen oder als Besatzfische in anderen Teichen verwendet. Dort förderten sie die Aufzucht von Speisefischen, indem sie Kerbtiere wegfraßen. Im übrigen dienten sie als Köder für Angler und als Testfische.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung besteuerte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) in den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre (1968 bis 1971) die Umsätze aus den Fischverkäufen nicht nach den Vorschriften über die Besteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gemäß § 24 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967, sondern setzte insoweit die Umsatzsteuer - nach Abzug eines geschätzten Vorsteuerbetrages von 200 DM je Streitjahr - nach den für die Regelbesteuerung geltenden Vorschriften fest. Das FA vertrat hierbei die Auffassung, unter Teichwirtschaft im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967, des § 13 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen (GDL) vom 15. September 1964 (BGBl I 1965, 1350, BStBl I 1965, 552) und des § 62 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der Fassung vom 10. Dezember 1965 (BGBl I 1965, 1861, BStBl I 1966, 2) sei nur die zielgerichtete Erzeugung bestimmter Speisefischarten in Teichen zu verstehen. Demzufolge stelle die auf Zierfische beschränkte Fischzucht der Kläger auch keine "Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft" gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 dar.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1978, 100 veröffentlichten Urteil mit der Begründung statt, die Umsätze der Kläger seien im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, und zwar einer Teichwirtschaft, ausgeführt worden; denn der Begriff "Teichwirtschaft" in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 umfasse nach der gebotenen Auslegung aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauches die Fischzucht, wie sie von den Klägern ausgeübt worden sei.

Da die Fischverkäufe insgesamt als Umsätze im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes einzuordnen seien, bedürfe es insoweit keiner Aufteilung nach Umsätzen von Speisefischen, Zierfischen und sonstigen Nutzfischen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967. Zur Begründung führt es aus, wegen der ausdrücklichen Erwähnung der "Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft" in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 sei diese vom Betrieb der ebenfalls in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 erwähnten "Teichwirtschaft" abzugrenzen. Durch diese Gesetzesfassung habe der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der Begriff "Teichwirtschaft" nicht jede Fischzucht in Teichen erfassen solle.

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob und in welchem Umfang die Kläger mit der Aufzucht von Zierfischen, Speisefischen und Nutzfischen anderer Art einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 unterhalten haben, für den die Besteuerung nach Durchschnittsätzen durchzuführen ist.

1. Gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 gelten als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unter anderem die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft sowie die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft.

a) Die Zucht von Zierfischen in Teichen ist keine Teichwirtschaft im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967.

Bei der Auslegung des Gesetzes ist grundsätzlich vom Gesetzeswortlaut auszugehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. November 1972 VIII R 22/68, BFHE 108, 65, BStBl II 1973, 182 m. w. N.). Nach dem Wortsinn - wie er sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung ergibt - umfaßt der Begriff Teichwirtschaft in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 - entgegen der Auffassung des FG - nicht die Aufzucht von Zierfischen in Teichen. Teichwirtschaft bedeutet: Bewirtschaftung von Teichen zur Zucht und Produktion von Speisefischen (Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl., 1977, Bd. 23, S. 286; Meyers, Großes Universallexikon, Bd. 14, 1985, S. 93). In Übereinstimmung hiermit wird die Teichwirtschaft in zwei Hauptbetriebszweige unterteilt, die typischerweise der Versorgung der Bevölkerung mit Speisefischen dienen: Karpfenteichwirtschaft und Forellenteichwirtschaft (Brockhaus, Enzyklopädie, 1973, 18. Band, S. 532). Dabei wird die Karpfenteichwirtschaft zum Teil auch nur als "Teichwirtschaft" und die Forellenteichwirtschaft als "Forellenzucht" bezeichnet (Schäperclaus, Lehrbuch der Teichwirtschaft, 1933, S. 81). Die synonyme Verwendung der Begriffe "Teichwirtschaft" und "Karpfenteichwirtschaft" bestätigt die Auslegung des Begriffs "Teichwirtschaft" im Sinne einer Bewirtschaftung von Teichen zur Zucht und Produktion von Speisefischen.

Diese Auslegung entspricht der Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise zum Begriff Teichwirtschaft. Denn Abhandlungen - insbesondere geschichtliche, wirtschaftliche und produktionsbiologische - über die Teichwirtschaft in Deutschland haben ausschließlich die Erzeugung von Fischfleisch in teichwirtschaftlichen Betrieben und deren Bedeutung für die menschliche Ernährung durch die planmäßige Erzeugung von Fischen zum Gegenstand (vgl. z.B. Schäperclaus, a.a.O., Vorwort, S. 1; Hofmann, Der Teichwirt, 3. Aufl., 1971, S. 11).

Die Auslegung des Begriffs Teichwirtschaft durch den erkennenden Senat wird vom Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 sowie den mit dieser Vorschrift in engem Zusammenhang stehenden Regelungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG und des § 62 Abs. 1 BewG bestätigt. Die Übereinstimmung des Gesetzeswortlauts - soweit für den Streitfall einschlägig -, insbesondere die Übereinstimmung der einzelnen Gesetzesbegriffe (Binnenfischerei, Teichwirtschaft, Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft), ist Ausdruck der Übereinstimmung des Sinnes der Vorschriften.

Nach § 4 Nr. 19 UStG 1951 war die Lieferung und der Eigenverbrauch von Gegenständen steuerfrei, die der Unternehmer innerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erzeugte. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb galten nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 1. September 1951 (BGBl I 1951, 796, BStBl I 1951, 482) - in der Fassung der am 1. April 1956 in Kraft getretenen 8. Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (UStDB 1951 a. F.), BGBl I 1957, 6, BStBl I 1957, 131 - unter anderem die Fischzucht einschließlich der Teichwirtschaft und die Binnenfischerei. Fischzucht im Sinne dieser Bestimmung liegt nach dem Urteil des Senats vom 27. Oktober 1960 V 319/58 U (BFHE 72, 31, BStBl III 1961, 12) auch dann vor, wenn Zierfischzucht in Zuchtbehältern (Aquarien) betrieben wird. In Übereinstimmung damit hat der IV. Senat des BFH in seinem Urteil vom 20. Oktober 1960 IV 93/60 U (BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7) zu der Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1955, nach der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft auch die Einkünfte aus Binnenfischerei, Fischzucht und Teichwirtschaft sind, die Auffassung vertreten, daß der Betrieb einer Zierfischzucht in Aquarien Fischzucht im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1955 sei.

Im Hinblick auf dieses Urteil in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7 hat der Gesetzgeber das EStG geändert. Nach der - gegenüber dem Wortlaut des oben erwähnten § 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1955 - geänderten Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1965 sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft unter anderem die Einkünfte aus Binnenfischerei, Teichwirtschaft, Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft. Entsprechend wurden die Vorschriften des BewG (siehe Art. 1 Nr. 17 § 48 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965, BGBl I 1965, 851, BStBl I 1965, 375 = § 62 Abs. 1 BewG) geändert. Anschließend wurde die Begriffsbestimmung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in § 46 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 a. F. durch Art. 1 Nr. 9 der 14. Verordnung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 8. Juli 1966 (BGBl I 1966, 407, BStBl I 1966, 782) den oben genannten Vorschriften des § 62 Abs. 1 BewG und § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1965 angepaßt und später wörtlich in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 übernommen (siehe Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 8. August 1966 IV A/2-S 4.015-2/66, BStBl I 1966, 851 unter Buchst. b, Ziff. 8, Abs. 1).

In dieser aufeinander abgestimmten Änderung des EStG, des BewG und der UStDB wird der Wille des Gesetzgebers bzw. des Verordnungsgebers deutlich, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß über die Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerblichen Fischzucht bei allen Steuerarten einheitlich entschieden wird (vgl. hierzu Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses vom 16. Juni 1965 über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurf eines GDL - Drucks IV/3441 -, BTDrucks IV/3568, Buchst. b, § 13b, S. 7).

Der Unterschied im Wortlaut des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1965, § 62 Abs. 1 BewG) im Vergleich mit § 46 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1955, § 49 BewG vom 16. Oktober 1934 - BewG 1935 -, RGBl I 1934, 1.035, RStBl I 1934, 1.291 i.V. m. § 30 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz vom 2. Februar 1935 - BewDV 1935 -, RGBl I 1935, 81, RStBl I 1935, 181) läßt erkennen, daß der Gesetzgeber hinsichtlich der Fischerzeugung nunmehr einen landwirtschaftlichen von einem gewerblichen Betrieb anders abgegrenzt wissen will. Ursprünglich war im Züchten von Fischen jeglicher Art eine land- und forstwirtschaftliche Betätigung zu sehen, sofern nur die Fischzucht unter Ausnutzung von Naturkräften vollzogen wurde. Es mußten nicht die Kräfte des natürlichen Bodens ausgenutzt werden, vielmehr genügte es, wenn die Fischzucht unter Ausnutzung der in den Fischen enthaltenen Naturkräfte und unter Verwendung von dem in der Natur gewonnenen Futter betrieben wurde, so daß auch die Zierfischzucht in Aquarien Fischzucht in diesem Sinne war (vgl. Urteile in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7; BFHE 72, 31, BStBl III 1961, 12; vom 15. November 1956 IV 430/55 U, BFHE 64, 95, BStBl III 1957, 37; Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 10. Oktober 1935 VI A 173/35, RStBl 1936, 186, und VI A 136/34, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1935, Nr. 702, Buchst. a Spalte 1.702 f.; Becker, StuW 1935, Spalte 1.561).

Nunmehr gilt die Aufzucht von Fischen nur dann als landwirtschaftlicher Betrieb, wenn unter Ausnutzung von Naturkräften Fische für die menschliche Ernährung und damit für die Versorgung der Bevölkerung erzeugt werden bzw., wie die Formulierung in § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 "Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft" deutlich macht, Fische gezüchtet werden, die ihrerseits der Produktion von Speisefischen im Rahmen der Teichwirtschaft und Binnenfischerei dienen.

Dies wird durch die Gesetzesmaterialien zu § 62 BewG bestätigt. In der Begründung zu § 48 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des BewG (= § 62 Abs. 1 BewG) heißt es (BTDrucks 256/63, S. 48): "Nach geltendem Recht ... gehört jegliche Fischzucht einschließlich der Zierfischzucht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (BFH vom 20. 10. 1960 - IV 93/60 U -; BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7); das widerspricht den Anschauungen des Verkehrs. Daher sollen künftig nur die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft und die Fischzucht für Binnenfischerei und Teichwirtschaft zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gerechnet werden."

b) Angesichts dessen ist die Aufzucht von Zierfischen in Teichen nicht als "Fischzucht für die Teichwirtschaft" im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 anzusehen. Diese liegt vielmehr nur vor, wenn Fische gezüchtet werden - sei es in künstlichen Behältern, sei es in Teichen oder Weihern (vgl. insoweit Urteile in BFHE 72, 31, BStBl III 1961, 12, und in BFHE 72, 14, BStBl III 1961, 7) -, die der Erzeugung von Speisefischen in Teichen nützen. Dies ist bei Zierfischen nicht der Fall. Dementsprechend hat der IV. Senat des BFH in seinem amtlich nicht veröffentlichten Urteil vom 28. Oktober 1976 IV R 50/73, dessen Gründe den Beteiligten bekanntgegeben worden sind, die Auffassung vertreten, daß die Aufzucht von Zierfischen in Aquarien keine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer "Fischzucht für die Teichwirtschaft" gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1965 sei.

2. a) Wenn auch unter Teichwirtschaft in erster Linie die planmäßige Erzeugung von Speisefischen in Teichen zu verstehen ist, so umfaßt sie darüber hinaus die Produktion von Fischen als Futtermittel für die in denselben Teichen gezüchteten Speisefische. Auch solche Futterfische dienen (mittelbar) der Erzeugung von Speisefischen.

b) Soweit im Streitfall die Futterfische in anderen Teichen als Futter für Speisefische verwendet werden, schließt dies die Zurechnung zum landwirtschaftlichen Betrieb nicht aus. Insoweit liegt "Fischzucht für die Teichwirtschaft" im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967 vor. Die Verwirklichung des erörterten Tatbestandsmerkmals setzt nämlich nicht voraus,. daß die Fischzucht der eigenen Teichwirtschaft dient; hierunter fällt vielmehr auch die Fischzucht (z.B. beim Verkauf von selbstgezüchteten Futterfischen) für die Teichwirtschaft Dritter.

3. a) Die Aufzucht von Besatzfischen (Setzlingen) in Teichen gilt - soweit sie als Vorstufe für die Erzeugung von Speisefischen anzusehen ist - (siehe hierzu Abschn. 7.10, Abs. 1 bis 5 der Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens - BewRL -) als Teichwirtschaft im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967. Die Teichwirtschaft umfaßt nämlich die Erzeugung von Speisefischen und alle vorgeschalteten Produktionsstufen (Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 5. Aufl., 1986, § 13 Anm. 26; Abschn. 7.10., Abs. 1 bis 5 BewRL).

b) Soweit die Kläger im Streitfall Jungfische erzeugen und an Dritte verkaufen, die mit diesen Jungfischen die Erzeugung von Speisefischen betreiben, liegt "Fischzucht für die Teichwirtschaft" vor und damit eine Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs.

4. a) Soweit im Streitfall Fische gezüchtet werden, die als Köderfische für Angler dazu dienen, aus Teichen Speisefische zu angeln, handelt es sich um "Fischzucht für die Teichwirtschaft" im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967. Denn die Aufzucht und der Verkauf von Köderfischen dient insoweit der Teichwirtschaft, da diese auch das Angeln von Speisefischen durch Dritte umfaßt (Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Anm. 121; Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Saarbrücken vom 9. Juli 1971 S 7522-6-St 24, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Umsatzsteuergesetz 1967, § 24, Nr. 49). Das Abfischen von Speisefischen durch den Teichwirt selbst ist - ausgehend von dem Wortsinn des Begriffs Teichwirtschaft - ohnehin als Teil der Produktion von Speisefischen anzusehen.

b) Soweit die Köderfische dazu dienen, aus sonstigen Binnengewässern (Seen, Bächen, Flüssen usw.) Speisefische zu angeln, ist die Aufzucht von Köderfischen als "Fischzucht für die Binnenfischerei" zu beurteilen und damit land- und forstwirtschaftliche Betätigung gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967.

c) Die Aufzucht von Köderfischen zum Angeln im Rahmen der Sportfischerei, soweit diese nicht zur Gewinnung von Speisefischen führt, fällt nicht unter § 24 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1967. Bei solcher Sportfischerei handelt es sich um eine Freizeitbetätigung, die als Wettfischen und Turniersport betrieben wird (Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 22, S. 328); die insoweit als Köder eingesetzten Fische sind weder für die Teichwirtschaft noch für die Binnenfischerei bestimmt.

5. a) Die Aufzucht von Fischen, die als Testfische z.B. in Kläranlagen eingesetzt werden, stellt Fischzucht für die Teichwirtschaft bzw. für die Binnenfischerei dar. Zutreffend hat das FG insoweit ausgeführt, daß die Verwendung von Testfischen der Binnenfischerei nütze, da mit ihrer Hilfe rechtzeitig die Gefahr einer Verseuchung von Gewässern festgestellt werden könne, so daß sich Schäden für die Binnenfischerei verhindern bzw. vermindern ließen.

b) Dagegen handelt es sich bei der Aufzucht von Testfischen, die im Rahmen der Trinkwassergewinnung eingesetzt werden, nicht um eine landwirtschaftliche Betätigung; denn insoweit liegt nicht Fischzucht für die Teichwirtschaft und Binnenfischerei vor.

6. Soweit es im Streitfall für die Zuordnung der Fischzucht zum landwirtschaftlichen oder zum gewerblichen Bereich auf die Verwendung der Fische ankommt, ist - entgegen der Auffassung des FA - nicht die tatsächliche Verwendung der Fische im Einzelfall ausschlaggebend. Hierauf hat - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - zum einen der Unternehmer keinen Einfluß, und zum anderen dürfte die Verwendung im Einzelfall bei der Vielzahl der denkbaren Verwendungsmöglichkeiten für den Unternehmer weder bekannt noch ermittelbar sein. Bei verständiger Würdigung des Gesetzes kann es deshalb nur darauf ankommen, wie die Fische unter Berücksichtigung ihrer zuchtgemäßen Wesensart üblicherweise verwendet werden. Hiernach wird das FG z.B. hinsichtlich der Frage, ob das Züchten von Köderfischen dem land- und forstwirtschaftlichen oder dem gewerblichen Bereich (z.B. bei bestimmten Arten der Sportfischerei) zuzurechnen ist, darauf abzustellen haben, ob die Köderfische wegen ihrer Art im allgemeinen besonders von Sportfischern verwendet werden oder nicht.

7. Die Sache ist nicht spruchreif, da die erforderlichen Feststellungen fehlen. Das FG hat - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung - auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger im Streitfall mit dem als gewerblich zu beurteilenden Züchten von Zierfischen - einerseits - und dem teilweise als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit zu beurteilenden Züchten von anderen Nutzfischen - andererseits - insgesamt einen landwirtschaftlichen Betrieb, einen landwirtschaftlichen und getrennt davon einen gewerblichen Betrieb oder insgesamt einen gewerblichen Betrieb unterhalten haben. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG in diesem Zusammenhang die Rechtsgrundsätze im Urteil des Senats vom 16. Dezember 1976 V R 107/73 (BFHE 107, 121, BStBl II 1977, 273) zu beachten haben. Hiernach führt ein Unternehmer, der sowohl die Landwirtschaft als auch ein Gewerbe betreibt, nur dann zwei selbständige Betriebe, wenn die Verbindung der verschiedenen unternehmerischen Tätigkeiten lediglich zufällig, vorübergehend und ohne Nachteil für das Gesamtunternehmen lösbar ist; dagegen führt er ein einheitliches Unternehmen, wenn die eine Art der Tätigkeit der anderen zu dienen bestimmt ist. Ein einheitliches Unternehmen liegt insbesondere dann vor, wenn entweder die Landwirtschaft oder das Gewerbe dem Unternehmen das Gepräge gibt.