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BFH-Urteil vom 7.4.1987 (IX R 140/84) BStBl. 1987 II S. 567

1. Der Antrag auf Verlängerung der Frist zur Revisionsbegründung kann innerhalb der Revisionsbegründungsfrist auch beim FG gestellt werden (Anschluß u. a. an BFH-Beschluß vom 17. März 1967 VI R 317/66, BFHE 88, 160, BStBl III 1967, 342).

2. Wird ein Einfamilienhaus bereits vor dessen völliger Bezugsfertigkeit vom Eigentümer zu Wohnzwecken genutzt, so ist ein Nutzungswert gemäß § 21 Abs. 2, § 21 a EStG 1975 ab dem Beginn der Selbstnutzung anzusetzen, es sei denn, der Bezug wäre damals unzumutbar gewesen.

3. Beim Beginn der Selbstnutzung des Einfamilienhauses im Laufe des Kalenderjahres ist der Pauschalierung des Nutzungswerts der Einheitswert zugrunde zu legen, der zuerst für das Einfamilienhaus festgestellt wird, und zwar rückwirkend ab dem Beginn der Selbstnutzung. Die sodann geltende Abzugsbeschränkung für Schuldzinsen (§ 21 a Abs. 3 EStG) erfaßt nicht Finanzierungskosten für einen Ausbau des Einfamilienhauses, auf dessen Bausubstanz sich der Einheitswertbescheid nicht erstreckt (Anschluß an BFH-Urteile vom 6. November 1973 VIII R 116/69, BFHE 111, 80, BStBl II 1974, 106, und vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210).

EStG 1974/1975 § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 21 Abs. 2, § 21a.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Die Kläger ließen im Streitjahr 1975 ein Einfamilienhaus errichten, in das sie am 1. April 1975 eingezogen sind. Zu diesem Zeitpunkt waren der Keller und im Erdgeschoß zwei Wohnräume sowie Küche und Bad fertiggestellt. Das Wohn- und Eßzimmer im Erdgeschoß war am 20. Dezember 1975 bezugsfertig. Das Dachgeschoß, in dem zwei Kinderzimmer und ein kleiner Bodenraum vorgesehen waren, haben die Kläger erst nach dem Streitjahr in Eigenarbeit ausgebaut.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung außer den bis zum 1. April 1975 angefallenen Bauzinsen in Höhe von 3.071 DM die im Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 1975 geleisteten Schuldzinsen in Höhe von 8.755,65 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ den letzteren Betrag nur im Rahmen des Grundbetrags i. S. des § 21 a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) zum Abzug zu, da das Einfamilienhaus ab 1. April 1975 von den Klägern als Wohnung genutzt werde.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage insoweit als unbegründet ab. Dem Abzug der strittigen Schuldzinsen stehe § 21 a EStG entgegen, weil die Wohnung im eigenen Einfamilienhaus ab 1. April 1975 bezugsfertig geworden sei und von den Klägern seitdem zu Wohnzwecken selbständig genutzt werde. Gebäude seien als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden könne, sie zu benutzen. Dies sei nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu entscheiden. Ein Haus oder eine Wohnung könne im allgemeinen dann als bezugsfertig angesehen werden, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt seien. Dazu gehöre, daß die Türen und Fenster eingebaut, die Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung, sowie die sanitären Einrichtungen vorhanden seien und die Möglichkeit zur Einrichtung einer Küche bestehe (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juli 1980 III R 46/78, BFHE 132, 99, BStBl II 1981, 152). Im Streitfall seien nach dem eigenen Vortrag der Kläger das Bad, die Küche und zwei Wohnräume bereits am 1. April 1975 vollständig fertiggestellt gewesen und die Kläger deshalb auch in ihr Haus eingezogen. Daher sei der Schluß gerechtfertigt, daß ungeachtet der noch auszuführenden Restarbeiten im Wohn- und Eßzimmer das Beziehen der Wohnung zu diesem Zeitpunkt zumutbar und somit die Wohnung bezugsfertig gewesen sei (Hinweis auf BFH-Urteile vom 29. Oktober 1974 VIII R 139/70, BFHE 114, 83, BStBl II 1975, 144, und vom 11. März 1975 VIII R 23/70, BFHE 115, 449, BStBl II 1975, 659). Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich im Streitpunkt erheblich von dem Fall, über den der BFH im Urteil vom 3. Februar 1976 VIII R 156/74 (BFHE 117, 573, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21 Abs. 2, Rechtsspruch 35) zu entscheiden gehabt habe, wie ausgeführt wird.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger rechtzeitig die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt. Am 30. Juli 1984, dem letzten Tag der Revisionsbegründungsfrist, haben die Kläger bei dem FG Verlängerung der Frist zur Revisionsbegründung beantragt und sodann innerhalb der vom Senatsvorsitzenden des erkennenden Senats bis 20. September 1984 verlängerten Begründungsfrist die Revision bei dem FG wie folgt begründet: Das FG-Urteil verletze § 21 a EStG. Diese Vorschrift sei nur anzuwenden, wenn eine Wohnung vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei eine Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müßten, daß darin ein selbständiger Haushalt geführt werden könne. Dies sei nach objektiven Merkmalen zu entscheiden. Danach liege eine Wohnung vor, wenn ein fremder Dritter bereit wäre, die Räume als vollständige Wohnung zu nutzen. Bei Neubauten sei an den Begriff der Wohnung ein strenger Maßstab anzulegen. Eine erst zu rd. 62 v. H. fertiggestellte Wohnung sei jedoch objektiv nicht vermietbar.

Die Kläger beantragen, zum Teil sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1975 dahin gehend zu ändern, daß weitere Schuldzinsen in Höhe von 8.775 DM bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es macht geltend, daß eine Wohnung im eigenen Einfamilienhaus bei dessen tatsächlicher Eigennutzung anzunehmen sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 30. Januar 1979 VIII R 130/74, BFHE 127, 367, BStBl II 1979, 431). Der Gesetzgeber habe in § 21 a EStG nicht den Begriff der Bezugsfertigkeit aus § 3 der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (EinfHausV) übernommen, sondern ihn durch den Begriff der "Selbstnutzung" ersetzt. Die Selbstnutzung beginne nicht mit der Bezugsfertigkeit des Gebäudes, sondern mit dem tatsächlichen Einzug des Eigentümers (Abschn. 164 b Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 21 a, Rz. 21). Welchen Wert die Wohnung habe und ob sie überhaupt einen Wert habe, sei bei Anwendung des § 21 a EStG nicht zu prüfen. Eine Wohnung sei nur dann nicht vorhanden, wenn das Haus leer stehe, gewerblichen oder beruflichen Zwecken diene oder unbewohnbar und ein Bezug auch nicht zumutbar sei (Urteil in BFHE 117, 573, StRK, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21 Abs. 2, Rechtsspruch 35). Es komme allein darauf an, daß das Einfamilienhaus tatsächlich bewohnt werde. Die von den Klägern genutzten Räume stellten auch eine Wohnung i. S. des Bewertungsgesetzes (BewG) dar (BFH-Urteil vom 24. November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255). Die von den Klägern bewohnten Räume erfüllten alle Voraussetzungen einer Wohnung in Mindestfläche, Einrichtung einer Küche, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung sowie sanitäre Einrichtungen. Im Streitfall sei der Wohnwert des Einfamilienhauses zwar bis zur Fertigstellung des Wohn- und Eßzimmers eingeschränkt gewesen, doch hätten die Kläger mit ihren Kindern tatsächlich in dem Einfamilienhaus gewohnt.

Hierauf erwidern die Kläger, daß das Verfahren von Amts wegen auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) einzuholen sei, da § 21 a EStG wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei, wie im beim BFH anhängigen Verfahren VIII R 221/83 dargelegt sei. Im übrigen werde beantragt, die Entscheidung über die vorliegende Revision bis zur Entscheidung über die Revision VIII R 221/83 auszusetzen.

In diesem auf den IX. Senat übergegangenen Verfahren - Az. IX R 116/83 - ist die Revision zurückgenommen worden, nachdem das BVerfG mit Beschluß vom 8. Januar 1985 1 BvR 1050/84 (Betriebs-Berater - BB - 1985, 381, Der Betrieb - DB - 1985, 468) eine gegen § 21 a EStG 1974 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hatte.

Der Antrag der Kläger auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung im Verfahren IX R 116/83 ist nach dessen Erledigung hinfällig.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zu erneuter Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründungsfrist haben die Kläger gewahrt. Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat diese Frist wirksam verlängert; denn der Antrag auf Verlängerung der Frist zur Revisionsbegründung konnte wie die Revisionsbegründung selbst bei dem FG eingereicht werden (BFH-Beschluß vom 17. März 1967 VI R 317/66, BFHE 88, 160, BStBl III 1967, 342; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 17. März 1981 1 C 6/77, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 402.24, § 10 Nr. 80 AuslG; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 120 FGO Anm. 43; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 120 FGO Anm. 3, S. 1079; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 120 FGO Tz. 43; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz. 10017; a. A. Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 120 Anm. 13, und Ziemer/Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 120 Anm. 26).

Die Revision ist begründet. Denn das FG hat rechtsfehlerhaft § 21 a Abs. 3 EStG auch auf die Schuldzinsen für anwendbar erachtet, die auf den Ausbau des Dachgeschosses entfallen.

Der erkennende Senat geht mit dem FG von der Anwendbarkeit des § 21 a EStG i. d. F. ab 1974 im Streitfall aus. Hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem GG wird auf die Entscheidung des BVerfG vom 8. Januar 1985 1 BvR 1050/84 (BB 1985, 381, DB 1985, 468) Bezug genommen. Infolgedessen entfällt die von den Klägern begehrte Vorlage der Sache an das BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG von vornherein.

Die Pauschalierung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus nach § 21 a EStG setzt voraus, daß bei den Klägern ein Nutzungswert der Wohnung gemäß § 21 Abs. 2 Alternative 1 EStG anzusetzen ist. Die Kläger müssen den Tatbestand dieser Vorschrift durch Nutzung einer Wohnung zu Wohnzwecken tatsächlich verwirklicht haben. Eine Wohnung i. S. des § 21 Abs. 2 EStG bildet im allgemeinen eine Zusammenfassung von Räumen, die die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglicht (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1984 IX R 45/81, BFHE 142, 143, BStBl II 1985, 53). Hierfür ist grundsätzlich erforderlich, daß auch Nebenräume wie Küche, zumindest ein Raum mit Kochgelegenheit, ein Bad oder eine Dusche und eine Toilette vorhanden sind (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1984 III R 192/83, BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151 zu § 75 Abs. 5 und 6 BewG). Die Selbstnutzung der eigenen Wohnung beginnt grundsätzlich mit dem tatsächlichen Einzug des Eigentümers (BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 120/72, BFHE 117, 54, BStBl II 1976, 9).

Eine Ausnahme hiervon kommt nur in Betracht, wenn die Wohnung im Zeitpunkt des Einzugs nicht bewohnbar ist, der Bezug also unzumutbar erscheint (vgl. Urteil in BFHE 117, 573, StRK, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 21 Abs. 2, Rechtsspruch 35). In diesem Urteil hat der BFH den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit i. S. des § 3 Einf-HausV als mit dem der Fertigstellung des Gebäudes i. S. des § 7 b EStG übereinstimmend erachtet, wonach es darauf ankommt, daß das Gebäude nach Abschluß der wesentlichen Bauarbeiten bewohnbar ist (vgl. Urteil in BFHE 115, 449, BStBl II 1975, 659). Zur Bezugsfertigkeit gehört, daß die Türen und Fenster eingebaut, die Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, Heizung sowie die sanitären Anlagen vorhanden sind und die Möglichkeit des Kochens und Heizens besteht (BFH-Urteile vom 26. Juni 1970 III R 56/69, BFHE 100, 9, BStBl II 1970, 769, und in BFHE 132, 99, BStBl II 1981, 152). Dem Ansatz eines Nutzungswerts i. S. des § 21 Abs. 2 EStG steht es also nicht entgegen, wenn die Wohnung im eigenen Haus beim Einzug noch nicht vollständig fertiggestellt ist, sofern gleichwohl eine Haushaltsführung möglich erscheint.

Die Bemessung des Nutzungswerts nach § 21 a EStG 1975 setzt zwingend die Bewertung des Grundstücks als Einfamilienhaus voraus (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1982 VIII R 153/81, BFHE 138, 180, BStBl II 1983, 627, und in BFHE 142, 143, BStBl II 1985, 53). Handelt es sich um eine Wohnung im eigenen Einfamilienhaus, das im Laufe des Kalenderjahrs bezogen wird, so ist der Einheitswert maßgebend, der zuerst für das Einfamilienhaus festgestellt wird (§ 21 a Abs. 2 Satz 2 EStG). Dieser Einheitswertfeststellung kommt also Rückwirkung ab dem Beginn der Selbstnutzung zu (vgl. das Senatsurteil vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210, Ziff. 1 b der Gründe).

Der für den Nutzungswert anzusetzende Grundbetrag (§ 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG) ist entsprechend dem Beginn der Selbstnutzung gemäß § 21 a Abs. 1 Satz 3 EStG zu kürzen. Eine nur vorübergehende Unbenutzbarkeit eines Teils des Einfamilienhauses muß nach dem Sinn und Zweck der Pauschalierung unberücksichtigt bleiben (Senatsurteil in BFHE 142, 143, BStBl II 1985, 53).

Vom anzusetzenden Grundbetrag sind bis zu seiner Höhe die Schuldzinsen abzuziehen, die mit der Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 21 a Abs. 3 EStG). Diese Abzugsbeschränkung für Schuldzinsen gilt jedoch nicht für die mit der baulichen Erweiterung eines Einfamilienhauses zusammenhängenden Finanzierungskosten, wenn die neue Bausubstanz im maßgebenden Einheitswertbescheid keinen Niederschlag gefunden hat (BFH-Urteil vom 6. November 1973 VIII R 116/69, BFHE 111, 80, BStBl II 1974, 106). Solche Schuldzinsen sind vielmehr auch bei Selbstnutzung eines Einfamilienhauses als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar.

Geht man von diesen Grundsätzen aus, kann das FG-Urteil keinen Bestand haben. Zwar ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das FG die Selbstnutzung der Wohnung gemäß § 21 Abs. 2 EStG ab 1. April 1975 bejaht hat. Denn die Kläger konnten ab dem Einzug jedenfalls zwei Zimmer, Küche, Bad und Toilette im Erdgeschoß uneingeschränkt nutzen, so daß ihnen dort eine Haushaltsführung möglich war. Die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken ab diesem Zeitpunkt wurde nicht dadurch ausgeschlossen, daß rd. 38 v. H. der insgesamt geplanten Wohnfläche noch nicht bezugsfertig waren, sondern lediglich eingeschränkt. Von einer Unzumutbarkeit des Einzugs kann nach der Vorentscheidung keine Rede sein. Die Sachverhaltswürdigung des FG erscheint insoweit jedenfalls möglich, so daß sie den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet.

Der Entscheidung des FG, daß § 21 a EStG ab dem 1. April 1975 anzuwenden ist, vermag der Senat jedoch schon deshalb nicht zu folgen, weil Feststellungen des FG dazu fehlen, auf welchen Zeitpunkt das Grundstück als Einfamilienhaus bewertet wurde. Die Bezeichnung des Anwesens als Einfamilienhaus durch das FG und die Unstreitigkeit dieser Bewertung unter den Beteiligten im finanzgerichtlichen Verfahren reichen hierfür nicht aus. Selbst wenn aber das Grundstück, wie es naheliegt, auf den 1. Januar 1976 als Einfamilienhaus bewertet ist, worauf auch das insoweit verspätete Revisionsvorbringen der Kläger schließen läßt, wäre die Versagung des strittigen Schuldzinsenabzugs durch das FG rechtsfehlerhaft. Denn auch bei einer auf den Einzugszeitpunkt vom 1. April 1975 zurückwirkenden Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1976 als Einfamilienhaus könnte der Abzug dieser Schuldzinsen entgegen der Ansicht des FG insoweit möglich sein, als sie wegen des Ausbaus des Dachgeschosses angefallen sind. Aus dem FG-Urteil ergibt sich nicht, welche Schuldzinsen mit der Fertigstellung des Wohn- und Eßzimmers im Erdgeschoß und welche mit dem Dachgeschoßausbau zusammenhängen. Soweit die Schuldzinsen auf die Fertigstellung des Erdgeschosses entfallen, unterliegen sie der Abzugsbeschränkung gemäß § 21 a Abs. 3 EStG auch dann, wenn das Grundstück auf den 1. Januar 1976 als Einfamilienhaus bewertet wurde. Denn ein solcher Einheitswertbescheid erfaßte den damaligen Bauzustand des Hauses, und es steht fest, daß das Wohn- und Eßzimmer im Erdgeschoß am 20. Dezember 1975 bezugsfertig war. Die auf den Ausbau des Dachgeschosses entfallenden Schuldzinsen könnten jedoch als vorab entstandene Werbungskosten in voller Höhe abziehbar sein, wenn sich auf diese Bausubstanz der unterstellte Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 1976 nicht erstreckt. Dafür spricht, daß die Räume im Dachgeschoß erst nach dem Streitjahr 1975 ausgebaut worden sind.

Die Sache geht an das FG zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen zurück. Das FG wird die mit dem Ausbau des Dachgeschosses zusammenhängenden Schuldzinsen notfalls zu schätzen haben (Urteil in BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210).