| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BFH-Beschluß vom 13.8.1987 (VIII B 179/86) BStBl. 1987 II S. 782

Zur Anwendung des § 6b EStG auf Personengesellschaften.

EStG § 6b.

Sachverhalt

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine KG. An ihr waren zum 31. Dezember 1977 beteiligt als persönlich haftende Gesellschafter:

A mit

13,0434 v.H.,

 

B mit

26,0870 v.H.

 

   

und als Kommanditisten:

   

   

E mit

26,0870 v.H.,

 

M mit

8,6957 v.H.,

 

N mit

8,6957 v.H.,

 

H mit

4,3478 v.H.,

 

U mit

4,3478 v.H.,

 

V mit

4,3478 v.H.,

und

W mit

4,3478 v.H.

 

Mit Wirkung vom 1. Januar 1978 schieden die Kommanditisten E, M, N und H, deren Kommanditbeteiligungen zusammen 47,8262 v. H. betrugen, aus der Antragstellerin aus. Ihre Kommanditanteile wurden von den verbleibenden Gesellschaftern entgeltlich übernommen.

Ende 1978 veräußerte die Antragstellerin die bebauten Grundstücke Y und Z sowie andere Grundstücke. Sie erzielte dabei nach ihrer Hauptbilanz ohne Berücksichtigung der Werte in Ergänzungsbilanzen einen Veräußerungsgewinn von 6.733.699 DM. Am 27. Oktober 1978 erwarb die Antragstellerin für 6.377.264 DM ein Betriebsgebäude. Von diesen Anschaffungskosten wollte sie den erzielten Veräußerungsgewinn nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehen. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ließ jedoch nur einen Abzug in Höhe von 3.504.539 DM zu, vor allem, weil wegen des zum 1. Januar 1978 erfolgten Gesellschafterwechsels in einem Umfang von 47,8262 v. H. insoweit die Voraussetzung der sechsjährigen Vorbesitzzeit (§ 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG) nicht erfüllt gewesen sei.

Im Einspruchsverfahren blieb das FA bei seiner Auffassung und lehnte zugleich die beantragte Aussetzung der Vollziehung ab.

Mit einem beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag verfolgte die Antragstellerin ihr Aussetzungsbegehren weiter.

Das FG wies den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zum Teil begründet.

Es bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids (§§ 69 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 10. Juli 1980 IV R 136/77, BFHE 131, 313, BStBl II 1981, 84) § 6 b EStG in dem Sinne eine personenbezogene Steuervergünstigung ist, daß bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die zum Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft gehören, die Sechsjahresfrist des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG insoweit nicht gewahrt ist, als die Wirtschaftsgüter infolge einer entgeltlichen Änderung der personellen Zusammensetzung oder der Beteiligungsverhältnisse anteilig Gegenstand entgeltlicher Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfte waren.

Die Auffassung der Antragstellerin, die Rechtsprechung sei durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) überholt, hält der Senat bei der im Rahmen einer Entscheidung nach § 69 Abs. 3 FGO gebotenen summarischen Prüfung nicht für zutreffend; denn die Einheit der Personengesellschaft als Subjekt der Gewinnermittlung schließt es nicht aus, bei der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns der Personengesellschaft die sechsjährige Vorbesitzzeit des § 6 b Abs. 4 Nr. 2 EStG als eine auf die Person jedes Gesellschafters bezogene Voraussetzung anzusehen.

Der IV. Senat des BFH hat daher in seiner Entscheidung vom 25. April 1985 IV R 83/83 (BFHE 144, 25, BStBl II 1986, 350) § 6 b EStG wiederum als personenbezogene Steuervergünstigung bezeichnet, ohne das Problem nochmals eingehend zu erörtern.

2. a) Begünstigt nach § 6 b EStG ist allerdings nur der Teil des Veräußerungsgewinns, der auf die Anteile der verbleibenden Gesellschafter an der Antragstellerin vor dem Ausscheiden der Kommanditisten entfiel, weil nur sie, bezüglich dieser Anteile, die Voraussetzungen der sechsjährigen Vorbesitzzeit erfüllten. Dieser Teil des Veräußerungsgewinns beträgt aber nicht 52, 1738 v. H. des erzielten Veräußerungsgewinns von 6.733.699 DM, weil die verbleibenden Gesellschafter für die Anteile der ausscheidenden Kommanditisten ein Entgelt bezahlten, das über deren Buchwert lag (vgl. Söffing, Betriebs-Berater - BB - 1987, 796). Sie hatten den Mehrbetrag in Ergänzungsbilanzen zu aktivieren. Um diesen Mehrbetrag verminderte sich der steuerrechtliche Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke gegenüber dem Veräußerungsgewinn nach der Hauptbilanz von 6.733.699 DM. Die Verminderung trat jedoch nur bei dem Teil des Veräußerungsgewinns ein, der auf die beim Ausscheiden der Kommanditisten erworbenen Anteile der verbleibenden Gesellschafter an der Antragstellerin entfiel; der auf die ursprünglichen Anteile der verbliebenen Gesellschafter entfallende Teil des Veräußerungsgewinns blieb durch die Werte in den Ergänzungsbilanzen ungemindert und nimmt voll an der Begünstigung nach § 6 b EStG teil. Er beträgt nicht 52, 1738 v. H. des durch die Werte in Ergänzungsbilanzen geminderten Veräußerungsgewinns, sondern 52, 1738 v. H. des durch die Werte in Ergänzungsbilanzen ungeminderten Veräußerungsgewinns.

b) Dieser Veräußerungsgewinn beträgt nicht, wie das FA angenommen hat, 6.733.699 DM, sondern 6.733.699 DM plus 141.421 DM = 6.875.120 DM.

Das FA hat zwar bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nach der Hauptbilanz der Gesellschaft zutreffend den in den Ergänzungsbilanzen für die Gesellschafter A und B aktivierten Betrag von 1.231.660 DM außer Ansatz gelassen, aber den Betrag von 141.421 DM nicht ausgeschieden, obwohl er zu Unrecht in der Hauptbilanz der Gesellschaft aktiviert war und in Ergänzungsbilanzen der verbleibenden Gesellschafter gehörte. Der auf die ursprünglichen Anteile der verbleibenden Gesellschafter entfallende Teil des nach den vorstehenden Ausführungen berichtigten Veräußerungsgewinns nach der Hauptbilanz der Gesellschaft beträgt somit

52,1738 v. H. von 6.875.120 DM = 3.587.011 DM.

Das sind 82.472 DM mehr als der Betrag von 3.504.539 DM, den das FA als begünstigt anerkannt hat.

Da die Anschaffungskosten des Ersatzwirtschaftsguts 6.377.264 DM betragen, ergibt sich aus dieser Sicht keine Verminderung des von den Anschaffungskosten abzuziehenden Betrags.

c) Eine solche Verminderung könnte allerdings dadurch eintreten, daß - wie das FA bei den verbleibenden Kommanditisten vorgegangen ist - der nach § 6 b EStG begünstigte Veräußerungsgewinn der Gesellschaft auf die verbleibenden Gesellschafter aufgeteilt und dann mit den ebenfalls auf die Gesellschafter aufgeteilten Anschaffungskosten des Ersatzwirtschaftsguts verglichen wird. Nach Ansicht des erkennenden Senats bestehen jedoch ernstliche Zweifel (§ 69 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 FGO) an der Richtigkeit dieses Verfahrens. Daher ist im Aussetzungsverfahren zugunsten der Antragstellerin davon auszugehen, daß die Anschaffungskosten des Ersatzwirtschaftsguts nicht auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen sind.