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BFH-Urteil vom 13.4.1988 (II R 134/86) BStBl. 1988 II S. 735

Besteht ein vorgefaßter Plan, wonach ein Gesellschafter, der ein Grundstück in eine Personengesellschaft einbringt, seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters unter Leistung einer Einlage alsbald erheblich verringert, und ist die Einbringung des Grundstückes deshalb nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der einbringende Gesellschafter nach dem Eintritt des neuen Gesellschafters noch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt bleibt, so ist der Eintritt des neuen Gesellschafters in die Personengesellschaft im Hinblick auf die Frage einer Anteilsvereinigung im Ausmaß von mindestens 95 v.H. so zu beurteilen, als sei der neue Gesellschafter in eine Personengesellschaft eingetreten, der das eingebrachte Grundstück noch nicht zuzurechnen ist.

GrEStG Berlin § 1 Abs. 3, § 15 Abs. 2; GrEStG 1983 § 1 Abs. 3, § 5 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Berlin (EFG 1987, 417)

Sachverhalt

Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft waren A als persönlich haftender Gesellschafter und die B-Bank als Kommanditistin. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 4. Dezember 1980 übertrug die B-Bank ein Erbbaurecht an einem Grundstück in Berlin auf die KG.

Durch Gesellschafterbeschluß vom 10. Dezember 1980 wurde die Einlage des persönlich haftenden Gesellschafters auf 169.200 DM erhöht. Die Kommanditeinlage der B-Bank blieb mit 18.800 DM unverändert.

Am 19. Dezember 1980 wurde zur Eintragung in das Handelsregister der Eintritt der Klägerin als weitere Kommanditistin mit einer Einlage von ... Millionen DM (96,18 v.H. aller vereinbarten Einlagen) angemeldet und am 30. Dezember 1980 eingetragen.

Die Klägerin hielt ihren Kommanditanteil als Treuhänderin für 142 Treugeber.

Das beklagte Finanzamt (FA) nahm eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 des früheren Berliner Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) im Ausmaß von 96,18 v.H. in der Hand der Klägerin an und setzte gegen diese nach 140 v.H. des vollen Einheitswerts für das Erbbaurecht Grunderwerbsteuer fest.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin mit ihrer Klage im wesentlichen vorgetragen, daß ihr Eintritt in die KG weder eine Übertragung noch einen Übergang von Anteilen i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin beinhalte. Im übrigen sei die 95 v.H.-Grenze auf Personengesellschaften nicht anwendbar.

Die Klägerin hat die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides in der Gestalt der Einspruchsentscheidung beantragt.

Das Finanzgericht (FG) ist dem Klageantrag gefolgt (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 417).

Es hat zwar angenommen, daß § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin auch auf die Anteilsvereinigung bei Personengesellschaften anwendbar sei. Der Steuertatbestand könne aber nicht durch den Eintritt eines Gesellschafters in eine bereits bestehende Kommanditgesellschaft unter Leistung einer Kommanditeinlage verwirklicht werden. Denn insoweit liege ein originärer Anteilserwerb vor, der nicht ausreiche, um Grunderwerbsteuer entstehen zu lassen.

Entscheidungsgründe

Die vom FA eingelegte Revision ist unbegründet.

Der Senat kann offenlassen, ob § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin auch bei der Vereinigung von 95 v.H. der Anteile an einer Personengesellschaft gilt (vgl. hierzu den Senatsbeschluß vom 17. Oktober 1973 II B 38/73, BFHE 110, 377, BStBl II 1974, 41), bejahendenfalls ob der Tatbestand dieser Vorschrift auch durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine bereits bestehende KG gegen Leistung einer Einlage verwirklicht werden kann. Denn eine zur Steuerpflicht führende Anteilsvereinigung ist nur insoweit gegeben, als der Gesellschaft, deren Anteile vereinigt werden, bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestandes des § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin Grundstücke gehören. Diese Voraussetzung des § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin ist im vorliegenden Fall nach den bestehenden besonderen Umständen nicht erfüllt.

Zwar ist der Vertrag, der zur Übertragung des Erbbaurechtes durch die B-Bank auf die KG führte, bereits am 4. Dezember 1980 beurkundet worden, während der Vertrag, der mit der Klägerin über ihren Eintritt in die KG geschlossen wurde, möglicherweise erst nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist. Dies hätte zur Annahme führen können, daß der KG bereits das Erbbaurecht gehörte, als die Klägerin in die KG eintrat. Dieser Schluß ist im vorliegenden Fall aber deshalb nicht möglich, weil der Erbbaurechtsübertragungsvertrag vom 4. Dezember 1980 im Hinblick auf die Anwendung des § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin (= § 5 Abs. 2 GrEStG 1983) so zu behandeln ist, als sei die Klägerin im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches der KG auf Übertragung des Erbbaurechtes bereits deren Gesellschafterin gewesen. Dies muß auch für die Anwendung des § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin gelten.

Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß die Einbringung eines Grundstückes in eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter, der gleichzeitig oder nach einem vorgefaßten Plan alsbald aus der Personengesellschaft ausscheidet, nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1940 begünstigt ist (vgl. die Urteile vom 6. Oktober 1982 II R 92/80, BFHE 137, 87, BStBl II 1983, 138, und vom 20. November 1982 II R 38/78, BFHE 138, 97, BStBl II 1983, 429, in Fortentwicklung des Urteils vom 31. Mai 1978 II R 53/76, BFHE 125, 390, BStBl II 1978, 577). Nichts anderes gilt dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein vorgefaßter Plan vorliegt, wonach der einbringende Gesellschafter zwar nicht aus der Personengesellschaft ausscheiden soll, sein Anteil aber durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters in seinem Verhältnis zum Gesamtvermögen der Personengesellschaft erheblich verringert wird.

Das FG hat zwar den Inhalt der Verträge nicht im einzelnen festgestellt. Seine Feststellungen führen aber gleichwohl zu dem sicheren Schluß, daß die Verpflichtung zur Übertragung des Erbbaurechts auf die KG, die zunächst nur ein für diesen Erwerb unzureichendes Gesellschaftskapital hatte, und der Eintritt der Klägerin in die KG mit einer erheblichen Einlage in einem untrennbaren, von vornherein beabsichtigten Zusammenhang standen. Für die Einbringung des Erbbaurechtes in die KG konnte deshalb § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin nur insoweit anwendbar sein, als die B-Bank nach dem Eintritt der Klägerin an der KG noch beteiligt blieb. Dies schließt es aus, den Eintritt der Klägerin in die KG unter dem Gesichtspunkt der Anteilsvereinigung so zu behandeln, als sei die Klägerin in eine KG mit Grundbesitz eingetreten. Die für die Anwendung des § 15 Abs. 2 GrEStG Berlin gezogenen Rechtsfolgerungen müssen vielmehr auch auf die Beurteilung übertragen werden, ob der Eintritt der Klägerin in die KG als Anteilsvereinigung zu werten ist.