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BFH-Urteil vom 18.5.1988 (II R 1/85) BStBl. 1988 II S. 822

1. In wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer inländischen Schachtelbeteiligung stehende Schulden können bei der Einheitsbewertung eines gewerblichen Betriebes ab 1. Januar 1974 insoweit abgezogen werden, als sie den Wert der Schachtelbeteiligung übersteigen (sog. Schuldenüberhang); denn insoweit stehen sie (auch) mit der Gesamtheit des gewerblichen Betriebes in wirtschaftlichem Zusammenhang (Änderung der Rechtsprechung in den BFH-Urteilen vom 19. Dezember 1969 III R 21/67, BFHE 97, 387, BStBl II 1970, 201, und vom 28. Januar 1972 III R 4/71, BFHE 104, 569, BStBl II 1972, 416).

2. Bei der Berechnung des Schuldenüberhanges kann die Schachtelbeteiligung nur dann mit einem unter dem Kaufpreis liegenden Wert angesetzt werden, wenn die wirtschaftliche Entwicklung der Schachtelgesellschaft dies rechtfertigt. Der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert kann einen Schuldenüberhang nicht begründen.

BewG § 102 Abs. 1, § 103 Abs. 1 i.d.F. des VStRG.

Sachverhalt

I.

Die Klägerin erwarb 1977 eine Beteiligung (91,5 v. H.) an einer GmbH. Zur Finanzierung dieser Anschaffung nahm sie ein Darlehen auf.

Die GmbH war ihrerseits als Komplementärin beteiligt an einer GmbH & Co. KG. Diese Beteiligung veräußerte sie 1977. Den Erlös aus dieser Veräußerung schüttete die GmbH 1978 aus, wobei auf die Klägerin ... DM entfielen.

In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1978 schrieb die Klägerin die Beteiligung an der GmbH (wegen der durch die Ausschüttung eingetretenen Wertminderung) auf ... DM ab.

In der Vermögensaufstellung zum 1. Januar 1979 setzte die Klägerin die Beteiligung an der GmbH gemäß § 102 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht an. Das Darlehen teilte sie auf: ... DM, das entspricht der Ausschüttung der GmbH, zog sie als Schuld ab; nur die restlichen ... DM sah sie als eine auf die Beteiligung entfallende und gemäß § 103 Abs. 1 BewG nicht abzugsfähige Schuld an.

Das beklagte Finanzamt (FA) zog dagegen bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der Klägerin zum 1. Januar 1979 das gesamte Darlehen gemäß § 103 Abs. 1 BewG nicht als Schuld ab.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage teilweise statt. Die Darlehensschuld könne insoweit abgezogen werden, als sie im Feststellungszeitpunkt den Buchwert der Beteiligung überstiegen habe.

Mit seiner Revision beantragt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 102 Abs. 1 BewG in der am maßgebenden Feststellungszeitpunkt 1. Januar 1979 geltenden Fassung gehört eine unmittelbare Beteiligung einer inländischen Kapitalgesellschaft an einer anderen inländischen Kapitalgesellschaft nicht zum Betriebsvermögen (gewerblicher Betrieb) der Inhabergesellschaft, soweit sie ununterbrochen seit mindestens 12 Monaten vor dem maßgebenden Abschlußzeitpunkt gehalten wird, wenn die Beteiligung mindestens ein Viertel des Grund- oder Stammkapitals der anderen Gesellschaft beträgt. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, eine über die zweifache Besteuerung des Vermögens von Kapitalgesellschaften hinausgehende Mehrfachbesteuerung zu vermeiden.

Das Vermögen von Kapitalgesellschaften unterliegt zum einen als deren Betriebsvermögen und zum anderen in Form der Beteiligung an der Gesellschaft der Vermögensteuer (§ 97 Abs. 1 Nr. 1, § 110 Abs. 1 Nr. 3, § 114 BewG, §§1, 4 des Vermögensteuergesetzes - VStG -). Gehört zum Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft eine Schachtelbeteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft, so würde das Vermögen der anderen Gesellschaft insoweit dreifach besteuert werden. Um dies zu vermeiden, wurde gesetzestechnisch der Weg beschritten, die Schachtelbeteiligungen aus dem Betriebsvermögen der Inhabergesellschaft auszuscheiden (§ 102 BewG) und damit bei dieser von der Besteuerung freizustellen. Dadurch wird das in der Schachtelbeteiligung verkörperte Vermögen nur als Betriebsvermögen der Untergesellschaft, und bei den Gesellschaftern der Obergesellschaft (Inhabergesellschaft) durch Ansatz des gemeinen Werts der Anteile an der Obergesellschaft erfaßt (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Januar 1972 III R 4/71, BFHE 104, 569, 571, BStBl II 1972, 416).

2. Nach § 103 Abs. 1 BewG i. d. F. des Vermögensteuerreformgesetzes (VStRG) 1974 können für die Bewertung des Betriebsvermögens Schulden nur insoweit abgezogen werden, als sie mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht nach ständiger Rechtsprechung, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die den Betrieb insgesamt oder einzelne seiner Wirtschaftsgüter betreffen (vgl. BFHE 104, 569, 570, BStBl II 1972, 416). Dieser Zusammenhang bestand im Streitfall anfangs, als das Darlehen aufgenommen wurde, mit der Schachtelbeteiligung; denn mit dem Darlehensbetrag wurde ausschließlich die Anschaffung der Beteiligung finanziert. An dieser Rechtslage hat sich nichts dadurch geändert, daß die GmbH ihre Beteiligung an der GmbH & Co. KG veräußert und den Erlös an die Klägerin ausgeschüttet hat. Zweifelhaft ist, ob es - wie FG und FA meinen - bei Anwendung des § 103 Abs. 1 BewG für die gesamte Laufzeit des Darlehens auf die tatsächlichen Umstände bei der Aufnahme des Darlehens ankommt. Denn dies wäre mit dem Stichtagsprinzip der Einheitsbewertung kaum verträglich (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 22 Abs. 4 Satz 1 BewG). Es ist durchaus möglich, daß - worauf das FG zu Recht hinweist - sich der frühere Zustand im Laufe der Zeit dadurch ändert, daß ein mit Kredit angeschafftes Wirtschaftsgut gegen ein anderes ausgetauscht wird. Diese Frage braucht aber nicht vertieft zu werden, denn der mit dem Kredit finanzierte Gegenstand war am 1. Januar 1979 nicht ausgetauscht worden.

Eine Schuld, die ursächlich und unmittelbar zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen wurde, steht zunächst in wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser Beteiligung; sie kann damit zur Ermittlung des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft, die die Schachtelbeteiligung hält, nicht vom Rohvermögen abgezogen werden (§§98a, 103 Abs. 1 BewG). Denn die Schachtelbeteiligung ist nicht Teil des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft. Diese Rechtsfolge beruht auf der dargestellten gesetzestechnischen Regelung des Schachtelprivilegs. Sie tritt nach der bisherigen Rechtsprechung selbst dann ein, wenn die Schachtelbeteiligung keinen Wert mehr hat, so daß der Saldo aus Aktivvermögen und Passivvermögen insoweit zu einem Schuldenüberhang führt (BFH-Urteil vom 19. Dezember 1969 III R 21/67, BFHE 97, 387, BStBl II 1970, 201). An letzterer Rechtsauffassung hält der Senat für den Geltungsbereich des § 103 Abs. 1 BewG in der Fassung des VStRG 1974 nicht mehr fest.

3. Die Rechtsprechung des III. Senats des BFH hat anerkannt, die Versagung des Abzugs von Schulden zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung führe dazu, daß das Schachtelprivileg insoweit nicht zum Zuge komme, als der Schuldenabzug ausgeschlossen ist (vgl. BFHE 104, 569, 571, BStBl II 1972, 416). Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß diese Wirkung aufgrund der Gestaltung des Gesetzes nicht durch ein Gericht ausgeschlossen werden kann. Denn dieses Ergebnis träte selbst dann ein, wenn der Gesetzgeber die Schachtelvergünstigung des § 102 Abs. 1 BewG von einem Antrag abhängig gemacht hätte, wie es bei Einführung der Schachtelvergünstigung für ausländische Schachtelbeteiligungen durch § 102 Abs. 2 BewG i. d. F. des Außensteuerreformgesetzes (AStRG) und des VStRG 1974 geregelt wurde. Gegen eine antragsabhängige Vergünstigung könnten aber durchgreifende Einwendungen nicht erhoben werden. Mit dem Schachtelprivileg hat der Gesetzgeber eine "Vergünstigung" geschaffen, die einer Überbesteuerung entgegenwirken soll. Wenn diese Vergünstigung bei einzelnen (nicht typischen) Lebenssachverhalten ihre Wirkung verfehlt und es dem Begünstigten überlassen bleibt, ob er sie beanspruchen will, so hat sich der Gesetzgeber im Bereich seines verfassungsrechtlich gewährleisteten weiten Gestaltungsspielraums (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 26. Februar 1985 2 BvL 17/83, BVerfGE 69, 150, 160) gehalten. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß eine antragsunabhängige Vergünstigung, die einer Überbesteuerung entgegenwirken soll, nicht dazu führen darf, daß der Steuerpflichtige ungünstiger behandelt wird, als wenn es diese Vergünstigung nicht gäbe. Auf Grund dieser Überlegungen und des Umstandes, daß die gesetzliche Regelung der Schachtelvergünstigung und des Schuldenabzugs geändert wurden, gibt der Senat die Rechtsauffassung der Entscheidung BFHE 97, 387, BStBl II 1970, 201 zum Schuldenüberhang im Interesse des Abbaues von Wertungswidersprüchen auf.

a) Durch Art. 4 Nr. 1 AStRG vom 8. September 1972 (BGBl I 1972, 1713, BStBl I 1972, 450) wurde § 102 Abs. 2 BewG dahin neu gefaßt, daß die Schachtelvergünstigung auf Beteiligungen an ausländische Tochter- und Enkelgesellschaften ausgedehnt wurde. Die Vergünstigung wird jedoch davon abhängig gemacht, daß sie beantragt wird.

Durch Art. 1 Nr. 2 des Steuerentlastungsgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1583, BStBl I 1984, 14) - StEntlG 1984 - wurde die maßgebende Grenze für die Begünstigung einer Schachtelbeteiligung von 25 v. H. auf 10 v. H. herabgesetzt. Insbesondere bei Beteiligungen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind solche, die 10 v. H. erreichen oder überschreiten, verhältnismäßig häufig. Damit verschärft sich der Wertungswiderspruch, der dadurch eintritt, daß eine antragsunabhängige Vergünstigungsvorschrift den Abzug eines Schuldenüberhangs über den Wert der Beteiligung ausschließt.

b) Während § 103 Abs. 1 BewG in der Fassung vor dem VStRG 1974 vorschrieb, daß die Betriebsschulden vom Rohvermögen abzuziehen sind, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, spricht die Neufassung davon, diese Schulden "werden nur insoweit abgezogen", als sie mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebs in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Diese Änderung sollte zwar nur redaktioneller Art sein (BRDrucks 140/72); der Senat sieht aber in dieser Änderung unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs mit der ab 1984 angeordneten Erweiterung des Schachtelprivilegs für inländische Schachtelbeteiligungen und dementsprechend mit einer Erweiterung des Bereiches, in dem Wertungswidersprüche auftreten können, einen rechtlichen Ansatz für die Fortentwicklung der Rechtsprechung.

4. Das Schachtelprivileg wird vom Gesetz in der Überschrift zu § 102 BewG als "Vergünstigung" bezeichnet. Wie oben dargestellt, handelt es sich dabei in Wahrheit aber nicht um eine Vergünstigung im eigentlichen Sinn, sondern um den gesetzestechnischen Weg, eine über die Doppelbesteuerung des Vermögens von Kapitalgesellschaften hinausgehende Mehrfachbesteuerung zu vermeiden. Die Schachtelbeteiligung ist damit nicht ein Wirtschaftsgut, das wie andere Wirtschaftsgüter (z. B. §§101, 117 BewG) zur Verschonung vor der Besteuerung aus dem Bereich des Vermögens (hier des Betriebsvermögens) ausgenommen wird. Bei diesen anderen aus dem Bereich des steuerbaren Vermögens ausgenommenen Wirtschaftsgütern erscheint es gerechtfertigt und systemgerecht, alle wirtschaftlichen Beziehungen dieser Wirtschaftsgüter ebenfalls aus dem steuerbaren Vermögensbereich zu verweisen. Daraus ergibt sich, daß die im Zusammenhang mit solchen Wirtschaftsgütern stehenden Schulden für die Ermittlung des steuerbaren Vermögens nicht berücksichtigt werden können (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BewG).

Der Vermögenswert, der sich in einer Schachtelbeteiligung ausdrückt, unterliegt dagegen regelmäßig zweimal der Substanzbesteuerung und wird nur aus diesem Grund aus dem Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft ausgeschieden, die die Beteiligung hält. Nun lassen es die gesetzliche Regelung und das daraus sich ergebende System nicht zu, diesem Sinn und Zweck der Schachtelvergünstigung dadurch voll zu entsprechen, daß Schulden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Schachtelbeteiligung in voller Höhe vom Rohvermögen abgezogen werden können. Denn eine Schuld, die mit einem einzelnen Teil eines gewerblichen Betriebs verbunden ist, steht jedenfalls insoweit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit diesem Teil, als sie durch den Wert dieses Teils abgedeckt ist. Sie steht aber zwangsläufig auch mit dem gewerblichen Betrieb als Gesamtheit in wirtschaftlichem Zusammenhang. Dies folgt einerseits daraus, daß die Schachtelvergünstigung die Anschaffung der Beteiligung für den gewerblichen Betrieb einer in § 102 BewG näher bezeichneten Kapitalgesellschaft erfordert; zum anderen ergibt sich dies aus dem Umstand, daß die Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebsvermögens als Ausnahme von der Bewertung aller übrigen wirtschaftlichen Einheiten und Wirtschaftsgüter nach dem Nettoprinzip, d. h. unter Berücksichtigung der Schulden erfolgt (vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8. Aufl., § 19 Anm. 36). Daraus folgt nach Auffassung des Senats, daß Schulden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Schachtelbeteiligung insoweit ursächlich und unmittelbar mit der Beteiligung zusammenhängen, als der Wert dieser Beteiligung die Schulden abdeckt. Soweit die Schulden diesen Wert übersteigen, stehen sie wegen der oben dargelegten Voraussetzung des Schachtelprivilegs und des Nettoprinzips der Bewertung des Betriebsvermögens ursächlich und unmittelbar in Zusammenhang mit der Gesamtheit des gewerblichen Betriebs. Sie können deshalb vom Rohvermögen insoweit abgezogen werden, als der Wert der Beteiligung keine Deckung für die Schuld darstellt. Soweit sich aus BFHE 104, 569, 571, BStBl II 1972, 416 etwas anderes ergibt, hält der Senat für die Rechtslage ab 1. Januar 1974 daran nicht mehr fest.

Der Senat folgt damit im Ergebnis der Rechtsprechung des I. Senats zur Rechtslage nach dem Körperschaftsteuerrecht vor dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) 1977, die mit der des geltenden Bewertungsrechts vergleichbar ist. Nach dem BFH-Urteil vom 25. Oktober 1966 I 26/64 (BFHE 87, 243, 248, BStBl III 1967, 92, 94) waren Zinsen für Schulden, die zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen worden sind, insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als die steuerbegünstigten Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung den Betrag der aufzuwendenden Schuldzinsen nicht deckten.

5. Maßgebend für den Abzug des Schuldenüberhangs über den Wert der Schachtelbeteiligung ist nicht der Teilwert, sondern der gemeine Wert der Beteiligung im jeweiligen Feststellungszeitpunkt (§ 109 Abs. 3 BewG). Der gemeine Wert einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wird nach § 11 Abs. 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft geschätzt, falls Verkäufe, die weniger als ein Jahr zurückliegen, nicht vorliegen. Die Schachtelvergünstigung greift erst ein, wenn die Inhabergesellschaft die Beteiligung mindestens 12 Monate lang gehalten hat; damit kommt eine Bewertung auf Grund des Erwerbs der Beteiligung regelmäßig nicht in Betracht.

Für die Schätzung des gemeinen Werts hat die Finanzverwaltung das Stuttgarter Verfahren entwickelt, das nach ständiger Rechtsprechung ein geeignetes Schätzungsverfahren ist (vgl. BFH- Urteil vom 6. November 1985 II R 220/82, BFHE 145, 431, BStBl II 1986, 281). Das Stuttgarter Verfahren ist Ausdruck einer zugunsten des Steuerpflichtigen vorsichtigen Bewertung, wenn die Unternehmensrendite den für die Bewertung angenommenen Normalzinssatz (zur Zeit 10 v. H.) übersteigt. Denn dann bleiben die Ergebnisse nach diesem Verfahren mehr oder weniger weit hinter den Ergebnissen anderer Schätzungsmethoden zurück; der Geschäftswert, der bei einem Kauf regelmäßig in voller Höhe vergütet werden muß, ist bei einer Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren nur zu 1/3 erfaßt (BFHE 145, 432, 433). Dieser Umstand darf nicht dazu führen, daß bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens lediglich auf Grund der Bewertungsergebnisse nach dem Stuttgarter Verfahren ein Schuldenüberhang über den Wert der auf Kredit erworbenen Schachtelbeteiligung geltend gemacht werden kann. Vielmehr besteht die Vermutung, daß der Wert der Beteiligung nicht unter den Erwerbspreis abgesunken ist, solange nicht das Gegenteil feststeht, d. h., daß auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung der Kapitalgesellschaft, an der die Beteiligung besteht, der Wert der Beteiligung unter den Kaufpreis abgesunken ist (vgl. für die Abschreibung eines erworbenen Geschäftswerts auf den niedrigeren Teilwert BFH-Urteil vom 13. April 1983 I R 63/79, BFHE 138, 541, 543, BStBl II 1983, 667, m. w. N.).

6. Das FG ist im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des BFH von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Es hat deshalb nicht festgestellt, ob und ggf. in welcher Höhe die Voraussetzungen für den Abzug eines Schuldenüberhangs über den Wert der Schachtelbeteiligung vom Rohvermögen der Klägerin gegeben sind. Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 FGO).