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BFH-Urteil vom 10.6.1988 (III R 65/84) BStBl. 1988 II S. 847

Ein sog. Bürocontainer, der in einem Betriebsgelände aufgestellt worden ist und auf einem gegossenen Betonfundament ruht, ist bewertungsrechtlich ein Gebäude. (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 18. Juni 1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787).

BerlinFG § 19 Abs. 1 Satz 3; BewG § 68 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Großhandel. Im Jahre 1980 schaffte sie einen sog. Bürocontainer an. Diesen stellte sie in ihrem Betriebsgelände auf einem Platz auf, dessen ursprünglich schräge Bodenlage durch einen Betonuntergrund ausgeglichen wurde. Zu diesem Zweck war Beton in ein durch Schalbretter abgegrenztes, der Bodenfläche des Containers entsprechendes Rechteck gefüllt und so bearbeitet worden, daß die Betonoberfläche danach eine waagerechte Ebene bildete. Der Untergrund der Betonplatte war zuvor nicht ausgehoben oder sonst vorbehandelt worden. Der Container ist auch nicht durch Bolzen mit dem Betonuntergrund verbunden.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte den von der Klägerin für die Anschaffung des Containers gestellten Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ab. Das FA war - auch in der Einspruchsentscheidung - der Auffassung, daß der Bürocontainer kein bewegliches Wirtschaftsgut, sondern ein Gebäude sei.

Das Finanzgericht (FG) gab hingegen der Klage statt. Es ging davon aus, daß die Klägerin ein bewegliches Wirtschaftsgut angeschafft habe und daß der Container diese Eigenschaft auch nicht durch die Aufstellung auf dem Betriebsgelände der Klägerin verloren habe. Denn es fehle an einer festen Verbindung des Containers mit dem Grund und Boden. Auch sei kein Fundament vorhanden, auf dem der Container ruhe oder mit dem er verbunden sei.

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 19 BerlinFG und des § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie des § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß Anschaffungsvorgänge nur dann gemäß § 19 BerlinFG zulagebegünstigt sind, wenn sie bewegliche Wirtschaftsgüter betreffen (s. § 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 BerlinFG).

Zu Unrecht hat das FG jedoch diese Eigenschaft auch dem von der Klägerin angeschafften und aufgestellten Bürocontainer zuerkannt. Denn bei ihm handelt es sich um ein Gebäude.

2. Die Abgrenzung zwischen beweglichen Wirtschaftsgütern und Gebäuden richtet sich auch für die Anwendung des § 19 BerlinFG nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, das allerdings seinerseits auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts und des Bewertungsrechts zurückgreift (so schon Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Dezember 1970 VI R 180/69, BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 161 zu § 19 Berlinhilfegesetz - BHG - 1964; siehe auch das weitere BFH-Urteil vom 16. Juni 1977 III R 76/75, BFHE 122, 385, BStBl II 1977, 590).

Bewertungsrechtlich ist ein Bauwerk als Gebäude anzusehen, wenn es - neben anderen im Streitfall nicht zweifelhaften Merkmalen - fest mit dem Grund und Boden verbunden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 1977 III R 5/75, BFHE 122, 150, BStBl II 1977, 594). Das ist der Fall, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden sind, das Bauwerk auf diese gegründet und dadurch mit dem Boden verankert ist (s. z. B. das BFH-Urteil vom 21. Februar 1973 II R 140/67, BFHE 109, 156, BStBl II 1973, 507; vgl. auch das BFH- Urteil vom 4. Oktober 1978 II R 15/77, BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190). Befindet sich das Bauwerk auf einem Fundament, so ist es unerheblich, ob es mit diesem fest verbunden ist (vgl. BFH- Urteil vom 3. März 1954 II 44/53 U BFHE 58, 575, BStBl III 1954, 130). Ausreichend ist es u. U. auch, daß ein Bauwerk kraft seiner Eigenschwere auf den Trägerelementen ruht (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787, mit zahlreichen Hinweisen).

3. Das FG hat im Streitfall zu Unrecht die feste Verbindung des Bürocontainers mit dem Grund und Boden verneint; es ist unzutreffend davon ausgegangen, daß ein Fundament fehle. Der Begriff des Fundaments ist im Gesetz und auch in Abschn. 7 Abs. 1 Satz 1 der Abgrenzungs-Richtlinien vom 31. März 1967 (BStBl II 1967, 127) nicht definiert. Nach der Rechtsprechung ist dieser Begriff nicht eng auszulegen; es genügt für die Annahme eines Fundaments vielmehr jede gesonderte (eigene) Einrichtung, die eine feste Verbindung des aufstehenden "Bauwerks" mit dem Grund und Boden bewirkt (vgl. Urteil in BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 161, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Auf die Tiefe des Fundaments kommt es nicht an; auch nicht auf das Material, aus dem das Fundament besteht (vgl. Senatsurteil vom 19. Januar 1962 III 228/59 U, BFHE 74, 315, BStBl III 1962, 121). Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden wird durch einen gegossenen Zementboden auch dann hergestellt, wenn dieser sich nicht in der Erde oder im Boden befindet (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 1963 III 140/60 U, BFHE 77, 156, BStBl III 1963, 376, 377, m. w. N.).

Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt, daß der von der Klägerin geschaffene Betonuntergrund die Merkmale eines Fundaments erfüllt. Der Container der Klägerin ruht auf einer speziell für seine Aufnahme vorbereiteten Fundamentplatte aus Beton, die unmittelbar auf den Erdboden gegossen worden ist. Daß der Betonuntergrund auch zum Ausgleich der Schräglage des Erdbodens dient, hindert - entgegen der Beurteilung durch das FG - die Annahme eines Fundaments nicht. Aufgabe eines Fundaments ist es, die aus dem Bauwerk herrührenden Lasten und Kräfte so in den Baugrund abzuleiten, daß für das Bauwerk die Standsicherheit gewährleistet ist (vgl. Meyers, Enzyklopädisches Lexikon, 9. Aufl., Stichwort: Grundbau, sowie Meyers Großes Universallexikon, Stichwort: Fundament). Der Senat sieht danach den Ausgleich der Schräglage vielmehr sogar als wesentliche Funktion eines Fundaments an; erst dadurch wird - wie auch im Streitfall - die dauerhafte Standsicherheit eines Bauwerks (hier des Containers) gewährleistet.

Schließlich steht der Annahme, daß es sich bei dem streitigen Betonuntergrund um ein Fundament handelt, auch nicht der Einwand der Klägerin entgegen, ein Fundament müsse frostsicher sein. Wie bereits ausgeführt, kommt es nach der Rechtsprechung des Senats nicht auf die Tiefe eines Fundaments an. Mithin ist die Frostsicherheit auch keine notwendige Eigenschaft eines Fundaments.

Ist - wie im Streitfall - ein Fundament vorhanden, kann die Gebäudeeigenschaft von Containern auch nicht mit den in der Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt S 3190 A - 11 - St III 41 vom 10. Juni 1987 (Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Bewertungsgesetz 1965, § 68 Nr. 53) angestellten Überlegungen verneint werden. Dort ist nur zu lose verlegten Schwellen, Platten, u. ä. - anstelle eines Fundaments - Stellung genommen worden. Inwieweit diese Verfügung möglicherweise im Widerspruch zu dem Urteil in BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190 steht, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Da im Streitfall ein Fundament vorhanden ist, hat der Senat auch nicht zu prüfen, ob im übrigen bereits das "äußere Erscheinungsbild" des Bürocontainers der Klägerin einem Gebäude (im Sinne eines ortsfesten Bauwerks) entspricht. In der Entscheidung in BFHE 126, 481, BStBl II 1979, 190 war nur deshalb auf dieses Merkmal zurückgegriffen worden, weil es an einer entsprechenden Fundamentierung fehlte.

4. Die vom FA erhobene Verfahrensrüge ist angesichts der oben dargestellten Rechtslage nicht mehr entscheidungserheblich.

5. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung als der unter Nrn. 2 und 3 wiedergegebenen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der von der Klägerin angeschaffte Container ist nach den vorstehenden Ausführungen als Gebäude und nicht als zulagefähiges bewegliches Wirtschaftsgut zu beurteilen. Die Klage war daher abzuweisen.