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BFH-Urteil vom 26.4.1988 (VII R 97/87) BStBl. 1988 II S. 865

Bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, die zur Konkurstabelle festgestellt worden sind, richtet sich die Verjährung (Zahlungsverjährung) nach der AO - fünfjährige Verjährungsfrist - und nicht nach konkursrechtlichen Vorschriften (30jährige Verjährungsfrist).

AO a.F. §§ 143, 144; AO 1977 § 228; KO § 145 Abs. 2; BGB § 218 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1987, 540)

Sachverhalt

I.

Die Sache befindet sich im dritten Rechtsgang. Aufgrund der in den vorangegangenen Rechtszügen ergangenen Urteile des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. März 1978 VIII R 60/73 (BFHE 125, 326, BStBl II 1978, 606) und vom 11. Dezember 1984 VIII R 263/82 (BFHE 143, 1, BStBl II 1985, 278) und der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist gemäß § 118 Abs. 2, § 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von der folgenden Sach- und Rechtslage auszugehen:

Der Beigeladene (H) war Komplementär einer KG, über deren Vermögen am 12. Februar 1971 das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Zwischen ihm, vertreten durch den Prokuristen der KG und dem Beklagten und Revisionskläger (FA) ist im Dezember 1970 ein obligatorischer Verrechnungsvertrag zustande gekommen. Nach diesem Vertrag war das FA befugt, Erstattungsansprüche des H mit betrieblichen Steuerschulden der KG zu verrechnen. Das Konto der Eheleute H bei der Finanzkasse über Einkommensteuer, Ergänzungsabgabe und Kirchensteuer wies zum 20. Januar 1971 ein Guthaben in Höhe von 23.985 DM aus. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 2.325 DM ist der Erstattungsanspruch des H durch Aufrechnung seitens des FA (Umbuchung vom 9. Februar 1971) mit Lohnsummensteuer der KG erloschen. Am 3. Februar 1971 zeigten die Eheleute H dem FA an, daß sie am selben Tage ihr Guthaben in Höhe von 23.985 DM dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) abgetreten hätten. Das FA lehnte es ab, dem Kläger den abgetretenen Betrag, der Gegenstand des vorliegenden Klage- und Revisionsverfahrens ist, zu erstatten.

Auf die Klage des Klägers verpflichtete das FG im ersten Rechtsgang das FA, 23.985 DM nebst Prozeßzinsen an den Kläger zu zahlen. Nach Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch den BFH (BFHE 125, 326, BStBl II 1978, 606) gab das FG der Klage im zweiten Rechtsgang nur noch in Höhe von 21.660 DM nebst Zinsen statt; hinsichtlich des Teilbetrags von 2.325 DM, für den das FA die Aufrechnung erklärt hatte, wies es die Klage ab.

Die erneute Revision des FA führte, soweit das FG der Klage stattgegeben hatte, wiederum zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (BFHE 143, 1, BStBl II 1985, 278). Der BFH führte im zweiten Rechtsgang aus, hinsichtlich des verbleibenden Betrages von 21.660 DM bestehe der an den Kläger abgetretene Erstattungsanspruch noch, weil das FA insoweit von seiner Aufrechnungsbefugnis aufgrund des Verrechnungsvertrages noch keinen Gebrauch gemacht habe. Das FA könne aber gegenüber dem Kläger nach den Rechtsgedanken der §§ 404, 406 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Einrede der Aufrechenbarkeit geltend machen. Diese Einrede könne aber gegenüber dem Erstattungsverlangen des Klägers dann nicht mehr mit Erfolg erhoben werden, wenn die zur Verrechnung angebotenen Steuerschulden der KG verjährt seien; denn mit verjährten Steuerforderungen könne nicht mehr aufgerechnet werden. Die Sache gehe deshalb zur Prüfung der Frage der Verjährung an das FG zurück.

Das FA erklärte daraufhin mit Schreiben vom 6. September 1985 gegenüber dem Kläger, daß es mit einer gegen die KG noch bestehenden Umsatzsteuerforderung 1971 in Höhe eines Teilbetrags von 18.430 DM gegen den abgetretenen Steuererstattungsanspruch aufrechne. Diese Steuerforderung war im Konkursverfahren über das Vermögen der KG angemeldet und in die Konkurstabelle eingetragen worden. Das Konkursverfahren ist durch Beschluß vom 19. Januar 1976 aufgehoben worden.

Das FG entschied im dritten Rechtsgang, daß der die Erstattung ablehnende Bescheid des FA sowie die Einspruchsentscheidung aufgehoben würden und das FA verurteilt werde, an den Kläger 19.800 DM Einkommensteuer, 500 DM Ergänzungsabgabe und 1.360 DM Kirchensteuer zu Lasten des Beigeladenen zu zahlen. Ferner verurteilte es das FA, an den Kläger 1/2 % Zinsen pro vollen Monat auf 21.600 DM für die Zeit vom 4. Oktober 1971 bis zum 17. April 1973 zu zahlen. Das FG vertrat die Auffassung, der Kläger könne die Erstattung der noch streitigen Beträge aus abgetretenem Recht verlangen, da das FA die Aufrechnung nicht mehr geltend machen könne. Die Steuerschulden der KG, für die es trotz der Eintragung in die Konkurstabelle bei der fünfjährigen Verjährungsfrist verbleibe, seien verjährt. Das Urteil des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 540 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 218 Abs. 1 BGB, 145 Abs. 2 der Konkursordnung (KO), 143, 144 der Reichsabgabenordnung (AO) und des § 111 FGO a. F. Es macht geltend, entgegen der Meinung des FG unterlägen in der Konkurstabelle festgestellte Steuerforderungen nicht der fünfjährigen Verjährung nach der AO. Denn die Eintragung von Steuerforderungen in die Konkurstabelle habe die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (§ 145 Abs. 2 KO); für rechtskräftig festgestellte Ansprüche gelte nach § 218 Abs. 1 BGB eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Das habe zur Folge, daß die Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Aufrechnung durch das beklagte FA am 6. September 1985 noch nicht abgelaufen, die Aufrechnung somit nicht ins Leere gegangen sei.

Die Verurteilung zur Zahlung von Prozeßzinsen sei selbst dann rechtsfehlerhaft, wenn dem Kläger der streitige Erstattungsanspruch zustünde.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist lediglich hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Prozeßzinsen begründet.

1. Nach dem Grundsatz der Selbstbindung des Revisionsgerichts ist auch der BFH, falls eine Sache nach ihrer Zurückverweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO) in einem nachfolgenden Rechtsgang erneut bei ihm anhängig wird - ebenso wie das FG (§ 126 Abs. 5 FGO) -, an seine frühere Rechtsauffassung gebunden (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 126 Rdnr. 24). Das gilt auch, wenn - wie im Streitfall - in dem späteren Rechtszug ein anderer Senat des BFH zuständig geworden ist (BFH-Urteil vom 19. November 1970 IV 150/65, BFHE 101, 36, BStBl II 1971, 209). Der erkennende Senat muß deshalb aufgrund der im ersten und zweiten Rechtsgang ergangenen Entscheidungen des VIII. Senats des BFH davon ausgehen, daß das FA dem Klageanspruch des Klägers, soweit der an diesen abgetretene Steuererstattungsanspruch des H nicht bereits durch Aufrechnung in Höhe von 2.325 DM erloschen ist, aufgrund des obligatorischen Verrechnungsvertrages, der zwischen dem FA und dem früheren Gläubiger abgeschlossen worden ist, die Einrede der Aufrechenbarkeit entgegensetzen kann. Wie der VIII. Senat im Urteil in BFHE 143, 1, BStBl II 1985, 278 entschieden hat, hängt demnach die Begründetheit der Klage hinsichtlich des noch bestehenden Erstattungsanspruchs von 21.660 DM davon ab, ob die Steuerschulden der KG, hinsichtlich derer das FA zur Aufrechnung befugt ist, verjährt sind. Das hat das FG im dritten Rechtsgang auf der Grundlage seiner Feststellungen über die Anmeldung dieser Steuerschulden zur Konkurstabelle und den Zeitpunkt der Aufhebung des Konkursverfahrens, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, zu Recht bejaht. Die Vorinstanz hat demnach zutreffend der Klage im Hauptantrag - Verurteilung zur Erstattung von 19.800 DM Einkommensteuer, 500 DM Ergänzungsabgabe und 1.360 DM Kirchensteuer (insgesamt 21.600 DM) - entsprochen, weil mit verjährten Steuerforderungen nicht mehr aufgerechnet werden kann (vgl. § 148 AO, § 232 AO 1977) und die am 6. September 1985 erklärte Aufrechnung des FA mit Umsatzsteuer 1971 der KG in Höhe von 18.430 DM folglich ins Leere gegangen ist.

2. Die hier maßgebliche Frage der Verjährung der Steuerschulden der KG, die Gegenstand des Verrechnungsvertrages waren, richtet sich nach den Vorschriften der AO, da es um Ansprüche geht, deren Verjährung vor dem 1. Januar 1977 begonnen hat und eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung nach diesem Zeitpunkt nicht in Betracht kommt (Art. 97 § 14 Abs. 14 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 -). Die betrieblichen Steuerschulden der KG betreffend die Jahre 1970 und 1971 - darunter auch die Umsatzsteuer 1971 - sind in deren Konkursverfahren in den Jahren 1971 bis 1973 zur Konkurstabelle angemeldet worden. Das führte, soweit die Verjährung nach § 145 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AO begonnen hatte, gemäß § 147 Abs. 1 AO zur Unterbrechung der Verjährung, weil während des Konkursverfahrens Vollstreckungsmaßnahmen unzulässig sind (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 231 AO 1977 Tz. 12). Die Unterbrechung dauerte bis zur Beendigung des Konkursverfahrens durch den Konkursaufhebungsbeschluß vom 19. Januar 1976 fort (vgl. § 231 Abs. 2 AO 1977 und § 214 Abs. 1 BGB). Mit Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung geendet hat - hier 1976 -, begann eine neue Verjährungsfrist (§ 147 Abs. 2 AO, ebenso § 231 Abs. 3 AO 1977). Da die Verjährungsfrist für die zur Konkurstabelle angemeldeten Steuerschulden der KG nach den abgabenrechtlichen Vorschriften fünf Jahre beträgt (§ 144 Abs. 1 AO; ebenso für die hier maßgebliche Zahlungsverjährung jetzt § 228 AO 1977), ist das FG mit Recht davon ausgegangen, daß ihre Verjährung mit Ablauf des Jahres 1981 eingetreten ist, so daß das beklagte FA mit ihnen - auch am 6. September 1985 - nicht mehr aufrechnen konnte.

3. Der Senat folgt im Gegensatz zur Revision der Rechtsauffassung der Vorinstanz, daß die zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen nicht aufgrund von Vorschriften des Konkursrechts einer von der abgabenrechtlichen Regelung abweichenden, längeren Verjährungsfrist unterliegen.

Nach Beendigung des Konkursverfahrens können Konkursforderungen, soweit sie nicht befriedigt worden sind, wieder unbeschränkt gegen den Schuldner geltend gemacht werden (§ 164 Abs. 1, § 206 KO). Als Grundlage der Zwangsvollstreckung, die unter entsprechender Anwendung der §§ 724 bis 793 ZPO stattfindet, dient nunmehr die Eintragung in die Konkurstabelle, sofern die Forderung nicht vom Gemeinschuldner im Prüfungstermin ausdrücklich bestritten worden ist (§ 164 Abs. 2 KO). Das liegt darin begründet, daß gemäß § 145 Abs. 2 KO die Eintragung der Konkursforderung in die Konkurstabelle gegenüber allen Konkursgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt. Aus dieser konkursrechtlichen Vorschrift folgert der Beklagte, daß zur Konkurstabelle festgestellte Steuerforderungen der 30jährigen Verjährung unterliegen, die § 218 Abs. 1 BGB für rechtskräftig festgestellte Ansprüche bestimmt (vgl. insbesondere § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die - jedenfalls bis zum Inkrafttreten der AO 1977 - umstrittene Frage, ob nach Beendigung des Konkurses auch in diesem Verfahren festgestellte Steuerforderungen nach den Regeln des zivilprozessualen Vollstreckungsrechts beizutreiben sind (§ 164 Abs. 2 KO) oder ob das auch im Verwaltungszwangsverfahren nach der AO erfolgen darf (vgl. hierzu Müller, Die Vollstreckbarkeit und Verjährung der zur Konkurstabelle angemeldeten Steuerforderungen nach Aufhebung des Konkursverfahrens, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1967, 29, m. w. N.; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 251 AO 1977 Rdnrn. 17, 18, 221; Tipke/Kruse, a. a. O., § 251 AO 1977 Tz. 31) ist durch § 251 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 nunmehr dahin entschieden, daß die Finanzbehörde berechtigt ist, in den Fällen des § 164 Abs. 2 und des § 194 KO sowie des § 85 Abs. 1 der Vergleichsordnung (VerglO) gegen den Schuldner im Verwaltungswege zu vollstrecken (vgl. dazu Geist, Insolvenzen und Steuern, 3. Aufl., 1980, Tz. 192). Das Steuerverfahrensrecht enthält dagegen keine besondere Bestimmung zur Dauer der Verjährungsfrist für Steueransprüche, die in die Konkurstabelle eingetragen sind. Daraus folgt aber nicht, daß diese über § 145 Abs. 2 KO dem § 218 Abs. 1 BGB zu entnehmen ist.

Die Verjährung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis war bis zum 31. Dezember 1976 abschließend in den Vorschriften der §§ 143 bis 149 geregelt; nunmehr enthalten die §§ 228 bis 232 AO 1977 eine abschließende Regelung der hier maßgeblichen Zahlungsverjährung. Der Gesetzgeber hat sich dabei für kürzere Verjährungsfristen (vgl. § 144 Abs. 1 AO, § 228 Satz 2 AO 1977) entschieden als die Frist von 30 Jahren, die nach § 218 Abs. 1 BGB für rechtskräftig festgestellte bürgerlich-rechtliche Ansprüche und nach § 53 Abs. 2 VwVfG i. V. m. § 218 Abs. 1 BGB für unanfechtbar gewordene - nicht steuerrechtliche - Verwaltungsakte besteht (vgl. die Begründung der Bundesregierung zur AO 1974: BTDrucks VI/1982 S. 170). Im Gegensatz zu den in § 218 Abs. 1 BGB, § 53 VwVfG geregelten Fällen beginnt mit der rechtskräftigen Festsetzung eines Steueranspruchs durch ein finanzgerichtliches Urteil oder dem Unanfechtbarwerden eines Steuerbescheids keine neue, selbständige Verjährungsfrist zu laufen. In diesem Zusammenhang sind lediglich die Vorschriften über die Ablaufhemmung nach § 146a AO und die Anlaufhemmung nach § 229 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 zu beachten. Etwas anderes kann auch nicht für den Fall der Feststellung eines Steueranspruchs zur Konkurstabelle gelten. Die in § 145 Abs. 2 KO i. V. m. § 218 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB geregelte besondere Verjährungsfrist von 30 Jahren ist auf zivilrechtliche Ansprüche abgestellt. Der Gesetzgeber der im vorigen Jahrhundert ergangenen KO hat dabei die für steuerrechtliche Konkursforderungen bestehenden Besonderheiten nicht bedacht. Die später ergangenen Vorschriften der AO und der AO 1977, die die Verjährung steuerrechtlicher Ansprüche abschließend regeln, sind demgegenüber als Spezialregelungen vorrangig. Dem "rechtskräftigen Urteil", dem nach § 145 Abs. 2 KO die Eintragung in die Konkurstabelle in ihren Wirkungen gleichgestellt wird, ist für Steuerforderungen die rechtskräftige Steuerfestsetzung gleichzusetzen (vgl. Kilger, Konkursordnung, 15. Aufl., § 145 Anm. 6 am Ende). Diese läßt aber - wie oben ausgeführt - die Verjährungsfristen nach der AO und der AO 1977 unberührt. Der Senat folgt deshalb der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung, daß die zur Konkurstabelle festgestellten Steuerforderungen nicht nach den §§ 145 Abs. 2 KO, 218 Abs. 1 BGB in 30 Jahren, sondern nach den abgabenrechtlichen Fristen der §§ 144 AO, 228 AO 1977 verjähren (vgl. Müller, DStR 1967, 29, 32; Schwarz, a. a. O., § 251 AO 1977 Rdnr. 221; Tipke/Kruse, a. a. O., § 251 AO 1977 Tz. 31, anders aber dieselben in § 231 AO 1977 Tz. 12).

Die Auslegung, daß es für Steueransprüche, die in die Konkurstabelle eingetragen worden sind, bei der kürzeren - hier fünfjährigen - Verjährungsfrist verbleibt, während sonstige Forderungen ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung zur Konkurstabelle einer besonderen 30jährigen Verjährungsfrist unterliegen, findet ihre Rechtfertigung in der unterschiedlichen Wirkung, die der Verjährung nach den Vorschriften des Steuerverfahrensrechts gegenüber der sonstigen Regelung in der Rechtsordnung zukommt. Im Zivilrecht begründet die Verjährung lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners (§ 222 BGB), das im Wege der Einrede der Verjährung geltend gemacht werden muß. Das gilt grundsätzlich auch im öffentlichen Recht für Vermögensansprüche, soweit Sondervorschriften fehlen, da § 53 VwVfG nur einen Teilbereich der Verjährung - und dabei nicht ihre Wirkung regelt (vgl. Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 46. Aufl., § 222 Anm. 4; Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl., § 53 Rdnrn. 3b bis 6). Bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis führt dagegen die Verjährung (Zahlungsverjährung) zum Erlöschen des Anspruchs (§ 148 AO, §§ 232, 47 AO 1977); d. h. die Vollendung der Verjährung ist von Amts wegen zu beachten. Der Bürger soll demnach nach Ablauf der im Gesetz bestimmten Verjährungsfrist von der Geltendmachung des Steueranspruchs endgültig verschont bleiben. Es ist nicht ersichtlich, warum die mit der gesetzlichen Dauer der Verjährungsfrist geregelte Interessenabwägung zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner - abgesehen von der Unterbrechung der Verjährung nach den §§ 147 Abs. 1 AO, 231 Abs. 1 und 2 AO 1977 - eine andere sein sollte, wenn über das Vermögen des Steuerschuldners das Konkursverfahren eröffnet und die Steuerforderung zur Konkurstabelle angemeldet worden ist.

Die von der Revision vertretene Auffassung, auch für die im Konkursverfahren festgestellten Steueransprüche gelte gemäß § 145 Abs. 2 KO, § 218 Abs. 1 BGB eine neue Verjährungsfrist von 30 Jahren, ließe sich nur dann vertreten, wenn die Steuerforderungen mit ihrer Anmeldung zur Konkurstabelle ihre Eigenschaft als öffentlich-rechtliche Forderung verlören. Das ist jedoch nach einhelliger Meinung im Schrifttum, dem der Senat folgt, nicht der Fall (vgl. Müller, DStR 1967, 29, 32; Jäger/Lent, Konkursordnung, § 164 Anm. 6 a; Geist, a. a. O., Tz. 192; Schwarz, a. a. O., § 251 AO 1977 Rdnr. 221).

Die Revision ist demnach hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet. Da die Steuerforderungen, mit denen das FA hätte aufrechnen können, verjährt sind, ist dieses zu Recht zur Zahlung des von dem Beigeladenen an den Kläger abgetretenen Erstattungsbetrags verurteilt worden. Daran ändert die Tatsache nichts, daß der Kläger den Erstattungsbetrag von insgesamt 21.660 DM, der noch Gegenstand des Verfahrens im vorliegenden Rechtszug ist, bereits aufgrund der Vollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil des FG im ersten Rechtsgang erlangt hat. Das FG hat in den Gründen seiner Entscheidung klargestellt, daß der Kläger, soweit er bereits aufgrund dieser Vollstreckung Befriedigung gefunden hat, eine nochmalige Zahlung nicht verlangen kann.

4. Die Revision ist dagegen begründet, soweit das FA zur Zahlung von Prozeßzinsen verurteilt worden ist. Für einen - wie im Streitfall - vor dem 1. Januar 1977 bei Gericht anhängig gewordenen und nach dem 31. Dezember 1976 abgeschlossenen Rechtsstreit ist der Anspruch auf Prozeßzinsen ausschließlich nach Maßgabe des § 236 AO 1977 zu beurteilen, da der Zinsanspruch erst mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung entsteht (BFH-Urteil vom 26. April 1985 III R 24/82, BFHE 143, 408, BStBl II 1985, 546). Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis werden nur verzinst, soweit dies grundsätzlich vorgeschrieben ist (§ 233 AO 1977). Nach § 236 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist der zu erstattende und zu vergütende Betrag vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen, wenn durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder aufgrund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt wird. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben.

Durch die Entscheidung der Vorinstanz ist weder eine festgesetzte Steuer herabgesetzt noch eine Steuervergütung gewährt worden. Der von dem Beigeladenen an den Kläger abgetretene Steuererstattungsanspruch war zwischen den Beteiligten weder dem Grunde noch der Höhe nach streitig. Gestritten wurde lediglich darum, ob das FA gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch aufrechnen konnte. Der Senat hat im Urteil vom 12. Mai 1987 VII R 203/83 (BFHE 150, 298, BStBl II 1987, 702) entschieden, daß auf Überzahlung von Steuern beruhende Erstattungsansprüche, die ohne Änderung einer Steuerfestsetzung erst aufgrund eines Rechtsstreits über einen Abrechnungsbescheid entstehen, nicht nach § 236 AO 1977 zu verzinsen sind. Der Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits entspricht dem genannten Urteilsfall insoweit, als auch hier der vom FG festgesetzte Erstattungsbetrag nicht darauf beruht, daß eine festgesetzte Steuer herabgesetzt worden ist. Der Rechtsstreit betrifft nicht das Steuerfestsetzungsverfahren, sondern hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage der Aufrechnung das Erhebungsverfahren. Für diese Beurteilung kann dahingestellt bleiben, ob auch - was naheliegt - die Ablehnung der vom Kläger beantragten Erstattung durch das FA einen Abrechnungsbescheid i. S. der §§ 125 AO, 218 Abs. 2 AO 1977 darstellte. Für Erstattungen, die sich aufgrund gerichtlicher Entscheidungen im Steuererhebungsverfahren ergeben, sieht das Gesetz einen Anspruch auf Prozeßzinsen nicht vor. Wie der Senat im Urteil in BFHE 150, 298, BStBl II 1987, 702 entschieden hat, ist für eine ausdehnende Auslegung der Vorschriften über Prozeßzinsen auf Erstattungsbeträge angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 233 Satz 1 AO 1977 kein Raum.