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BFH-Urteil vom 2.8.1988 (VII R 44/85) BStBl. 1988 II S. 906

Die Verleihung der Befugnis zum Führen des Zusatzes "Landwirtschaftliche Buchstelle" ist vom Nachweis einer besonderen Befähigung zur Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe abhängig. Der Nachweis muß sich darauf erstrecken, daß in besonderem Maße Kenntnisse und Fähigkeiten auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten vorliegen.

StBerG § 44 Abs. 1; DVStB § 43 Abs. 2 Satz 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Der als Steuerberater tätige Kläger und Revisionskläger (Kläger) beantragte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzministerium) die Verleihung der Berechtigung zum Führen des Zusatzes "Landwirtschaftliche Buchstelle". Das Finanzministerium lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. März 1981 ab. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führt zur Begründung seiner Entscheidung aus, der Antragsteller müsse Kenntnisse und Fähigkeiten auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) genannten Gebieten nachweisen, die über das übliche Maß hinausgingen. Danach brauche nicht näher untersucht zu werden, ob der Kläger durch den Besuch des Vorbereitungsseminars der Steuerberaterkammer ausreichende theoretische Kenntnisse auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten erworben habe. Weder sein beruflicher Werdegang noch seine bisherige berufliche Tätigkeit ließen den Schluß zu, daß er die erforderliche besondere Sachkunde erworben habe.

Der Kläger legte mit folgender Begründung Revision ein:

Das Finanzministerium habe überhöhte Anforderungen an die Voraussetzungen zur Verleihung der Berechtigung zur Führung des Zusatzes "Landwirtschaftliche Buchstelle" gestellt. Er, der Kläger, habe nachgewiesen, daß er seit 1971 land- und forstwirtschaftliche Betriebe betreut habe und weiterhin betreue. Schon dadurch unterscheide sich seine Berufstätigkeit von der regelmäßigen eines Steuerberaters, der keine land- und forstwirtschaftlichen Betriebe als Mandanten habe. In Ergänzung zu dieser praktischen Tätigkeit habe er neben laufender Fortbildung an einem Vorbereitungsseminar der Steuerberaterkammer teilgenommen, so daß auch theoretische Kenntnisse ausreichend vorhanden seien. Diese Kenntnisse könnten erst durch praktische Berufstätigkeit und theoretische Fortbildung erlangt werden. Das führe zur Unterscheidung von anderen Steuerberatern und zur besonderen Sachkunde.

Das Finanzministerium beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat den Nachweis der besonderen Sachkunde i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) rechtsfehlerfrei verneint.

1. Der Senat folgt der Auffassung des FG, daß der Nachweis der besonderen Sachkunde sich darauf erstrecken muß, daß in besonderem Maße Kenntnisse und Fähigkeiten auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten vorliegen.

a) Wie das FG zutreffend dargelegt hat, ist dem Erfordernis der Sachkunde i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG zu entnehmen, daß der Nachweis sich auf das Vorliegen von Kenntnissen und Fähigkeiten auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten erstrecken muß und daß danach allein der Erwerb theoretischer Kenntnisse nicht ausreicht.

§ 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG ist dahin auszulegen, daß der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte, dem die Befugnis zum Führen des Zusatzes "Landwirtschaftliche Buchstelle" verliehen wird, auf Grund der nachzuweisenden Sachkunde in der Lage sein soll, tatsächlich eine qualifizierte Hilfe in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu leisten, daß also die Sachkunde dem "Interesse einer Förderung der Beratungs- und Buchführungshilfe für land- und forstwirtschaftliche Betriebe" dienlich sein soll (vgl. Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses zu Entwürfen eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes und eines Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer-Steuerberater, A. II. Art. 1 Zu Nr. 20 a, BTDrucks VI/3456, S. 7). Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn außer den erforderlichen theoretischen Kenntnissen auch besondere praktische Fähigkeiten vorhanden sind, die den Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten in die Lage versetzen, seine Kenntnisse auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten in die Hilfeleistung in Steuersachen einzubeziehen. Der Hilfeleistende soll dem Hilfesuchenden die Gewähr für eine qualifizierte Hilfeleistung und nicht nur für das Vorhandensein bestimmter Kenntnisse bieten.

Daraus folgt, daß der Nachweis sich auch auf die Befähigung zur - tatsächlichen - Leistung der qualifizierten Hilfe in Steuersachen erstrecken muß. Aus diesem Grunde ist es auch gerechtfertigt, genaue Angaben über den beruflichen Werdegang und eine Darlegung der bisherigen beruflichen Tätigkeit (mit entsprechenden Nachweisen, vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 DVStB) und nicht nur etwa eine erfolgreiche Teilnahme an einem Seminar zu fordern, das die Vermittlung besonderer Kenntnisse auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten zum Ziel hatte.

b) Dem Erfordernis, daß eine "besondere" Sachkunde auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nachgewiesen werden muß, ist zu entnehmen, daß nicht jede nachgewiesene Sachkunde ausreichend sein soll, daß sich vielmehr aus den Nachweisen eine Befähigung zur Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe über das übliche Maß hinaus ergeben muß; die Nachweise sollen den Antragsteller - mit anderen Worten - als Spezialisten auf dem genannten Gebiet kennzeichnen. Das bedeutet, daß den Nachweisen außer besonderen Kenntnissen auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten eine besondere Befähigung zur - tatsächlichen - Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu entnehmen sein muß.

c) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die für die besondere Sachkunde i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG erforderlichen Fähigkeiten nur in der Praxis - etwa bei einem Steuerberater, dem die Befugnis zum Führen des Zusatzes "Landwirtschaftliche Buchstelle" verliehen worden ist - oder auch durch eine besondere Ausbildung - z.B. durch ein spezifisches Hochschulstudium oder durch spezielle Seminare (vgl. Gehre, Steuerberatungsgesetz, 1981, § 44 Rdnr. 6, 9; Meggendorfer in Bonner Handbuch der Steuerberatung, Fach B, § 44 StBerG Tz. B 573) erworben werden kann. Jedenfalls muß dem Nachweis über die Ausbildung oder die Betätigung in der Praxis die besondere Befähigung zu einer - tatsächlichen - qualifizierten Hilfeleistung in Steuersachen i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG und nicht nur das Vorhandensein bestimmter - theoretischer - Kenntnisse zu entnehmen sein. Die Teilnahme an einem Seminar, das nur auf die Vermittlung theoretischer Kenntnisse ausgerichtet ist und dem Teilnehmer keine Gelegenheit gibt, die Anwendung der theoretischen Kenntnisse praktisch zu erproben und damit seine besondere Befähigung auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nachzuweisen, reicht dazu nicht aus.

Danach hat das FG zutreffend entschieden, daß es für die Entscheidung im Streitfall ohne Bedeutung ist, ob der Kläger durch Teilnahme an dem Vorbereitungsseminar der Steuerberaterkammer ausreichende theoretische Kenntnisse auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebieten erlangt hat.

2. Auch die Entscheidung des FG, daß der berufliche Werdegang und die bisherige berufliche Tätigkeit des Klägers nicht die Schlußfolgerung rechtfertige, dieser habe die besondere Sachkunde i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG erworben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf Feststellungen des FG, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

a) Bei der Entscheidung über die Revision ist davon auszugehen, daß der Kläger auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe jedenfalls keine Tätigkeit ausgeübt hat, die über das übliche Maß hinausgegangen ist. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich, daß die Tätigkeit des Klägers nicht geeignet war, eine besondere Befähigung zur qualifizierten Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu erwerben.

Der Kläger wendet zwar ein, das FG hätte nach dem Untersuchungsgrundsatz weitere Auskünfte einholen müssen, wenn es der Auffassung gewesen sei, daß die vorgelegten Bescheinigungen nicht die erforderlichen Merkmale enthielten. Mit diesem Einwand kann der Kläger aber schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er nicht den Anforderungen an eine Verfahrensrüge nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO entspricht.

b) Den Feststellungen des FG liegen keine überhöhten Anforderungen an die Voraussetzungen für den Nachweis der besonderen Sachkunde i.S. des § 44 Abs. 1 Satz 1 StBerG zugrunde. Den Ausführungen des Klägers ist insoweit zu entnehmen, daß nach seiner Auffassung die Voraussetzungen für eine besondere Sachkunde im vorgenannten Sinne schon dann erfüllt sein sollen, wenn ein Steuerberater überhaupt theoretische Kenntnisse auf dem in § 43 Abs. 2 Satz 2 DVStB genannten Gebiete sowie praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe erworben hat und er sich dadurch von anderen Steuerberatern unterscheidet. Dieser Auffassung kann jedoch, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht gefolgt werden.