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BFH-Urteil vom 25.1.1989 (II R 111/88) BStBl. 1989 II S. 402

Wird eine in einem Sondergebiet (Kur- und Ferienhausgebiet) belegene, nach ihrer baulichen Gestaltung ganzjährig bewohnbare Eigentumswohnung von den Eigentümern nur an den Wochenenden bzw. während der Ferien genutzt, so führt dies bei der Feststellung des Einheitswerts im Ertragswertverfahren nicht zu einer Ermäßigung der anzusetzenden Jahresrohmiete.

BewG 1965 § 9 Abs. 2 Satz 3, § 23 Abs. 2 Satz 1, §§ 27, 79 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5.

Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein

Sachverhalt

Der Kläger und seine Ehefrau, die das Finanzgericht (FG) zum Verfahren beigeladen hat, haben ihren Hauptwohnsitz in Hamburg. Sie sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Eigentumswohnung in A/Ostsee, die sie im Jahre 1974 für 74.600 DM erworben haben. Die im Erwerbsjahr bezugsfertig gewordene Wohnung hat eine Wohnfläche von 42 qm; sie liegt im ersten Stockwerk eines mehrgeschossigen Gebäudes im Ferienpark A. Der Bereich dieses Ferienparks ist im Flächennutzungsplan der Gemeinde als Sondergebiet nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) und entsprechend im gemeindlichen Bebauungsplan als Gebiet für "Kur- und Ferienwohnungen" ausgewiesen. Danach ist die Dauernutzung der Eigentumswohnungen durch dieselbe Person bzw. dieselben Personen ausgeschlossen (vgl. § 10 Abs. 4 BauNVO). Wie lange die nach ihrer baulichen Gestaltung ganzjährig nutzbare Wohnung im Jahr als Ferienwohnung genutzt wird, ist satzungsmäßig nicht festgelegt und bleibt deshalb dem Eigentümer überlassen.

Mit Nachfeststellungsbescheid zum 1. Januar 1975 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 22. März 1982 stellte das Finanzamt (FA) den Einheitswert für das Einfamilienhaus (Eigentumswohnung) auf 15.300 DM fest und rechnete ihn dem Kläger und seiner Ehefrau je zur Hälfte zu. Das FA legte der Einheitswertfeststellung eine Jahresrohmiete von 31,85 DM/qm Wohnfläche (insgesamt 1.571 DM) zugrunde. Der Nachfeststellungsbescheid, den nur der Kläger angefochten hatte, wurde nach Zurückverweisung der Sache an das FG im ersten Rechtsgang auch der Ehefrau des Klägers bekanntgegeben. Sie hat den Bescheid nicht angefochten.

Der Kläger, der im ersten Rechtsgang mit der Klage begehrt hatte, den Einheitswert entsprechend der tatsächlichen Nutzung des Hauses an nur 134 Tagen im Jahre (allen Wochenenden und während der Urlaubszeit) unter Zugrundelegung einer Jahresrohmiete von 576 DM herabzusetzen, begehrt nunmehr mit seiner Klage die Herabsetzung des Einheitswerts unter Zugrundelegung einer Jahresrohmiete von 1.048 DM. Es könne insgesamt nicht davon ausgegangen werden, daß die Ferienwohnung in der Zeit der Nichtbenutzung durch die Inhaber an beliebige Dritte vermietet werden könnte, denn es fehle an einer entsprechenden Nachfrage und es bestehe zudem die Gefahr der Beschädigung des Mobiliars durch Dritte. Nach alledem dürfe die aus dem Mietspiegel abgeleitete Miete, die für dauernd genutzten Wohnraum gelte, im Streitfall wegen der Mindernutzung nur mit 2/3 angesetzt werden. Bei diesem Ansatz handele es sich um einen Mittelwert zwischen der tatsächlichen Nutzung (1/3 des Jahres) und einer Dauernutzung.

Das FG hat die Klage auch im zweiten Rechtsgang abgewiesen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Bei einer Nachfeststellung ist für die Findung des Grundstückswerts bei der Bewertung im Ertragswertverfahren (vgl. § 78 des Bewertungsgesetzes - BewG -) diejenige Miete anzusetzen, die nach den Wertverhältnissen vom Hauptfeststellungszeitpunkt - dem 1. Januar 1964 - unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zustands des Grundstücks im Nachfeststellungszeitpunkt zu erzielen gewesen wäre (§ 23 Abs. 2 Satz 1, §§ 27, 79 Abs. 5 BewG). Diese Miete ist grundsätzlich zu schätzen, da es sich begrifflich nicht um eine am 1. Januar 1964 tatsächlich erzielte Miete handelt, weil die wirtschaftliche Einheit - wie im vorliegenden Fall - im Hauptfeststellungszeitpunkt noch nicht bestanden hatte. Nach §§ 27, 79 Abs. 5 BewG sind bei Nachfeststellungen die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich. Deshalb kann nur auf die Miete zurückgegriffen werden, die zu diesem Zeitpunkt als übliche Miete für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wurde (vgl. auch Senatsurteil vom 24. September 1985 II R 238/82, BFHE 145, 87, BStBl II 1986, 46). Zutreffend hat das FG in diesem Zusammenhang den Rückgriff auf den Mietspiegel zur Gewährleistung einer einigermaßen gleichmäßigen Bewertung für rechtmäßig erachtet (s. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. August 1984 III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36).

Entgegen der Ansicht des Klägers hat es das FG im Ergebnis zutreffend abgelehnt, die so auf den Hauptfeststellungszeitpunkt bezogene Jahresrohmiete zu kürzen. Es hat für den erkennenden Senat verbindlich (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) festgestellt, daß die Eigentumswohnung nach ihrer baulichen Gestaltung zum ganzjährigen Bewohnen geeignet ist, daß einzelne Wohnungen im Ferienpark mit Duldung der Gemeinde als Hauptwohnungen dienten und daß die ganzjährige Nutzung der Wohnung - wenn auch entsprechend der satzungsmäßigen Festlegung durch einen wechselnden Personenkreis - zulässig ist. Die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch die Eigentümer muß deshalb bei der Wertfindung außer Betracht bleiben. Das ergibt sich einmal daraus, daß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG den Ansatz einer Miete auch für ungenutzte Grundstücke oder Grundstücksteile vorschreibt. Zum anderen beruht die beschränkte Nutzung der Wohnung auf einer persönlichen Entscheidung des Klägers und der Beigeladenen. Dies verdeutlicht noch der Hinweis auf die Gefahr der Beschädigung des Mobiliars bei Vermietung an Feriengäste. Derartige persönliche Verhältnisse müssen aber bei der auf einen allgemein gültigen Wert abzielenden Bewertung außer Betracht bleiben (vgl. dazu auch § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG).