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BFH-Beschluß vom 17.3.1989 (III B 136/87) BStBl. 1989 II S. 630

1. Die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1982 kann in der Regel nicht wirksam bereits für Teilherstellungskosten beantragt werden, die in einem im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht beendeten Wirtschaftsjahr anfallen.

2. Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann trotz Abweichung der Entscheidung des FG von der Rechtsprechung des BFH keinen Erfolg haben, wenn das FG zu der abweichend entschiedenen Frage nur kommt, weil es eine sich logisch stellende Vorfrage falsch entschieden hat.

InvZulG 1982 § 4b; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) stellte mit Datum vom 16. September 1983 auf ordnungsgemäßem Vordruck einen Antrag auf Gewährung von Investitionszulage für 1982. Auf Bl. 5 des Antrags gab die Klägerin auch die Erweiterung ihres Werksgebäudes wie folgt an: Unter Spalte 3 (Investitionsbeginn) "16.12.1982", unter Spalte 4 (Tag der Anschaffung, Herstellung oder Anzahlung) "Bauantrag" und unter Spalte 5 (genaue Bezeichnung des Wirtschaftsgutes) "beantragt in 1982/Fertigstellung bis 31. Dezember 1984/Erweiterung Werksgebäude". Mit Schreiben vom 12. Oktober 1983 führte die Klägerin "als Nachtrag zum Antrag vom 16. September 1983" noch drei weitere Wirtschaftsgüter auf, die die Gesamtinvestitionssumme des Antrags erhöhen sollten.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 1985 reichte die Klägerin dann bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) einen "Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage für das Jahr 1984, gemäß Antrag für 1982 vom 16. September 1983 sowie unserem ergänzenden Schreiben vom 12. Oktober 1983", ein. Sie machte mit diesem "Antrag" die Kosten für die Erweiterung des Werksgebäudes geltend.

Das FA lehnte den Antrag wegen Überschreitens der neunmonatigen Antragsfrist ab. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, daß sie einen wirksamen und fristwahrenden Antrag für 1984 schon durch den Antrag vom 16. September 1983 gestellt habe. Das Investitionsvorhaben sei schon in diesem Antrag nach Art und Ort konkretisiert worden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, weil in dem "Antrag" vom 16. September 1983 ein Hinweis auf die Höhe der Kosten des Investitionsvorhabens fehle. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie begründet die Nichtzulassungsbeschwerde mit einer Abweichung der Entscheidung des FG von den Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. März 1979 III R 104/75 (BFHE 127, 482, BStBl II 1979, 448) und vom 10. April 1987 III R 104/82 (BFH/NV 1987, 601). In diesen Entscheidungen habe der BFH im Gegensatz zu dem vom FG aufgestellten Erfordernis die Angabe der Höhe der Investitionssumme als nicht notwendig für die Wirksamkeit des Antrags angesehen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA hat von einer Stellungnahme zu der Beschwerde abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die Auffassung des FG, zu einem wirksamen Investitionszulageantrag sei die Angabe der Höhe der Kosten des Investitionsvorhabens erforderlich, widerspricht allerdings der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Das FG beruft sich für seine Auffassung auf das Urteil des Senats vom 16. Juli 1976 III R 158/73 (BFHE 119, 543, BStBl II 1976, 757). Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, daß diese Entscheidung durch das Urteil in BFHE 127, 482, BStBl II 1979, 448 überholt ist. Danach ist die Angabe der Höhe der Investitionssumme für die Wirksamkeit des Antrags nicht erforderlich. Demgemäß fordert auch § 5 Abs. 3 Satz 3 des Investitionszulagengesetzes (InvzulG) in den ab 1979 geltenden Fassungen nicht die Angabe der Höhe der Investitionskosten. Die Wirksamkeit des Antrags der Klägerin vom 16. September 1983 für die Investitionen im Zusammenhang mit der Erweiterung des Werkgebäudes scheitert daher entgegen der Auffassung des FG nicht an den fehlenden Angaben über die Höhe der Investitionskosten.

2. Trotzdem kann die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben, da der Antrag vom 16. September 1983 aus anderen Gründen kein wirksamer Antrag auf die von der Klägerin geforderte Investitionszulage ist. Der erkennende Senat hat zwar entschieden, daß der Zulageantrag bereits vor Ablauf des Kalenderjahres gestellt werden kann, für das Investitionszulage begehrt wird (Urteil vom 23. Juli 1976 III R 122/75, BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759). Er hat darüber hinaus in seinem Urteil vom 25. Februar 1977 III R 90/76 (BFHE 122, 207, BStBl II 1977, 782) die Auffassung vertreten, daß der Investor den Zulageantrag für ein geschlossenes, sich über mehrere Jahre erstreckendes Investitionsvorhaben insgesamt stellen kann. Diese beiden Entscheidungen sind aber zu der Regionalzulage nach dem InvZulG 1969 ergangen. Die zweite Entscheidung ist nur aus den Besonderheiten der Rechtslage nach dem InvZulG 1969 begründet. Diese Besonderheiten lagen darin, daß nach § 1 dieses Gesetzes für die Gewährung der Regionalzulage das Investitionsvorhaben als solches und nicht das einzelne Wirtschaftsgut maßgebend war. Mit Urteil vom 17. Februar 1989 III R 44/88 (BFHE 156, 325, BStBl II 1989, 469) hat der erkennende Senat klargestellt, daß die Rechtslage für die Regionalzulage nach den ab 1979 geltenden Neufassungen des InvZulG eine andere ist.

Ähnlich wie für die Regionalzulage ab 1979 hat der erkennende Senat bereits mit unveröffentlichtem Urteil vom 18. Juli 1984 III R 41/84 entschieden, daß bei der Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1975 anders als nach § 1 InvZulG 1969 ebenfalls nicht die Gesamtinvestition (Investitionsvorhaben) begünstigt ist, sondern die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Objekt der Förderung nach § 4b InvZulG 1975 ist demnach das einzelne Wirtschaftsgut. Das gleiche muß für § 4b InvZulG 1982 gelten.

Da Objekt der Förderung das einzelne Wirtschaftsgut (oder der Ausbau oder die Erweiterung) ist, muß das Wirtschaftsgut im Antrag auf Gewährung der Investitionszulage so bezeichnet werden, daß seine Feststellung bei einer Nachprüfung möglich ist (§ 5 Abs. 3 Satz 4 in den ab 1979 geltenden Neufassungen des InvZulG). Bei der Nachprüfung muß also das für den Antrag maßgebliche Wirtschaftsgut feststellbar sein, in das die Investitionen, für die die Zulage beantragt wird, erfolgt sind. Investitionen in diesem Sinne sind bei der Beantragung einer Investitionszulage für Teilherstellungskosten diejenigen Herstellungskosten, die in dem im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung bereits beendeten Wirtschaftsjahr durchgeführt worden sind und für welche die konkret bezifferte Zulage begehrt und gewährt wird. Auf diese Investitionsvorgänge und nicht auf Investitionsvorgänge eines späteren Wirtschaftsjahres bezieht sich das Erfordernis der Nachprüfungsmöglichkeit. Die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1982 kann demgemäß in der Regel nicht wirksam bereits für Teilherstellungskosten beantragt werden, die in einem im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht beendeten Wirtschaftsjahr anfallen (ebenso das genannte Urteil vom 18. Juli 1984 III R 41/84). Anders kann dies nur sein, wenn das nach § 4b InvZulG 1982 begünstigte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der vorzeitigen Antragstellung bereits fertiggestellt war. Insoweit behält das Urteil in BFHE 119, 553, BStBl II 1976, 759 auch für die Fälle des § 4b InvZulG 1982 seinen Sinn. Die Klägerin konnte jedenfalls für das erst im Jahre 1984 fertiggestellte Bauvorhaben am 16. September 1983 noch keine Investitionszulage für die Jahre ab 1983 beantragen.

3. Diese Erwägungen über die Unwirksamkeit des Antrags der Klägerin vom 16. September 1983 für die Jahre ab 1983 führen zur Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet, obwohl das FG die Unwirksamkeit des Antrags aus anderen Gründen angenommen hat und insoweit eine Divergenz von einer BFH-Entscheidung vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, daß eine Nichtzulassungsbeschwerde auch dann nicht zur Zulassung einer Revision wegen Divergenz führen könne, wenn die Klage trotz Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des BVerwG aus anderen Gründen abgewiesen werden müsse (Beschluß vom 13. Juni 1977 IV B 13.77, BVerwGE 54, 99). Im Schrifttum zur Finanzgerichtsordnung (FGO) sind gegen diese Auffassung allerdings Bedenken erhoben worden, weil die Erfolgsaussichten der späteren Revision im Zulassungsverfahren ohne Bedeutung seien (Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Tz. 75 unter Hinweis auf BFH-Beschluß vom 21. Mai 1968 II B 7/68, BFHE 92, 110; vgl. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 101). Der BFH hat bisher nur (in ganz anders gelagerten Fällen) entschieden, daß eine auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde dann unbegründet ist, wenn keine Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage oder der Divergenzfrage von der Revision zu erwarten ist (vgl. zuletzt Beschluß vom 24. August 1988 I B 108/86, BFHE 154, 486, BStBl II 1989, 104). Der Senat kann offen lassen, ob er der Auffassung des BVerwG zur Prüfung der Erfolgsaussichten der Revision im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde allgemein folgen kann.

Denn der Streitfall weist Besonderheiten auf, die jedenfalls eine Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde wegen Aussichtslosigkeit der Revision rechtfertigen. Im Streitfall geht es nämlich nicht um eine umfassende Überprüfung der Erfolgsaussichten der Revision im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens. Die Frage nach der ausreichenden Bestimmtheit des Antrags vom 16. September 1983 für die Jahre ab 1983, in der das FG von der Rechtsprechung des BFH abweicht, stellt sich logisch erst, wenn überhaupt in 1983 schon ein Antrag auf Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1982 für die Jahre ab 1983 gestellt werden konnte. Demgemäß hat das FG diese vorrangige Frage auch zunächst geprüft und bejaht. Da diese Auffassung des FG nach den obigen Ausführungen unter 2. aber unzutreffend ist, stellt sich somit das erst nachrangige Problem der ausreichenden Bestimmtheit des Antrags nicht. Die von der Rechtsprechung des BFH abweichende Auffassung des FG zur ausreichenden Bestimmtheit des Antrags ist also nicht entscheidungserheblich. Es kann daher auch keine Klärung durch den BFH erwartet werden.