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BFH-Urteil vom 21.3.1989 (IX R 58/86) BStBl. 1989 II S. 778

Die Höchstbemessungsgrundlage des § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG ist bei einem teilentgeltlichen Erwerb nicht anteilig zu kürzen.

EStG 1979 § 7b.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1986, 391)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1979 zusammenveranlagt.

Der Kläger erwarb aufgrund eines Tauschvertrags vom 19. April 1979 von seiner Mutter ein im Jahre 1965 errichtetes Einfamilienhaus, das er mit seiner Familie bewohnte. Gleichzeitig übereignete er seiner Mutter eine Eigentumswohnung. Der Verkehrswert des Einfamilienhauses ohne Grund und Boden betrug 214.000 DM. Der Kläger wendete für das Gebäude Anschaffungskosten von 121.081 DM auf. Noch im Streitjahr 1979 ließ er das Dachgeschoß mit einem Kostenaufwand von 62.285 DM ausbauen.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte bei seiner Einkommensteuerveranlagung 1979 dem Kläger die begehrten erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Hinweis auf § 7b Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 EStG.

Hiergegen wendeten sich die Kläger mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage. Das FA erkannte während des Klageverfahrens die Voraussetzungen des § 7b EStG dem Grunde nach an. Da der Kläger aber das Einfamilienhaus aufgrund einer gemischten Schenkung erworben habe, könne er erhöhte Absetzungen nur auf den entgeltlich erworbenen Teil beanspruchen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 391 veröffentlichten Urteil statt. Es erkannte dem Kläger erhöhte Absetzungen aufgrund des ungekürzten Höchstbetrages von 150.000 DM zu.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 7b EStG. Die erhöhten Absetzungen seien nur von einem dem Verhältnis von entgeltlichem zu unentgeltlichem Erwerb entsprechenden anteiligen Höchstbetrag zu gewähren. Das FG habe es zu Unrecht abgelehnt, die einen Grundstückserwerb betreffende gemischte Schenkung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zu trennen.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuer 1979 auf 4.962 DM festzusetzen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat dem Kläger rechtsfehlerfrei erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG von 5 v.H. von 150.000 DM = 7.500 DM aufgrund der von ihm aufgewendeten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zuerkannt.

Die erhöhten Absetzungen waren nach der Höchstbemessungsgrundlage von 150.000 DM gemäß § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG zu berechnen. Die auf das Einfamilienhaus entfallenden Anschaffungskosten betrugen nach den tatsächlichen Feststellungen des FG 121.081 DM; hinzukommen noch im Jahr der Anschaffung angefallene Aufwendungen von 62.285 DM für den Ausbau des Dachgeschosses, die gemäß §§ 7a Abs. 1, 7b Abs. 1 Satz 3 EStG ebenfalls zur Bemessungsgrundlage der erhöhten Absetzungen gehören. Entgegen der Auffassung der Revision war die Höchstbemessungsgrundlage von 150.000 DM auch nicht im Hinblick auf den teilentgeltlichen Erwerb des Klägers anteilig zu kürzen.

Für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung eines teilentgeltlichen Erwerbs kann es dahinstehen, welche der zur gemischten Schenkung entwickelten zivilrechtlichen Theorien (Einheits-, Trennungs- und Zweckwürdigungstheorie, vgl. dazu im einzelnen Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch - Kollhosser, § 516 Rdnr. 26 ff.) den Vorzug verdient. Deren Inhalt nach Sinn und Zweck besteht darin, die zivilrechtlichen Rechtsfolgen einer gemischten Schenkung - z.B. die einzuhaltende Form oder die Voraussetzungen eines Widerrufs - zu regeln. Sie besagen aber nichts darüber, welche Rechtsfolgen an einen teilentgeltlichen Erwerb im Einkommensteuerrecht zu knüpfen sind. Hierfür ist wegen der unterschiedlichen Interessenlage von Zivil- und Steuerrecht allein auf die maßgeblichen einkommensteuerrechtlichen Vorschriften und die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers abzustellen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Juli 1980 IV R 15/76, BFHE 131, 329, BStBl II 1981, 11 - betreffend die Übertragung einer wesentlichen Beteiligung gemäß § 17 EStG -; vgl. ferner z.B. die BFH-Urteile vom 18. März 1980 VIII R 148/78, BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794 - betreffend die Absetzung für Substanzverringerung bei einem Bodenschatz - und vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 811 - betreffend die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 EStG -).

§ 7b Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG knüpft die Gewährung erhöhter Absetzungen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - daran, daß dem Steuerpflichtigen durch die Herstellung oder den Erwerb eines begünstigten Objektes Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten entstanden sind. Diese bilden im Rahmen des zulässigen Höchstbetrages die Bemessungsgrundlage der erhöhten Absetzungen.

Eine Kürzung der Höchstbemessungsgrundlage kommt nach dem Wortlaut des § 7b Abs. 1 Satz 3 EStG nur beim Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus oder einer Eigentumswohnung in Betracht. Der teilentgeltliche Erwerb eines nach § 7b EStG begünstigten Objektes ist dem Erwerb eines Miteigentumsanteils weder rechtlich noch tatsächlich vergleichbar. Der Steuerpflichtige erlangt dabei nicht verschiedene Anteile, sondern ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung. Er erhält damit nicht mehrere, sondern nur ein Objekt i.S. des § 7b EStG. Seine Anschaffungskosten betreffen nicht nur einen Teil, sondern das gesamte übertragene Gebäude bzw. die Eigentumswohnung.

Auch dem aus § 7b EStG deutlich werdenden Ziel des Gesetzgebers, die Herstellung oder den Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen nach Maßgabe der Höchstbemessungsgrundlage zu fördern (vgl. zum Zweck des § 7b EStG in der ab 1977 geltenden Gesetzesfassung, BTDrucks 8/286 S. 1 und 11), entspricht es, bei einem teilentgeltlichen Erwerb eines begünstigten Objektes dem Steuerpflichtigen die erhöhten Absetzungen aufgrund der ungekürzten Höchstbemessungsgrundlage zu gewähren (ebenso Meyer, Der Betrieb 1987, 1555; für eine anteilige Kürzung hingegen Urteil des FG Düsseldorf vom 12. Dezember 1983 II 314/83 L, EFG 1984, 494, und Urteil des FG München vom 28. Juni 1988 II (VII) 432/85 E, EFG 1989, 16).

Mit der Einführung von Höchstbemessungsgrundlagen wollte der Gesetzgeber verhindern, daß durch die erhöhten Absetzungen ein über das übliche Maß hinausgehender Aufwand in Bauweise und Ausstattung von Ein- oder Zweifamilienhäusern gefördert wird (BTDrucks III/260 S. 52 und IV/2008 S. 11). Hieraus ergibt sich im Umkehrschluß, daß Aufwendungen bis zur Höchstbemessungsgrenze grundsätzlich ohne Einschränkungen begünstigt sein sollen. Diesem Zweck entspricht es aber, auch bei einem teilweise entgeltlichen Erwerb die Höchstbemessungsgrundlage nicht zu kürzen.

Der Senat kann offenlassen, ob er mit seiner Entscheidung von dem Urteil des BFH vom 23. August 1963 VI 81/62 U (BFHE 77, 450, BStBl III 1963, 484) abweicht. Denn selbst wenn dies zutrifft, bedarf es gleichwohl schon deswegen nicht der Anrufung des Großen Senats gemäß § 11 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil die in § 184 Abs. 2 Nr. 5 FGO enthaltene Ausnahmeregelung eingreift. Das Urteil in BFHE 77, 450, BStBl III 1963, 484 ist vor dem Inkrafttreten der FGO ergangen und nicht gemäß § 64 der Reichsabgabenordnung veröffentlicht worden.