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BFH-Beschluß vom 12.10.1988 (I R 212/84) BStBl. 1989 II S. 106

Erklärt ein Kläger einen Rechtsstreit einseitig in der Hauptsache für erledigt, so bemißt sich der Streitwert für die Zeit ab Abgabe der Erledigungserklärung nur noch nach dem sog. Kosteninteresse des Klägers.

 FGO § 115 Abs. 1; GKG § 13 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Das Finanzamt (FA) setzte gegenüber dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) durch Vorauszahlungsbescheide vom 24. Juni 1976 israelitische Kultussteuern in der Weise fest, daß Vorauszahlungen für 1975 in Höhe von je 6.355 DM am 10. September und am 10. Dezember 1976 sowie Vorauszahlungen für 1976 in Höhe von je 3.180 DM am 10. März, am 10. Juni, am 10. September und am 10. Dezember 1977 geleistet werden sollten. Im Bescheid vom 23. September 1976 ist vom FA vermerkt, daß die israelitischen Kultussteuer-Vorauszahlungen 1975 "wie bisher 12.700 DM" betragen.

Gegen die Bescheide legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, er sei 1975 und 1976 kein Mitglied der Synagogengemeinde gewesen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Während des Klageverfahrens erließ das FA am 3. Januar 1977 einen Jahressteuerbescheid, durch den die israelitische Kultussteuer 1975 auf 10.921,50 DM festgesetzt wurde. Ferner erließ das FA am 7. April 1978 einen Jahressteuerbescheid über israelitische Kultussteuer 1976 in Höhe von 4.093,70 DM. Letztere Steuer wurde später auf 2.088,15 DM herabgesetzt. Der Kläger focht beide Jahressteuerbescheide an. Gleichzeitig erklärte er den über die Vorauszahlungsbescheide geführten Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Die Beklagte und Revisionsklägerin (Beklagte) widersprach vor dem Finanzgericht (FG) der Erledigung der Hauptsache. Das FG stellte jedoch durch Urteil vom 13. Juni 1984 fest, daß die Hauptsache erledigt sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, die sinngemäß eine Verletzung des § 138 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rügt.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG Köln vom 13. Juni 1984 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unzulässig. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

1. Gemäß § 115 Abs. 1 i.V.m. § 116 FGO und mit Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. vom 4. August 1980 (BGBl I 1980, 1147, BStBl I 1980, 462) findet die Revision gegen das Urteil eines FG nur noch statt, wenn entweder ein wesentlicher Mangel des Verfahrens i.S. des § 116 FGO gerügt wird oder wenn die Revision vom FG bzw. auf entsprechende Beschwerde hin (§ 115 Abs. 3 FGO) vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen wurde oder wenn der Streitwert 10.000 DM übersteigt. Im Streitfall ist keine dieser drei Voraussetzungen erfüllt.

2. Die Revisionsbegründung läßt keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, daß die Beklagte einen wesentlichen Mangel des Verfahrens i.S. des § 116 FGO rügt.

3. Ausweislich des FG-Urteils wurde die Revision vom FG nicht zugelassen. Eine Beschwerde gemäß § 115 Abs. 3 FGO wurde von der Beklagten nicht eingelegt.

4. Der Streitwert für das Revisionsverfahren liegt unter 10.000 DM.

Erklärt ein Kläger einen Rechtsstreit einseitig in der Hauptsache für erledigt, dann tritt an die Stelle des durch den ursprünglichen Klageantrag bestimmten Streitgegenstandes der Streit über die (neue) Behauptung des Klägers, dem ursprünglichen Klagebegehren sei durch ein nachträgliches, außerprozessuales Ereignis die Grundlage entzogen worden (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1979 IV R 70/72, BFHE 128, 492, BStBl II 1979, 779). Hält der Kläger an seiner Erledigungserklärung fest, kann es zu einer Entscheidung über den ursprünglichen Klageantrag nicht mehr kommen. Über den ursprünglichen Klageantrag entscheidet das Gericht auch dann nicht, wenn es die Hauptsache nicht als erledigt ansieht und deshalb die Klage abweist. Die Bedeutung der Sache, wie sie sich aus der Erledigungserklärung für den Kläger ergibt (vgl. § 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes), ist damit gegenüber dem ursprünglichen Klageantrag eine andere geworden. Sie betrifft in der Regel nur noch die Pflicht zur Tragung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Deshalb bemißt sich der Streitwert einer Revision, die sich gegen ein die Erledigung der Hauptsache feststellendes oder sie ablehnendes FG-Urteil richtet, nach dem sog. Kosteninteresse des Klägers (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. Juli 1970 VII B 54/69; vom 24. Januar 1980 IV R 53/79, und vom 29. Januar 1982 III B 4/81, alle unveröffentlicht; ferner zu § 91a der Zivilprozeßordnung: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Januar 1959 VII ZR 145/58, Lindenmaier/Möhring - LM -, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, § 91a Nr. 11; Beschlüsse vom 21. April 1961 V ZR 155/60, LM, a.a.O., § 91a Nr. 13 = Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1961, 1210; vom 7. März 1969 I ZR 22/68, NJW, 1969, 1173; vom 29. September 1982 VIII ZR 167/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1983, 436). Dieses besteht aus den bis zur Erledigungserklärung angefallenen Gerichts- und außergerichtlichen Kosten. Bei einem Streitwert von ursprünglich 25.430 DM betrug die einfache Gerichtsgebühr 294 DM und die einfache Rechtsanwaltsgebühr 960 DM. Da die Kosten der Beklagten nicht zu erstatten sind (§ 139 Abs. 2 FGO), ergibt sich schon aus einer überschlägigen Berechnung des Streitwerts, daß dieser den Betrag von 10.000 DM in keinem Fall übersteigt. Bei dieser Sachlage kann auf eine genaue Berechnung verzichtet werden.