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BFH-Urteil vom 9.12.1988 (III R 167/85) BStBl. 1989 II S. 241

Im Jahr 1978 entstandene Teilherstellungskosten für ein im Jahre 1979 fertiggestelltes Gebäude sind bei der Ermittlung des Vergleichsvolumens nicht auszuscheiden.

InvZulG 1982 § 4b.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) unterhält einen Produktionsbetrieb. Im Streitjahr 1982 tätigte sie begünstigte Investitionen i.S. des § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 in Höhe von 2.934.882 DM (Begünstigungsvolumen). Als Vergleichsvolumen legte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) einen Betrag von 2.016.367 DM zugrunde, so daß sich eine Bemessungsgrundlage von 918.495 DM und eine Investitionszulage von 91.850 DM ergaben. Dabei hatte das FA die Herstellungskosten einer Lagerhalle und des Erweiterungsbaues einer Produktionshalle in das Vergleichsvolumen miteinbezogen. Während des Klageverfahrens bestand zwischen den Beteiligten Einvernehmen, daß die Lagerhalle bereits 1978 fertiggestellt war. Das Finanzgericht (FG) erhöhte daher die Investitionszulage auf 143.827 DM. Dagegen blieb der Erweiterungsbau der Produktionshalle im Streit. Er wurde im Jahre 1978 begonnen und erst im Jahr 1979 fertiggestellt. Auf das Jahr 1978 entfielen Teilherstellungskosten von 528.391 DM. Während das FA die gesamten Herstellungskosten in das Vergleichsvolumen einbezog, will die Klägerin die auf das Jahr 1978 entfallenen Teilherstellungskosten ausgesondert haben. Zur Begründung ihrer Auffassung hat sie vorgetragen:

In § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 werde das Vergleichsvolumen zwar als die Summe der "Anschaffungs- oder Herstellungskosten" der im Vergleichszeitraum angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter definiert. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 9/1400 S. 17) gehörten dazu aber nur die im Vergleichszeitraum angefallenen "Aufwendungen". Daraus ergebe sich, daß in den Vergleichszeitraum nur in dieser Periode vorgenommene Herstellungsarbeiten und die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen einzubeziehen seien und daß Herstellungsarbeiten vor dem Vergleichszeitraum und darauf entfallende Teilherstellungskosten auszuscheiden hätten. Dafür spreche auch ein Vergleich mit dem Begünstigungsvolumen. Es sei anerkannt, daß Vergleichsvolumen und Begünstigungsvolumen weitgehend kongruente Größen seien. Da nach § 4b Abs. 4 InvZulG 1982 auch Anzahlungen und Teilherstellungskosten in das Begünstigungsvolumen einbezogen werden könnten, sei es folgerichtig, vor Beginn des Vergleichszeitraums angefallene Anzahlungen und Teilherstellungskosten bei der Berechnung des Vergleichsvolumens außer Betracht zu lassen. Für diese Auslegung spreche auch der Gesetzeszweck. Danach sollten nur Investitionen begünstigt sein, welche die durchschnittlichen Investitionen der vorangegangenen drei Jahre übersteigen. Diesem Gesetzeszweck laufe es zuwider, wenn dabei auch Aufwendungen einbezogen würden, die vor Beginn des Vergleichszeitraums entstanden oder abgeflossen seien. Dadurch entstünde über die getätigten Investitionen ein falsches Bild.

Die Klage hatte in diesem Punkt keinen Erfolg. Das FG entschied, es komme entscheidend auf den Zeitpunkt der Lieferung oder Fertigstellung des (begünstigten) Wirtschaftsguts an. Liege dieser Zeitpunkt innerhalb des Vergleichszeitraums, so seien sämtliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten in das Vergleichsvolumen einzubeziehen, einschließlich vor dem Beginn des Vergleichszeitraums angefallener oder entstandener Anzahlungen oder Teilherstellungskosten.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie trägt ergänzend vor: Das FG verwende die Begriffe der Anschaffungs- und Herstellungskosten mit einem im Einkommensteuerrecht entwickelten Bedeutungsgehalt. Das führe aber zu sinnwidrigen Ergebnissen. Diese Begriffe müßten deshalb unter Berücksichtigung der besonderen Zielsetzung des Gesetzes ausgelegt werden. Diese bestehe darin, nur Mehrinvestitionen zu begünstigen. Es sei also darauf abzustellen, welche Aufwendungen im Vergleichszeitraum tatsächlich getätigt worden seien. Nur dann komme man zu einem sinnvollen Ergebnis. Folge man dagegen der Auffassung des FG, so wären Investitionen, die im wesentlichen in den Jahren vor 1979 erfolgt waren, aber möglicherweise zu einem nur noch geringen Teil in 1979 fertiggestellt worden sind, voll in das Vergleichsvolumen einzubeziehen, während Investitionen, die wesentlich in den Jahren 1979 bis 1981 vorgenommen wurden, die jedoch erst im Jahre 1982 fertiggestellt wurden, voll aus dem Vergleichsvolumen auszuscheiden. Ein solches Ergebnis stelle aber den Willen des Gesetzgebers auf den Kopf. Denn er habe in 1982 getroffene Investitionsentscheidungen begünstigen wollen, die betragsmäßig über den Investitionsentscheidungen der Jahre 1979 bis 1981 lagen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG und unter Änderung des Investitionszulagebescheids vom 12. September 1983 die Beschäftigungszulage auf 161.439 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat das Gesetz richtig ausgelegt.

Über den Bedeutungsinhalt des Vergleichsvolumens und des Begünstigungsvolumens in ihrem Verhältnis zueinander hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 72/86 (BFHE 155, 438, BStBl II 1989, 244) Stellung genommen. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweist der Senat auf seine dortigen Ausführungen. Danach besteht zwischen beiden Volumen lediglich hinsichtlich der "begünstigten Investitionen" eine weitgehende Kongruenz. Ansonsten sind aber die Regelungen über das Vergleichsvolumen und das Begünstigungsvolumen unterschiedlich gestaltet. Das kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß die für das Begünstigungsvolumen geltenden Liefer- und Fertigstellungsfristen beim Vergleichsvolumen nicht gelten. Hier genügt es, daß der Zeitpunkt der Lieferung oder Fertigstellung in den Vergleichszeitraum fällt. Das gleiche gilt hinsichtlich Anzahlungen und Teilherstellungskosten. Sie sind nur beim Begünstigungsvolumen vorgesehen. Ihre Übertragung auf das Vergleichsvolumen ist nicht möglich. Das führt zu Ergebnissen, wie sie die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung beispielhaft dargestellt hat. Der Senat ist aber der Überzeugung, daß der Gesetzgeber die Konsequenzen, die sich aus der unterschiedlichen Ausgestaltung von Vergleichsvolumen und Begünstigungsvolumen ergeben, vorausgesehen hat. Die Regelung über das Vergleichsvolumen wurde bewußt einfach gehalten, um Schwierigkeiten bei der Ermittlung in der Praxis in Grenzen zu halten. Der Senat kann auch der Auffassung der Klägerin nicht folgen, daß beim Vergleichsvolumen nicht von den Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern von Aufwendungen im Vergleichszeitraum auszugehen sei. Wenn in der Gesetzesbegründung von Aufwendungen die Rede ist, so kann dies nur als eine vereinfachte Umschreibung des Gesetzesziels verstanden werden. Keineswegs sollte damit den Begriffen der Anschaffungs- und Herstellungskosten ein anderer Bedeutungsinhalt gegeben werden, als sie ihn im Einkommensteuerrecht und in den übrigen investitionszulagerechtlichen Bestimmungen haben.

Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen, die Revision war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen.