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BFH-Urteil vom 9.12.1988 (III R 40/88) BStBl. 1989 II S. 379

Wird ein Betrieb zum 1. Januar 1982 in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft aufgespalten, so sind die von dem früheren Unternehmen angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter, soweit sie im Zuge der Betriebsaufspaltung auf die Betriebsgesellschaft zu Eigentum übertragen oder zur Nutzung überlassen worden sind, in das Vergleichsvolumen einzubeziehen.

InvZulG 1982 § 4b.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

 Zwischen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, und der OHG (OHG) besteht seit dem 1. Januar 1982 eine Betriebsaufspaltung. Die Klägerin führt den Betrieb der OHG (Fabrikation von ...) fort. Zu diesem Zweck wurden ihr von der OHG Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens teils zu Eigentum übertragen und teils zur Nutzung überlassen. Die Anteile an der Klägerin gehören zum Gesamthandsvermögen der OHG.

Die OHG hat in der Zeit vom 1. Januar 1979 bis zum 31. Dezember 1981 Investitionen in Höhe von 13.708.250 DM getätigt (Vergleichsvolumen 4.569.400 DM). Sie hat außerdem in den Streitjahren 1982 für 214.313 DM und 1983 für 146.660 DM investiert. Die Klägerin ihrerseits hat in den Streitjahren für 287.067 DM (1982) und für 814.077 DM (1983) Investitionen vorgenommen (zusammengerechnete Begünstigungsvolumen 501.380 DM für 1982 und 960.737 DM für 1983).

Die Klägerin beantragte für die Streitjahre Beschäftigungszulagen nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 in Höhe von 50.138 DM (für 1982) und von 96.073,70 DM (für 1983). Sie war der Auffassung, daß sie kein Vergleichsvolumen habe, da sie erst am 1. Januar 1982 entstanden sei. Als neugegründeter Betrieb könne sie kein Vergleichsvolumen haben (Hinweis auf Tz. 100 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 16. Juni 1982 IV B 2 - InvZ 1010 - 16/82, BStBl I 1982, 569).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) rechnete der Klägerin das Vergleichsvolumen der OHG zu und setzte in den Bescheiden vom 9. Oktober 1984 die Zulagen jeweils auf null DM fest. Das FA bezog sich für seine Auffassung auf Tz. 112 und 119 des Schreibens des BMF vom 16. Juni 1982 (a.a.O.).

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte seine Auffassung auf die sog. Konzernklausel in § 4b Abs. 6 InvZulG 1982. Dabei sei der Begriff der Nutzungsüberlassung weit auszulegen. Er umfasse sowohl die zu Eigentum übertragenen als auch die beispielsweise aufgrund eines Pachtvertrages zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie ist der Meinung, der Wortlaut des § 4b InvZulG 1982, und zwar sowohl in seinem Abs. 5 als auch in seinem Abs. 6 könne nur dahin verstanden werden, daß nur ein solcher Betrieb ein Vergleichsvolumen habe, der vor dem 1. Januar 1982 bereits bestanden habe.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 6. November 1984 die Bescheide vom 9. Oktober 1984 zu ändern und die Beschäftigungszulagen auf 50.138 DM für 1982 und 96.073,70 DM für 1983 festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86 (BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242) zu der Frage Stellung genommen, wem bei bestehender Betriebsaufspaltung im Rahmen der sog. Konzernklausel nach § 4b Abs. 6 InvZulG 1982 die materielle Zulageberechtigung und das formelle Antragsrecht zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf diese Entscheidung (neutralisierter Abdruck ist beigefügt). Danach ist es nicht zu beanstanden, daß die Klägerin als Betriebsgesellschaft die Zulagen beantragt hat. Das gilt auch insoweit, als in den Streitjahren nicht die Klägerin, sondern die OHG als Besitzgesellschaft begünstigte Investitionen vorgenommen und die betreffenden Wirtschaftsgüter der Klägerin zur Nutzung überlassen hat.

2. In seiner Entscheidung vom 9. Dezember 1988 III R 160/85 (BFHE 155, 435, BStBl II 1989, 239) hat der Senat weiter entschieden, daß sich der Erwerber eines Betriebs die vom Betriebsveräußerer im Vergleichszeitraum getätigten Investitionen als Vergleichsvolumen zurechnen lassen muß. Ein neutralisierter Abdruck dieser zur Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidung ist ebenfalls beigefügt. Der Senat hat dort im einzelnen dargelegt, daß § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 "betriebsbezogen" zu interpretieren sei mit der Folge, daß ein späterer Wechsel in der Inhaberschaft des Betriebs keine Zäsur bedeutet.

3. Die zur Betriebsveräußerung entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch bei einer Betriebsaufspaltung, bei der nur einzelne Wirtschaftsgüter auf die Betriebsgesellschaft teils zu Eigentum, teils zur Nutzung übertragen werden, von der aber ansonsten der bisherige Betrieb fortgeführt wird. Denn unter dem "Betrieb" i.S. des § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 ist nicht so sehr eine Abgrenzungseinheit für steuerliche Zwecke, wie z.B. bei §§ 4, 5, 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu verstehen (vgl. dazu Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 4 Anm. 6), als vielmehr eine organisatorische Einheit, eine zweckbestimmte Zusammenfassung von Wirtschaftsgütern. Allein diese objektbezogene Betrachtungsweise wird dem gesetzgeberischen Ziel gerecht, den Investor nur für solche der Sicherung und Mehrung von Arbeitsplätzen dienenden Investitionen zu belohnen, die über die bisherigen durchschnittlichen Investitionen im Vergleichszeitraum hinausgehen. Dabei kommt es aber nicht so sehr auf einen Betrieb im einkommen- oder gewerbesteuerlichen Sinn als vielmehr auf einen Betrieb als einen lebenden Organismus an.

4. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn wie sich aus dem vom FG in Bezug genommenen Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag ergibt, hat die Klägerin von der OHG nicht nur Wirtschaftsgüter zu Eigentum oder zur Nutzung erhalten, sondern sie ist auch in die laufenden Verträge, einschließlich der Anstellungs- und Arbeitsverträge eingetreten (§ 6 des Vertrages).

Die Tatsache, daß die Klägerin erst seit dem 1. Januar 1982 besteht, ein Gesichtspunkt, auf den sie bei ihrer Argumentation besonderes Gewicht legt, kommt es nicht an. Denn die Einbeziehung der von der OHG im Vergleichszeitraum (also vor dem 1. Januar 1982) getätigten Investitionen in das Vergleichsvolumen beruht nicht auf § 4b Abs. 6 InvZulG 1982, sondern auf der Auslegung des § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 aufgrund einer betriebsbezogenen Betrachtungsweise.

5. Da die Vorentscheidung im Ergebnis mit diesen Rechtsgrundsätzen übereinstimmt, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.