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BFH-Urteil vom 12.7.1989 (I R 46/85) BStBl. 1990 II S. 113

1. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 StAnpG (= § 42 AO 1977) dient nicht der Korrektur von Gestaltungen, die zu einer höheren Steuer führen, als die, die bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung angefallen wäre.

2. Der Anwendung der §§ 7 ff. AStG steht das DBA-Schweiz 1971 nicht entgegen (Anschluß an die BFH-Urteile vom 29. August 1984 I R 68/81, BFHE 142, 234, BStBl II 1985, 120, und vom 9. November 1983 I R 120/79, BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468).

3. Maßgebend bei der Überprüfung, ob ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vorliegt, ist der Zeitpunkt des Haltens der Beteiligung an der Zwischengesellschaft.

4. Bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags sind als Anschaffungskosten veräußerter Wirtschaftsgüter die ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen; dies gilt auch dann, wenn diese vor Inkrafttreten des AStG anfielen und damit vor Inkrafttreten des AStG entstandene stille Reserven vom Hinzurechnungsbetrag erfaßt werden.

5. Zur Anrechnung schweizerischer Kantonalsteuer und der schweizerischen Wehrsteuer.

StAnpG § 6 Abs. 1 (= AO 1977 § 42); AStG §§ 7, 12, 19, 20 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3; DBA-Schweiz 1971 Art. 4 Abs. 11, Art. 10 Abs. 8

Vorinstanz: FG München (EFG 1985, 220)

Sachverhalt

Gegenüber den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) wurden mit Bescheid vom 15. Februar 1977 Hinzurechnungsbeträge nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG) auf der Grundlage von Zwischeneinkünften festgestellt, die die O-GmbH (= GmbH), die ihren Sitz in Basel (Schweiz) hatte, im Jahre 1972 erzielt hatte.

Die GmbH war durch notarielle Urkunde vom 21. Dezember 1961 von den Klägern zu dem Zweck gegründet worden, den Aktienbesitz des Klägers an der X-AG, Bundesrepublik Deutschland, nicht mehr unter seinem Namen erscheinen zu lassen. An der GmbH waren 1972 der Kläger zu 1 zu 3/4 und die Klägerin zu 2 zu 1/4 beteiligt.

Die GmbH hatte bis 16. Dezember 1971 ein Stammkapital von 2 Mio Sfr, das mit Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 17. Dezember 1971 auf 100.000 Sfr herabgesetzt wurde.

Der Hinzurechnungsbetrag wurde nach Kürzung um die Dividende von 50.000 Sfr = 42.200 DM mit 145.703 DM festgesetzt. Die Zwischeneinkünfte bestanden aus Zinsen und aus Gewinnen aus dem Verkauf von Wertpapieren.

Bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Verkauf der Wertpapiere wurde von den Anschaffungskosten der GmbH ausgegangen.

Ein gebuchter Steueraufwand in Höhe von 68.030 Sfr wurde dabei nicht berücksichtigt.

Er setzt sich wie folgt zusammen:

kantonale Kapitalsteuer                                       2.000,00 Sfr

  

Wehrsteuer erste Rate der 16. Periode

1971/72 basierend auf den Jahren

1969/70                                                              6.030,85 Sfr

  

Rückstellung für die 17. Wehrsteuer-

periode und 1973/1974                                        60.000,00 Sfr

                                                                        ------------------

zusammen                                                         68.030,85 Sfr.

Von diesem Betrag wurden 1.317 DM als anrechenbare Steuer festgestellt, ausgehend von der Schweizer kantonalen Kapitalsteuer von 1972 in Höhe von 2.000 Sfr = 1.698 DM, vermindert um den Dividendenanteil von 381 DM = 1.317 DM.

Die im Jahre 1972 für 1971 bezahlte Wehrsteuerrate von 6.030,85 Sfr wurde entgegen dem Antrag der Kläger nicht als anrechenbar festgestellt.

Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage sah das Finanzgericht (FG) hinsichtlich der anrechenbaren schweizerischen Kapitalsteuer als begründet an, im übrigen wies es die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 220 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 7 ff., 20 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 AStG, des Art. 10 Abs. 8 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) und des Art. 20 des Grundgesetzes (GG).

Die Kläger beantragen, den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 18 AStG in der Gestalt der Einspruchsentscheidung sowie das Urteil des FG aufzuheben, hilfsweise, das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die verfassungswidrige Rückwirkung des § 20 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 AStG einzuholen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FA hat zu Recht die von der GmbH im Kalenderjahr = Wirtschaftsjahr 1972 erzielten Einkünfte in dem angefochtenen Feststellungsbescheid den Klägern hinzugerechnet. Bei der GmbH handelt es sich um eine Körperschaft, die weder Geschäftsleitung noch Sitz in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) hat (§ 7 Abs. 1 AStG). An der GmbH sind die Kläger als unbeschränkt Steuerpflichtige zu mehr als zur Hälfte beteiligt. Die Einkünfte der GmbH sind bei den Klägern entsprechend ihrer Beteiligung an der GmbH steuerpflichtig (§ 7 Abs. 1 AStG). Für die bei den Klägern angesetzten Einkünfte ist die GmbH Zwischengesellschaft (§ 7 Abs. 1 AStG). Sie unterliegt - wie zwischen den Beteiligten unstreitig - einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 30 v.H. (§ 8 Abs. 3 AStG). Die Einkünfte stammen - wie ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig - nicht aus den in § 8 Abs. 1 AStG aufgezählten Tätigkeiten.

2. Dem Ansatz des Hinzurechnungsbetrages (§ 10 Abs. 1 AStG) steht die Vorschrift des § 6 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (= § 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -) nicht entgegen. Durch die Anwendung des § 6 Abs. 1 StAnpG würde sich - wie die Kläger im Verfahren vor dem FG geltend machten - deshalb eine niedrigere Steuer als bei Anwendung der §§ 7 ff. AStG ergeben, weil die Veräußerungsgewinne der GmbH, hätten sie die Kläger erzielt, nicht steuerpflichtig wären, da bei den Klägern die Voraussetzungen des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gegeben wären. Wenn die von den Klägern gewählte Gestaltung den wirtschaftlichen Vorgängen nicht angemessen gewesen sein sollte, kann sie sich nicht zugunsten des Klagebegehrens der Kläger auswirken. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 StAnpG dient nicht der Korrektur von Gestaltungen, die zu einer höheren Steuer führen, als bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung angefallen wäre. Es fehlt dabei an dem Tatbestandsmerkmal des Mißbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts zur Umgehung eines Steuergesetzes, also zur Vermeidung von Steuer (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. März 1988 V R 183/83, BFHE 153, 90, BStBl II 1989, 205 zu der dem § 6 Abs. 1 StAnpG entsprechenden Vorschrift des § 42 AO 1977). Der Senat kann damit offenlassen, ob im übrigen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 StAnpG erfüllt sind.

3. a) Der Anwendung der §§ 7 ff. AStG steht das DBA-Schweiz vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 29. August 1984 I R 68/81, BFHE 142, 234, BStBl II 1985, 120 und BFH-Urteil vom 9. November 1983 I R 120/79, BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468; stillschweigend von dieser Rechtsansicht ausgehend BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 104/82, BFHE 144, 539, BStBl II 1986, 129, und BFH-Urteil vom 20. April 1988 I R 41/82, BFHE 153, 530, BStBl II 1988, 868). Der Senat kann offenlassen, ob das von dem Vorrang des AStG ausgehende Verhandlungsprotokoll vom 29. September 1971 zum DBA-Schweiz (abgedruckt in Korn/Debatin, Doppelbesteuerung Schweiz, S. 193) deswegen nicht herangezogen werden kann, weil es nicht Gegenstand des Zustimmungsgesetzes vom 5. September 1972 (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 518) war. Das DBA-Schweiz steht der Anwendung der §§ 7 ff. AStG schon aufgrund des Art. 4 Abs. 11 DBA-Schweiz nicht entgegen. Nach Art. 4 Abs. 11 DBA-Schweiz gilt eine Person in bezug auf Einkünfte nicht als in einem Vertragsstaat ansässig, die nicht ihr, sondern einer anderen Person zuzurechnen sind. Die GmbH gilt hinsichtlich der bei den Klägern gemäß §§ 7 ff. AStG zu erfassenden Einkünfte für die Anwendung des DBA-Schweiz durch die Bundesrepublik nicht als in der Schweiz ansässig. Auf die §§ 7 ff. AStG kann dabei abgestellt werden, weil sich die Frage der Zurechnung wiederum nach dem Recht der Bundesrepublik richtet (Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz).

Diese Auslegung schließt das Besteuerungsrecht der Schweiz hinsichtlich der von der GmbH erzielten Einkünfte nicht aus. Die GmbH gilt lediglich für die Besteuerung der unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger, soweit diesen Einkünfte der GmbH hinzugerechnet werden, als nicht in der Schweiz ansässig. Daß bei Anwendung des AStG das Besteuerungsrecht der Schweiz hinsichtlich der von der GmbH erzielten Einkünfte unberührt bleibt, ergibt sich außerdem aus § 10 AStG. Danach sind die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte um die Steuern zu mindern, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft erhoben worden sind.

b) Die Anwendung der §§ 7 ff. AStG wird im Verhältnis zur Schweiz nicht durch Art. 10 Abs. 8 DBA-Schweiz behindert. Die Vorschrift schließt einmal aus, daß Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an Personen ausschüttet, die nicht in dem anderen Vertragsstaat ansässig sind, von dem anderen Vertragsstaat besteuert werden. Im Streitfall steht damit der Bundesrepublik kein Besteuerungsrecht hinsichtlich der Dividenden zu, die die GmbH an nicht in der Bundesrepublik ansässige Personen ausschüttet. Insoweit kann die Vorschrift die Anwendung der §§ 7 ff. AStG schon deswegen nicht ausschließen, weil die §§ 7 ff. AStG die unbeschränkte Steuerpflicht und damit die Ansässigkeit in der Bundesrepublik (vgl. Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz) bei demjenigen voraussetzen, dem die Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft hinzugerechnet werden sollen. Soweit die Vorschrift ausschließt, daß die Gewinne der in einem Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft von dem anderen Vertragsstaat keiner Steuer für nicht ausgeschüttete Gewinne unterworfen werden, hindert dies ebenfalls nicht die Heranziehung der §§ 7 ff. AStG. Art. 10 Abs. 8 DBA-Schweiz betrifft insoweit - auf den Streitfall bezogen - die Besteuerung der GmbH und verbietet es der Bundesrepublik, nicht ausgeschüttete Gewinne bei der GmbH zu besteuern, selbst wenn sie aus Gewinnen oder Einkünften aus der Bundesrepublik bestehen. Die §§ 7 ff. AStG betreffen jedoch nicht die Besteuerung der ausländischen Zwischengesellschaft, sondern die der daran beteiligten unbeschränkt Steuerpflichtigen. Durch die Regelungen in §§ 7 ff. AStG werden damit nicht die Gewinne einer ausländischen Zwischengesellschaft einer Steuer für nicht ausgeschüttete Gewinne unterworfen. Der Senat folgt insoweit der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung (Debatin, Der Betrieb - DB - 1972, 1939/1983/1984; Flick/Wassermayer/Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz, § 7 AStG Anm. 7c; Kluge, AWD, 1972, 411/416 und Recht der internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters - RIW/AWD - 1975, 525/530 f. und Korn/Debatin, Systematik II Rdnr. 139 sowie Systematik IV Rdnr. 167 f.; a.A. Bellstedt, Finanz-Rundschau - FR - 1972, 242/248; Flick, Betriebsberater - BB - 1971, 250 und Vogel, Horst, DB 1971, 1185/1189).

4. Die in dem Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 1972 bei der GmbH angefallenen Einkünfte konnten in vollem Umfange der Hinzurechnungsbesteuerung zugrunde gelegt werden, obwohl das AStG erst am 13. September 1972 in Kraft trat. Die Vorschriften des AStG gelten gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a AStG erstmals für die Einkommensteuer des Veranlagungszeitraums 1972. Die im Kalenderjahr 1972 angefallenen Einkünfte der GmbH konnten bei den Klägern frühestens im Kalenderjahr 1973 erfaßt werden (§ 10 Abs. 2 AStG).

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Zwar kann ein fehlender Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot nicht mit der Erwägung begründet werden, daß die Einkünfte der GmbH bei den Klägern erst im Veranlagungszeitraum 1973 erfaßt werden und der Veranlagungszeitraum 1973 nach der Verkündung des AStG liegt. Wenn es als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen wird, daß während eines Veranlagungszeitraums erlassene Vorschriften Einkunftserzielungstatbestände betreffen, die vor ihrer Verkündigung verwirklicht wurden (vgl. Beschluß des BVerfG vom 14. Mai 1985 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628 unter C II 1 Buchst. a und 2), kann daraus nicht geschlossen werden, daß Vorschriften verfassungsrechtlich unbedenklich sind, die Rechtsfolgen für den Veranlagungszeitraum vorschreiben, der dem Veranlagungszeitraum nachfolgt, in dem die Einkünfte erzielt wurden. Entscheidend ist jedoch, daß Grundlage der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG das Halten der Beteiligung an einer Zwischengesellschaft zum Ende von deren Wirtschaftsjahr ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1983 I R 120/79, BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468 unter 2.1.); diese Voraussetzungen erfüllten die Kläger nach dem Inkrafttreten des AStG.

Nach den Hinzurechnungsbilanzen zum 1. Januar 1972 und 31. Dezember 1972 der GmbH, die durch Bezugnahme Bestandteil der tatsächlichen Feststellungen des FG wurden, bestand das Aktivvermögen der GmbH im wesentlichen aus Wertpapieren. Der Senat kann offenlassen, ob die GmbH im Jahre 1972 aus diesen Wertpapieren der deutschen Kapitalertragsteuer unterliegende Einkünfte bezog. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, bestehen gegen die Auswirkungen des § 20 Abs. 1 Buchst. a AStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch insoweit, als die Einkünfte der GmbH vor dem 22. Juni 1972 zugeflossen sind. Das BVerfG hat in seinem Beschluß in BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628 die Vorschriften des AStG insoweit für verfassungswidrig erklärt, als sie die Auswirkungen des § 2 Abs. 1 und Abs. 5 AStG auf solche Einkünfte erstreckten, die einem Steuerpflichtigen bis zum 21. Juni 1972 (maßgebender Beschluß des Bundestages) zugeflossen sind, und die nach der ursprünglich maßgebenden Rechtslage einem Steuerabzug mit Abgeltungswirkung unterworfen waren. Daraus kann im Streitfall keine entsprechende Rechtsfolge abgeleitet werden. Gegenstand des Streitfalls ist nicht die Besteuerung der GmbH, sondern die der unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger. Für sie ist der maßgebende Anknüpfungspunkt das Halten der Beteiligung an der GmbH zum 31. Dezember 1972.

5. Das FA hat zu Recht bei der Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte als Anschaffungskosten der veräußerten Wertpapiere die ursprünglichen Aufwendungen der GmbH angesehen. Der Senat kann offenlassen, ob dies aus § 20 Abs. 3 AStG abzuleiten ist, oder ob nicht bereits deshalb die ursprünglichen Anschaffungskosten der GmbH zugrunde zu legen sind, weil dies den nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG entsprechend anwendbaren Vorschriften des deutschen Steuerrechts (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) entspricht (vgl. hierzu Flick/Wassermeyer/Becker, a.a.O., § 20 AStG Anm. 23). Jedenfalls ist die Regelung nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie dazu führt, daß stille Reserven, die vor dem Inkrafttreten des AStG bei der Zwischengesellschaft entstanden sind, über die Hinzurechnungsbesteuerung in der Bundesrepublik besteuert werden.

Es ist bereits zweifelhaft, ob insoweit das Gesetz eine tatbestandliche Rückanknüpfung vornimmt. Entscheidendes Tatbestandsmerkmal für die Erfassung der stillen Reserven ist nämlich nicht deren Bildung, sondern deren Realisierung, insbesondere durch Verkauf der Wirtschaftsgüter, bei denen sie gebildet wurden. Auf der Grundlage dieses Verständnisses bestehen gegen die Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie erfaßt im Streitfall die stillen Reserven, die in dem Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr 1972 von der Zwischengesellschaft realisiert wurden.

Auch soweit die stillen Reserven vor Inkrafttreten des AStG im Kalenderjahr 1972 realisiert wurden, ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich. Entscheidender Anknüpfungspunkt ist nämlich der Verkauf der Wirtschaftsgüter im Kalenderjahr 1972 und das Halten der Beteiligung an der GmbH durch die Kläger zum 31. Dezember 1972.

Selbst wenn man jedoch das Entstehen der stillen Reserven als Teil des Tatbestandes ansieht, an den das AStG die Rechtsfolgen anknüpft, ist die Regelung im AStG nicht nichtig. Zwar können mit der tatbestandlichen Rückanknüpfung Grundrechte berührt sein, die mit der Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals (Entstehen der stillen Reserven) vor Verkündung des Gesetzes "ins Werk" gesetzt worden sind (Beschluß des BVerfG in BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628). Nach der damit erforderlichen grundrechtlichen Bewertung, in die die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit einfließen, ist die Regelung nicht verfassungswidrig. Mit den Vorschriften der §§ 7 ff. AStG sollte der Steuerflucht durch sog. Basisgesellschaften entgegengewirkt werden (vgl. die von der Bundesregierung am 17. Dezember 1970 herausgegebenen "Leitsätze für ein Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen", hier IV - abgedruckt in DB 1971, 16 ff. und bei Flick/Wassermeyer/Becker, a.a.O., vor § 7 AStG -). Die Basisgesellschaften seien dadurch gekennzeichnet, daß sie keiner aktiven werbenden Geschäftstätigkeit nachgehen und ihr Einkommen im Sitzstaat nicht oder nur gering zu versteuern hätten. Als selbständige juristische Personen schirmten sie das in ihnen aufgefangene Einkommen gegen die deutsche Besteuerung bei den inländischen Gesellschaften ab. In der Regierungsbegründung zum AStG (BTDrucks VI/2883, S. 19) ist unter Nr. 29 darauf hingewiesen, daß die Einschaltung von Basisgesellschaften ein Ausmaß angenommen habe, das gesetzgeberische Maßnahmen herausfordere. Schon für das Jahr 1964 habe der "Steueroasenbericht" eine Besorgnis erregende Entwicklung festgestellt.

Die Vorschriften der §§ 7 ff. AStG verstoßen nicht gegen das GG. Grundlage der Besteuerung muß stets die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen sein (BVerfG-Beschlüsse vom 22. Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, BStBl II 1984, 357, und vom 23. November 1976 1 BvR 150/75, BVerfGE 43, 108, BStBl II 1977, 135). Dem entspricht es, der Besteuerung Einkünfte zugrunde zu legen, die von einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse erzielt werden, an der der Steuerpflichtige beteiligt ist und deren Einkünfte einer verhältnismäßig niedrigen Besteuerung unterliegen. Die Beteiligung der Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft ist Ausdruck seiner Leistungsfähigkeit. Die Rechtfertigung der Vorschriften des AStG behält auch dann ihren Sinn, wenn bei der Ermittlung der dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Einkünfte an Tatbestandsmerkmale (im Streitfall das Entstehen der stillen Reserven) angeknüpft wird, die vor Verkündigung des AStG verwirklicht wurden. Mit den Vorschriften des AStG soll auch erreicht werden, daß die Steuerpflichtigen ihre in ausländischen Zwischengesellschaften zusammengefaßten Aktivitäten der unmittelbaren inländischen Besteuerung zuführen, indem sie die ausländischen Zwischengesellschaften auflösen bzw. deren Vermögen auf sich übertragen lassen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift des § 19 Abs. 1 AStG, die Erleichterungen für den Fall vorsieht, daß eine ausländische Gesellschaft innerhalb von fünf (bis 1976 drei) Jahren nach dem Inkrafttreten des AStG aufgelöst wird. Unter dem Gesichtspunkt dieser dem Gesetzgeber entsprechenden Leitungsabsicht ist die Regelung auch insoweit verfassungsgemäß, als sie bereits vor der Verkündung des AStG bei der ausländischen Zwischengesellschaft entstandene stille Reserven in die Hinzurechnungsbesteuerung einbezieht. Sie wird damit der legitimen Leitungsabsicht des Gesetzgebers gerecht, den bei Realisierung der stillen Reserven anfallenden Gewinn so zu erfassen, als ob ihn der Steuerpflichtige selbst erzielt hätte. Durch die Vorschrift des § 19 Abs. 1 AStG hat der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit an die Hand gegeben, dieses gesetzgeberische Ziel mitzuverwirklichen, indem er steuerrechtliche Erleichterungen für den Fall vorsah, daß durch die Auflösung der Zwischengesellschaft eine Steuerbelastung entsteht.

6. Der Senat folgt der Ansicht des FG hinsichtlich der Höhe der anrechenbaren schweizerischen Steuern.

6.1. Die schweizerische Kantonalsteuer ist anrechenbar (vgl. BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468 unter 2.3.).

6.2. Der Senat folgt der Ansicht des FA und des FG bezüglich der Anrechnung der schweizerischen Wehrsteuer.

Wegen der Bemessungsgrundlage für die schweizerische Wehrsteuer verweist der Senat auf das BFH-Urteil in BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468 unter 2.5.2.1.

Soweit die Rückstellung für die Wehrsteuer in Höhe von 60.000 Sfr nicht zur Grundlage der Anrechnung gemacht wurde, entspricht dies dem § 12 Abs. 1 Satz 1 AStG. Danach sind auf Antrag des Steuerpflichtigen nur Steuern anrechenbar, die nach § 10 Abs. 1 AStG abziehbar sind. Abziehbar sind nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AStG ausländische Steuern nur insoweit, als sie entrichtet sind. Dies ist hinsichtlich der im Kalenderjahr = Wirtschaftsjahr 1972 zurückgestellten Wehrsteuern nicht der Fall.

Zu Recht wurde auch ein Betrag von 6.030,85 Sfr schweizerischer Wehrsteuer nicht als anrechenbar angesehen. Bei diesem Betrag handelt es sich um die erste Rate der 16. Periode 1971/72, basierend auf den Jahren 1969/70, die nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG im Jahre 1972 bezahlt wurde. Das FG interpretiert die Ausführungen in dem BFH-Urteil in BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468 unter 2.5.3.1. richtig, wenn es für die Anrechnung der Wehrsteuer verlangt, daß diese für eine Berechnungsperiode erhoben wird, deren Ergebnisse bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterlagen. Dies ist hinsichtlich der Berechnungsperiode 1969/1970 nicht der Fall.

6.3. Die Höhe der Anrechnung wird nicht durch die vorgenommene Ausschüttung gemindert (vgl. BFH-Urteil in BFHE 140, 493, BStBl II 1984, 468 unter 2.4.).