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  BFH-Urteil vom 24.1.1990 (I R 157/85, I R 145/86) BStBl. 1990 II S. 639

1. Unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Darlehen an Betriebsangehörige sind auch dann mit dem Nennbetrag zu bilanzieren, wenn ihnen keine bestimmten Gegenleistungen der Darlehensnehmer gegenüberstehen (Anschluß an BFH-Urteil vom 30. November 1988 I R 114/84, BFHE 155, 337).

2. Eine Teilwertabschreibung auf Kreditforderungen eines Kreditinstituts ist nicht gerechtfertigt, wenn zuvor der marktübliche Zins für Ausleihungen seit der Darlehensgewährung über den vereinbarten Zins gestiegen ist, die Spanne zwischen dem Zins für die Refinanzierungsmittel und dem vereinbarten Zins jedoch unverändert bleibt.

EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2; KStG § 6; HGB §§ 252 Abs. 1 Nr. 3, 253 Abs. 2 und Abs. 3.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1986, 113)

Sachverhalt

A.

1. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin (Klägerin), eine öffentlich-rechtliche Sparkasse, gewährte ihren Arbeitnehmern unverzinsliche oder niedrig verzinsliche Darlehen. Erstmals in ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 1975 aktivierte sie die zinslosen Darlehensforderungen an Arbeitnehmer nur mit dem Barwert. Sie nahm eine Abzinsung auf der Grundlage eines Zinssatzes von 5,5 v.H. vor. In den Bilanzen zum 31. Dezember 1976, 31. Dezember 1977 und 31. Dezember 1978 bezog die Klägerin in die Abzinsung alle an Kunden und Arbeitnehmer gewährten Darlehen ein, deren Zinssatz unter 8 v.H. (1977 und 1978: unter 7 v.H.) lag und errechnete den Abzinsungsbetrag auf der Grundlage dieser Zinssätze.

Im Anschluß an eine Außenprüfung bei der Klägerin erkannte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine Abzinsung von Arbeitnehmer-Darlehen an, soweit der Zinssatz unter 5,5 v.H. lag.

Bei Kunden-Darlehen lehnte das FA eine Abzinsung ab, da in keinem Fall Zinsen unter 5,5 v.H. vereinbart worden waren und außerdem anzunehmen sei, daß der niedrigen Verzinsung andere Vorteile gegenüberstünden.

Das FA legte diese Auffassung den Körperschaftsteuer-Änderungsbescheiden 1976 bis 1978 vom 26. Februar 1982 zugrunde. Die Klägerin erhob gegen diese Bescheide mit Zustimmung des FA Sprungklagen.

2. Das Finanzgericht (FG) gab den Klagen der Klägerin im wesentlichen statt (Urteil für das Streitjahr 1976 veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 113). Es lehnte zwar eine Abzinsung für die vor 1976 gewährten Darlehen ab. Insoweit hätte eine Abzinsung im Jahr der Kreditvergabe vorgenommen werden müssen. Für die ab 1976 gewährten Arbeitnehmer- und Kunden-Darlehen ließ es eine Abzinsung auf der Grundlage eines Zinssatzes von 8 v.H. bzw. 7 v.H. jedoch zu.

Gegen das Urteil vom 16. April 1985 haben beide Beteiligten, gegen das Urteil vom 28. Juli 1986 hat nur das FA Revision eingelegt.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision mangelnde Sachaufklärung. Das FG habe den Abzinsungsbetrag für niedrig verzinsliche Darlehen unzutreffend aus dem Verhältnis von 5,5 zu 8 errechnet. Das entspreche nicht den finanzmathematischen Grundsätzen der Barwertermittlung. Richtigerweise müsse der Nennwert der Forderung um den Kapitalwert des jährlichen Zinsverlustes gekürzt werden. Der Abzinsungsbetrag 1976 belaufe sich bei dieser Methode nicht wie vom FG angenommen auf 62.711 DM, sondern auf 104.145 DM.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG vom 16. April 1985 aufzuheben, die Körperschaftsteuer 1976 der Klägerin auf 579.449 DM festzusetzen und die Revisionen des FA als unbegründet zurückzuweisen.

Das FA beantragt, die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Das FA rügt Verletzung des § 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG habe zu Unrecht der Abzinsung Zinssätze von über 5,5 v.H. zugrundegelegt. Der in § 12 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG) genannte Zinssatz von 5,5 v.H. gelte auch für die ertragsteuerliche Teilwertermittlung von Arbeitnehmer- und Kunden-Darlehen.

Entscheidungsgründe

B.

Der Senat hat die Revisionen I R 157/85 und I R 145/86 zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden, da in beiden Verfahren zwischen denselben Beteiligten über die gleichen Rechtsfragen zu entscheiden ist (§§ 73, 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

C.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Revisionen des FA sind begründet und führten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klagen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie auf eine höhere Teilwertabschreibung der Forderungen aus Arbeitnehmer-Darlehen gerichtet ist. Für eine Abzinsung der Arbeitnehmer-Darlehen bestand entgegen der Auffassung der Beteiligten und des FG keine Rechtsgrundlage. Die auf verminderte Teilwert-Abschreibung gerichteten Revisionen des FA sind aus dem gleichen Grunde begründet.

1. Darlehensforderungen sind ertragsteuerlich grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen (§ 6 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG; vgl. auch § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches - HGB). Anschaffungskosten einer Darlehensforderung sind mindestens die ausgezahlten Darlehensbeträge. Der Nennbetrag einer Darlehensforderung gilt auch dann als Anschaffungskosten, wenn das Darlehen unverzinslich ist. Die Unverzinslichkeit oder die niedrige Verzinslichkeit betreffen nicht die Anschaffungskosten, sondern den Teilwert der Forderung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. April 1975 I R 236/72, BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875; vom 30. November 1988 I R 114/84, BFHE 155, 337; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm. 908; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuer, Kommentar, 8. Aufl., § 6 Anm. 87 c).

2. In der Steuerbilanz können Darlehensforderungen mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).

a) Im Streitfall ist die Voraussetzung einer Teilwertabschreibung jedoch nicht gegeben, da der Teilwert der Darlehensforderungen an die Arbeitnehmer der Klägerin nicht unter den Anschaffungskosten liegt. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß er den Betrieb fortführt. Unverzinsliche Darlehen an Betriebsangehörige sind eine besondere Form betrieblicher Sozialleistungen. Sie werden im allgemeinen zur Verbesserung des Betriebs- oder Arbeitsklimas oder aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen gewährt. Ein gedachter Erwerber des gesamten fortzuführenden Unternehmens würde im Rahmen eines Gesamtkaufpreises für aus sozialen Gründen gewährte niedrigverzinsliche oder unverzinsliche Darlehensforderungen an Arbeitnehmer den Nennwert vergüten. Er würde die mit dem niedrigen Zinsertrag angestrebten unternehmerischen Zwecke ebenso zum Maßstab seiner Preisvorstellungen machen wie beim Erwerb einer Betriebskantine oder von Fahrzeugen zur Beförderung von Betriebsangehörigen. Bei isolierter Betrachtung eines Kantinenbetriebs oder von Transportmitteln zur Beförderung von Arbeitnehmern zeigt sich in der Regel eine gegenüber gastronomischen Betrieben oder Verkehrsbetrieben geringere Ertragskraft. Gleichwohl würden die für den Gesamtbetriebsablauf positiven Einrichtungen bzw. Wirtschaftsgüter von einem gedachten Erwerber auch bei einer Einzelbewertung honoriert werden (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Anm. 1500, soziale Zwecke). Ebenso würde ein gedachter Erwerber eines Unternehmens des Kreditgewerbes die mit zinsverbilligten oder zinslosen Darlehen an Betriebsangehörige verbundenen Vorteile bei der Bewertung dieser Darlehen berücksichtigen (vgl. BFH in BFHE 155, 337).

b) Handelsrechtliche Bewertungsgrundsätze führen zu keinem anderen Ergebnis. Sie gelten nicht, wenn besondere steuerrechtliche Bewertungsvorschriften bestehen (§ 5 Abs. 4 - jetzt § 5 Abs. 6 - EStG, § 6 EStG; vgl. auch BFH-Beschluß vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620, 625, rechte Spalte; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 5 Anm. 12 b; Mathiak in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 5 Rdnr. A 10). Das Ertragsteuerrecht enthält in § 6 Abs. 1 EStG eine besondere, handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen vorgehende Bewertungsvorschrift. Selbst wenn sich somit nach handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen für Darlehensforderungen ein anderer Wert ergäbe, wäre er für die ertragsteuerliche Bilanzierung nicht zu übernehmen (BFH in BFHE 155, 337). Im übrigen wird auch in der handelsrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten, daß eine Abzinsung von Forderungen an Arbeitnehmer nicht geboten sei (vgl. Gerd Rose, Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1975, 104, 110; Selchert, Jahresabschlußprüfung bei Kapitalgesellschaften, 1988, 324 m.w.N.).

II. Die Revisionen des FA sind auch begründet, soweit es sich gegen die Höhe der Abzinsung der Darlehensforderungen an Kunden wendet.

1. Auch Kunden-Darlehen sind grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen (BFH in BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875). Sie können mit einem unter den Anschaffungskosten liegenden Wert angesetzt werden, wenn ihr Teilwert niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, vgl. oben Abschnitt B I Nr. 2). Im Streitfall ist die vom FG anerkannte Abzinsung in voller Höhe ungerechtfertigt, da der Teilwert der Kundenforderungen nicht unter ihrem Nennwert liegt.

Der das Unternehmen fortführende gedachte Erwerber eines Kreditinstituts (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) würde im Rahmen eines Gesamtkaufpreises die einzelne Kreditforderung des Instituts in der Regel auch dann mit dem Nennwert vergüten, wenn der vereinbarte Zins unter dem am Bilanzstichtag für Ausleihungen marktüblichen Zins liegt.

Im Bereich der Kreditwirtschaft kommt der Verzinsung einzelner Kreditforderungen geringere Bedeutung zu als der Differenz zwischen dem Zinssatz der ausgeliehenen Gelder und dem Zinssatz der aufgenommenen Refinanzierungsmittel (vgl. Clemm, Der Einfluß der Verzinslichkeit auf die Bewertung von Aktiva und Passiva, Jahrbuch der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft 1984, 219, 240; Birck/Meyer, Die Bankbilanz, Kommentar, 3. Aufl., 5. Teillieferung, 1989, V 252 ff.). Diese Zinsmarge bestimmt die Erträge aus dem Kreditgeschäft. Da das Kreditgeschäft in aller Regel ein wesentlicher Geschäftszweig eines Kreditinstituts ist, beruht das Gesamtergebnis wesentlich auf dieser Zinsspanne. Sie bestimmt den Rohgewinn des Kreditgeschäfts, der aus der Differenz zwischen den im Passivgeschäft (Refinanzierung) laufend zu zahlenden Zinsen und den im Aktivgeschäft (Kreditgewährung) laufend zu fordernden Zinsen entsteht. Schwankungen des Marktzinses während der Laufzeit des Kredits beeinflussen die Erträge bereits gewährter Kredite grundsätzlich nicht. Solange die Zinsmarge zwischen den für diese Kredite aufgenommenen Fremdmitteln und dem Zinsertrag der Kreditforderung unverändert bleibt, vermindert sich der kalkulierte Ertrag des Unternehmens aus der Kreditgewährung auch dann nicht, wenn für Neu-Ausleihungen ein höherer Zins gefordert werden könnte. Ebensowenig erhöht sich der kalkulierte Ertrag, wenn der Zinssatz für noch laufende Kredite über dem aktuellen Zinsniveau für Ausleihungen liegt, sofern auch für die Refinanzierungsmittel zur Zeit der Mittelbeschaffung höhere Zinsen vereinbart werden mußten. Würde eine Kreditforderung allein wegen gestiegener Marktzinsen abgezinst, so würde der Ertragswert dieser Forderung im Verhältnis zu anderen Kreditforderungen mit gleich hoher Zinsspanne zu niedrig bewertet. Da der Ertragswert ausgeliehener Fremdgelder im Kreditgewerbe untrennbar mit den Kosten der Geldbeschaffung verbunden ist, wird der Ertragswert der einzelnen Forderung durch Änderungen des Marktzinses nicht berührt. Vielmehr bleibt die mit dem Zinsanspruch verbundene und den Wert der Forderung beeinflussende Gewinnchance unabhängig vom Marktzins gleich, wenn eine hinreichende Zinsspanne verbleibt.

Nichts anderes gilt, wenn der Kredit mit variablem Zinssatz vereinbart wurde, sofern auch für die Refinanzierungsmittel variable Zinssätze gelten. Steigt das Zinsniveau, so erhöhen sich sowohl die variablen Zinssätze ausgeliehener Gelder als auch die variablen Zinssätze der Refinanzierungsmittel, so daß die Zinsmarge und damit der Unternehmensrohertrag unverändert bleiben.

Demgegenüber wird bei Produktions- und Handelsunternehmen der Ertrag durch eine zinslos oder niedrig verzinsliche Forderung aus Liefergeschäften negativ beeinflußt. Wird die Forderung aus Lieferungen nicht zeitnah beglichen und muß die Forderung zinslos oder niedrig verzinslich gestundet werden, so ergibt sich eine Schmälerung des ursprünglich kalkulierten Gewinns. Diesem Umstand wird ein gedachter Erwerber bei der Bewertung der Einzelforderung aus Lieferungen im Rahmen des Gesamtkaufpreises Bedeutung beimessen. Wird hingegen die Kreditforderung eines Kreditinstituts zu dem bei ihrer Entstehung kalkulierten Zins verzinst, so wird der Ertrag durch spätere Änderungen des Marktzinses grundsätzlich nicht berührt. Der Erwerber wird aus diesem Grunde weder den Gesamtkaufpreis noch das Entgelt für die einzelne Forderung nur deshalb unter den Nennwert ermäßigen, weil zur Zeit des Erwerbs höhere Kreditzinsen gefordert werden können (vgl. Clemm, a.a.O.; Birck/Meyer, a.a.O., V, 250; Hohenleitner, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1988, 428). Dementsprechend werden nach Angaben in der Fachliteratur auch bei Käufen bzw. Fusionen von Kreditinstituten Forderungen - soweit keine Wertberichtigung wegen mangelnder Bonität des Schuldners geboten ist - grundsätzlich mit dem Nennwert ausgewiesen (vgl. Hohenleitner, DStZ/A 1988, 428, 430).

Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Kreditinstitut in größerem Umfang inkongruente Geldgeschäfte betrieben hat. Hat das Institut langfristige Ausleihungen kurzfristig refinanziert oder hat es zu variablen Zinssätzen ausgeliehen und festverzinslich refinanziert, so ergibt sich ein Zinsänderungsrisiko, das für die Bemessung des Gesamtkaufpreises durch einen gedachten Erwerber bedeutsam werden kann. Dafür bestehen im Streitfall jedoch auch nach den Ausführungen der Klägerin keine Anhaltspunkte.

2. Der steuerrechtliche Begriff des Teilwerts nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG geht im Steuerrecht gemäß § 5 Abs. 5 EStG (jetzt: § 5 Abs. 6 EStG) handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften vor (vgl. BFH in BFHE 155, 337, m.w.N.; vgl. auch die Ausführungen in Abschnitt C I 2 b dieser Entscheidung).

Auch handelsrechtliche Bewertungsgrundsätze führen jedoch im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis.

a) Kreditforderungen der Kreditinstitute gehören insgesamt in aller Regel zum Umlaufvermögen (vgl. Krag, Grundsätze ordnungsmäßiger Bankbilanzierung und Bankbilanzpolitik 1971, 54; Hammerschmidt in "Bank-Betrieb", Zeitschrift für Bankpolitik und Bankpraxis 1966, 321). Für das Umlaufvermögen gilt nach § 253 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HGB das sog. strenge Niederstwertprinzip. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind auf den niedrigeren Börsen- oder Marktpreis, in Ermangelung eines Börsen- oder Marktpreises auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Sätze 1 und 2 HGB).

Eine Abschreibung würde jedoch voraussetzen, daß den Kreditforderungen der Kreditinstitute ein niedrigerer Wert als die Anschaffungskosten "beizulegen" wäre (§ 253 Abs. 3 Satz 2 HGB). Das ist aus einer Zinsdifferenz zu den am Bilanzstichtag marktüblichen Kreditzinsen allein nicht abzuleiten (Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., S. 367 ff.; Birck/Meyer, a.a.O., V, 253). In der Kreditwirtschaft haben sich insoweit besondere Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung herausgebildet (vgl. Meyer "Zinsen und Bankbilanzierung" in Forster, Bankaufsicht, Bankbilanz und Bankprüfung, 1985, 139, 140, 145, 146; Döllerer, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, Die Wirtschaftsprüfung 1959, 653). Danach werden Wertberichtigungen auf Kreditforderungen eines Kreditinstituts wegen einer unter dem Marktzins liegenden Verzinsung allenfalls vorgenommen, wenn ein Einzelverkauf der Forderung beabsichtigt ist, wenn also die Forderung aus dem Unternehmens- und Refinanzierungsverbund herausgelöst werden soll (vgl. Meyer, a.a.O.; Scholtz, Die Wirtschaftsprüfung 1971, 387). Im Bereich der Bankbilanzierung wird nicht auf die Barwertermittlung der einzelnen Forderung abgestellt, sondern allenfalls eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet, wenn eine negative Zinsmarge zu erwarten ist oder wenn aus inkongruenten Fälligkeiten der Ausleihungen und der Refinanzierungen Verluste drohen (Clemm, a.a.O., 240). Hat das Unternehmen eine im wesentlichen kongruente Geldbeschaffungs- und Kreditgewährungspolitik betrieben und dabei eine ausreichende Zinsmarge eingehalten, wird der Ertrag von aktuellen Schwankungen der Marktzinsen nicht beeinflußt und dementsprechend bei der Bewertung einzelner Forderungen nicht berücksichtigt. Eine davon abweichende Bewertungspraxis für Kreditforderungen der Kreditinstitute würde starke, vom aktuellen Zinsniveau abhängige Schwankungen in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Kreditinstitute auch dann auslösen, wenn sich die von der Zinsmarge abhängige Ertragslage des Kreditinstituts kontinuierlich entwickelt. Aus dem Umstand, daß die Klägerin als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut im Streitfall eine davon abweichende Bilanzierungspraxis geübt hat, ist nicht abzuleiten, daß sich die besonderen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in der Kreditwirtschaft geändert hätten. Eine möglicherweise auch handelsrechtlich zu weitgehende Abwertungspraxis einzelner Unternehmen führt noch nicht zu einer Änderung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung.

b) Der engen Verbindung von Refinanzierung und Kreditgewährung bei Kreditinstituten entsprechen die Regelungen, die im Rahmen der Bankenaufsicht vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen getroffen worden sind. Zur Wahrung der Kongruenz zwischen Einlagen- und Kreditgeschäft unterliegen die Kreditinstitute bankenrechtlichen Vorschriften, die zumindest eine Deckung der Zinsbelastung aus Refinanzierungskrediten mit den Zinserträgen aus dem aktiven Kreditgeschäft anstreben (vgl. Richtlinien für den Inhalt der Prüfungsberichte zu den Jahresabschlüssen der Kreditinstitute vom 20. Dezember 1968, Bundesanzeiger - BAnz - Nr. 3/1969; Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität der Kreditinstitute vom 20. Januar 1969, BAnz Nr. 17, in Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, Kreditwesengesetz; Schreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen an die Spitzenverbände der Kreditinstitute vom 23. November 1977 und vom 24. Februar 1983 I 1-31-2/77 in Consbruch/Möller/Bähre/Schneider, a.a.O.). Auch derartige Richtlinien können Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung Geltung verschaffen (Döllerer, a.a.O.; vgl. auch Wirtschaftsprüfer-Handbuch, herausgegeben vom Institut der Wirtschaftsprüfer, 9. Aufl. 1985/1986, 594).

Den für umfassend tätige Geschäftsbanken ergangenen Richtlinien des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen entsprechen die Vorschriften für Hypothekenbanken in § 6 Abs. 1 des Hypothekenbankengesetzes (HypBankG). Nach dieser Vorschrift muß der Gesamtbetrag der ausgegebenen Hypothekenpfandbriefe mindestens durch Hypothekenforderungen gleicher Höhe und mit gleichem Zinssatz gedeckt sein (Grundsatz der kongruenten Deckung, vgl. Fleischmann/Bellinger/Kerl, Hypothekenbankgesetz, Kommentar, 3. Aufl. § 6 Anm. 2).

Die vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und vom Gesetzgeber im HypBankG geschaffenen Regelungen sind erkennbar auf den Schutz der Einleger und der Erwerber von Pfandbriefen ausgerichtet. Sie begnügen sich deshalb mit der Deckung der aufgenommenen Refinanzierungsmittel durch Ausleihungen nach Betrag und Zinssatz. Diese Kongruenz allein würde einem gedachten Erwerber des Kreditinstituts nicht ausreichen, da er einen angemessenen Ertrag erwartet. Ist ein solcher Ertrag aber durch eine ausreichende Zinsmarge gesichert, so besteht für ihn kein Anlaß die ausgeliehenen Gelder unter ihrem Nennwert zu bewerten.

c) Die enge Verbindung zwischen den Kosten der Refinanzierung und den Erträgen der Ausleihungen bei Kreditinstituten widerspricht nicht dem Grundsatz der Einzelbewertung, wie er sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG und aus den §§ 252 Abs. 1 Nr. 3, 253 Abs. 2 HGB ergibt. Bei der Ermittlung des Teilwerts oder des niedrigeren beizulegenden Werts sind die "einzelnen Wirtschaftsgüter" zu bewerten, die als Betriebsvermögen anzusehen sind. Ist eine Kreditforderung wegen verringerter Bonität des Schuldners notleidend, so muß dieser Umstand bei der Bewertung der einzelnen Forderung berücksichtigt werden. Ist jedoch die Bonität des Schuldners zweifelsfrei, so verliert die einzelne Kreditforderung eines Kreditinstituts für den Erwerber nicht dadurch an Wert, daß sie niedriger verzinslich ist, als andere Forderungen. Bei der zunehmend ertragsorientierten Bewertung von Unternehmen kommt dem mit dem einzelnen Wirtschaftsgut zu erzielenden Ertrag eine überragende Bedeutung zu. Hält sich dieser Ertrag im Rahmen der vom Unternehmen kalkulierten Zinsspanne, so besteht für den Erwerber kein Anlaß, einzelne Kreditforderungen niedriger zu bewerten. Vielmehr würde bei einer Abzinsung eine unausgewogene Bewertung entstehen. Forderungen, die wegen gleicher Zinsspanne und gleicher Bonität dem Unternehmen den gleichen Ertrag erbringen, wären je nach dem aktuellen Marktzins unterschiedlich zu bewerten. Deshalb muß bei der Bewertung der einzelnen Forderung ihr Ertragswert über eine Berücksichtigung der Zinsspanne in die Bewertung eingehen. Selbst wenn hierin eine Abweichung vom Grundsatz der Einzelbewertung zu sehen wäre, wäre sie nach § 252 Abs. 2 HGB zulässig, da es sich um einen "begründeten Ausnahmefall" handelt.

3. Der Senat weicht mit dieser Auffassung nicht von seiner Entscheidung vom 1. April 1958 I 60/57 U (BFHE 67, 47, BStBl III 1958, 291) ab. In der damaligen Entscheidung lehnte der Senat eine pauschale Wertberichtigung auf Forderungen ab, die u.a. damit begründet wurde, daß unverzinsliche Außenstände den Steuerpflichtigen zur Aufnahme von Krediten zwingen könnten. Nach dem Urteil des Senats können künftige mögliche Verluste aus anderen Geschäftsvorfällen nicht durch Minderbewertung der Kundenforderungen berücksichtigt werden. Das Urteil betrifft einen anderen Sachverhalt, da es sich nicht um ein Kreditinstitut handelte und der Steuerpflichtige künftigen Aufwand aus noch nicht abgeschlossenen Rechtsgeschäften berücksichtigen wollte.

Der Senat weicht auch nicht von der Entscheidung des IV. Senats vom 9. Juli 1981 IV R 35/78 (BFHE 133, 543, BStBl II 1981, 734) ab. In dieser Entscheidung ist lediglich ausgeführt, daß unverzinsliche Darlehen in der Regel abzuzinsen seien. In dem vom IV. Senat entschiedenen Fall handelte es sich um Darlehen eines Unternehmens außerhalb der Kreditwirtschaft. Außerdem ist im Streitfall nicht über unverzinsliche Kunden-Darlehen zu entscheiden, sondern über Kredite, deren Verzinsung über 5,5 v.H. betrug.

4. Der Sachverhalt gibt keinen Anlaß, die Notwendigkeit einer Rückstellung wegen drohender Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 HGB) zu prüfen. Auch die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß aus der Kreditgewährung an Kunden ein Verlust im Sinne dieser Vorschrift droht.

5. Die Sache ist entscheidungsreif; da die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung weder für die Arbeitnehmer-Darlehen noch für die Kundenforderungen erfüllt waren, das FG jedoch eine Teilwertabschreibung bejaht hat, ist das Urteil des FG auf die Revision des FA aufzuheben. Die auf eine gegenüber dem angefochtenen Verwaltungsakt noch erhöhte Teilwertabschreibung gerichtete Klage ist als unbegründet abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).