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  BFH-Urteil vom 18.7.1990 (II R 40/87) BStBl. 1990 II S. 793

§ 4 Nr. 1 GrEStG 1983 gilt nicht für den Grundstückserwerb einer Anstalt des öffentlichen Rechts.

GrEStG 1983 § 4 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 21. März 1984 kaufte die Klägerin (eine Kreissparkasse und Anstalt des öffentlichen Rechts) von der Kreissparkasse G, Anstalt des öffentlichen Rechts, zwei Grundstücke in der Gemarkung L (Rheinland-Pfalz) mit je einem Sparkassengebäude (Sparkassenzweigstelle).

Anlaß dieses Kaufvertrages war die Neugliederung von Landkreisen durch das Dritte Landesgesetz über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 12. November 1968 (Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl - 1968, 231). Durch dieses Gesetz war auch der Landkreis L neu gebildet worden, und zwar u.a. aus der Gemeinde L des aufgelösten Landkreises F (§ 12 Abs. 1 Buchst. c des Gesetzes). Dementsprechend hatten am 28. November 1978 der Landkreis D als Rechtsnachfolger des aufgelösten Landkreises F und als Gewährträger der Kreissparkasse G sowie der Landkreis L als Gewährträger der Kreissparkasse L (der Klägerin) "in Vollzug des § 18a Abs. 2 Sparkassengesetz" (i.d.F. vom 1. März 1972, GVBl 1972, 109) u.a. schriftlich vereinbart, daß die Klägerin die beiden Zweigstellen L der Sparkasse G übernimmt.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin für den Grunderwerb Grunderwerbsteuer fest. Es verweigerte die begehrte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin weiterhin ihr Klageziel.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene FG-Urteil läßt keinen Rechtsverstoß erkennen.

1. Maßgebender Erwerbsvorgang ist der notariell beurkundete Kaufvertrag vom 21. März 1984. Er unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Steuer.

Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG 1983 steht der Klägerin nicht zu.

Diese Vorschrift befreit u.a. den Erwerb eines Grundstückes durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts aus Anlaß des Überganges von Aufgaben von der Grunderwerbsteuer. Die Klägerin ist jedoch eine Anstalt des öffentlichen Rechts und keine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts schließt denjenigen der Anstalt des öffentlichen Rechts nicht ein. Letztere ist - wie das FG zu Recht ausgeführt hat - nicht nur eine Unterform der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Vielmehr stehen Körperschaft des öffentlichen Rechts und Anstalt des öffentlichen Rechts als verschiedene Arten der juristischen Personen des öffentlichen Rechts gleichrangig nebeneinander. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine mitgliedschaftlich verfaßte, unabhängig vom Mitgliederwechsel bestehende Organisation des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, die Anstalt des öffentlichen Rechts dagegen ein nicht verbandsmäßig organisierter rechtsfähiger Verwaltungsträger zur dauerhaften Verfolgung eines bestimmten öffentlichen Zwecks des Anstaltsträgers.

Es ist nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber trotz Beschränkung des Wortlautes auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts die Anstalt des öffentlichen Rechts mit in die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 GrEStG 1983 einbeziehen wollte. Mag auch - worauf die Klägerin hinweist - die Terminologie früherer Gesetze mitunter den Begriff der Anstalt des öffentlichen Rechts in denjenigen der Körperschaft des öffentlichen Rechts miteinbezogen haben. Bei Erlaß des GrEStG 1983 jedenfalls war es gesicherte Erkenntnis, daß beide Begriffe einander ausschließen. Das zwingt zu der Annahme, daß die wortlautgemäße Beschränkung des § 4 Nr. 1 GrEStG 1983 auf die Körperschaften des öffentlichen Rechts dem Sinn der Vorschrift entspricht.

2. Die Klägerin trägt (erstmalig im Revisionsverfahren) vor, "zeitlicher Ansatzpunkt für die Fälligkeit der Grunderwerbsteuer ist entgegen der Auffassung des Finanzgerichtes nicht der Abschluß des Kaufvertrages am 21.3.1984, sondern der Abschluß des Übernahmevertrages im November 1978. Dieser Vertrag enthielt bereits die Verpflichtung, die streitgegenständlichen Grundstücke an die Klägerin zu übertragen."

Die Klägerin will damit offenbar geltend machen, der Vertrag vom 28. November 1978 sei der maßgebende Erwerbsvorgang und daher sei § 5 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG Rheinland-Pfalz anzuwenden, der auch für Anstalten des öffentlichen Rechts gelte. Jedoch entspricht der Vertrag vom 28. November 1978 nicht den Anforderungen an einen Erwerbsvorgang i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Rheinland-Pfalz. Er begründet keinen Anspruch auf Übereignung der Grundstücke. Vertragspartner waren nicht die betreffenden Grundstückseigentümer, die Sparkassen, sondern deren Gewährträger. Außerdem wurde der Vertrag nur schriftlich und nicht in der Form des § 313 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeschlossen.