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  BFH-Urteil vom 8.8.1990 (II R 20/88) BStBl. 1990 II S. 922

Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 GrEStG werden auch dann erfüllt, wenn die Teilung des Grundstücks und die Übertragung der Miteigentumsanteile aufgrund planmäßiger Durchführung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erfolgen.

GrEStG-NW-(GrEStG 1983) § 7 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Die Klägerinnen - Geschwister - wurden am 24. Februar 1982 im Grundbuch als Miteigentümer je zur Hälfte des in A gelegenen Grundstücks, Grundbuchblatt 0513, Flur 17, Flurstück 16, eingetragen. Die Klägerinnen hatten dieses Grundstück von ihrer Mutter erhalten. Am 25. August 1982 wurden im Grundbuch Bl. 0513 anstelle des bisherigen Grundstücks unter den laufenden Nrn. 2 bis 22 21 Grundstücke eingetragen mit den Flurstück Nrn. 90 bis 110 aus Flur 17. Am 3. September 1982 ließen die Klägerinnen einen Vertrag über die flächenmäßige Auseinandersetzung von Grundbesitz notariell beurkunden. Danach erhielt die Klägerin zu 1) neun dieser Grundstücke zu Alleineigentum und die Klägerin zu 2) zehn der Grundstücke. Die Klägerinnen betrachteten die vorgenannten Grundstücke als wertgleich. Eine "Herauszahlung" war daher von keiner der Beteiligten zu leisten.

Durch Steuerbescheide vom 13. Oktober 1982 setzte das beklagte Finanzamt (FA) gegen die Klägerinnen Grunderwerbsteuer in Höhe von je 11.522 DM fest.

Mit der dagegen gerichteten Klage machten die Klägerinnen die Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 des damals geltenden nordrhein-westfälischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) geltend. Nachdem das ursprünglich einheitliche Grundstück durch Beschluß des Rates der Stadt A als Baugebiet erklärt worden sei, hätte es neu vermessen werden müssen, da sonst unter Umständen eine flächen- und wertmäßig gleiche Teilung nicht möglich gewesen sei. Auch nach der Teilung seien die Grundstücke wirtschaftlich eine Einheit gewesen. Insgesamt hätten die Klägerinnen ein einheitliches Vorgehen gewünscht und der gesamte Komplex sei als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 GrEStG seien erfüllt. Die zwischenzeitliche Vermessung und grundbuchmäßige Erfassung der 19 umstrittenen Grundstücke stünden der Anwendung der Befreiung nicht entgegen. Dies seien Zwischenvorgänge gewesen.

Mit der hiergegen gerichteten Revision macht das FA unrichtige Anwendung des § 7 Abs. 1 GrEStG geltend. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 7 Abs. 1 GrEStG vorliegen.

Die Klägerinnen waren Miteigentümer je zur Hälfte von 21 selbständigen Grundstücken im Rechtssinne. Die Führung eines gemeinsamen Grundbuchblatts über diese Grundstücke (vgl. § 4 der Grundbuchordnung - GBO -) beeinträchtigte nicht deren rechtliche Selbständigkeit. Durch den notariell beurkundeten Vertrag vom 3. September 1982 wurden neun dieser Grundstücke der Klägerin zu 1) zu Alleineigentum zugewiesen, zehn der Grundstücke der Klägerin zu 2). Die Klägerinnen erhielten damit jeweils den Anspruch auf Übertragung des (ihnen noch nicht gehörenden zweiten) Miteigentumsanteils an den ihnen zugeordneten Grundstücken. Dies erfüllte (jeweils) den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 GrEStG.

Diese grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgänge sind jedoch nach § 7 Abs. 1 GrEStG von der Steuer befreit. Nach dieser Vorschrift wird die Steuer nicht erhoben, wenn ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört, von den Miteigentümern flächenweise geteilt wird, soweit der Wert des Teilgrundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist. Die flächenmäßige Aufteilung eines Grundstücks unter Miteigentümern erfordert zivilrechtlich zwei Rechtsakte. Zum einen wird das Grundstück im Rechtssinne in mehrere (selbständige) Grundstücke im Rechtssinne geteilt. Für sich gesehen ist diese Teilung - mangels Rechtsträgerwechsel - kein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand. Zum anderen sind die Miteigentumsanteile an den (neu gebildeten Teil-)Grundstücken so zu übertragen, daß jeder Beteiligte alle Anteile an dem Grundstück erhält, das ihm zu Alleineigentum zugedacht ist. Erst durch diesen Rechtsakt wird die Steuerbarkeit ausgelöst. Diese beiden Rechtsakte, an deren Vorliegen der Befreiungstatbestand denknotwendig anknüpft, sind im Streitfall zwar vorgenommen worden. Zwischen ihnen liegt jedoch ein Zeitraum von einigen Wochen. Nach seinem Wortlaut schreibt § 7 Abs. 1 GrEStG allerdings keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen den zu einer flächenmäßigen Aufteilung des Grundstücks unter den Miteigentümern notwendigen Rechtsakten vor. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift folgt jedoch, daß ein gewisser zeitlicher Zusammenhang bestehen muß. Die Vorschrift will erkennbar nicht den Fall begünstigen, daß die Miteigentümer mehrerer rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Grundstücke sich durch Tausch von Miteigentumsanteilen jeweils Alleineigentum verschaffen. Ließe man das Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen den geschilderten Rechtsakten ganz entfallen, wäre eine derartige "Aufteilung" mehrerer nunmehr selbständiger Grundstücke entgegen dem Zweck der Norm immer dann begünstigt, wenn ihm irgendwann eine Grundstücksteilung vorausgegangen wäre. An dieses aus Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift abgeleitete Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs sind jedoch keine überspitzten Anforderungen zu stellen. Ein unmittelbares Aufeinanderfolgen ist jedenfalls nicht erforderlich. Es ist vielmehr ausreichend, wenn die zur Aufteilung erforderlichen Rechtsakte aufgrund planmäßiger Durchführung in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang erfolgen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Nicht erforderlich ist es in diesem Zusammenhang, daß im Zeitpunkt der Teilung des ursprünglichen Grundstücks bereits genau feststeht, welcher der Miteigentümer welches der Grundstücke erhalten soll. Die allgemeine Absicht der nachfolgenden Aufteilung der Grundstücke reicht insoweit aus. Dem Entscheidungsergebnis steht es auch nicht entgegen, daß im Streitfall nicht alle der durch Teilung entstandenen Grundstücke einem zu Alleineigentum übertragen wurden.

Da auch die weitere Voraussetzung der Wertgleichheit nach den Feststellungen des FG vorliegt, steht die Steuerbefreiung den Klägerinnen zu.

Auf die Frage, ob im Streitfall die rechtlich selbständigen Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden, kommt es daher nicht mehr an.