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  BFH-Urteil vom 26.6.1990 (VIII R 221/85) BStBl. 1990 II S. 978

Wird eine Kapitalanlage veräußert, bezüglich derer eine steuerfreie Rücklage gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 EntwHStG 1968 gebildet worden war, so erhöht die anläßlich der Veräußerung erfolgende Auflösung der Rücklage den laufenden Gewinn des Veräußerers.

EStG §§ 16, 34; EntwHStG 1968 § 1.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1986, 129)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) gründete Ende 1970 in einem Entwicklungsland eine Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Anteile sie in ihrem Betriebsvermögen hielt. Auf die Buchwerte der 100%igen Beteiligung nahm sie Bewertungsabschläge gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung privater Kapitalanlagen in Entwicklungsländern vom 15. März 1968 (BGBl I 1968, 217) - EntwHStG 1968 - vor. Außerdem bildete sie in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung im Jahre 1974 eine steuerfreie Rücklage gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 EntwHStG in Höhe von 833.364 DM. Ein Jahr später, im Jahr 1975, wurden die Anteile vollständig veräußert.

Zwischen der Klägerin und dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) besteht Einigkeit darüber, daß auf den bei der Veräußerung erzielten Veräußerungsgewinn der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzuwenden ist und daß zu diesem begünstigten Veräußerungsgewinn auch derjenige Gewinn zählt, welcher durch die Auflösung der durch die Bewertungsabschläge gebildeten stillen Reserven entstanden ist. Streitig ist dagegen, ob die bei der Veräußerung der Beteiligung gemäß § 5 EntwHStG aufzulösende steuerfreie Rücklage mit dem hierbei entstehenden außerordentlichen Ertrag den laufenden Gewinn des Streitjahres 1975 oder den begünstigten Veräußerungsgewinn erhöht.

Das FA rechnete im Gewinnfeststellungsbescheid für 1975 den durch die Auflösung der Rücklage entstandenen Gewinnanteil dem laufenden Gewinn der Klägerin zu.

Das Finanzgericht (FG) gab der Sprungklage statt. Zur Begründung führte es in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 129 veröffentlichten Urteil im wesentlichen aus, die Rücklage nach § 1 EntwHStG werde bilanziell wie eine Verbindlichkeit passiviert, sie mindere also das bilanzielle Eigenkapital. Der Sache nach sei sie jedoch überwiegend nicht Fremdkapital, sondern unversteuertes Eigenkapital und enthalte somit, ebenso wie ein Buchansatz für einen Aktivposten, dessen tatsächlicher Wert über dem Buchwert liege, eine unversteuerte Reserve lediglich mit dem Unterschied, daß diese Reserve offen und passivisch ausgewiesen sei (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Juni 1973 IV R 133/71, BFHE 110, 330, BStBl II 1974, 27). Die für den vorliegenden Streitfall entscheidende Frage, ob bei der Ermittlung des Wertes der veräußerten Beteiligung die noch nicht aufgelöste steuerfreie Rücklage nach dem EntwHStG wie eine Verbindlichkeit von dem aktivierten Buchwert der Beteiligung abzuziehen sei, was eine Erhöhung des Veräußerungsgewinns zur Folge haben würde, sei bei Anwendung der in den BFH-Urteilen in BFHE 110, 330, BStBl II 1974, 27; vom 12. Juli 1973 IV R 183/70 (BFHE 110, 257, BStBl II 1974, 3) und vom 25. Juni 1975 I R 201/73 (BFHE 116, 532, BStBl II 1975, 848) entwickelten Grundsätze zu bejahen. Sinn und Zweck der begünstigten Besteuerung von Veräußerungsgewinnen lägen darin, die zusammengedrängte Aufdeckung aller stillen Reserven steuerlich zu begünstigen. Dabei mache das Gesetz keinen Unterschied, ob die stillen Reserven auf der Aktivseite der Bilanz durch erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Bewertungsabschläge oder Bewertungsfreiheiten entstanden seien oder durch passivisch gebildete Posten, wie z.B. objektbezogene Wertberichtigungsposten. Die Gleichstellung der Veräußerung einer 100%igen Beteiligung mit einem Teilbetrieb im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sei 1965 vom Gesetzgeber deshalb eingeführt worden, weil dieser der Auffassung gewesen sei, daß eine 100%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wirtschaftlich betrachtet einem Teilbetrieb gleichkomme. Deshalb habe eine solche Beteiligung auch im Falle ihrer Veräußerung einer fiktiven Teilbetriebsveräußerung gleichgestellt werden sollen. Dies könne nichts anderes bedeuten, als daß in einem solchen Falle alle aufgedeckten stillen Reserven ebenfalls begünstigten Veräußerungsgewinn darstellen müßten. Etwas Gegenteiliges sei auch dem EntwHStG nicht zu entnehmen. Denn dieses enthalte gerade keine Regelung darüber, ob die vorzeitige Auflösung einer Rücklage den laufenden Gewinn oder den Veräußerungsgewinn erhöhen solle. Die Begünstigung des durch die Auflösung der Rücklage erhöhten Veräußerungsgewinns widerspreche auch nicht dem Sinn und Zweck des EntwHStG. Daß in diesem Falle die vom Gesetzgeber beabsichtigte Steuerstundung teilweise in einen Steuererlaß münde, stehe dem nicht entgegen. Denn der Erlaß in Gestalt des ermäßigten Steuersatzes sei Rechtsfolge der §§ 16, 34 EStG. Diese Vorschriften würden durch das EntwHStG nicht eingeschränkt.

Mit der Revision wird die unzutreffende Anwendung der §§ 16, 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 EStG gerügt. Der für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns maßgebliche Buchwert der Beteiligung werde in keiner Weise durch die Rücklage berührt. Die Rücklage stelle unversteuertes Eigenkapital des Investors dar. Da sie vom sechsten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahr mit einem Sechstel bzw. bei einer Veräußerung voll gewinnerhöhend aufzulösen sei, komme sie wirtschaftlich einer längerfristigen, zinslosen Steuerstundung gleich. Dieser Steuervorteil werde gewährt, unabhängig davon, ob sich die Beteiligung im Entwicklungsland auf das volle Nennkapital oder nur auf Teile davon erstrecke. Der dort anlegende Inländer könne also die Rücklage auch bilden beim Erwerb von Beteiligungen, die nicht das gesamte Nennkapital umfaßten. Bei einer späteren Veräußerung müsse er diese Rücklage gewinnerhöhend auflösen, ohne daß eine Steuervergünstigung nach §§ 16 Abs. 1, 34 Abs. 1 und 2 EStG in Betracht komme, da weder eine Betriebs- noch eine Teilbetriebsveräußerung vorliege. Demgegenüber könne ein inländischer Steuerpflichtiger, der - wie die Klägerin - seine das gesamte Kapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft veräußere, die Steuerermäßigung nach §§ 16, 34 EStG in Anspruch nehmen. Hierbei sei es unerheblich, ob sich die Kapitalgesellschaft im In- oder Ausland befinde oder ob es sich um eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in einem Entwicklungsland oder in einem anderen Land handle. Ferner komme es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige von der Möglichkeit der Bildung einer steuerfreien Rücklage unter den Voraussetzungen des § 1 EntwHStG überhaupt Gebrauch gemacht habe. Den Begünstigungsvorschriften der §§ 16, 34 EStG und denen der §§ 1 f. EntwHStG lägen unterschiedliche gesetzgeberische Zielvorstellungen zugrunde. Mit der Steuerermäßigung nach § 34 EStG verfolge der Gesetzgeber den steuerpolitischen Zweck, die bei der Veräußerung eines Betriebs oder Teilbetriebs infolge der Aufdeckung stiller Reserven eintretende besondere steuerliche Belastung durch Anwendung des halben Einkommensteuersatzes zu mildern. Demgegenüber solle durch die Möglichkeit der Bildung einer Rücklage nach § 1 EntwHStG eine Liquiditätshilfe in Form einer Steuerstundung gewährt werden. Beide Begünstigungsvorschriften unterschieden sich in ihren Grundlagen, Voraussetzungen und Rechtsfolgen völlig voneinander. Sie stünden in keinem rechtlichen Zusammenhang zueinander, weder in einem unmittelbaren noch in einem mittelbaren. Schließlich habe der Gesetzgeber mit der Möglichkeit einer steuerfreien Rücklage nach dem EntwHStG einen steuerlichen Anreiz für Kapitalinvestitionen in Entwicklungsländern bieten wollen, um die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder zu fördern und zu stärken. Dieser wirtschaftspolitischen Zielsetzung würde aber gerade entgegengewirkt, wenn derjenige, der seine Kapitalbeteiligung entgegen der Zielvorstellung des Gesetzgebers möglichst frühzeitig veräußere, noch zusätzlich in den Genuß einer Vergünstigung nach § 34 EStG käme, demjenigen aber, der die Beteiligung über einen längeren Zeitraum halte und zur sukzessiven Auflösung der Rücklage gezwungen sei, die Steuerermäßigung nach § 34 EStG versagt bleiben müsse.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie macht sich im wesentlichen die Argumente der Vorinstanz zu eigen und weist besonders darauf hin, daß es für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich sei, ob die Steuervergünstigung wirtschaftlich einer längerfristigen, zinslosen Steuerstundung gleichkomme oder nicht. Daß der Steuervorteil nach dem EntwHStG unabhängig davon eintrete, ob sich die Beteiligung im Entwicklungsland auf das volle Nennkapital oder nur auf Teile davon erstrecke, habe im Rahmen dieser lex spezialis gar nichts damit zu tun, ob nach der Definition des EStG eine Steuervergünstigung nach den §§ 16 und 34 EStG in Betracht komme. Selbstverständlich lägen den Begünstigungsvorschriften der §§ 16, 34 EStG und denen des EntwHStG unterschiedliche gesetzgeberische Zielvorstellungen zugrunde. Die Begünstigungen schlössen einander aber nicht aus und gerade die unterschiedliche Zielsetzung führe im Rahmen der Gesetzessystematik zu der rechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidung des FG. Schließlich lägen im konkreten Falle auch keine Anhaltspunkte für einen Mißbrauch vor.

Die Beigeladenen haben im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Das FG hat zu Unrecht die durch die Auflösung der Rücklage eingetretene Gewinnerhöhung der Klägerin als einen Teil des Veräußerungsgewinns angesehen.

Veräußerungsgewinn im Sinne von § 16 Abs. 1 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Der Wert des Betriebsvermögens ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 EStG). Maßgebliche Rechengrößen für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind mithin der Veräußerungspreis, die Veräußerungskosten und der Buchwert des Betriebsvermögens, d.h. im vorliegenden Falle der 100%igen Beteiligung. Der Vorgang der Auflösung der von der Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 EntwHStG gebildeten Rücklage hat auf die Höhe des Veräußerungsgewinns keinen Einfluß, denn er ist keiner der genannten Rechengrößen zuzuordnen.

Daß durch die Rücklagenauflösung Veräußerungskosten nicht gemindert werden, bedarf keiner Erörterung.

Auswirkungen auf den Veräußerungspreis ergeben sich durch die Rücklagenauflösung nicht, weil auch bei einer weiten Abgrenzung dieses Begriffs zum Veräußerungspreis nur tatsächliche Wertzugänge beim Veräußerer gehören. Rein rechnerische, weil buchtechnisch bedingte, Vermögens- "mehrungen" können auch im weitesten Sinne keinen Veräußerungspreis darstellen, weil sie nicht von dritter (des Erwerbers oder anderer) Seite dem Vermögen des Veräußerers zufließen. Schließlich wird auch der Buchwert der Beteiligung durch die Rücklagenauflösung nicht berührt.

Buchwert der Beteiligung und Rücklage sind zwei selbständige Bilanzpositionen, wobei zwar die Höhe der Rücklage von der Beteiligung, nicht aber der Wert der Beteiligung vom Vorhandensein oder der Höhe der Rücklage abhängt. Die Rücklage ist ein Passivposten eigener Art, dessen ausschließlicher Zweck in der Ermöglichung einer Finanzierungshilfe liegt. Die Eigenständigkeit von Beteiligung einerseits und Rücklage andererseits wird insbesondere daran deutlich, daß die Rücklage gebildet werden darf, nicht aber gebildet werden muß.

Ausweislich der Materialien zum EntwHStG (BTDrucks IV/1476, S. 4, 5) beruht die duale steuerliche Förderung wirtschaftlicher Aktivitäten deutscher Unternehmen in den Entwicklungsländern - Bewertungsabschlag einerseits und Rücklage andererseits - auf der Überlegung, daß Kapitalanlagen in Entwicklungsländern "regelmäßig mit einem Dauerrisiko behaftet sind", weshalb ein verbleibender Bewertungsabschlag bis zu 15 v.H. der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten gerechtfertigt erschien, sowie auf dem Gedanken, daß es als Anreiz für derartige Investitionen einer Finanzierungshilfe bedarf, die in der bilanztechnischen Gestalt der steuerfreien Rücklage im Ergebnis über eine Steuerstundung gewährt werden sollte. Hieran wird deutlich, daß dem wertbildenden Faktor "Dauerrisiko" durch den Bewertungsabschlag Rechnung getragen wurde, wogegen die Möglichkeit der Rücklagenbildung keinen Zusammenhang mit wertbildenden Faktoren der Kapitalanlage erkennen läßt. Daß die Rücklage nicht beliebig, sondern nur in Höhe eines bestimmten Vomhundertsatzes der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kapitalanlage zulässig sein sollte, hat seine Ursache allein darin, daß die Liquiditätshilfe nur in angemessener Höhe gerechtfertigt erschien. Die prozentuale Verknüpfung beider Werte erlaubt dagegen nicht den Schluß, der Rücklageposten sei als weitere, den Bewertungsabschlag ergänzende Wertberichtigungskomponente zu verstehen.

Die Unabhängigkeit des Werts der Beteiligung vom Bestand der Rücklage ergibt sich auch daraus, daß letztere vom sechsten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahr mit mindestens einem Sechstel aufzulösen ist. Wäre die Auffassung richtig, daß die Rücklage eine wertbestimmende Komponente der Kapitalanlage ist, so würde dies bedeuten, daß sich der Wert der Kapitalanlage zwischen dem sechsten und zwölften Jahr infolge der Auflösung der Rücklage laufend erhöht, und zwar gleichviel, ob sich in dieser Zeitspanne die Beteiligung positiv oder negativ entwickelt. Für die Annahme, daß ein derart ungewöhnliches Denkmodell der Schaffung des EntwHStG zugrunde gelegen haben könnte, fehlt jeder Anhaltspunkt.

Entgegen der Vorentscheidung läßt sich die These, der Wert der Beteiligung sei unter Einbeziehung der Rücklage zu ermitteln, auch nicht aus § 5 Abs. 2 EntwHStG herleiten. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die Kapitalanlage nach § 6 EStG mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt wird, die Rücklage prozentual zu mindern. Dies ist indes nicht der Ausdruck des Gedankens, daß der aktive Buchwert der Kapitalanlage und die passive Rücklage als Einheit zu sehen sind, sondern vielmehr nur die Konsequenz daraus, daß das Vorhandensein einer Kapitalanlage die Voraussetzung für die Rücklage überhaupt darstellt. Aus § 5 Abs. 2 EntwHStG ergibt sich vielmehr der Grundsatz der Maßgeblichkeit des § 6 EStG für die Bewertung der Beteiligung. Würde dieser Wert bei Anwendung des § 6 EStG auf 0 DM schrumpfen, so wäre folgerichtigerweise auch die Beibehaltung der Rücklage nicht mehr gerechtfertigt. Entsprechendes muß auch für Teilwertabschreibungen in geringerer Höhe gelten.

Zwar besteht zwischen dem Buchansatz der Beteiligung und der Rücklage ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne von § 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG - (vgl. BFH-Urteil vom 20. Oktober 1983 IV R 175/79, BFHE 139, 561, BStBl II 1984, 221). Denn die Rücklage verdankt ihre Entstehung dem Erwerb der Beteiligung und auch ihr Fortbestand hängt vom Verbleib der Beteiligung im Betriebsvermögen ab. Daraus läßt sich indes nicht herleiten, daß die Rücklage bei Anwendung des § 16 EStG in die Berechnung des Buchwerts der Beteiligung mit einzubeziehen ist. Vielmehr belegen gerade die im Urteil in BFHE 139, 561, BStBl II 1984, 221 dargestellten Gedanken zum wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Beteiligungswert einerseits und Rücklage andererseits, daß eine Zusammenfassung beider Positionen nicht in Betracht kommen kann.

Die in der Vorentscheidung enthaltene Bezugnahme auf die Urteile des BFH in BFHE 110, 330, BStBl II 1974, 27; BFHE 110, 257, BStBl II 1974, 3, sowie in BFHE 116, 532, BStBl II 1975, 848 geht fehl. Denn allen drei Entscheidungen lagen andere Sachverhalte zugrunde. In jenen Fällen war die Rücklage Bestandteil des Betriebsvermögens des veräußerten Betriebs bzw. Mitunternehmeranteils, während die Rücklage im vorliegenden Fall in der Bilanz des Investors ausgewiesen ist. Ist - wie in den zitierten Fällen - die Rücklage in der Bilanz des veräußerten Betriebs enthalten, so hat sie notwendigerweise Auswirkungen auf den Buchwert dieses Betriebs. Zu befinden ist dann allenfalls darüber, ob der durch ihre Auflösung entstehende Mehrgewinn dem Veräußerungsgewinn oder dem laufenden Gewinn zuzuordnen ist. Ist die Rücklage dagegen - wie im vorliegenden Falle - in die Bilanz des Investors eingestellt, so mindert sie dessen buchmäßiges Eigenkapital und läßt das Betriebsvermögen der Kapitalanlage unberührt.

Auch unabhängig von den dargestellten Erwägungen erweist sich die Rechtsmeinung der Klägerin angesichts der Zielsetzung des EntwHStG als problematisch. Wie die für die Auflösung der Rücklage zur Verfügung gestellte Zeitspanne zeigt, sollte durch das Gesetz die Förderung langfristiger Investitionen erreicht werden. Das FA weist nicht zu Unrecht darauf hin, daß die Einbeziehung der Rücklagenauflösung in den gemäß §§ 16, 34 EStG zu begünstigenden Veräußerungsgewinn die Investoren veranlassen könnte, sich jedenfalls bei zweifelhafter Entwicklung der Kapitalanlage von dieser bereits zu einem Zeitpunkt zu trennen, da die Rücklage noch nicht aufgelöst werden muß. Selbst die vorzeitige Aufgabe von gewinnträchtigen Kapitalanlagen könnte für den Investor bei entsprechend hoher Rücklage wirtschaftlich interessant sein. Dem Senat erschiene es angesichts des Zwecks des EntwHStG selbst dann nicht vertretbar, der Argumentation der Klägerin zu folgen, wenn er diese für eine von mehreren, vom möglichen Wortsinn getragene Gesetzesauslegungen halten würde.