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  BFH-Beschluß vom 28.8.1990 (VIII B 25/90) BStBl. 1990 II S. 1072

Ist ein Mitberechtigter nicht notwendig beizuladen, weil er nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO nicht klagebefugt ist (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO), so ist er auch nicht nach § 60 Abs. 1 FGO am Verfahren zu beteiligen.

FGO § 48 Abs. 1, § 60 Abs. 1.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Verlustzuweisungsgesellschaft. Einzige Kommanditistin ist als Treuhänderin für 1005 Kapitalanleger die H-KG. Die Beziehungen zwischen der H-KG und den Anlegern sind im Treuhandvertrag vom 11. Mai 1981 geregelt. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hat nach eigenen Angaben einen Betrag von 100.000 DM gezeichnet.

Die Klägerin hat gegen den negativen Gewinnfeststellungsbescheid des Beklagten (Finanzamt - FA -) für 1981 im Juni 1984 Klage erhoben. Das Finanzgericht (FG) hat die H-KG zum Verfahren beigeladen. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens wurde über das Vermögen der H-KG der Konkurs eröffnet. Der Konkursverwalter hat das Verfahren aufgenommen.

Das FG hat am 12. Dezember 1989 mündlich verhandelt und am 20. Dezember 1989 ein klageabweisendes Urteil verkündet. Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision unter dem Aktenzeichen VIII B ..../90 Beschwerde eingelegt.

Am 18. Dezember 1989 hat der Antragsteller seine Beiladung zum Verfahren nach § 60 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beantragt.

Gemäß § 13 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages und § 3 Ziffer 4 des Treuhandvertrages träfen die steuerlichen Wirkungen der Beteiligung ausschließlich und unmittelbar die einzelnen Treugeber. Der Antragsteller werde deshalb durch die Entscheidung in seinen rechtlichen Interessen nach den Steuergesetzen berührt.

Das FG hat den Antrag auf Beiladung durch Beschluß vom 6. Februar 1990 abgelehnt.

Der Antragsteller hat gegen den Beschluß des FG Beschwerde erhoben, der das FG nicht abgeholfen hat.

Der Antragsteller beantragt, den Beschluß des FG vom 6. Februar 1990 aufzuheben, soweit das FG über den Beiladungsantrag entschieden hat, und dem Antrag auf Beiladung stattzugeben.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Klägerin habe schriftlich und mündlich erklärt, daß sie eine Beiladung der Treugeber nicht wünsche. Auch der Konkursverwalter der H-KG habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß weitere Beiladungen nicht erfolgen sollten.

Die übrigen Beteiligten haben sich zu der Beschwerde des Antragstellers nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

1. Gegen den Beschluß des FG ist nach § 128 Abs. 1 FGO die Beschwerde zulässig. Sie hat sich auch nicht dadurch erledigt, daß der Rechtsstreit, zu dem der Antragsteller beigeladen werden will, inzwischen vom FG entschieden worden ist. Ebenso wie eine notwendige Beiladung noch nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils vorgenommen werden kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. August 1983 IV R 222/80, BFHE 139, 134, BStBl II 1983, 762), kann bis zur Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils auch ein Beiladungsbeschluß des FG mit der Beschwerde angefochten werden. Im Streitfall ist die Rechtskraft des Urteils durch die Einlegung der Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision gehemmt worden (§ 115 Abs. 4 FGO). Der Antragsteller hat seine Beiladung schon vor Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens beantragt. Erweist sich seine Beschwerde als begründet, so kann die Beiladung noch jetzt mit der Folge ausgesprochen werden, daß der Antragsteller zum Beteiligten des Ausgangsverfahrens wird und die Rechte des § 60 Abs. 6 FGO im Rechtsmittelverfahren geltend machen kann (vgl. Urteil des BFH in BFHE 139, 134, BStBl II 1983, 762; Beschlüsse vom 6. Mai 1988 VI B 35/87, BFH/NV 1989, 113, und vom 18. April 1984 IV B 6/84, nicht veröffentlicht - NV -).

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß die Beiladung des Antragstellers abgelehnt.

a) Ein Fall der notwendigen Beiladung liegt nicht vor. Hat das FA den Erlaß eines Gewinn- oder Verlustfeststellungsbescheids für eine KG, deren Kommanditisten Treuhänder für eine Vielzahl von Treugebern sind, mit der Begründung abgelehnt, die KG betreibe kein gewerbliches Unternehmen, so können neben der KG nur die Treuhänder, nicht aber die Treugeber Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid einlegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 13. März 1986 IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584 m.w.N.). Die Beschränkung der Klagebefugnis der Treugeber ergibt sich aus einer sinngemäßen Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO in Verbindung mit dem vereinbarten Treuhandverhältnis (BFH-Urteil vom 24. Mai 1977 IV R 47/76, BFHE 122, 400, 413, BStBl II 1977, 737).

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das FG eine sog. einfache Beiladung gemäß § 60 Abs. 1 FGO abgelehnt hat. Nach dieser Vorschrift kann das FG von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden. Das Gericht entscheidet dabei nach seinem pflichtgemäßen Ermessen.

Im Streitfall werden durch den Ausgang des Rechtsstreits die steuerrechtlichen Interessen des Antragstellers insofern berührt, als mit einer Aufhebung des negativen Feststellungsbescheids und mit dem Ausspruch der Verpflichtung des FA, einen positiven Feststellungsbescheid entsprechend der eingereichten Erklärung zu erlassen, der Weg für eine steuerrechtliche Zurechnung des Verlustanteils der H-KG an die Treugeber eröffnet würde und weil ein Gewinnfeststellungsbescheid für die Klägerin hinsichtlich der Höhe des festgestellten Verlustanteils der H-KG bindende Wirkung für das Gewinnfeststellungsverfahren der Treugeber hätte (BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584). Gleichwohl kommt eine Beiladung des Antragstellers nach § 60 Abs. 1 FGO nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber in § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO eine Sonderregelung für die Beiladung von Mitberechtigten i.S. des § 48 FGO getroffen hat. Fehlt diesen die Klagebefugnis nach § 48 FGO, so sind sie nicht notwendig beizuladen. Der Mitberechtigte, dem die Klagebefugnis fehlt, muß es hinnehmen, daß allein der geschäftsführende Gesellschafter (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO) oder - bei Bestehen eines Treuhandverhältnisses - der Treuhänder den Prozeß als Partei mit Rechtskraftwirkung für den Mitberechtigten führt. Durch die Beschränkung der Klagebefugnis von Gesellschaftern und Gemeinschaftern in § 48 Abs. 1 FGO wollte der Gesetzgeber verhindern, daß Personen, die nach den Vorschriften des Gesellschaftsrechts kein Recht auf Einblick in die Geschäftsbücher und Bilanzen des Unternehmens haben, anläßlich eines Steuerrechtsstreits ein solches Recht erwerben (vgl. zur Entstehungsgeschichte der Vorschrift das BFH-Urteil vom 4. Mai 1972 IV 251/64, BFHE 105, 449, BStBl II 1972, 672). Ähnliche Erwägungen haben dazu geführt, in sinngemäßer Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO eine gesetzliche Prozeßstandschaft des Treuhänder-Kommanditisten für den Treugeber im Klageverfahren gegen einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid anzunehmen (vgl. BFHE 122, 400, 412, BStBl II 1977, 737). Dieser Zweck der §§ 48 Abs. 1, 60 Abs. 3 Satz 2 FGO schließt es aus, einen Mitberechtigten, der mit Rücksicht auf seine zivilrechtliche Stellung als Gesellschafter oder Treugeber keinen Einblick in das Klageverfahren der Gesellschaft haben soll und deshalb weder klagebefugt noch notwendig beizuladen ist, im Wege der einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO am Verfahren zu beteiligen (ebenso: Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 60 Rz. 11; offengelassen im Beschluß des BFH vom 19. September 1977 IV B 24/77, BFHE 123, 17, BStBl II 1977, 770).

Da die Beschwerde schon aus diesem Grunde keinen Erfolg haben kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das FG die Beiladung nach § 60 Abs. 1 FGO auch deshalb ablehnen konnte, weil die Klägerin und die H-KG einer Beiladung des Antragstellers widersprochen haben. Offenbleiben kann auch, ob Gründe der Prozeßökonomie im Streitfall die Ablehnung der einfachen Beiladung rechtfertigen können.