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  BFH-Urteil vom 2.5.1990 (VIII R 16/87) BStBl. 1990 II S. 1101

Maschinen und maschinelle Anlagen i.S. von Abschn. I Nr. 2 Abs. 5 Satz 2 des zu § 3 ZRFG ergangenen BMF-Schreibens vom 10. November 1978 IV B 2-S 1990 - 50/78 (BStBl I 1978, 451) sind Vermögensgegenstände, die keine Gebäude sind und ihrer Art nach unmittelbar dem betrieblichen Produktionsprozeß dienen. Eine Zugmaschine ist keine Maschine oder maschinelle Anlage in diesem Sinn.

ZRFG § 3.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Spedition mit Güterfernverkehr. Im Jahre 1980 schaffte sie sich als Ersatz für eine sieben Jahre alte ausgeschiedene Zugmaschine eine neue Zugmaschine für 101.000 DM an. Sie beantragte dafür eine Sonderabschreibung nach § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG).

Die neue Zugmaschine hatte folgende technische Verbesserungen:

1. Bedingt durch niedrigere Drehzahlen ergibt sich ein wesentlich geringerer Verschleiß des Motors.

2. Der Dieselverbrauch ist um durchschnittlich 6 Ltr. pro 100 km niedriger als bei dem ausgeschiedenen Fahrzeug. Bei einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung von 120.000 km werden dadurch 8.500 DM jährlich eingespart.

3. Komfort, Sicherheit und Fahreigenschaften sind dem neuesten Stand der Technik angepaßt worden, z.B. beheizbare Außenspiegel, elektrischer Fensterheber auf der Beifahrerseite, Sitzheizung und gefedertes Fahrerhaus.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Gewährung der Sonderabschreibung ab, da es sich bei der neuen Zugmaschine um eine nicht begünstigte Ersatzbeschaffung handele.

Die Oberfinanzdirektion (OFD) wies die hiergegen erhobene Beschwerde als unbegründet zurück. Sie vertrat die Ansicht, die neue Zugmaschine sei gegenüber der ausgeschiedenen art- und funktionsgleich. Die dargestellten Verbesserungen seien keine ins Gewicht fallende Verstärkung der betrieblichen Kapazität.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Mit der Revision wird die unrichtige Anwendung des § 3 ZRFG gerügt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 10. Februar 1986, die Verfügung des FA vom 22. September 1981 sowie die Beschwerdeentscheidung der OFD vom 10. Mai 1983 aufzuheben und die Sonderabschreibung gemäß § 3 ZRFG in Höhe von 50 v.H. der Anschaffungskosten von 101.000,- DM für die Zugmaschine für 1980 zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Nach § 3 Abs. 1 und Abs. 6 ZRFG kann bei Steuerpflichtigen, die im Rahmen eines Gewerbebetriebs im Zonenrandgebiet Investitionen vornehmen, im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus den besonderen Verhältnissen dieses Gebiets ergeben, auf Antrag zugelassen werden, daß bei den Steuern vom Einkommen einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuern mindern, schon zu einem früheren Zeitpunkt berücksichtigt werden. Insbesondere dürfen unter bestimmten Voraussetzungen bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens Sonderabschreibungen gewährt werden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ZRFG).

Aus diesen Vorschriften ergibt sich, daß Steuerpflichtige auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 ZRFG grundsätzlich keinen Anspruch auf die begehrte Sonderabschreibung haben. Die Vorschrift des § 3 ZRFG enthält vielmehr einen Ermessensrahmen, innerhalb dessen die Finanzverwaltung die Gewährung von Sonderabschreibungen auch von Voraussetzungen abhängig machen kann, die im Gesetz selbst nicht genannt werden, sofern sich dies als sachgerechte Ermessensausübung darstellt. Diese Ansicht entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 6. März 1980 IV R 160/77, BFHE 130, 214, BStBl II 1980, 418 m.w.N.). Die Finanzverwaltung hat diese Voraussetzungen in dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 10. November 1978 IV B 2 - S 1990 - 50/78 (BStBl I 1978, 451) aufgestellt. Ein solches Verfahren ist zulässig, weil nur auf diese Weise eine gleichmäßige Anwendung des durch § 3 ZRFG eingeräumten Ermessens möglich ist.

2. Soweit eine Behörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, ist im finanzgerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Streitfall liegen weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensfehlgebrauch vor.

a) Die in dem Schreiben des BMF in BStBl I 1978, 451, enthaltenen Verwaltungsvorschriften, mit denen eine einheitliche Handhabung des Ermessens durch die Verwaltung sichergestellt werden soll, sehen zu dem hier strittigen Fragenbereich folgendes vor:

"Für Ersatzbeschaffungen sind Sonderabschreibungen nur zu bewilligen, wenn das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut wegen seiner technischen Überlegenheit oder rationelleren Arbeitsweise für den Betrieb eine andere Bedeutung hat als das ausgeschiedene Wirtschaftsgut. Bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern sowie bei Maschinen und maschinellen Anlagen kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß diese Voraussetzung vorliegt. Ein Personenkraftwagen, der als Ersatz für einen ausgeschiedenen oder ausscheidenden Personenkraftwagen angeschafft wird, ist auch dann als nichtbegünstigte Ersatzbeschaffung anzusehen, wenn er eine höhere Leistung als der ausgeschiedene Personenkraftwagen aufweist" (Schreiben des BMF in BStBl I 1978, 451, Abschn. I Nr. 2 Abs. 5).

b) Mit dem in den Verwaltungsvorschriften verwendeten Begriff "Ersatzbeschaffung" sind Wirtschaftsgüter gemeint, durch die aus dem Betrieb ausscheidende Wirtschaftsgüter ersetzt werden (BFHE 130, 214, BStBl II 1980, 418). Der grundsätzliche Ausschluß der Ersatzbeschaffungen von den Sonderabschreibungen bedeutet, daß art- und funktionsgleiche Wirtschaftsgüter in der Regel nur bei ihrer ersten Anschaffung oder Herstellung steuerlich gefördert werden sollen.

c) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird nur dann zugelassen, wenn das angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut wegen seiner technischen Überlegenheit oder rationelleren Arbeitsweise für den Betrieb eine andere Bedeutung hat als das ausgeschiedene. Ob diese Voraussetzung vorliegt ist eine Tatfrage, die das FG zu beantworten hat. Im Streitfall hat das FG das Vorliegen der vorbezeichneten Voraussetzungen verneint. Der Senat ist gem. § 118 Abs. 2 FGO an diese tatsächliche Feststellung gebunden, da keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorliegen.

d) Die in dem BMF-Schreiben in BStBl I 1978, 451 in Abschn. I Nr. 2 Abs. 5 Satz 2 enthaltene Ausnahmeregelung, wonach bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern sowie bei Maschinen und maschinellen Anlagen in der Regel davon ausgegangen werden kann, daß die Voraussetzungen "technische Überlegenheit oder rationellerer Arbeitsweise und andere Bedeutung für den Betrieb" vorliegen, kommt im Streitfall nicht zur Anwendung; denn eine Zugmaschine ist weder eine Maschine noch eine maschinelle Anlage im Sinne des BMF-Schreibens.

Offensichtlich ist der Begriff "Maschinen und maschinelle Anlagen" aus dem Gliederungsschema in § 151 des Aktiengesetzes a.F. entnommen worden. Dieser Begriff entspricht der heute in § 266 Abs. 2 II Nr. 2 verwendeten Bezeichnung "technische Anlagen und Maschinen" (Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 5. Aufl., § 266 Tz. 49; Pankow/Reichmann in Beck'scher Bilanz-Kommentar, § 266 Anm. 111; Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, 3. Aufl., § 266 Rdnr. 24). Technische Anlagen und Maschinen sind Vermögensgegenstände, die keine Gebäude sind und ihrer Art nach unmittelbar dem betrieblichen Produktionsprozeß dienen (Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O.). Eine Zugmaschine dient nicht dem Produktionsprozeß. Sie gehört zum Fuhrpark. Dieser gehört zu den "anderen Anlagen" i.S. des § 266 Abs. 2 II Nr. 3 des Handelsgesetzbuches (Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., Tz. 59; Glade, Rechnungslegung und Prüfung nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz § 266 Rdnr. 127).