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  BFH-Urteil vom 24.1.1990 (I R 55/85) BStBl. 1991 II S. 147

1. Gewinnanteile des stillen Gesellschafters, die der Wiederauffüllung seiner durch Verluste geminderten Einlage dienen, sind Einnahmen aus Kapitalvermögen.

2. Dies gilt auch im Falle eines beschränkt steuerpflichtigen stillen Gesellschafters.

3. Der Kapitalertragsteuerpflicht derartiger Gewinnanteile stehen die DBA mit Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz nicht entgegen.

AO 1977 § 168 Satz 1, § 348 Abs. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 43 Abs. 1 Nr. 3; DBA-Luxemburg Art. 13 und Schlußprotokoll Nr. 11; DBA-Niederlande Art. 13 und Schlußprotokpll Nr. 18; DBA-Schweiz Art. 10 Abs. 6.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

Zwischen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und W.F. wurde am 31. März 1973 ein Vertrag über eine stille Gesellschaft geschlossen, demzufolge sich letzterer mit einer Einlage von 1,6 Mio DM an der Klägerin beteiligte.

Nach § 3 des Vertrages ist der stille Gesellschafter am Gewinn und Verlust entsprechend dem Kapitalschlüssel beteiligt. § 4 des Vertrages regelt:

"Der jährliche Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters entsteht am Tage nach der Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung über den Abschluß des abgelaufenen Geschäftsjahres und ist an diesem Tage fällig.

Ein Gewinnanteil wird nach Abzug der gesetzlichen Quellensteuern ausbezahlt oder einem Sonderkonto des stillen Gesellschafters gutgeschrieben. Ein etwaiger Verlust wird dem Sonderkonto belastet. Reicht das Guthaben auf Sonderkonto nicht aus, so wird ein Verlustanteil an der Einlage abgebucht. Soweit die Einlage durch Abbuchung von Verlustanteilen unter den Nennbetrag gesunken ist, sind Gewinnanteile späterer Jahre vorab zur Auffüllung der Einlage auf ihren Nennbetrag zu verwenden."

W.F. übertrug die stille Beteiligung am 11. Januar 1977 mit Wirkung vom 1. Januar 1977 auf die Firma F. & Co. in der Schweiz, von dieser ging sie noch im selben Jahr auf die Firma S. in Luxemburg über, die sie ihrerseits am 12. Mai 1978 auf die Firma P. in den Niederlanden übertrug.

Entsprechend der vertraglichen Regelung wurden in den Jahren 1973 und 1974 entstandene Verluste dem Beteiligungskonto des stillen Gesellschafters belastet. Die Gewinnanteile der nachfolgenden Jahre (1975 bis 1978) wurden sodann zur Wiederauffüllung seiner Einlage verwendet, wobei jeweils Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt wurde.

Die stille Beteiligung stand in den Jahren, in denen die Gewinnanteile zur Wiederauffüllung der Einlage verwendet wurden, beschränkt Steuerpflichtigen zu.

Die Klägerin beantragt mit Schreiben vom 21. Dezember 1979, die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer gemäß § 44b Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) insoweit zu erstatten, als sie auf die zur Wiederauffüllung der Einlage verwandten Gewinnanteile entfiel.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte den Antrag ab; die Klägerin legte darauf Einspruch ein. Das FA erließ aufgrund einer Außenprüfung am 10. Februar 1981 einen Bescheid, in dem es die Kapitalertragsteueranmeldungen der Jahre 1975 bis 1978 änderte. Danach wies es den Einspruch als unbegründet zurück.

Die erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 337 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz des Handelsgesetzbuches (HGB), von § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 44b Abs. 4 EStG, § 44 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 43 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 43a Abs. 2 EStG, § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG und § 50 Abs. 5 EStG.

Sie beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) und den Ablehnungsbescheid des FA in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Steueranmeldungen für die Jahre 1975 bis 1978 dahin abzuändern, daß die Kapitalertragsteuer für 1975 bis 1977 auf jeweils 0 DM und für 1978 auf 12.562 DM herabgesetzt werde und das FA verpflichtet werde, die bezahlte Kapitalertragsteuer von 91.582 DM zu erstatten, hilfsweise beantragt die Klägerin, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung an da FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Entscheidung des FG war aufzuheben; die Sache war zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat kann den Rechtsstreit aufgrund der vom FG festgestellten Tatsachen nicht endgültig entscheiden.

1. Gegen die Klägerin ergingen bezüglich der Kapitalertragsteuer Steuerfestsetzungen, die gemäß § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Für die Kapitalertragsteuer sieht das Gesetz die Steueranmeldung vor (vgl. § 44 Abs. 5 Satz 3 EStG). Die Klägerin meldete die strittige Kapitalertragsteuer an. Mit Schreiben vom 21. Dezember 1979 beantragte sie, die in der Steueranmeldung liegende Steuerfestsetzung zu ändern. In diesem Sinne muß ihr Antrag ausgelegt werden, die "einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer zu erstatten". Mit der Änderung der Steuerfestsetzung, die die Klägerin gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 beantragte, konnte sie die gewollte Erstattung erreichen. Mit der begehrten teilweisen Aufhebung der Steuerfestsetzung würde die Zahlung der Kapitalertragsteuer ihren rechtlichen Grund verlieren (§ 37 Abs. 2 AO 1977).

Das FA hat den Antrag auf Änderung des Bescheides abgelehnt. Nachdem die Klägerin gemäß § 348 Abs. 2 AO 1977 gegen die Ablehnung der Änderung der Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt hat, hat das FA die Steuerfestsetzung geändert. Die geänderte Steuerfestsetzung wurde damit Gegenstand des Verfahrens (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. August 1988 IV R 78/86, BFH/NV 1989, 281 = Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Abgabenordnung, § 179, Rechtsspruch 41; vom 4. November 1981 II R 119/79, BFHE 134, 510, BStBl II 1982, 270; vom 16. Oktober 1979 VII R 53/77, BFHE 129, 235, BStBl II 1980, 165; vom 19. Januar 1977 I R 89/74, BFHE 121, 421, BStBl II 1977, 517; vom 4. Februar 1976 I R 203/73, BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551). Dies gilt auch dann, wenn während eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheid ein geänderter und endgültiger Bescheid erlassen wird, der dem Rechtsbehelf nicht in vollem Umfange abhilft. Der Senat muß insoweit nicht prüfen, ob dies der Rechtslage entsprach, bevor die Vorschrift des § 365 Abs. 3 AO 1977 in das Gesetz eingeführt wurde. Aus dieser Vorschrift ergibt sich jedenfalls, daß jede Änderung eines Verwaltungsakts während eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens dazu führt, daß der Verwaltungsakt in seiner geänderten Form Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens wird. Die Vorschrift findet auf den Streitfall Anwendung, obwohl sie erst durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 (StBereinG 1986) vom 19. Dezember 1985 (BGBl I, 2436) mit Wirkung vom 1. Januar 1987 in die AO 1977 eingefügt wurde. Änderungen auf dem Gebiet des Verfahrensrechts, die die Verwaltung im Falle einer Aufhebung der Verwaltungsentscheidung und Fortführung des Verfahrens nach neuem Recht zu beachten hätte, sind auch in einem anhängigen Gerichtsverfahren zu berücksichtigen (BFH-Beschluß vom 24. Februar 1981 VIII B 14/78, BFHE 132, 402, BStBl II 1981, 416).

Nicht erheblich ist dabei, daß sich der Verfahrensgegenstand durch die Aufhebung des Vorbehalts insofern geändert hat, als die Klägerin nach Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gegen den Bescheid nicht mehr mit dem Antrag auf Änderung hätte vorgehen können. § 365 Abs. 3 AO 1977 soll verhindern, daß der Rechtsbehelfsführer ohne Einlegung eines erneuten Rechtsbehelfs aus dem außergerichtlichen Verfahren hinausgedrängt wird, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt geändert wird (BTDrucks 10/1636 S. 51).

2. Inwieweit es das FA zu Recht abgelehnt hat, die beantragte Steuerfestsetzung in dem beantragten Sinne zu ändern, kann der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht entscheiden.

2.1. Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die inländische Kapitalerträge sind, unterliegen gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer). Soweit die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters zur Wiederauffüllung seiner durch Verluste geminderten Einlage dienen, liegen Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor. Einnahmen sind bei Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen zufließen (§ 8 Abs. 1 EStG). Die zur Auffüllung der Einlage verwendeten Beträge fließen dem stillen Gesellschafter zu. Ein Zufließen kann auch mit einem buchmäßigen Festhalten einer Schuldverpflichtung verbunden sein, wenn der Verpflichtete durch die Buchung zum Ausdruck bringt, daß dem Berechtigten der Betrag von nun an zur Verfügung steht (BFH-Urteil vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480). Dies ist bei der Gutschrift auf dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters der Fall.

Dem steht nicht entgegen, daß der stille Gesellschafter den gutgeschriebenen Betrag nicht mehr abrufen konnte. Entscheidend ist, daß die Gutschrift zu der bestimmungsmäßigen Verwendung zur Verfügung stand, nämlich zur Auffüllung der Einlage. Die Gutschrift ist der abgekürzte Weg an Stelle der Auszahlung des gutgeschriebenen Betrages und der Wiedereinzahlung des gutgeschriebenen Betrages zur Gutschrift auf dem Einlagekonto.

Ein Zufluß von Gütern, der in einem Geldwert besteht, liegt vor, weil die Vermögensposition des stillen Gesellschafters nicht nur durch die Begründung einer Forderung verbessert wurde, was einen Zufluß ausschlösse. Sie wurde vielmehr dadurch verstärkt, daß die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters zu einem früheren Zeitpunkt nicht mehr zur Auffüllung der durch Verlust geminderten Einlage herangezogen werden, als dies ohne die Gutschrift der Fall gewesen wäre. Die Gutschrift ersetzt insoweit eine tatsächliche Einzahlung. Sie steht dem Zufluß des Betrages gleich, der nötig ist, um die durch die Verluste geminderte Einlage aufzufüllen.

Der Umstand, daß sich die Einlage des stillen Gesellschafters durch Verluste mindern kann, steht der Annahme eines Zuflusses nicht entgegen, obwohl dadurch letztlich der Fall eintreten könnte, daß der stille Gesellschafter den zur Auffüllung der Einlage gutgeschriebenen Betrag nie ausbezahlt erhält. Die Gefahr des Verlustes ist die notwendige Folge der bestimmungsgemäßen Verwendung des gutgeschriebenen Betrages. Besteht diese in der Auffüllung der Einlage, nimmt der gutgeschriebene Betrag notwendigerweise auch an den Risiken teil, die mit der Einlage eines stillen Gesellschafters verbunden sind.

Ein vergleichbarer Sachverhalt besteht, wenn sich ein Arbeitnehmer beim Erwerb von Belegschaftsaktien zum verbilligten Kurs verpflichtet, die Aktien während eines bestimmten Zeitraums nicht weiter zu veräußern. Der Vorteil wird aufgrund des Kurses der Aktien zur Zeit der Überlassung ermittelt und fließt dem Arbeitnehmer mit der Überlassung zu, selbst wenn der Wert der Aktien bei einer späteren Veräußerung gesunken ist (vgl. BFH-Urteile vom 16. November 1984 VI R 39/80, BFHE 142, 475, BStBl II 1985, 136, und vom 7. April 1989 VI R 47/88, BFHE 156, 468, BStBl II 1989, 608). Anstelle der Gutschrift auf dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters tritt im Falle der Überlassung verbilligter Belegschaftsaktien die Übereignung der Aktien, die mit einem zeitlichen Veräußerungsverbot belegt sind und insoweit mit einem Kursrisiko belastet sind, das dem Verlustrisiko des stillen Gesellschafters entspricht.

2.2. Die Klägerin macht geltend, die Rechtsprechung, wonach die Abbuchung von Verlusten vom Einlagekonto des stillen Gesellschafters zu Werbungskosten führt, sei nicht richtig (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 23. Mai 1933 VI A 422/33, RStBl 1933, 1078, und vom 15. Januar 1936 VI A 282/35, RStBl 1936, 554; BFH-Urteile vom 30. April 1974 VIII R 67/68, nicht veröffentlicht - NV -, und vom 10. November 1987 VIII R 53/84, BFHE 151, 434, BStBl II 1988, 186, und BFH-Beschluß vom 30. September 1980 VIII B 84/79, NV). Sie will daraus herleiten, daß dementsprechend Gewinngutschriften, die dazu dienen, das durch Verluste geminderte Einlagenkonto des stillen Gesellschafters aufzufüllen, zu keinen Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Der Senat muß im Streitfall nicht dazu Stellung nehmen, ob die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung das Gesetz zutreffend auslegt. Er kommt aufgrund der Ausführungen unter 2.1. auch dann zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn die Abbuchung des Verlustes keine Werbungskosten auslöste.

2.3. Die Besonderheiten der Regelung betreffend die beschränkte Steuerpflicht rechtfertigen es nicht anzunehmen, daß bei beschränkt steuerpflichtigen stillen Gesellschaftern die Gewinngutschriften zu keinen Einnahmen aus Kapitalvermögen führen.

Die Regelung im EStG bezüglich der Kapitaleinkünfte beschränkt Steuerpflichtiger geht davon aus, daß die Besteuerung der Kapitaleinkünfte dem Wohnsitz- bzw. Sitzstaat des Empfängers der Bezüge zusteht. Die Besteuerung durch die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) beschränkt sich auf die Vornahme eines Kapitalertragsteuerabzugs. Der Senat muß nicht prüfen, welche Auswirkungen sich im Streitfall nach dem Steuerrecht des jeweiligen Wohnsitz- bzw. Sitzstaates ergeben. Besteht in dem Wohnsitz- bzw. Sitzstaat eine Rechtslage, die mit der in der Bundesrepublik bestehenden vergleichbar ist, sind die Ungereimtheiten nicht vorhanden, auf die sich die Klägerin beruft. Der stille Gesellschafter kann dann regelmäßig die Verlustanteile von der Bemessungsgrundlage für die ausländischen Steuern abziehen (sei es, weil das ausländische Steuerrecht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen so verfährt wie die deutsche Rechtsprechung oder weil die stille Beteiligung zu einem Betriebsvermögen gehört und sich der Verlust dort auswirkt - vgl. hierzu nach deutschem Steuerrecht Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG Anm. 838 -); die in der Bundesrepublik erhobene Kapitalertragsteuer kann der stille Gesellschafter auf die ausländische Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer anrechnen (vgl. zur Rechtslage in der Bundesrepublik § 34c EStG). Besteht in dem ausländischen Wohnsitz- bzw. Sitzstaat des stillen Gesellschafters keine entsprechende Regelung (insbesondere weil nach dem maßgebenden ausländischen Steuerrecht die Verlustanteile die Bemessungsgrundlage nicht mindern), ist dies kein Anlaß für eine andere Auslegung der deutschen Vorschriften betreffend den Kapitalertragsteuerabzug. Die höhere Belastung entsteht dann in erster Linie durch die Regelung im Wohnsitz- bzw. Sitzstaat und nicht durch die Erhebung der Kapitalertragsteuer in der Bundesrepublik, die regelmäßig auf die ausländische Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden kann (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 4. Februar 1987 I R 252/83, BFHE 149, 50, BStBl II 1987, 682).

3.1. Die Verpflichtung der Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer ist nicht ausgeschlossen, soweit das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519), das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (DBA-Luxemburg) vom 23. August 1958 (BGBl II 1959, 1270, BStBl I 1959, 1022) und das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (DBA-Niederlande) vom 16. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1781, BStBl I 1960, 382) in Betracht kommen.

3.2. Das DBA-Schweiz kann einschlägig sein, wenn die Gewinnanteile von W.F. bzw. der Firma F. & Co., Schweiz, bezogen wurden und W.F. im fraglichen Zeitraum in der Schweiz ansässig war, es sich bei der Firma F. & Co. um eine in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft handelt oder um eine Personengesellschaft, an der in der Schweiz Ansässige beteiligt sind (vgl. hierzu unter 4.).

Nach Art. 10 Abs. 6 DBA-Schweiz stehen die Einnahmen aus einer Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter den "Dividenden" gleich. Für diese kann die Bundesrepublik, wenn die zahlende Gesellschaft in der Bundesrepublik ansässig ist, eine Steuer in Höhe von 30 v.H. des Bruttobetrages erheben (Art. 10 Abs. 2 Buchst. c DBA-Schweiz). Danach steht der Bundesrepublik das Recht zu, für die Einnahmen eines in der Schweiz Ansässigen aus einer stillen Beteiligung an einer in der Bundesrepublik ansässigen Gesellschaft eine Steuer in Höhe von 30 v.H. des Bruttobetrages zu erheben. Die Voraussetzungen hierfür sind im Streitfall gegeben. Die Klägerin ist in der Bundesrepublik ansässig; sie ist in der Bundesrepublik unbeschränkt steuerpflichtig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz).

3.3. Der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer steht nicht das DBA-Luxemburg entgegen. Nach Nr. 11 des Schlußprotokolls zum DBA-Luxemburg werden Einkünfte aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter als Dividenden i.S. des Art. 13 DBA-Luxemburg behandelt. Danach kann die Bundesrepublik eine Steuer in Höhe von 15 v.H. auf Dividenden erheben, wenn Bezieher der Einkünfte eine Person mit Wohnsitz in Luxemburg ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 bis 3 DBA-Luxemburg). Als Wohnsitz einer juristischen Person i.S. des DBA-Luxemburg gilt der Ort, an dem sich ihre Leitung befindet (Art. 3 Abs. 5 DBA-Luxemburg). Danach kann die Bundesrepublik im Streitfall bei dem in Luxemburg ansässigen stillen Gesellschafter eine Steuer in Höhe von 15 v.H. erheben. Mangels gegenteiliger Feststellungen des FG ist davon auszugehen, daß die Firma S. den Ort ihrer Leitung in Luxemburg hat. Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug sind die Bruttobezüge; denn Art. 13 Abs. 2 DBA-Luxemburg verweist für die Vornahme des Steuerabzugs auf das Recht der Bundesrepublik. Danach ist Bemessungsgrundlage der Bruttobetrag (vgl. § 43 und § 43a EStG). Demgemäß kann sich die Begrenzungsregelung des Art. 13 Abs. 3 DBA-Luxemburg ebenfalls nur auf den Bruttobetrag beziehen.

Die Regelung in Art. 13 Abs. 3 DBA-Luxemburg schließt nicht aus, daß die Bundesrepublik die Kapitalertragsteuer zunächst nach einem Satz von 25 v.H. erhebt und den Empfänger der Bezüge auf ein Erstattungsverfahren verweist (vgl. Nr. 23 des Schlußprotokolls zum DBA-Luxemburg).

3.4. Der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer steht nicht das DBA-Niederlande entgegen. Die Regelung im DBA-Niederlande entspricht grundsätzlich der im DBA-Luxemburg (vgl. Art. 13 Abs. 3 DBA-Niederlande und Nr. 18 des Schlußprotokolls zum DBA-Niederlande). Die Regelung in Art. 13 DBA-Niederlande schließt nicht aus, daß die Bundesrepublik die Kapitalertragsteuer zunächst nach einem Satz von 25 v.H. erhebt und den Empfänger der Bezüge auf ein Erstattungsverfahren verweist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1981 I R 142/78, BFHE 134, 242, BStBl II 1982, 104).

4. Der Senat kann den Rechtsstreit nicht abschließend entscheiden. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich nicht, ob W.F. oder die Firma F. & Co. als Bezieherin von Gewinnanteilen in Betracht kommt. Der Senat kann den Rechtsstreit auch nicht abschließend entscheiden, wenn er dies unterstellt. Die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer kann durch ein DBA insoweit ausgeschlossen sein. Welches DBA anwendbar ist, kann der Senat aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Dies hängt hinsichtlich des W.F. davon ab, wo W.F. im fraglichen Zeitraum ansässig war. Hinsichtlich der Firma F. & Co. ist das DBA-Schweiz nur anwendbar, wenn es sich bei der Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft handelt, die in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig ist. Handelt es sich um eine Personengesellschaft, ist das DBA-Schweiz nur anwendbar, soweit an der Personengesellschaft in der Schweiz Ansässige beteiligt sind.