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BFH-Urteil vom 27.6.1990 (I R 15/88) BStBl. 1991 II S. 150

1. Bei einer Kapitalgesellschaft, die Unternehmen i.S. des § 1 WBVO ist, besteht die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 WBVO in der Ermäßigung eines Teilbetrages der tariflichen Körperschaftsteuer auf die Hälfte, die sich vor Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des KStG 1977 für das zu versteuernde Einkommen ergibt.

2. Die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 ist keine tarifäre Steuervergünstigung.

3. Gegenstand der Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 ist das Ausschüttungsverhalten unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften.

KStG 1977 §5 Abs. 2 Nr. 2, § 23, § 27, § 30, § 31, § 32, § 47; WBVO § 1, § 2, § 4, § 8; AO 1977 § 182 Abs. 1.

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein in der Rechtsform einer inländischen Aktiengesellschaft betriebenes Wasserkraftwerk. Für das Streitjahr 1979 erklärte sie ein zu versteuerndes Einkommen von rd. 5,1 Mio DM. Von dem Einkommen entfielen 52,4 v.H. auf steuerbegünstigte Anlagen i.S. der §§ 2 und 4 der Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken (WBVO) vom 26. Oktober 1944 (RGBl I 1944, 278; RStBl 1944, 657), zuletzt geändert durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) vom 16. August 1977 (BGBl I 1977, 1586; BStBl I 1977, 450), die vor dem 1. Januar 1977 in Betrieb genommen wurden. Die Klägerin schüttete in 1980 für das Geschäftsjahr 1979 2,1 Mio DM aus.

Durch Bescheid vom 11. Dezember 1980 wurde die Klägerin gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Körperschaftsteuer 1979 veranlagt. Dabei wurde die tarifliche Körperschaftsteuer mit 2.124.894 DM angesetzt und auf Grund der Ausschüttung um 5/11 von 489.007 DM = 222.276 DM gemindert. Die damals festgesetzte Körperschaftsteuer 1979 betrug 1.902.618 DM.

Die Klägerin erklärte außerdem zum 31. Dezember 1979 folgende Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals:

EK 56:

797.034 DM;

EK 36:   1.718.407 DM;

EK 02:

4.174.123 DM;

EK 03: 13.414.275 DM.

Dies entspricht einer Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals von 20.103.839 DM.

Die Klägerin ermittelte den nach § 4 Abs. 1 WBVO ermäßigt zu besteuernden Teil des Einkommens 1979 mit 52,4 v.H. von 5.141.543 DM = 2.694.167 DM. Diesen Betrag behandelte sie als ermäßigt besteuerten Einkommensteil i.S. des § 32 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977. Von dem Betrag setzte sie die tarifliche Körperschaftsteuer in Höhe von 28 v.H. = 754.367 DM ab und erklärte als Zugang zum verwendbaren Eigenkapital per 31. Dezember 1979 den Differenzbetrag von 1.939.800 DM. Diesen Betrag teilte die Klägerin gemäß § 32 Abs. 2 KStG 1977 in einen Zugang zum EK 36 in Höhe von 1.341.097 DM und in einen solchen zum EK 02 in Höhe von 598.703 DM auf.

Durch Bescheid vom 26. November 1980 wurde die Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals erklärungsgemäß mit 20.103.839 DM festgestellt, jedoch wie folgt anderweitig aufgeteilt:

EK 56:

489.007 DM;

EK 36:   1.931.364 DM;

EK 02:

4.269.193 DM;

EK 03: 13.414.275 DM.

Die Unterschiede sind darauf zurückzuführen, daß die Klägerin die Ermäßigung der Körperschaftsteuer gemäß § 4 Abs. 1 WBVO, die auf den Gewinn aus den steuerbegünstigten Anlagen entfällt, auf die festzusetzende Körperschaftsteuer, d.h. auf die Körperschaftsteuer bezieht, die sich unter Einbeziehung der Minderung und/oder Erhöhung der Körperschaftsteuer auf Grund der Herstellung der Ausschüttungsbelastung (§ 27 Abs. 1 KStG 1977) ergibt. Dagegen bezieht der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Steuerermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 WBVO auf die tarifliche Körperschaftsteuer, d.h. auf die vor Herstellung der Ausschüttungsbelastung.

Die Klägerin erhob sowohl gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1979 als auch gegen den Feststellungsbescheid vom 31. Dezember 1979 eine zusammengefaßte Sprungklage, mit der sie die Festsetzung der Körperschaftsteuer 1979 und die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals lt. Erklärung begehrte. Hilfsweise begehrte die Klägerin die Zuordnung der nichtabziehbaren Ausgaben entsprechend den in 1979 erwirtschafteten und mit Körperschaftsteuer ermäßigt bzw. nicht belasteten Einkommensteilen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 4 Abs. 1 und 8 WBVO, der §§ 23, 27 bis 32 KStG 1977 und des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG).

Sie beantragt, unter Aufhebung des Urteil des FG München vom 22. September 1987 VII 6/81 K, FK die Körperschaftsteuer 1979 auf 1.587.051 DM herabzusetzen und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auf den 31. Dezember 1979 wie folgt aufzuteilen:

EK 56:           1.658.308 DM;                 EK: 36:      972.498 DM;

EK 02            4.870.046 DM;                 EK: 03: 13.115.296 DM,

hilfsweise, die Körperschaftsteuer 1979 auf 1.712.565 DM herabzusetzen und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auf den 31. Dezember 1979 wie folgt aufzuteilen:

EK 56:              789.355 DM;                  EK 36:   2.081.654 DM;

EK 02:           4.629.843 DM;                  EK 03: 13.115.296 DM.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

A.

1. Nach § 4 Abs. 1 WBVO ermäßigt sich bei einem Unternehmen, das elektrische Arbeit durch Wasserkräfte erzeugt (§ 1 WBVO), die Körperschaftsteuer, die auf den Gewinn aus den steuerbegünstigten Anlagen (§ 2 WBVO) entfällt, ab dem Betriebsbeginn für die Dauer von 20 Jahren auf die Hälfte der gesetzlichen Beträge. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt, daß die Klägerin im Streitjahr 1979 ein Unternehmen war, das elektrische Arbeit durch Wasserkräfte erzeugte. Von dem zu versteuernden Einkommen 1979 der Klägerin entfiel 52,4 v.H. auf den Gewinn aus steuerbegünstigten Anlagen i.S. des § 2 WBVO. Bei dieser Sachlage besteht die zugunsten der Klägerin wirkende Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 WBVO in einer Ermäßigung eines Teilbetrages (52,4 v.H.) der tariflichen Körperschaftsteuer auf die Hälfte, die sich vor Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des KStG 1977 für das zu versteuernde Einkommen insgesamt ergibt. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 WBVO als auch aus dem Gesetzeszusammenhang, in den die Vorschrift gestellt ist.

2. Begrifflich ist schon aus Gründen des § 23 Abs. 2 und 8 KStG 1977 zwischen einer "Ermäßigung der Körperschaftsteuer" und der "Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977" zu unterscheiden. Beide beeinflussen zwar die Höhe der festzusetzenden Körperschaftsteuer. Auch sind beide innerhalb des Veranlagungsverfahrens zur Körperschaftsteuer zu ermitteln. Sie beruhen jedoch auf unterschiedlichen Rechtsgründen, weshalb sich eine Gleichstellung verbietet. Unter Steuerermäßigungen versteht man tarifäre Steuervergünstigungen (vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 12. Aufl., S. 143). Als Unterfälle einer Steuerermäßigung sind Steuersatz- und Steuerbetragsermäßigungen zu nennen. Steuersatzermäßigungen sehen für besondere Fälle einen milderen Steuersatz vor (vgl. §§ 34 und 34 b des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Steuerbetragsermäßigungen lassen dagegen eine Kürzung der Steuerschuld zu (vgl. §§ 34c und 35 EStG, § 26 KStG 1977). Gegenstand der Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 ist dagegen das Ausschüttungsverhalten unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften. Es handelt sich insoweit um einen Besteuerungstatbestand sui generis, der losgelöst von der Erzielung eines positiven Einkommens (Gewinns) verwirklicht wird. Zwar ist jeweils nur eine Körperschaftsteuerschuld festzusetzen. Auch ist die festzusetzende Körperschaftsteuer die Summe bzw. der Saldo zwischen der tariflichen Körperschaftsteuer nach Abzug von Steuerermäßigungen (= Tarifbelastung) und der Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977. Deshalb ist jedoch die Minderung und Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 kein gesetzlicher Betrag i.S. des § 4 Abs. 1 WBVO, der auf den Gewinn aus den steuerbegünstigten Anlagen i.S. des § 2 WBVO entfällt.

3. Der erkennende Senat stimmt der von der Klägerin in der Revisionsbegründung vertretenen Auffassung insoweit zu, als Bemessungsgrundlage für die in § 4 Abs. 1 WBVO vorgesehene Steuerermäßigung weder ein bestimmter Steuersatz noch der Gewinn aus den gemäß § 2 WBVO steuerbegünstigten Anlagen ist. Bemessungsgrundlage ist vielmehr der Steuerbetrag, der sich als (vorläufige) Tarifbelastung des dem Gewinn aus den steuerbegünstigten Anlagen entsprechenden Teils des zu versteuernden Einkommens ergibt. Deshalb muß jedoch der in § 4 Abs. 1 WBVO genannte "gesetzliche Betrag" sich nicht auf die Körperschaftsteuerschuld beziehen, die sich nach Herstellung der Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 ergibt. Die Klägerin übersieht, daß der Begriff "Steuerermäßigungen" auch Steuerbetragsermäßigungen erfaßt (vgl. § 26 KStG 1977). Gliederungsmäßig werden Steuersatzermäßigungen und Steuerbetragsermäßigungen gleich behandelt. Von diesem Grundsatz gilt wegen § 32 Abs. 1 KStG 1977 nur dann eine Ausnahme, wenn die Steuersatzermäßigung in der Einräumung eines besonderen (festen) Steuersatzes beruht. Ein solcher Ausnahmefall steht im Streitfall nicht zur Diskussion. Deshalb spricht schon die im Grundsatz gebotene Gleichbehandlung von Steuersatz- und Steuerbetragsermäßigungen dafür, daß beide auf die Herstellung der Ausschüttungsbelastung keinen Einfluß nehmen. Dafür spricht auch der Wortlaut des § 4 Abs. 1 WBVO. Die Vorschrift ermäßigt einen bestimmten Steuerbetrag. Der Steuerbetrag ist unter Heranziehung des Gewinns aus steuerbegünstigten Anlagen als Aufteilungsmaßstab zu ermitteln. Gerade deshalb ist aber auch der Aufteilungsmaßstab nur auf die Körperschaftsteuer anzuwenden, die sich aus der Bemessungsgrundlage ergibt, in die der Aufteilungsmaßstab Eingang gefunden hat. Entsprechend ist auf die tarifliche Körperschaftsteuer nach Abzug aller (übrigen) Steuerermäßigungen und vor Anwendung des § 4 Abs. 1 WBVO abzustellen, die sich aus dem zu versteuernden Einkommen als Bemessungsgrundlage ergibt.

4. Die Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 entfällt nicht i.S. des § 4 Abs. 1 WBVO auf den Gewinn aus den gemäß § 2 WBVO steuerbegünstigten Anlagen. Zwar ist die Minderung und Erhöhung der Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 ebenso wie die Tarifbelastung ein Teil der festzusetzenden Körperschaftsteuer. Die Körperschaftsteuer wird aber gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1977 nur deshalb gemindert oder erhöht, um jede Ausschüttung - unabhängig von der tariflichen Vorbelastung des Gewinns bzw. des Einkommens - mit einer Körperschaftsteuer in Höhe von 9/16 der Bardividende zu belasten. Die Ausschüttungsbelastung ist zwar Körperschaftsteuer im formellen Sinne. Sie wird aber nur als Ausgleich für den wirtschaftlichen Vorteil des (unbeschränkt steuerpflichtigen) Anteilseigners erhoben, der darin besteht, daß dieser zusammen mit der Bardividende eine Körperschaftsteuergutschrift, die auf seine Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerschuld angerechnet wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG 1977), oder eine entsprechende Vergütung bzw. Erstattung (§ 36b EStG) erhält. Damit ist die Ausschüttungsbelastung eine Körperschaftsteuer, die auf die Ausschüttung selbst, nicht aber auf den Gewinn oder das Einkommen entfällt. Zwar ist die Ausschüttungsbelastung deshalb kein Teil der Dividende (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 28. Juni 1982 II ZR 69/81, Betriebs-Berater - BB - 1982, 1878; Döllerer, BB 1983, 1). Sie wirkt jedoch wirtschaftlich wie eine solche. Der (unbeschränkt steuerpflichtige) Anteilseigner erhält aufgrund der Ausschüttung neben der Dividende einen sonstigen Vorteil i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG, der in Geldeswert besteht (§ 8 Abs. 1 EStG), weil er in voller Höhe tilgend auf die persönliche Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerschuld wirkt oder zu einer entsprechenden Erstattung bzw. Vergütung führt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Februar 1982 VIII B 132/81, BFHE 135, 303, BStBl II 1982, 401). Der Höhe nach entspricht der sonstige Vorteil des (unbeschränkt steuerpflichtigen) Anteilseigners der bei der Kapitalgesellschaft herzustellenden Ausschüttungsbelastung. Diese hat deshalb auch aus der Sicht der ausschüttenden Kapitalgesellschaft einen Vermögenswert, der auf den Anteilseigner übertragen (quasi-ausgeschüttet) werden kann und der bei der Beschlußfassung über die Höhe einer Ausschüttung berücksichtigt zu werden pflegt (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1988 I R 31/86, BFHE 155, 166, BStBl II 1989, 85). Wird aber die Ausschüttungsbelastung nur hergestellt, um den wirtschaftlichen Vorteil auszugleichen, den der (unbeschränkt steuerpflichtige) Anteilseigner zusammen mit der Bardividende erhält, so hat die so entstehende bzw. verbleibende Körperschaftsteuer mit dem "Gewinn aus den steuerbegünstigten Anlagen" i.S. des § 4 Abs. 1 WBVO nichts mehr zu tun. Die Ausschüttungsbelastung entfällt deshalb nicht i.S. der Vorschrift auf den genannten Gewinn.

5. Die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung entspricht dem Gesetzeszusammenhang, in den die Herstellung der Ausschüttungsbelastung (§§ 27 ff. KStG 1977) gestellt ist. Das KStG 1977 geht insoweit davon aus, daß zunächst das zu versteuernde Einkommen i.S. des § 23 Abs. 1 KStG 1977 zu ermitteln ist. Aus dem zu versteuernden Einkommen ist die Tarifbelastung abzuleiten. Sie entspricht der nach Abzug aller Steuerermäßigungen verbleibenden tariflichen Körperschaftsteuer. Sowohl das Einkommen als auch die Tarifbelastung sind in dem Körperschaftsteuerbescheid gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977 fingiert festzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 1/85, BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463). Dann erst kann das verwendbare Eigenkapital gegliedert werden. Wegen § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977 einerseits und wegen §§ 30, 32 KStG 1977 andererseits setzt nämlich die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals die Kenntnis des aufzuteilenden Einkommens und der Tarifbelastung des Einkommens voraus. Deshalb müssen alle Steuerermäßigungen, die einen Bezug entweder zur tariflichen Körperschaftsteuer insgesamt oder aber zu einem bestimmten Teilbetrag der tariflichen Körperschaftsteuer haben, bereits bei der Ermittlung der Tarifbelastung berücksichtigt werden. Sie können nicht mehr angesetzt werden, wenn das verwendbare Eigenkapital gegliedert und die nach § 30 KStG 1977 ermittelten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1977 festgestellt sind. Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, eine Steuerermäßigung erst nach Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals noch dem EK 02 zuzuordnen. Erst wenn das verwendbare Eigenkapital gegliedert ist, kann die Ausschüttungsbelastung ermittelt werden. Sie knüpft nämlich in der Regel (§ 29 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977) an das verwendbare Eigenkapital an, das sich zum Schluß des der Ausschüttung vorangehenden Wirtschaftsjahres ergibt. Auf den Streitfall bezogen bedeutet dies, daß die in 1980 beschlossene Gewinnverteilung mit dem verwendbaren Eigenkapital zu verrechnen ist, das zum 31. Dezember 1979 gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1977 gesondert festzustellen ist. Die Ausschüttungsbelastung kann deshalb erst dann ermittelt werden, wenn das verwendbare Eigenkapital zum 31. Dezember 1979 bekannt ist. Dabei ist die Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 AO 1977) zu beachten, die von dem entsprechenden vEK-Feststellungsbescheid ausgeht. Kann aber die Ausschüttungsbelastung erst dann ermittelt werden, wenn das verwendbare Eigenkapital gegliedert ist, dann setzt die Herstellung der Ausschüttungsbelastung die Zuordnung von Einkommensteilen und Vermögensmehrungen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KStG 1977) zu den verschiedenen Eigenkapitalteilen voraus. Umgekehrt kann sich aus der Herstellung der Ausschüttungsbelastung keine Veränderung in der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals bezogen auf den 31. Dezember 1979 mehr ergeben. Aus dem Gesetzeszusammenhang, in den die §§ 27 ff. KStG 1977 gestellt sind, wird gleichzeitig deutlich, daß die Vorschriften der WBVO gegenüber §§ 27 ff. KStG 1977 keine lex specialis sein können.

6. Die demgegenüber von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch:

a) Zwar weist sie zutreffend darauf hin, daß die Herstellung der Ausschüttungsbelastung häufig zur Rückgängigmachung von Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen führt. Dies beruht jedoch darauf, daß das KStG 1977 die Kapitalgesellschaft und den Anteilseigner als verschiedene Steuersubjekte behandelt. Das KStG 1977 kennt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz dahingehend, daß Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen einer Kapitalgesellschaft sich auch auf den Anteilseigner erstrecken müssen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Gewinn ausschüttet (vgl. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1987 I R 85/84, BFHE 151, 169, BStBl II 1988, 78, und vom 8. November 1989 I R 20/86, BFHE 159, 323, BStBl II 1990, 396). Dies ergibt sich auch aus dem Umkehrschluß zu § 27 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG).

Dem steht § 8 WBVO nicht entgegen. Dazu kann dahinstehen, ob die Vorschrift den Erhalt der gemäß § 4 Abs. 1 WBVO gewährten Steuerermäßigung (unter bestimmten Voraussetzungen) garantieren will. Die Vorschrift hindert jedenfalls den Gesetzgeber nicht daran, ein bestimmtes Ausschüttungsverhalten der Klägerin zu besteuern, um dadurch einen Ausgleich dafür zu schaffen, daß die Klägerin ihren (unbeschränkt steuerpflichtigen) Anteilseignern zusammen mit der Bardividende ein Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben verschafft.

Die Besteuerung gemäß §§ 27 ff. KStG 1977 verstößt auch nicht gegen die durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) garantierten verfassungsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Die Klägerin zahlt nur einen Ausgleich dafür, daß das Steuerrecht ihr die Möglichkeit einräumt, ein Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben auf ihre (unbeschränkt steuerpflichtigen) Anteilseigner zu übertragen. Es muß angenommen werden, daß die Klägerin diesen übertragbaren wirtschaftlichen Vorteil bei ihren Ausschüttungsüberlegungen miteinbeziehen wird. Dann aber ist sie durch die Herstellung der Ausschüttungsbelastung gegenüber der Rechtslage nach dem KStG 1968/75 nicht schlechter gestellt.

b) Die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 getroffene Regelung besagt für die hier zu entscheidende Rechtsfrage nichts. Die Vorschrift betrifft nur Steuerbefreiungen, nicht aber Steuerermäßigungen. Das Fehlen einer dem § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 entsprechenden Vorschrift für Steuerermäßigungen ist unerheblich, weil - wie unter II. A. 5. ausgeführt - sich aus dem Gesetzeszusammenhang, in den die §§ 27 ff. KStG 1977 gestellt sind, ergibt, daß Steuerermäßigungen nur vor der Herstellung der Ausschüttungsbelastung berücksichtigt werden können und letztere nicht berühren.

B.

Das FG hat auch die gegen den vEK-Feststellungsbescheid gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

1. Nach § 30 Abs. 1 KStG 1977 ist das verwendbare Eigenkapital zum Schluß eines jeden Wirtschaftsjahres zu gliedern. Die einzelnen Teilbeträge sind jeweils aus der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals für das vorangegangene Wirtschaftsjahr abzuleiten. Das im laufenden Wirtschaftsjahr erzielte Einkommen und die darauf entfallende Tarifbelastung sind im Körperschaftsteuerbescheid mit Bindungswirkung für den vEK-Feststellungsbescheid gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 FGO fingiert festzustellen (vgl. BFH in BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463). Im vEK-Feststellungsverfahren ist das fingiert festgestellte Einkommen in die in § 30 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 KStG 1977 genannten Einkommensteile zu unterteilen. Anschließend sind die Einkommensteile den jeweils entsprechenden Eigenkapitalteilen zuzurechnen. Dabei ist § 32 KStG 1977 zu beachten. Bei der Ermittlung der ermäßigten Belastung von im laufenden Wirtschaftsjahr erzielten Eigenkapitalteilen ist von der bindend festgestellten Tarifbelastung auszugehen. Schließlich sind im vEK-Feststellungsverfahren die weiteren Vermögensmehrungen i.S. des § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 KStG 1977 zu ermitteln, entsprechend den Eigenkapitalteilen i.S. des § 30 Abs. 2 KStG 1977 aufzuteilen und anschließend mit diesen zu verrechnen. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht für den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß im Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 18. September 1985 das Einkommen mit 5.012.010 DM und die Tarifbelastung mit 2.071.363 DM fingiert festgestellt wurden. Diese Feststellungen sind für das vEK-Feststellungsverfahren bindend (§ 182 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977). In dem vEK-Feststellungsverfahren können solange, als die fingierten Feststellungen aus dem Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 18. September 1985 rechtswirksam fortbestehen, kein anderes Einkommen und keine andere Tarifbelastung angesetzt werden. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrer Klage überhaupt die fingierten Feststellungen im Körperschaftsteuerbescheid angefochten hatte. Da das FG die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1979 abwies und die Revision auch insoweit erfolglos ist, besteht die Bindung für den Feststellungsbescheid fort. Deshalb ist im Feststellungsverfahren von einer Tarifbelastung von 2.071.363 DM auszugehen. Diese Tarifbelastung ist insbesondere für die Beurteilung der Frage maßgebend, ob ermäßigt belastete Eigenkapitalteile i.S. des § 30 Abs. 1 Nr. 2 und des § 32 KStG 1977 entstanden sind. Da die Tarifbelastung von 2.071.363 DM die Steuerermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 WBVO bereits berücksichtigt, ist es schon aus Gründen der Bindung des vEK-Feststellungsbescheides an die fingierten Feststellungen des Körperschaftsteuerbescheides nicht möglich, die Steuerermäßigung gemäß § 4 Abs. 1 WBVO bei der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals außer Betracht zu lassen.

2. Mit Rücksicht darauf, daß das Einkommen und die Tarifbelastung erst im Körperschaftsteuerbescheid 1979 vom 18. September 1985 (nachträglich) festgestellt wurden, weist der Senat darauf hin, daß die Klage gegen den vEK-Feststellungsbescheid auch aus anderen Gründen unbegründet ist.

a) Ermäßigt belastete Eigenkapitalteile i.S. der §§ 30 Abs. 1 Nr. 2, 32 KStG 1977 entstehen nur durch sog. Steuerermäßigungen, wobei Steuersatz- und Steuerbetragsermäßigungen grundsätzlich gleich behandelt werden. Auf die im Streitfall nicht einschlägige Ausnahme vom Grundsatz wurde bereits unter II. A. 3. hingewiesen. Es entspricht deshalb dem Grundsatz der §§ 30 Abs. 1 Nr. 2, 32 KStG 1977, daß auch die in § 4 Abs. 1 WBVO vorgesehene Steuerbetragsermäßigung zu ermäßigt belasteten Eigenkapitalteilen führt.

b) Es wurde bereits unter II. A. 5. ausgeführt, daß es der inneren Logik der in §§ 27 ff. KStG 1977 getroffenen Regelung widerspricht, in der Steuerbetragsermäßigung i.S. des § 4 Abs. 1 WBVO eine nicht mit Körperschaftsteuer belastete Vermögensmehrung zu sehen. Aus der Bindung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977 an die fingierte Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid folgt, daß die §§ 27 ff. KStG 1977 unter den Einkommensteilen alle Teile des steuerpflichtigen Einkommens verstehen. Einkommensteile können nur über § 32 Abs. 2 Nr. 1 KStG 1977 einem nicht mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag zugerechnet werden. Sie können jedoch im übrigen nicht Vermögensmehrung i.S. des § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 KStG 1977 sein.

C.

Das FG hat auch die den Körperschaftsteuerbescheid und den vEK-Feststellungsbescheid betreffenden Hilfsanträge zu Recht abgewiesen.

1. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1977 sind sonstige nichtabziehbare Ausgaben zur Berechnung der in § 30 KStG 1977 bezeichneten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals von den Einkommensteilen abzuziehen, die nach dem 31. Dezember 1976 ungemildert der Körperschaftsteuer unterliegen. Die Verwendung der Worte "von den Einkommensteilen" hat die Streitfrage ausgelöst, ob die nichtabziehbaren Ausgaben - worauf vor allem der Vergleich mit § 31 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 KStG 1977 hindeutet - vorrangig mit dem ungemildert mit Körperschaftsteuer belasteten Einkommensteil zu verrechnen ist, der in dem Wirtschaftsjahr gebildet wird, in welches die Aufwendung fällt (so: Felix/Streck, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 31 Anm. 9; Kläschen, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1979, 379, 381), oder ob sie von dem gesamten EK 56 abzuziehen sind (so: Abschn. 88 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien - KStR -; Dötsch in: Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 31 Rdnr. 66; Jünger in: Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 31 Rdnr. 93; Wrede in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 31 KStG, Grüne Blätter S. 17). Im Streitfall stellt sich diese Frage jedoch deshalb nicht, weil die nicht abziehbaren Aufwendungen der Klägerin 587.837 DM und der dem EK 56 zuzuordnende Einkommensteil 1979 1.076.844 DM betragen. In einem solchen Fall sind die nichtabziehbaren Aufwendungen auch nach der erstzitierten Auffassung von dem Betrag von 1.076.844 DM abzusetzen. Auf die Feststellung der nach § 30 KStG 1977 ermittelten Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals ist es dann aber ohne Einfluß, ob die nichtabziehbaren Ausgaben von dem dem EK 56 zuzuordnenden Einkommensteil oder aber unmittelbar vom EK 56 (nach vorheriger Zurechnung des entsprechenden Einkommensteils) abgesetzt werden. In beiden Fällen ergibt sich als zum 31. Dezember 1979 festzustellendes EK 56 der Betrag von 489.007 DM. Entsprechend beträgt das EK 36 1.931.364 DM, das EK 02 4.269.193 DM und das EK 03 13.414.275 DM.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Regelung des § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1977 durch § 4 Abs. 1 WBVO nicht eingeschränkt. § 4 Abs. 1 WBVO enthält nur eine Steuerbetragsermäßigung i.S. einer sich auf die tarifliche Körperschaftsteuer beziehenden Steuervergünstigung. Die Vorschrift berührt die in §§ 27 ff. KStG 1977 geregelte "Besteuerung des Ausschüttungsverhaltens" der Klägerin nicht.