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  BFH-Beschluß vom 23.1.1991 (II S 15/90) BStBl. 1991 II S. 366

Wird der Antrag auf PKH innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam gestellt, so hat das Prozeßgericht bei der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Rechtsmittelinstanz von dem Rechtsmittel auszugehen, das zu dem vom Antragsteller erstrebten Erfolg führen kann. Es ist nicht erforderlich, daß der Antragsteller eines von ihm in der Revisionsinstanz selbst gestellten Antrags auf PKH das zulässige Rechtsmittel bezeichnet und ein Mindestmaß an Begründung dieses Rechtsmittels vorträgt.

FGO §142 Abs. 1; ZPO §114.

Sachverhalt

I.

Der Antragsteller erwarb am 12. Juli 1979 den Miteigentumsanteil seiner damaligen Ehefrau an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück. Das Einfamilienhaus diente der Familie des Antragstellers bis dahin als Wohnung. Die Ehe des Antragstellers wurde danach geschieden. Durch Vertrag vom 26. März 1980 veräußerte der Antragsteller das Grundstück weiter. Die von ihm für den Erwerb des Miteigentumsanteils begehrte Steuervergünstigung nach dem Gesetz zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) wurde dem Antragsteller vom Finanzamt (FA) versagt, da die vorgeschriebene einjährige Nutzung zu Wohnzwecken nicht erfüllt worden sei.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 13. September 1990 abgewiesen. Der Antragsteller habe das Haus nicht ununterbrochen ein Jahr bewohnt. Der dem Antragsteller vom FA zunächst erteilte Freistellungsbescheid stehe einer Besteuerung nicht entgegen. Die Entscheidung des FG enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist hat der nicht postulationsfähige Antragsteller ein mit "Revisionsverfahren" bezeichnetes Schreiben eingereicht. Aus vor und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen die Entscheidung des FG eingegangenen Schreiben des Antragstellers ergibt sich sein Begehren auf Prozeßkostenhilfe (PKH) und Bestellung eines Rechtsbeistands für das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist zulässig. Der Antragsteller braucht für den Antrag auf Bewilligung der PKH nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten zu sein. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) steht dem nicht entgegen (Beschluß des BFH vom 28. November 1975 VI B 130-132/75, BFHE 117, 223, BStBl II 1976, 62).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Einem Beteiligten ist PKH zu bewilligen und ggf. ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht; eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist insoweit jedoch nicht erlaubt (vgl. Entscheidung des BFH vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526 m.w.N.).

Wird der Antrag auf PKH innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam gestellt, so hat das Prozeßgericht bei der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Rechtsmittelinstanz von dem Rechtsmittel auszugehen, das zu dem von dem Antragsteller erstrebten Erfolg führen kann. Hat das FG die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, so kommen die zulassungsfreie Verfahrensrevision nach § 116 Abs. 1 FGO und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 115 Abs. 3 FGO i.V.m. Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG in Betracht. Als Darstellung des Streitverhältnisses durch den Antragsteller (§ 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO) genügt es, wenn erkennbar ist, daß er die gegen ihn ergangene Entscheidung beseitigt haben will. Dagegen ist es nicht erforderlich, daß der Antragsteller eines von ihm in der Revisionsinstanz selbst gestellten Antrags auf PKH das zulässige Rechtsmittel bezeichnet und ein Mindestmaß an Begründung dieses Rechtsmittels vorträgt (Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 1965, V ER 224/64, Neue Juristische Wochenschrift 1965, 1293). Denn dies würde den mittellosen Antragsteller in seiner Rechtsverfolgung in einem Verfahren benachteiligen, für das wegen der Schwierigkeit der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen die Vertretung durch sachkundige Personen vorgeschrieben ist.

Hat der Antrag auf PKH Erfolg, so wird dem Antragsteller wegen der Versäumung der Frist für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Der Umstand, daß bis zur Entscheidung über den Antrag auf PKH kein Rechtsmittel eingelegt worden ist oder der Antragsteller ohne postulationsfähige Vertretung selbst ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt hat, steht deshalb der Annahme hinreichender Aussicht der Prozeßführung auf Erfolg nicht entgegen.

Im Streitfall will der Antragsteller die Aufhebung des klageabweisenden FG-Urteils erreichen. Eine Revision hätte keine Aussicht auf Erfolg, da das Vorliegen der Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Revision nach § 116 FGO nicht ersichtlich ist. Das vom Antragsteller angestrebte Ziel wäre daher allenfalls mit einer Nichtzulassungsbeschwerde zu erreichen. Nach der gebotenen summarischen Prüfung hätte diese jedoch ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg, da kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO erkennbar ist. Es ist weder ersichtlich, daß das Urteil des FG von einer Entscheidung des BFH abweicht, noch daß es auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FGO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die für die klageabweisende Entscheidung des FG maßgeblichen Gründe sind eindeutig Einzelfall bezogen. Nach Auffassung des FG hat der Antragsteller die für die Gewährung der begehrten Steuervergünstigung notwendigen Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt. Eine neue klärungsbedürftige Rechtsfrage wird damit nicht aufgeworfen.