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BFH-Urteil vom 5.9.1990 (X R 3/89) BStBl. 1991 II S. 389

Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger, betrieblich genutzte Nebenräume in die Kostenberechnung einzubeziehen, so sind die Kosten nach dem Verhältnis des gesamten betrieblich genutzten Bereichs (betrieblich genutzte Haupt- und Nebenräume) zu der Gesamtfläche (Haupt- und Nebenräume) aufzuteilen.

EStG § 4 Abs. 4.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten, nach welchem Maßstab die Kosten für betrieblich genutzte Räume zu ermitteln sind, insbesondere ob und wie ein im Keller gelegener Archivraum in die Berechnung einzubeziehen ist.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war im Streitjahr als Buchhalterin nichtselbständig tätig. Daneben unterhielt sie in ihrem selbstgenutzten Einfamilienhaus ein Buchhaltungsbüro.

Die Wohnfläche des Gebäudes beträgt 128,08 qm, die Fläche der darunterliegenden Kellerräume einschließlich Garage ist ebenso groß. Der von der Klägerin als Büro genutzte Raum im Erdgeschoß mißt 20,15 qm. Ein im Keller als Archiv genutzter Raum hat eine Fläche von 15,19 qm, die Garage eine Fläche von 41,04 qm.

Die betrieblichen Raumkosten bezifferte die Klägerin auf 3.519,11 DM, nämlich 25 v.H. von 14.076 DM, ohne Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG); die Wohnfläche betrage bei einem halben Ansatz der Kellerräume rd. 192 qm; die betrieblich genutzte Fläche einschließlich Garage betrage 51 qm.

In der Einspruchsentscheidung berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Oktober 1983 VI R 68/83 (BFHE 139, 520, BStBl II 1984, 112) die anteiligen betrieblichen Raumkosten mit 2.292,06 DM (Gesamtkosten 14.571,30 DM; Verhältnis der Bürofläche - 20,15 qm - zu der gesamten Wohnfläche - 128,08 qm - 15,73 v.H.). Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) ermittelte den betrieblichen Nutzungsanteil, indem es die Fläche von Büro (20,15 qm) und Archiv (15,19 qm) zu der um die Fläche des Archivs vermehrten Wohnfläche (128,08 qm + 15,19 qm = 143,27 qm) in das Verhältnis setzte; nach dieser Berechnung ergaben sich betriebliche Raumkosten in Höhe von 3.593 DM (24,66 v.H. von 14.571 DM). Die Archivfläche - so das FG - sei voll zu berücksichtigen; andererseits komme ein Ansatz der Garage weder ganz noch teilweise in Betracht; der Anteil der betrieblichen Nutzung des PKW liege lediglich bei 7,46 v.H.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Abs. 4 i.V.m. § 21a Abs. 4 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung und unzutreffende Anwendung des § 42 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV -).

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.

1. Das FG hat die als Betriebsausgaben abziehbaren Raumkosten in unzutreffender Höhe ermittelt. Der vom FG zugrunde gelegte Maßstab zur Verteilung dieser Kosten auf den betrieblichen und den außerbetrieblichen Bereich ist fehlerhaft.

a) Die Raumkosten können im allgemeinen nur im Wege der Schätzung verteilt werden; dabei sind verschiedene Methoden denkbar.

So hat der VI. Senat des BFH entschieden, daß die auf ein häusliches Arbeitszimmer anteilig entfallenden Werbungskosten grundsätzlich nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zu der nach §§ 42 bis 44 II. BV ermittelten Wohnfläche der Wohnung (einschließlich des Arbeitszimmers) zu ermitteln sind (BFH-Urteile in BFHE 139, 520, BStBl II 1984, 112, und vom 10. April 1987 VI R 94/86, BFHE 149, 476, BStBl II 1987, 500); diese Berechnung führt im Ergebnis dazu, daß die Aufwendungen für Nebenräume unabhängig von ihrer tatsächlichen Nutzung nach dem Verhältnis der für die (Haupt-)Wohnräume ermittelten Nutzung aufgeteilt werden. Der VI. Senat hat diese Berechnungsweise mit Erwägungen der Praktikabilität, der Vereinfachung und schließlich auch damit begründet, daß sie sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirke.

Demgegenüber hat der erkennende Senat in einem Fall, in dem wegen der untergeordneten Bedeutung eines betrieblich genutzten Grundstücksteils dessen Zuordnung zum Betriebsvermögen streitig war, auf Verlangen des Steuerpflichtigen auch die Nebenräume berücksichtigt (vgl. Senats-Urteil vom 21. Februar 1990 X R 174/87, BFHE 160, 173, BStBl II 1990, 578).

Entscheidet sich der Steuerpflichtige, betrieblich genutzte Nebenräume in die Berechnung einzubeziehen, so muß allerdings der betriebliche Nutzungsanteil in der Relation zur Gesamtfläche ermittelt werden, so daß der ganze betrieblich genutzte Bereich (betrieblich genutzte Haupt- und Nebenräume) zu der Gesamtfläche (Haupt- und Nebenräume) ins Verhältnis zu setzen ist. Nicht möglich ist es dagegen - so aber das FG -, allein den oder die betrieblich genutzten Nebenräume in die Berechnung einzubeziehen. In diesem Fall würde der auf die betrieblich genutzten Räume entfallende Anteil zu hoch angesetzt, weil der auf die außerbetrieblich genutzten Nebenräume entfallende Kostenanteil unberücksichtigt bliebe.

b) Der Senat hält es nicht für sachgerecht, noch weiter nach der Wertigkeit der einzelnen Räume zu differenzieren. Auch die II. BV bietet dazu keine geeignete Handhabe. Nach § 44 Abs. 1, Abs. 2 II. BV sind Flächen von Räumen mit einer lichten Höhe von mindestens 1 m und weniger als 2 m sowie von Schwimmbädern, Wintergärten, Balkonen, Dachgärten usw. mit der Hälfte anzurechnen. Diese Regelung gibt nur eine grobe Richtschnur zur Bestimmung der Wertigkeit; sie kann nicht ohne weiteres auf Zubehörräume, die ganz unterschiedliche Funktionen haben, übertragen werden.

Die Wertigkeit kann nicht nach eindeutigen Merkmalen bestimmt werden; die Differenzierung nach der Wertigkeit würde die Genauigkeit der Schätzung nicht verbessern, bei der ohnehin die in ihrer Art und Zusammensetzung ganz verschiedenen Kosten nicht dort, wo sie tatsächlich angefallen sind, sondern nur pauschal nach den Nutzungsverhältnissen angesetzt werden.

c) Ein anderer Fall lag dem vom FG zitierten Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 1987 2 K 286/85 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 452) zugrunde. In diesem Fall war ein im Kellergeschoß gelegenes Arbeitszimmer in die Berechnung - mit der vollen Fläche - einbezogen worden. Der Grund für die Einbeziehung lag darin, daß der Kellerraum wegen seiner Funktion als Arbeitszimmer die Funktion eines "Haupt"-Raumes erhalten hatte. Dieser Fall ist hier nicht zu entscheiden.

2. Im Streitfall hat das FG den Archivraum zu Unrecht in die Haupträume einbezogen. Wie das FA zu Recht betont, hat ein Archiv den Charakter und die Funktion eines Abstellraumes und ist nach der Einteilung des § 42 Abs. 4 Nr. 1 II. BV den Zubehörräumen zuzuordnen.

Nach den dargelegten Grundsätzen konnten die Raumkosten demgemäß nur ohne Berücksichtigung oder aber unter Einbeziehung aller Nebenräume (einschließlich der Garage) aufgeteilt werden.

Bei Nichtberücksichtigung der Nebenräume - nach dieser Methode ist das FA vorgegangen - ergibt sich ein betrieblicher Nutzungsanteil von 15,73 v.H. Bei Einbeziehung der Nebenräume beträgt der betriebliche Nutzungsanteil dagegen nur 13,81 v.H.:

- Gesamtfläche                                                              256,00 qm

- Büro                                            20,15 qm

- Archiv                                          15,19 qm

                                                      ------------

                                                                                      35,34 qm     = 13,81 v. H.

Selbst wenn der betriebliche Nutzungsanteil, der auf die Garage entfällt (41,04 qm x 7,46 v.H. = 3,06 qm), berücksichtigt wird, erhöht sich der Nutzungsanteil lediglich auf 15,0 v.H. (38,4 qm von 256 qm).

Die Methode, die das FA seiner Berechnung zugrunde gelegt hat, ist daher die für die Klägerin günstigste und insofern nicht zu beanstanden.