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  BFH-Urteil vom 31.10.1990 (I R 77/86) BStBl. 1991 II S. 471

1. Eine Verbindlichkeit aufgrund einer Vorauszahlung, die ein Energieversorgungsunternehmen für Stromlieferungen aus einem noch zu errichtenden Kraftwerk erhalten hat, kann auch dann eine laufende Verbindlichkeit sein, wenn sich die Vorauszahlung nach den Investitionskosten des Kraftwerks bemißt, sie zu deren Finanzierung dient und die erste Vorauszahlungsrate mehrere Jahre vor Beginn der Stromlieferung geleistet wird.

2. Eine bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs als Schuld berücksichtigte Heimfallverpflichtung aufgrund eines Vertrags über die Nutzung von Wasserkraft ist keine Dauerschuld, sondern eine laufende Verbindlichkeit, wenn die beim Heimfall zu erbringende Leistung ein Entgelt für die vorherige Nutzung der Wasserkraft ist.

GewStG 1974/77 § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG München (EFG 1986, 510)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine AG - ist ein überregionales Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU). Zwischen ihr und dem Beklagten, Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) ist streitig, ob Verbindlichkeiten der Klägerin aufgrund eines Stromliefervertrags und aufgrund von Heimfallverpflichtungen dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs der Klägerin gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) 1974/77 wieder hinzuzurechnen sind. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin schloß 1973 mit der P, einem anderen EVU, einen Vertrag über die Lieferung von Strom aus einem noch zu errichtenden Kernkraftwerkblock (KB). Durch den Vertrag verpflichtete sich die Klägerin unter anderem, nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen einen KB mit einer bestimmten Leistung zu errichten oder errichten zu lassen, 25 v.H. der verfügbaren Leistung des KB während des Probebetriebs und der auf ihn folgenden sechs Jahre für P vorzuhalten und diesen Leistungsanteil - vermindert um die Übertragungsverluste im Netz der Klägerin - an P zu übergeben. P verpflichtete sich, für die Laufzeit des Vertrags die Betriebskosten des KB zu 1/4 bzw. - soweit die Kosten von der im KB erzeugten elektrischen Energie abhängig waren (z.B. Verbrauch der Kernbrennstäbe) - entsprechend dem von ihr bezogenen Anteil an der Stromerzeugung des KB zu tragen. Außerdem verpflichtete sie sich, eine nicht rückzahlbare Strompreisvorauszahlung in Höhe von 9 1/11 % der gesamten Bau- und Baunebenkosten des KB einschließlich des Festkostenanteils der Kernbrennelementeerstausstattung in Raten entsprechend dem Anfall der maßgebenden Kosten zu leisten. Lt. Vertrag wurden mit der Vorauszahlung die Kapitalkosten der Stromlieferung an P während der sechs Jahre nach Ende des Probebetriebs abgegolten.

P leistete die Strompreisvorauszahlung wie vereinbart; insgesamt betrugen die Ratenzahlungen bis zum 1. Januar 1975: 481.803 DM, bis zum 1. Januar 1976: 27.070.193 DM und bis zum 1. Januar 1977: 50.524.769 DM. 1981 wurde der KB in Betrieb genommen und danach der Stromliefervertrag vereinbarungsgemäß abgewickelt.

Bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar der Jahre 1975, 1976 und 1977 (Streitjahre) berücksichtigte das FA die Verbindlichkeiten der Klägerin aufgrund des Stromliefervertrags als Schuldposten in Höhe der bis zum jeweiligen Stichtag geleisteten Vorauszahlungsraten. Bei der Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge für die Streitjahre rechnete es gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG diese Beträge den Einheitswerten wieder hinzu (Gewerbesteuermeßbescheide vom 14. Januar 1981). Die wegen dieser Hinzurechnungen erhobenen Einsprüche waren erfolglos.

Im Klageverfahren beantragte die Klägerin zunächst, die angefochtenen Bescheide insoweit aufzuheben, als die Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge auf der Hinzurechnung der von P erhaltenen Anzahlung beruht.

Später erweiterte sie ihr Klagebegehren und trug vor:

Sie betreibe auch Wasserkraftwerke. Nach den wasserrechtlichen Genehmigungen bzw. den mit dem Staat abgeschlossenen Dienstbarkeits- und Erbbaurechtsverträgen sei sie verpflichtet, die wasserbautechnischen Anlagen (z.B. Wehre) stets in einem guten und betriebsfähigen Zustand zu erhalten (Erneuerungsverpflichtung) und sie nach Ablauf der Genehmigungen bzw. Beendigung der Verträge unentgeltlich oder gegen Entschädigung dem Staat zu übereignen (Heimfallverpflichtung). Wegen der Heimfallverpflichtungen habe sie Rückstellungen gebildet. Die den Rückstellungen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten seien bei der Feststellung der Einheitswerte ihres gewerblichen Betriebs auf den Beginn der Streitjahre in Höhe von 4.809.000 DM (Stichtag 1. Januar 1975), 5.242.000 DM (Stichtag 1. Januar 1976) bzw. 5.705.000 DM (Stichtag 1. Januar 1977) als Schulden abgezogen und gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG in den angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheiden den Einheitswerten wieder hinzugerechnet worden. Auch diese Hinzurechnungen entsprächen nicht dem GewStG. Die Heimfallverpflichtungen seien - ebenso wie die Verbindlichkeit gegenüber P aufgrund des Stromliefervertrags - Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs und somit den Einheitswerten nicht wieder hinzuzurechnen.

1984 erließ das FA für das Streitjahr 1977 einen Änderungsbescheid, durch den es die Hinzurechnung aufgrund des Stromliefervertrags um 316.247 DM minderte. Es vertrat nunmehr die Ansicht, der Teil der Strompreisvorauszahlung, der sich nach den Anschaffungskosten der Kernbrennelemente bemißt, sei dem Einheitswert nicht hinzuzurechnen; die Vorauszahlung stehe insoweit mit der Anschaffung von Umlaufvermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang. Weitere Änderungsbescheide (für 1976 und 1977) erließ das FA am 16. Januar 1986; die Gründe dieser Änderungen sind für den Rechtsstreit ohne Bedeutung. Die Änderungsbescheide vom 16. Januar 1986 wurden auf Antrag der Klägerin Gegenstand des Klageverfahrens.

Das Finanzgericht (FG) entsprach dem Klagebegehren nur hinsichtlich des ersten Streitpunkts (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 510). Die Revision ließ es zu.

Sowohl die Klägerin als auch das FA haben Revision eingelegt. Sie rügen Verletzung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revisionen sind zulässig. Daß die Klägerin beim FG zunächst nur beantragte, die Gewerbesteuermeßbescheide insoweit aufzuheben, als die Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge auf der Hinzurechnung der von P erhaltenen Vorauszahlung beruht, steht der Zulässigkeit ihrer Revision nicht entgegen. Die Gewerbesteuermeßbescheide vom 14. Januar 1981 wurden dadurch nicht teilweise - in Höhe der zunächst unstreitigen Teilbeträge der einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge - bestandskräftig. Aus den im Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87 (BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) genannten Gründen führt auch bei einer Anfechtungsklage gegen einen Gewerbesteuermeßbescheid eine betragsmäßige Erweiterung des Klageantrags (erst) nach Ablauf der Klagefrist in der Regel nicht dazu, daß die Klage in Höhe des Erweiterungsbetrags unzulässig wird. Im übrigen hinderte im Streitfall die Klage den Eintritt der Bestandskraft der Bescheide in vollem Umfang auch deshalb, weil die Klägerin vor Ablauf der Klagefrist noch nicht zu erkennen gab, welche Änderung der Bescheide sie begehrte.

III.

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führte zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Entscheidung in der Sache (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Revision des FA war zurückzuweisen, da sie unbegründet ist (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG sind zur Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs unter anderem die in § 8 Nr. 1 GewStG genannten Verbindlichkeiten - die sog. Dauerschulden - insoweit wieder hinzuzurechnen, als sie bei der Feststellung des Einheitswerts abgezogen wurden. Dauerschulden sind die Schulden, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.

Keine Dauerschulden sind die Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs (s. z.B. Urteile des erkennenden Senats vom 11. August 1959 I 197/57 S, BFHE 69, 447, BStBl III 1959, 428; vom 30. Juni 1971 I R 55/68, BFHE 103, 80, BStBl II 1971, 750; vom 18. Dezember 1986 I R 293/82, BFHE 149, 64, BStBl II 1987, 446). Der Begriff "Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs (= laufende Verbindlichkeit) läßt sich, da er ein Typusbegriff ist, nicht definieren, sondern nur durch Angabe der Merkmale, die die vom Begriff umfaßten Sachverhalte in der Regel kennzeichnen, beschreiben (zum Typusbegriff s. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 13. Aufl., Stand April 1990, § 4 AO 1977 Tz. 137 m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (s. Urteile vom 9. April 1981 IV R 24/78, BFHE 133, 67, BStBl II 1981, 481; vom 6. November 1985 I R 297/82, BFHE 146, 91, BStBl II 1986, 415; vom 11. Dezember 1986 IV R 185/83, BFHE 149, 248, BStBl II 1987, 443 m.w.N.) sind folgende Merkmale in der Regel kennzeichnend für eine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs: Ihr Entstehen hängt wirtschaftlich eng mit einzelnen bestimmbaren nach Art des Betriebs immer wiederkehrenden und nicht die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens betreffenden Geschäftsvorfällen (= laufenden Geschäftsvorfällen) zusammen. Dieser Zusammenhang bleibt bis zur Tilgung der Schuld erhalten. Die Verbindlichkeit wird innerhalb der nach Art des laufenden Geschäftsvorfalls allgemein üblichen Frist getilgt.

2. Die bei der Feststellung der Einheitswerte abgezogene Verbindlichkeit aufgrund des Stromliefervertrags ist dem Einheitswert nicht wieder hinzuzurechnen. Sie war keine Dauerschuld, sondern eine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs.

a) Die Verbindlichkeit bestand in der Verpflichtung, P künftig einen Teil der vom KB erzeugten elektrischen Energie zu liefern. In den Bilanzen war sie in Höhe der von P bis zum jeweiligen Bilanzstichtag geleisteten Vorauszahlungsraten als passiver Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1975/77, § 152 Abs. 9 Nr. 2 des Aktiengesetzes - AktG - 1965; jetzt § 250 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -). Denn die Vorauszahlungsraten waren Einnahmen der Klägerin, die kein Ertrag der Streitjahre, sondern Ertrag eines bestimmten Zeitraums nach den Streitjahren darstellten; sie waren Entgelt für die elektrische Energie, die die Klägerin nach den Streitjahren und dem Ende des Probebetriebs des KB sechs Jahre lang an P zu liefern hatte. Bei der Feststellung der Einheitswerte wurde die Verbindlichkeit in Höhe der bis zum jeweiligen Bewertungsstichtag geleisteten Vorauszahlungsraten als Schuld abgezogen (§ 103 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -).

b) Das Entstehen der Verbindlichkeit hing wirtschaftlich eng mit einem einzelnen bestimmbaren laufenden Geschäftsvorfall zusammen.

Die Verbindlichkeit entstand durch den Abschluß des Stromliefervertrags und die Annahme der Strompreisvorauszahlungsraten. Der Abschluß derartiger Verträge mit teilweiser Vorauszahlungspflicht des Strombeziehers und der Vollzug dieser Verträge waren für die Klägerin laufende Geschäftsvorfälle. Es ist allgemein bekannt, daß überregionale EVU, die - wie die Klägerin - in eigenen Kraftwerken Strom erzeugen, immer wiederkehrend, wenn auch in der Regel nicht jedes Jahr, derartige Verträge abschließen. EVU müssen, um die Stromversorgung in ihrem Gebiet zu sichern, bei wachsendem Strombedarf ihre eigene Kraftwerkkapazität erhöhen oder sich Stromlieferungen Dritter durch langfristige Verträge sichern. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen führt der Neubau eines Kraftwerks oft dazu, daß die Stromerzeugungskapazität sprunghaft steigt und nur dann von Anfang an im wirtschaftlich notwendigen Umfang genutzt werden kann, wenn andere EVU oder Industrieunternehmen mit hohem Strombedarf beliefert werden. Diese sind bereit, schon während der Bauzeit des Kraftwerks Vorauszahlungen für die künftigen Stromlieferungen zu leisten, um langfristig ihre Stromversorgung auch ohne den sonst notwendigen Neubau eines eigenen (weiteren) Kraftwerks zu sichern.

Der Stromliefervertrag und sein Vollzug betrafen nicht die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Zwar setzte die Erfüllung des Vertrags voraus, daß der KB errichtet wurde. Die Klägerin verpflichtete sich durch den Vertrag ausdrücklich, den KB zu errichten oder errichten zu lassen. Da sie den KB selbst errichtete, erhöhte sich durch den Bau des KB ihr Anlagevermögen beträchtlich. Auch bestand ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Strompreisvorauszahlung und den Herstellungskosten des KB. Die Herstellungskosten waren nach dem Vertrag Bemessungsgrundlage der Vorauszahlung und die Vorauszahlung wurde zur Bezahlung dieser Kosten verwendet. Dies ändert aber nichts daran, daß der Vertrag ein Stromliefervertrag ist und die Vorauszahlung als Entgelt für eine nach Art, Umfang und Dauer genau bestimmte künftige Stromlieferung geleistet wurde. Ein Vertrag, durch den sich ein Gewerbetreibender verpflichtet, Lieferungen oder Leistungen zu erbringen, betrifft nicht bereits deshalb die Anschaffung und Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, weil die Lieferung oder die Leistung zusätzliche Anlageinvestitionen voraussetzt, deren Kosten der Gewerbetreibende bei seiner Kalkulation berücksichtigt und durch Vorauszahlungen des Kunden finanziert.

Ob Entsprechendes auch für Schulden gilt, die bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebs von Versorgungsunternehmen deshalb abgezogen werden, weil das Unternehmen von seinen Kunden nicht zurückzahlbare Zuschüsse zu den Investitionskosten der Neuanschlüsse oder der Erhöhungen der Anschlußleistungen erhielt, muß der Senat nicht entscheiden (s. zu dieser Streitfrage z.B. Urteil des FG Düsseldorf vom 14. August 1984 XV 31/80 G, EFG 1985, 190; Merkert/Koths, Betriebs-Berater - BB - 1981, 1310; Oberfinanzdirektion München, Verfügung vom 21. April 1982 - S 1472-18/St-246/G 1431-13 -, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Gewerbesteuergesetz, § 12, Nr. 58). Denn die Strompreisvorauszahlung war kein derartiger Zuschuß. Sie diente zwar dazu, einen Teil der durch den Bau des KB entstehenden Investitionskosten zu decken. Auch war sie jedenfalls dann nicht zurückzuzahlen, wenn aus Gründen, die von der Klägerin nicht zu vertreten waren, der KB keinen oder nicht im vorgesehenen Umfang Strom erzeugt hätte. Von den bezeichneten Zuschüssen unterscheidet sich die Strompreisvorauszahlung aber dadurch, daß sie Gegenleistung für eine nach Umfang und Dauer bestimmbare Stromlieferung war. Ihr Zusammenhang mit einer künftigen Lieferung war deshalb jedenfalls konkreter und genauer bestimmbar als der Zusammenhang zwischen den Zuschüssen und den künftigen Lieferungen der Versorgungsunternehmen an den Zuschußgeber. Dies zeigt sich z.B. auch daran, daß die Höhe der wegen der Vorauszahlung zu berücksichtigenden Schuld nach dem Beginn der Stromlieferung von der Restlaufzeit des Stromliefervertrags und nicht etwa von der Restnutzungsdauer des KB abhing.

c) Der enge Zusammenhang der Verbindlichkeit mit dem Stromliefergeschäft blieb bis zur Tilgung der Verbindlichkeit erhalten, da die Klägerin den Stromliefervertrag wie vereinbart erfüllte. Daß die Tilgung erst im siebten oder achten Jahr nach Leistung der ersten Vorauszahlungsrate einsetzte und insgesamt sechs Jahre dauerte, ist für derartige Stromlieferverträge üblich. Die Bauzeit eines großen Kraftwerks beträgt mehrere Jahre. Die zur Finanzierung der Baukosten dienenden Vorauszahlungen werden deshalb üblicherweise zum Teil schon mehrere Jahre vor dem Beginn der ersten Stromlieferung geleistet. Die Tilgungsdauer entsprach der Dauer der vereinbarten Stromlieferung und der langfristigen Natur derartiger Verträge.

d) Der Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht von seinem Urteil vom 28. Juli 1976 I R 91/74 (BFHE 119, 569, BStBl II 1976, 789) ab. Damals war darüber zu entscheiden, ob Darlehen, die ein Lieferant von einem seiner Abnehmer und von einer Bank zum Erwerb von Anlagevermögen (konkret: Bimsausbeuterechten) erhalten hatte, Dauerschulden waren. Der Senat bejahte dies auch für die längerfristige Darlehensschuld gegenüber dem Abnehmer, obwohl dieser das Darlehen zur Sicherung seines Bimsbedarfs gewährt hatte und es durch Verrechnung mit den durch die Lieferung des Bims entstandenen Kaufpreisansprüchen getilgt wurde. Entscheidungserheblich war u.a., daß ein Darlehen und keine - einer Vorauszahlung ähnliche - Anzahlung zu beurteilen war.

Der Streitfall ist auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der dem Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 11. Januar 1944 I 80/43 (RStBl 1944, 693) zugrunde liegt. In dem damals zu beurteilenden Sachverhalt hatte eine Anzahlung ihren ursprünglichen Zusammenhang mit einem laufenden Geschäftsvorfall verloren und war in ein längerfristiges Darlehen umgewandelt worden.

3. Auch die bei der Feststellung der Einheitswerte abgezogenen Heimfallverbindlichkeiten sind den Einheitswerten nicht wieder hinzuzurechnen.

a) Ob eine Heimfallverpflichtung bei der Gewinnermittlung durch Bildung einer (Schuld-)Rückstellung berücksichtigt werden darf, ist umstritten (s. z.B. Armbrust, Der Betrieb - DB - 1979, 2045, 2096, und DB 1982, 1022; Blümich/Schreiber, Einkommensteuergesetz/Körperschaftsteuergesetz/Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl., Stand Februar 1990, § 5 EStG Rz. 920 "Heimfallverpflichtung"; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., 1990, § 5 Anm. 57 "Heimfallverpflichtung"). Für den Streitfall ist diese ertragsteuerliche Frage ohne Bedeutung, weil die Heimfallverpflichtungen bei der Feststellung der Einheitswerte als Schulden abgezogen wurden und der Senat daran gebunden ist (s. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 1974 I R 103/73, BFHE 114, 105, BStBl II 1975, 114).

b) Auch die Frage, ob Heimfallverbindlichkeiten Dauerschulden sind, ist umstritten. Überwiegend wird dies bejaht (s. RFH-Urteil vom 8. Februar 1944 I 44/43, RStBl 1944, 523; FG München, Urteil vom 14. April 1955 I 202-203/54, EFG 1955, 303; Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 7. Aufl., Stand Juni 1990, § 8 Nr. 1 Anm. 40; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 1988, § 8 Nr. 1 Rdnr. 57; Birkholz, DB 1974, Beilage Nr. 21; a.A. Armbrust, DB 1982, 1022). Nach Ansicht des erkennenden Senats sind die bei der Feststellung der Einheitswerte des gewerblichen Betriebs der Klägerin abgezogenen Heimfallverbindlichkeiten keine Dauerschulden, sondern Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs.

aa) Die Verbindlichkeiten bestehen in der Verpflichtung, im Heimfallzeitpunkt die wasserbautechnischen Anlagen in einem voll betriebsfähigen Zustand dem Staat zu übereignen. Sie sind Sachleistungsverbindlichkeiten. Ihr Entstehen hängt wirtschaftlich eng mit laufenden Geschäftsvorfällen der Klägerin zusammen, mit der Stromerzeugung durch Wasserkraft. Die beim Heimfall zu erbringenden Sachleistungen sind wirtschaftlich Gegenleistungen für die (vorherige) Nutzung der Wasserkraft. Sie sind ein Nutzungsentgelt. Mit der Herstellung der zum Anlagevermögen der Klägerin gehörenden wasserbautechnischen Anlagen besteht nur insofern ein Zusammenhang, als diese Gegenstand der Sachleistungsverpflichtung sind. Dies zeigt sich auch bei der Bewertung der Heimfallverbindlichkeiten. Maßgebend sind nicht die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Anlagen, sondern der auf den jeweiligen Bewertungsstichtag abgezinste voraussichtliche Wert der Anlagen zum Heimfallzeitpunkt.

bb) Der enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Stromerzeugung durch die Klägerin und den Heimfallverbindlichkeiten war in den Streitjahren nicht gelöst. Denn die heimfallbelasteten Anlagen wurden von der Klägerin selbst zur Stromerzeugung genutzt, sie waren nicht Dritten zur Nutzung überlassen worden.

Daß die Verbindlichkeiten frühestens 1995 bzw. 2030 zu erfüllen sind, steht ihrer Qualifizierung als Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs nicht entgegen. Für Heimfallverbindlichkeiten, die mit der Nutzung der Wasserkraft zusammenhängen, ist typisch, daß sie erst nach Erlöschen der in der Regel für mehrere Jahrzehnte - im Streitfall überwiegend für mehr als 90 Jahre - erteilten wasserrechtlichen Genehmigung fällig werden. Die Heimfallverbindlichkeiten sind insoweit mit laufenden Verbindlichkeiten aufgrund von Rekultivierungs- und Entfernungsverpflichtungen vergleichbar, die meist auch erst nach einigen Jahrzehnten zu erfüllen sind (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 1976 I R 186/74, BFHE 120, 254, BStBl II 1977, 9; Urteil in BFHE 114, 105, BStBl II 1975, 114).

4. Die Minderung der Hinzurechnungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG hat zur Folge, daß bei der Ermittlung der Gewerbeerträge geringere als bisher angesetzte Gewerbesteuerrückstellungen zu berücksichtigen sind. Da dem Senat nicht alle Berechnungsgrundlagen der Gewerbesteuerrückstellungen bekannt sind, setzt er die sich aufgrund seiner Entscheidung ergebenden einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge nicht selbst fest, sondern überläßt deren Errechnung dem FA (Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978, BGBl I 1978, 446, BStBl I 1978, 174, verlängert durch Gesetz vom 4. Juli 1985, BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496).