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  BFH-Urteil vom 15.3.1991 (III R 187/90) BStBl. 1991 II S. 615

Ausbauten sind nach § 19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 a i.V.m. § 14 Abs. 4 BerlinFG auch dann investitionszulagefähig, wenn sie an einem Gebäude vorgenommen werden, das vor der Durchführung der Baumaßnahmen nicht dem Hotel- oder Gaststättengewerbe gedient hat.

BerlinFG a.F. § 14 Abs. 4, § 19.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt seit 1985 in Berlin (West) in gemieteten Räumen ein Hotel. Im Streitjahr (1987) mietete sie eine weitere, bisher nicht für den Hotelbetrieb genutzte Etage an und ließ dort .. Gästezimmer einrichten. Für die entstandenen Aufwendungen begehrte sie eine 20%ige Investitionszulage gemäß § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG).

Nach Durchführung einer Investitionszulagen-Sonderprüfung lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hierfür eine Zulage ab und setzte die Investitionszulage im übrigen auf .... DM fest. Zur Begründung gab das FA an, eine Zulage komme für die Aufwendungen nicht in Betracht, weil die Räumlichkeiten nicht bereits vor Durchführung der Baumaßnahme den begünstigten Zwecken gedient hätten. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Gegen den Investitionszulagenbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung erhob zum einen die Hotel-GmbH und zum anderen die "GmbH und Still" Klage. Das FG verband beide Klagen gemäß § 73 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Es sah in beiden Verfahren die Hotel-GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts und damit als Klägerin an.

In der Sache selbst hatte die Klage keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung aus, Voraussetzung für eine Zulagengewährung sei, daß die Modernisierungsmaßnahmen an einem bereits bestehenden Gebäude des Hotel- oder Gaststättengewerbes vorgenommen werden müßten. Daran fehle es im Streitfall; denn die Klägerin habe bisher nicht für den Hotelbetrieb genutzte Räume modernisiert.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 19 und 14 Abs. 4 BerlinFG. Sie vertritt die Ansicht, daß auch Modernisierungsmaßnahmen an einem bisher nicht dem Betrieb des Hotel- oder Gaststättengewerbes dienenden Gebäude begünstigt seien. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 BerlinFG müßten die Modernisierungsmaßnahmen an Gebäuden stattfinden, die nach Beendigung der Modernisierungsmaßnahmen einem Betrieb des Hotel- oder Gaststättengewerbes mindestens drei Jahre dienen. Das Gesetz fordere also eine Zweckbestimmung des Gebäudes erst nach Beendigung der Herstellungsarbeiten.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Nach § 19 Abs. 1 BerlinFG in der für das Streitjahr geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die in Berlin (West) einen Betrieb haben, u.a. auch für Ausbauten, Erweiterungen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens eine Investitionszulage in Höhe von 20 v.H. der Herstellungskosten erhalten (§ 19 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BerlinFG). Zu den weiteren tatbestandlichen Erfordernissen gehört nach § 19 Abs. 2 Satz 4 BerlinFG, daß die unbeweglichen Anlagegüter in Berlin (West) belegen und im übrigen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 BerlinFG erfüllt sind. Diese Vorschrift begünstigt nachträgliche Herstellungskosten, die für Modernisierungsmaßnahmen an in Berlin (West) belegenen Gebäuden aufgewendet werden, wenn die Gebäude in einem Betrieb des Hotel- oder Gaststättengewerbes mindestens drei Jahre nach Beendigung der nachträglichen Herstellungsarbeiten überwiegend der Beherbergung dienen. Entsprechendes gilt gemäß § 14 Abs. 4 Satz 4 BerlinFG auch für Gebäudeteile, Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.

2. Die Klägerin hat einen Ausbau an einem in Berlin (West) belegenen Gebäudeteil durchgeführt, der auch, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, gemäß § 19 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 a i.V.m. § 14 Abs. 4 BerlinFG zulagefähig ist. Bereits in dem Urteil vom 14. Dezember 1989 III R 183/85 (BFHE 160, 291, BStBl II 1990, 450) hat der erkennende Senat die Zulagefähigkeit von Modernisierungsmaßnahmen in Gestalt von Ausbauten bejaht. An dieser Auffassung hält der Senat fest.

a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 BerlinFG sind auch Ausbaukosten begünstigt, die für Modernisierungsmaßnahmen an in Berlin (West) belegenen Gebäuden aufgewendet werden. Ferner verlangt § 14 Abs. 4 BerlinFG, daß das jeweilige Gebäude in einem Betrieb des Hotel- und Gaststättengewerbes mindestens drei Jahre nach Beendigung der Modernisierungsarbeiten überwiegend der Beherbergung dienen muß. Modernisierungsmaßnahmen in diesem Sinne sind alle Baumaßnahmen, durch die die im Gesetz im einzelnen aufgeführten Anlagen und Einrichtungen geschaffen oder umgestaltet werden (s. § 14 Abs. 4 Satz 2 BerlinFG). Zweifelsfrei ergibt sich hieraus, daß Ausbauten Modernisierungsmaßnahmen sein können und nicht ausnahmslos - wie das FA meint - von einer Zulagengewährung ausgeschlossen sind.

Zutreffend geht die Vorentscheidung davon aus, daß der Begriff der Modernisierungsmaßnahme etwas bereits Vorhandenes voraussetzt, das zu modernisieren ist. Für den Streitfall läßt sich daraus jedoch kein Widerspruch ableiten, denn auch ein Ausbau setzt etwas bereits Vorhandenes voraus (vgl. § 17 Abs. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - II. WoBauG -). Die in diesem Zusammenhang vom FG zitierte Tz. 168 Satz 1 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 31. Dezember 1986 (BStBl I 1987, 51, 72 sog. Investitionszulagen-Erlaß), wonach der Begriff der Modernisierung i.S. des § 14 Abs. 4 BerlinFG fordert, daß die Modernisierungsmaßnahme an einem bestehenden Gebäude des Hotel- und Gaststättengewerbes vorgenommen werden müsse, das Gebäude also bereits vor der Durchführung der Baumaßnahmen den begünstigten Zwecken gedient haben müsse, verkennt den Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 BerlinFG. Das Tatbestandsmerkmal "Modernisierungsmaßnahmen" bezieht sich allein auf den Begriff "Gebäude" und nicht auch auf die Bezeichnung "Hotel- und Gaststättengewerbe". Nach dem Wortlaut des Gesetzes muß das Gebäude, an dem die Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen worden sind, erst nach Beendigung der Baumaßnahmen eine besondere Zweckbestimmung erfüllen. Voraussetzung des § 14 Abs. 4 Satz 1 BerlinFG ist also nicht die Modernisierung eines Hotel- und Gaststättengewerbes, sondern eine Gebäudemodernisierung.

Zwar heißt es in dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages vom 5. Mai 1978 (BTDrucks 8/1781, 7) wörtlich: "Durch die Einfügung eines neuen Absatzes 4 sollen zur Erweiterung der Beherbergungskapazität in Berlin (West) die erhöhten Absetzungen auf bestimmte Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen ausgedehnt werden, die in Berlin (West) an Gebäuden des Hotel- und Gaststättengewerbes vorgenommen werden." Aber selbst wenn der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 4 BerlinFG die Absicht verfolgt haben sollte, allein eine Modernisierung des Hotel- und Gaststättengewerbes herbeizuführen, rechtfertigte dies nicht eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß die Modernisierungsmaßnahmen an einem bereits bestehenden Gebäude des Hotel- und Gaststättengewerbes vorgenommen werden müßten. Denn eine derartige restriktive Absicht des Gesetzgebers ist im Gesetzestext nicht zum Ausdruck gekommen.

b) Die vorstehende, am Wortlaut der gesetzlichen Regelung ausgerichtete Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 4 BerlinFG. Wie dem Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (BTDrucks 8/1781, 7) zu entnehmen ist, besteht dieser in einer Erweiterung der Beherbergungskapazität in Berlin. Dieser Förderungszweck wird insbesondere dann verwirklicht, wenn ein Gebäude, das bisher nicht dem Hotel- und Gaststättengewerbe gedient hat, durch Modernisierungsmaßnahmen in der Gestalt eines Ausbaus zu einem Gebäude des Hotel- und Gaststättengewerbes umgestaltet wird. Es werden neue Beherbergungsmöglichkeiten geschaffen und damit die Berliner Beherbergungskapazität insgesamt erweitert.

Würde man hingegen - mit der Vorinstanz - verlangen, daß die Modernisierungsmaßnahmen an einem bereits zuvor dem Betrieb des Hotel- und Gaststättengewerbes dienenden Gebäude vorzunehmen sind, so würde man zu einem großen Teil den Förderungszweck des § 14 Abs. 4 BerlinFG verfehlen. Ausbauten, also die Art von Modernisierungsmaßnahmen, die typischerweise zu neuen Räumlichkeiten und damit zu einer weitgehenden Erweiterung der Beherbergungskapazität führt, würden dann grundsätzlich von § 14 Abs. 4 BerlinFG nicht mehr erfaßt werden.

3. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung; sie ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Die Vorinstanz hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage gegeben sind. Insbesondere wird es bei erneuter Verhandlung und Entscheidung zu prüfen haben, ob die einzelnen Baumaßnahmen Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 14 Abs. 4 Satz 2 BerlinFG darstellen.