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  BFH-Beschluß vom 26.6.1991 (II B 125/90) BStBl. 1991 II S. 685

Die Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 117a BewG verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Diese Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

BewG § 177a; GG Art. 3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde auf den 1. Januar 1986 mit einem steuerpflichtigen Vermögen von 206.000 DM zur Vermögensteuer (= 1.030 DM) veranlagt. Dabei legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) das vom Kläger erklärte land- und forstwirtschaftliche Vermögen, Grundvermögen sowie sonstiges Vermögen ungekürzt zugrunde.

Im Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, daß ihm "die vermögensteuerlichen Vergünstigungen, die in Anwendung des § 117a des Bewertungsgesetzes (BewG) für Betriebsvermögen gewährt werden", ebenfalls zustünden, obwohl er kein Betriebsvermögen besitze. Der Ausschluß der anderen Vermögensarten von diesen Vergünstigungen verstoße nämlich gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Der Einspruch sowie die mit gleicher Begründung erhobene Klage blieben erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) geltend macht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich insbesondere nicht daraus, daß die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 117a BewG bisher höchstrichterlich nicht entschieden wurde. Denn die vom Kläger aufgeworfene Frage eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG ist offensichtlich mit der angegriffenen Entscheidung des FG zu verneinen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Februar 1978 VI B 135/77, BFHE 124, 527; vom 25. Mai 1973 VI B 95/72, BFHE 109, 303, BStBl II 1973, 665, und vom 11. Juli 1972 IV B 61/71, BFHE 106, 276, BStBl II 1972, 792).

Nach § 117a Abs. 1 BewG wird bei der Ermittlung des Gesamtvermögens das den Freibetrag von 125.000 DM übersteigende Betriebsvermögen nur mit 75 v.H. angesetzt. Mit dieser durch das Steuerentlastungsgesetz 1984 (StEntlG 1984) vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1583, BStBl I 1984, 14) in das BewG eingefügten Vorschrift sollte nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere der rückläufigen Entwicklung der Eigenkapitalausstattung der Wirtschaft entgegengewirkt und die Bereitstellung von Risikokapital für Unternehmen angeregt werden (vgl. BTDrucks 10/336, S. 22 f.). Der Gesetzgeber hat mit dieser wirtschaftspolitisch begründeten Lenkungsmaßnahme zur Förderung der Investitionsbereitschaft und zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den vom GG eingeräumten Gestaltungsspielraum nach Auffassung des erkennenden Senats in verfassungsrechtlich zulässiger Weise genutzt. Die - vom Umfang her eingeschränkte - Entlastung des Betriebsvermögens von der Vermögensteuer ist insbesondere nicht willkürlich; sie beruht vielmehr auf sachgerechten Erwägungen. Der Gesetzgeber kann sich - wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont hat - im Rahmen seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit im Bereich des Steuerrechts auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Seine Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt; Art. 3 Abs. 1 GG fordert kein absolutes Belastungsgleichmaß im Bereich der bewertungsabhängigen Steuern (s. Urteil des BVerfG vom 10. Februar 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl II 1987, 240, 245, 246). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 117a in das BewG seine Gestaltungsfreiheit nicht überschritten hat.

Aber auch wenn man mit dem Kläger von der Verfassungswidrigkeit des § 117a BewG ausginge, wäre die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu verneinen. Denn die im Streitfall entscheidende Frage der zutreffenden steuerlichen Erfassung des Vermögens des Klägers hängt nicht davon ab, daß § 117a BewG mit dem GG vereinbar ist, da der Kläger selbst kein Betriebsvermögen besitzt.

Eine etwaige Verfassungswidrigkeit des § 117a BewG würde lediglich zum Wegfall der durch diese Vorschrift eingeführten Vergünstigungen für das Betriebsvermögen, d.h. zu einer höheren Besteuerung dieser Vermögensart, nicht jedoch zu einer Ausdehnung der durch § 117a BewG geschaffenen Vergünstigungen auf die anderen Vermögensarten (land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen, sonstiges Vermögen) führen (vgl. Beschluß des BVerfG vom 15. November 1989 1 BvR 171/89, BStBl II 1990, 103). Dies wäre nur dann zulässig, wenn mit Sicherheit angenommen werden könnte, daß der Gesetzgeber bei Beachtung des Art. 3 GG eine solche, sich auf alle Vermögensarten erstreckende Entlastungsregelung getroffen hätte (vgl. Beschluß des BVerfG vom 11. Juni 1958 1 BvL 149/52, BVerfGE 8, 28). Davon kann aber - wie die Gesetzesbegründung zeigt (vgl. BTDrucks 10/336, S. 22 f.) - gerade nicht ausgegangen werden.