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  BFH-Beschluß vom 28.5.1991 (IV B 28/90) BStBl. 1991 II S. 801

Die Frage, ob der zur Betriebsaufspaltung ergangene Beschluß des BVerfG vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 (BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475) die Anwendbarkeit der sog. Personengruppentheorie des BFH berührt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Es ist vielmehr durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, daß in Fällen, in denen Familienangehörige aufgrund ihrer Beteiligung sowohl am Besitz- als auch am Betriebsunternehmen in der Lage sind, zusammen beide Unternehmen zu beherrschen, der von der Rechtsprechung vermutete Interessengleichklang nicht auf der familiären Beziehung, sondern auf dem zweckgerichteten Zusammenschluß derselben Personen in beiden Unternehmen beruht (BFH-Urteil vom 17. März 1987 VIII R 36/84, BFHE 150, 356, BStBl II 1987, 858).

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Streitig ist, ob zwischen der klagenden und beschwerdeführenden Erfindergemeinschaft (Klägerin) und einer GmbH, die die Erfindungen verwertet, eine unechte Betriebsaufspaltung besteht.

An der Klägerin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sind der Vater W. H. und sein Sohn R. H. beteiligt. Die GbR wurde zum 1. Januar 1976 gegründet. Der Vater war zunächst als Einzelerfinder tätig gewesen und hatte als solcher mehrere patentfähige Produktionsverfahren für die Herstellung von ... entwickelt. Der Sohn war im Jahre 1976 noch Ingenieur-Student.

Rechtsgrundlage der Klägerin war ein Gesellschaftsvertrag vom 26. Dezember 1975, der am 30. Dezember 1976 notariell gefaßt wurde. Nach § 2 dieses Vertrages sollte jeder Partner der Sozietät zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft und zu ihrer Vertretung allein berechtigt sein. Bei Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Geschäftsführung sollte den aus den Erfahrungen einer langjährigen Erfindertätigkeit abgeleiteten, aber auch auf Spezialkenntnissen beruhenden Gründen besonderes Gewicht beigemessen werden. Von dem Gesellschaftskapital (100.000 DM) übernahmen

der Vater 55 v.H.,

der Sohn 45 v.H..

In diesem Verhältnis waren die Gesellschafter auch am Ergebnis der Erfindergemeinschaft beteiligt.

Bereits im Jahre 1973 war die H-GmbH gegründet worden, der der Vater die Verwertung seiner (später in die GbR eingebrachten) Erfindungen überlassen hatte. An dieser GmbH waren beteiligt:

der Vater zu 51 v.H.,

der Sohn zu 24 v.H.,

die Ehefrau/Mutter zu 25 v.H..

Auf der Verwertung der von der Klägerin eingeräumten Lizenzen beruhten 75 v.H. der Umsätze der GmbH.

Anläßlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin kamen der Prüfer und ihm folgend der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis, daß in der Lizenzvergabe an die GmbH eine gewerbliche Tätigkeit der Klägerin zu sehen sei, weil zwischen den beiden Gesellschaften eine sog. unechte Betriebsaufspaltung bestanden habe. Das FA erließ daher gegen die Klägerin für das Streitjahr (1976) einen Gewerbesteuermeßbescheid.

Hiergegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Abweichung des FG-Urteils vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Oktober 1987 VIII R 5/87 (BFHE 151, 457, BStBl II 1989, 96) gestützt wird.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475 berührt nicht die Anwendbarkeit der sog. Personengruppentheorie des BFH. Letztere besagt, daß es für die Beherrschung von Besitz- und Betriebsunternehmen ausreicht, wenn an beiden Unternehmen mehrere Personen beteiligt sind, die zusammen beide Unternehmen beherrschen. Nicht erforderlich ist es, daß an beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungen derselben Personen bestehen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Der Grund hierfür wird darin gesehen, daß die Gesellschafter des Betriebsunternehmens nicht zufällig zusammengekommen sind, sondern sich auch beim Besitzunternehmen zur Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks zusammengefunden haben, ihr Handeln also durch gleichgerichtete Interessen bestimmt wird (BFH-Urteil vom 2. August 1972 IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796).

Diese Rechtsprechung ist vom BVerfG im Beschluß in BStBl II 1985, 475 nicht beanstandet worden (480). Die vom BVerfG beanstandete Rechtsprechung betrifft die Fälle, in denen einem Steuerpflichtigen die Anteile eines Familienangehörigen deshalb zugerechnet werden, weil der Interessengleichklang aus der familiären Bindung hergeleitet wird. Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, daß der Familienangehörige nur an einem der beiden Unternehmen beteiligt ist (vgl. die drei vom BVerfG beurteilten Sachverhalte, BStBl II 1985, 475, 476 f.; Söffing, Betriebsaufspaltung, 2. Aufl. 1990, S. 24 ff.).

Treffen die Voraussetzungen der "Personengruppentheorie" auf Familienangehörige zu, sind also beispielsweise Ehemann und Ehefrau in der Lage, zusammen beide Unternehmen zu beherrschen, so beruht der von der Rechtsprechung vermutete Interessengleichklang nicht auf der familiären Beziehung, sondern auf dem zweckgerichteten Zusammenschluß derselben Personen in beiden Unternehmen. Die Familienangehörigen werden in diesen Fällen nicht schlechter, sondern ebenso behandelt, wie nicht durch die Familie verbundene Steuerpflichtige. Der BFH hat deshalb in solchen Fällen auch nach Ergehen des BVerfG-Beschlusses in BStBl II 1985, 475 eine Betriebsaufspaltung angenommen. Besonders deutlich wird die Abgrenzung der "Personengruppentheorie" gegenüber der Zusammenrechnung von Ehegattenanteilen im BFH-Urteil vom 17. März 1987 VIII R 36/84 (BFHE 150, 356, BStBl II 1987, 858), in dem die personelle Verflechtung für ein Streitjahr, in dem beide Ehegatten an beiden Unternehmen beteiligt waren, bejaht und für die folgenden Jahre, in denen die Ehefrau nur an der Besitzgemeinschaft beteiligt war, verneint wurde.

2. Die geltend gemachte Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist nicht in zulässiger Weise dargetan und liegt zudem aus verschiedenen Gründen nicht vor. Zum einen betrifft das Urteil in BFHE 151, 457, BStBl II 1989, 96 einen Fall, in dem der Ehemann allein an der Betriebsgesellschaft beteiligt war. Zum anderen trägt die Klägerin selbst vor, daß das FG deshalb nicht von der BFH-Entscheidung abweiche, weil es den Gesellschaftsvertrag falsch ausgelegt habe.