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  BFH-Urteil vom 26.6.1991 (XI R 24/89) BStBl. 1991 II S. 877

Die anzurechnende Körperschaftsteuer und die zugrunde liegende Nettodividende sind derselben Einkunftsart zuzuordnen.

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3; GewStG § 7.

Vorinstanz: FG Hamburg (EFG 1990, 370)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist alleiniger Rechtsnachfolger seines am 13. August 1988 verstorbenen Vaters. Dieser betrieb in den Streitjahren als Einzelunternehmer ein Bankgeschäft. Zu dem Betriebsvermögen gehörten Aktien, auf die in den Streitjahren Dividenden gezahlt wurden. Die anzurechnende Körperschaftsteuer wurde gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V. m. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 20 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Ertrag bei der Gewinnermittlung berücksichtigt und auch der Berechnung der Gewerbeerträge zugrunde gelegt.

Die auf Kürzung der Gewerbeerträge um die anzurechnende Körperschaftsteuer gerichteten Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 23. November 1987).

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 370 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidungsgründe

1. Die Revision ist nicht begründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die anzurechnende Körperschaftsteuer gehört zum Gewerbeertrag (§ 7 GewStG).

a) Grundlage für die Berechnung des Gewerbeertrags ist der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG gehört die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG anzurechnende Körperschaftsteuer zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Gehören Einkünfte dieser Art zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, so sind sie gemäß § 20 Abs. 3 EStG diesen Einkünften zuzurechnen.

b) Die Erfassung der anzurechnenden Körperschaftsteuer als Einnahme durch § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG beruht auf den Besonderheiten des körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens. Kernstück der Körperschaftsteuerreform (vgl. das Körperschaftsteuergesetz - KStG - vom 31. August 1976, BGBl I 1976, 2.597, BStBl I 1976, 445) war die vollständige Beseitigung der Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne, indem auf der Ebene der ausschüttenden Körperschaft die regelmäßige Belastung von seinerzeit 56 v.H. für ausgeschüttete Gewinne auf 36 v.H. herabgesetzt und die verbleibende Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerschuld des Anteilseigners angerechnet wird (vgl. dazu im einzelnen Wrede, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A 1976, 411). Die technische Konstruktion des Anrechnungsverfahrens führt dazu, daß sich der Gewinnanteil des Anteilseigners aus zwei Komponenten zusammensetzt; er erhält (ohne Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer) die Nettodividende in Höhe von 64/100 des mit 36 v.H. belasteten ausgeschütteten Gewinns sowie die anzurechnende Körperschaftsteuer in Höhe von 36/64 (=9/16) der Nettodividende, insgesamt also 100 v.H. des ausgeschütteten Gewinns.

Ist die anzurechnende Körperschaftsteuer demzufolge Teil der Gesamtdividende (was durch die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG unterstrichen wird), so ist sie zwangsläufig bei derselben Einkunftsart anzusetzen, bei der die zugrundeliegenden Einnahmen (die Nettodividende) erfaßt werden (Bordewin in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, April 1990, § 20 EStG, Anm. 173; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 7. Aufl., 1989, § 17 II; Raupach, Finanz-Rundschau 1978, 570, 578; Abschn. 154 Abs. 4 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien; a. A. unter Verkennung der dargelegten Zusammenhänge Simon, Betriebs-Berater 1981, 133, 136).

Aufgrund dieser Rechtslage kann die anzurechnende Körperschaftsteuer nicht mit einem Einkommensteuer-Erstattungsanspruch verglichen werden. Dieser Vergleich berücksichtigt nicht die besondere (Doppel-)Natur der anzurechnenden Körperschaftsteuer, die sich aus der Konstruktion des Anrechnungsverfahrens ergibt.

c) Im Streitfall sind die (Netto-)Dividenden betriebliche Einnahmen. Die Aktien, aufgrund derer die Dividenden gezahlt wurden, gehörten zu dem Betriebsvermögen des von dem Vater des Klägers betriebenen Bankgeschäfts. Die Qualifikation der Einkünfte als gewerblich hat Vorrang (§ 20 Abs. 3 EStG). Dementsprechend sind auch die anzurechnenden Körperschaftsteuern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen.

d) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die anzurechnende Körperschaftsteuer die Voraussetzungen eines Wirtschaftsgutes erfüllt; denn der sich nach dem Betriebsvermögensvergleich ergebende steuerliche Gewinn ist um alle betrieblich veranlaßten Wertzugänge zu erhöhen, mögen diese auch nicht zur (weiteren) betrieblichen Nutzung geeignet und bestimmt sein (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juli 1988 III R 175/85, BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995; und vom 20. April 1989 IV R 106/87, BFHE 157, 118, BStBl II 1989, 641). Ebenso wie im Falle von Betriebseinnahmen (dazu vgl. BFH-Urteil vom 17. April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607) setzt auch der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Ertrag nicht voraus, daß der entsprechende Zugang (Zufluß) Gegenstand des Betriebsvermögens wird.