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BFH-Beschluß vom 14.8.1991 (I B 240/90) BStBl. 1991 II S. 935

1. Bei summarischer Prüfung der Rechtslage können Darlehenszinsen, die eine Kapitalgesellschaft ihrem ausländischen Gesellschafter zahlt, - vorbehaltlich einem Gestaltungsmißbrauch i.S. des § 42 AO 1977 - nur dann als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden, wenn ihre Vereinbarung dem Grunde und/oder der Höhe nach unangemessen oder die Zinsverbindlichkeit zivilrechtlich nicht wirksam entstanden ist oder die Zinszahlung nicht zur Tilgung der Zinsverbindlichkeit führte und/ oder bereits wegen eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG als eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Leistung anzusehen ist.

2. Die vom BGH zu §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind für die Gesellschafterdarlehens - und die - zinsforderung getrennt zu prüfen.

FGO § 69 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 43, § 44; GmbHG §§ 30, 31.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) ist eine GmbH, die als Gesamtrechtsnachfolgerin der K-GmbH beim Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt - FA -) Einspruch gegen den Haftungsbescheid vom 11. Dezember 1989 wegen Haftung für Kapitalertragsteuer der K-Inc in den USA einlegte. Über den Einspruch ist - soweit bekannt - noch nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides wies das FA am 30. Januar 1990 zurück. Die dagegen eingelegte Beschwerde blieb erfolglos.

Deshalb beantragte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim Finanzgericht (FG). Das FG gab dem Antrag durch Beschluß vom 6. November 1990 statt. Es ließ die Beschwerde zu. Der Beschluß wurde dem FA am 20. November 1990 zugestellt. Es legte am 30. November 1990 beim FG Beschwerde ein, der das FG nicht abgeholfen hat. Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Sämtliche Geschäftsanteile an der im Jahre 1976 gegründeten K-GmbH wurden in der Zeit vom 3. Februar 1983 bis zum 31. Dezember 1985 von der K-Inc und in der Zeit vom 1. Januar 1986 bis zum 30. September 1988 von der E-Inc in den USA gehalten. Die E-Inc übernahm zum 1. Januar 1986 das Vermögen der K-Inc im Wege der Verschmelzung.

Gegenstand der K-GmbH war in dem hier interessierenden Zeitraum der Vertrieb bestimmter Artikel, die die K-Inc hergestellt hatte. Als Folge des Kursanstiegs des Dollars in den Jahren 1983 bis 1986 erlitt die K-GmbH in den Geschäftsjahren 1983 bis 1986 lt. Handelsbilanz erhebliche Verluste. Die Verluste betrugen für 1983 867.000 DM, für 1984 1.810.000 DM, für 1985 2.875.000 DM und für 1986 1.898.000 DM. Zur Stärkung der Finanzmittel stundete die K-Inc als Hauptlieferant der K-GmbH letzterer Warenschulden, die an sich in 1983 bzw. in 1984 fällig waren und damals wie folgt in Darlehensverbindlichkeiten umgewandelt wurden:

Laufzeit

Zinssatz

Darlehensbetrag

15. 2.1983 - 15. 2.1987

9 v.H.

352.158 DM

30.11.1983 - 30.11.1988

9 v.H.

300.000 DM

1.10.1984 - 1.10.1987

9 v.H.

1.114.869 DM

 

 

------------------

 

Gesamt:

1.767.027 DM.

Nach einer Betriebsprüfung bei der K-GmbH gelangte das FA zu der Auffassung, daß die Darlehensbeträge nach dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16. März 1987 (BStBl I 1987, 373) steuerlich als "verdecktes Stammkapital" zu behandeln seien. Es sah in den für die Darlehen gezahlten Zinsen zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und erließ am 11. Dezember 1989 den o.g. Haftungsbescheid gegen die K-GmbH wegen Kapitalertragsteuer in Höhe von 33 1/3 v.H. der für 1984 (58.694 DM) und für 1985 (31.694 DM) gezahlten Zinsen. Die Haftungsschuld betrug danach 33 1/3 v.H. von 90.388 DM = 30.128 DM.

Das FG hatte ernsthafte Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO an der Rechtmäßigkeit des mit dem Einspruch angefochtenen Haftungsbescheides. Es vertrat unter Bezugnahme auf seinen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1990, 410 veröffentlichten Beschluß vom 22. März 1990 III/V 35/89 die Auffassung, daß die Rechtslage zum verdeckten Eigenkapital noch nicht hinlänglich geklärt sei. Dies gelte insbesondere für die Übernahme der zivilrechtlichen Figur des eigenkapitalersetzenden Darlehens in das Steuerrecht.

Mit seiner Beschwerde macht das FA geltend, die Rechtslage sei eindeutig. Die Zinszahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttungen mit der Folge zu beurteilen, daß der Haftungsbescheid vom 11. Dezember 1989 rechtmäßig sei.

Es beantragt, unter Aufhebung des FG-Beschlusses vom 6. November 1990 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides vom 11. Dezember 1989 über 30.128 DM als unbegründet zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seit dem Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66 (BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182) sind ernstliche Zweifel in dem o.g. Sinne anzunehmen, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen sie sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Dies ist auf der Grundlage einer summarischen Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten zu entscheiden. Hiervon ausgehend bestehen im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides.

2. Der im Streitfall interessierende Haftungsbescheid vom 11. Dezember 1989 beruht auf der Anwendung der §§ 191 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. 44 Abs. 5 Satz 1 EStG. Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG haftet der Schuldner von Kapitalerträgen i.S. des § 43 Abs. 1 EStG für die Kapitalertragsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Entsprechend hängt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides vor allem von der Frage ab, ob die von der K-GmbH an die K-Inc gezahlten Zinsen steuerrechtlich als Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 EStG beurteilt werden können.

3. Nach dem Sachverhalt, von dem das FA einerseits ausgegangen ist und die Beteiligten andererseits ausgehen, zahlte die K-GmbH an die K-Inc Zinsen, die auf Grund eines Darlehensvertrages geschuldet wurden. Derartige Zinszahlungen sind grundsätzlich keine Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 EStG. Ihre Umqualifizierung in verdeckte Gewinnausschüttungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1983/85 kommt nur dann in Betracht, wenn die Vereinbarung von Darlehenszinsen dem Grunde und/oder der Höhe nach unangemessen gewesen sein sollte oder wenn die Zinsverbindlichkeit zivilrechtlich nicht bestanden haben sollte oder wenn die Zahlung nicht zur Tilgung der Zinsverbindlichkeit geführt haben sollte. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand bestehen zumindest gewichtige Zweifel, ob eine dieser Voraussetzungen im Streitfall gegeben ist.

4. a) Das FA stützt seine Rechtsauffassung, daß eine Zinszahlungsverbindlichkeit der K-GmbH gegenüber der K-Inc schon zivilrechtlich nicht bestand, auf das Rechtsinstitut des sog. eigenkapitalersetzenden Darlehens. Es geht davon aus, daß ein eigenkapitalersetzendes Darlehen keine Zinsverbindlichkeit der Gesellschaft entstehen läßt. Dieser Auffassung stehen bei summarischer Prüfung sowohl die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - (vgl. Urteil vom 11. Mai 1987 II ZR 226/86, Der Betrieb - DB - 1987, 1781 = GmbH-Rundschau - GmbHR - 1987, 390) als auch gewichtige Stimmen im Schrifttum entgegen (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 32a, b Rdnr. 176; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 III 2 b). Dazu ist zwischen den Rechtsfolgen zu unterscheiden, die sich aus der Neuregelung der §§ 32a, 32b des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), 32a der Konkursordnung (KO) und 3b des Anfechtungsgesetzes (AnfG) durch die GmbH-Novelle 1980 (BGBl I 1980, 836) einerseits und auf Grund der zu §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze andererseits ergeben. Die Rechtsfolge der §§ 32a, 32b GmbHG kann im Streitfall schon deshalb nicht eingreifen, weil über das Vermögen der K-GmbH in den Jahren 1984 und 1985 weder ein Konkurs noch ein Vergleich eröffnet wurde. Die Rechtslage ist deshalb ausschließlich nach den zu §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen zu beurteilen.

b) Bei der Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG auf Gesellschafterdarlehen gehen jedoch sowohl der BGH (a.a.O.) als auch die überwiegende Meinung im zivilrechtlichen Schrifttum (vgl. auch Scholz/Westermann, GmbH-Gesetz, 7. Aufl., § 31 Rdnr. 4; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, § 31 Rdnr. 6; Rümker/Westermann, Eigenkapitalersetzende Darlehen, 1987, S. 53 ff.; Fleck, Kapitalaufbringung, S. 34) offenbar davon aus, daß die Beurteilung eines Gesellschafterdarlehens als eigenkapitalersetzendes weder die Umwandlung des Darlehens in haftendes Kapital noch dessen interne Gleichstellung mit Eigenkapital bedeutet. Die §§ 30, 31 GmbHG beschränken sich darauf, die Geltendmachung der Verbindlichkeit in der Krise auszuschließen. Es werden die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft im Verhältnis zu den Ansprüchen anderer Gläubiger zurückgestuft. Für das Innenrecht einer GmbH bleibt aber das eigenkapitalersetzende Darlehen im übrigen Fremdkapital, was wohl die Entstehung einer vertraglichen Zinsverbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter einschließt. Allerdings können die §§ 30, 31 GmbHG im Einzelfall der Geltendmachung einer evtl. entstandenen Zinsverbindlichkeit entgegenstehen. Jedoch bedeutet die Behandlung eines Gesellschafterdarlehens als eigenkapitalersetzendes noch nicht, daß auch die Zinsverbindlichkeit zwangsläufig eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Die zu §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind vielmehr für Gesellschafterdarlehens- und Gesellschafterzinsforderungen getrennt zu prüfen.

c) Im zivilrechtlichen Schrifttum wird allerdings auch eine andere Auffassung vertreten. Insbesondere sind Lutter/Hommelhoff (GmbH-Gesetz, 13. Aufl., §§ 32a/b, Rdnr. 70) der Auffassung, daß der Darlehensrückzahlungs- und der Zinsanspruch des Gesellschafters vorläufig nicht entstünden. Dieselben Autoren sprechen aber in ihrer Kommentierung zu § 30 GmbHG (Rdnr. 32) von einem entstandenen, aber gehemmten Anspruch. Der Senat muß in diesem Verfahren nicht darüber entscheiden, ob er sich dieser Auffassung anschließen wird und welche steuerrechtlichen Konsequenzen aus ihr zu ziehen sind. Für die Annahme ernstlicher rechtlicher Zweifel genügt die Tatsache, daß auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH das eigenkapitalersetzende Darlehen Fremdkapitalcharakter hat und der Entstehung des Zinsanspruches des Gesellschafters nicht entgegensteht.

5. Kapitalerträge i.S. des § 43 Abs. 1 EStG wären im Streitfall allerdings auch dann anzunehmen, wenn die von der K-GmbH geleisteten Zinszahlungen zivilrechtlich nicht als solche, sondern als ein sonstiger Bezug aus den GmbH-Geschäftsanteilen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1983/85 zu beurteilen sein sollten. Dies ist rechtlich denkbar, wenn das der Zahlung zugrunde liegende Erfüllungsgeschäft wegen Verstoßes gegen die §§ 30, 31 GmbHG gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nichtig sein und deshalb die Erfüllung einer evtl. entstandenen Zinsverbindlichkeit nicht bewirkt haben sollte. Tatsächlich ist auch diese Auffassung im Schrifttum weit verbreitet (vgl. Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 31 Rdnr. 10; Brandner, in Festschrift Fleck, 1988, S. 23; Hommelhoff, in Festschrift Kellermann, 1991, S. 165). Ihr steht jedoch offenbar die Rechtsprechung des BGH entgegen (vgl. Urteile vom 29. September 1977 II ZR 157/76, BGHZ 69, 274; vom 28. September 1981 II ZR 223/80, BGHZ 81, 365; vom 11. Mai 1987 II ZR 226/86, DB 1987, 1781 = GmbHR 1987, 390). Diese Rechtsprechung findet ihrerseits im anderweitigen Schrifttum Zustimmung (vgl. Westermann, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht - ZIP - 1987, 1115; Scholz/Westermann, a.a.O., § 30 Rdnr. 10; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 30 Rdnr. 21). Danach sind Erfüllungsgeschäfte, die gegen § 30 GmbHG verstoßen, regelmäßig wirksam, so daß mit der Erfüllung (hier:) die evtl. entstandene Zinsforderung erlischt. Ob dies auch für solche Zinsforderungen gilt, die, wenn überhaupt, erst in der Krise entstanden sind und nur aus künftigen Jahres- oder Liquidationsüberschüssen getilgt werden sollen, bedarf in diesem Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Aus den bereits oben genannten Gründen ist jedenfalls für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung von der BGH-Rechtsprechung auszugehen. Dann aber erzielte die K-Inc Zinserträge und keine Beteiligungserträge.

6. Der Senat sieht keine Notwendigkeit, in diesem Verfahren zu der Rechtsfrage abschließend Stellung zu nehmen, ob trotz des vom BGH (a.a.O.) offenbar angenommenen Erlöschens der Zinsforderung in einer gegen § 30 Abs. 1 GmbHG verstoßenden Zinszahlung an den Gesellschafter auch eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Leistung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 1990 gesehen werden kann.

7. Unter rein steuerlichen Gesichtspunkten könnte eine andere Beurteilung auf der Grundlage des § 42 AO 1977 in Betracht kommen. Auf diese Vorschrift stützt sich auch das o.g. BMF-Schreiben vom 16. März 1987. Sie setzt jedoch einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (hier: des Zivilrechts) voraus. Insoweit ist zu bedenken, daß weder die zu §§ 30, 31 GmbHG entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze noch die §§ 32a, 32b GmbHG gesellschaftsrechtlich eine gesetzliche Pflicht zur angemessenen Kapitalausstattung der GmbH seitens ihrer Gesellschafter begründen. Ebensowenig ist es das Ziel der genannten Vorschriften, die Darlehensfinanzierung der GmbH durch ihre Gesellschafter zu unterbinden oder einem allgemeinen Unwerturteil zu unterwerfen (Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 32a, b, Rdnr. 7). Vielmehr sollen die Gesellschafter nur die Haftungsfolgen tragen, die sich daraus ergeben, daß sie den Eigenkapitalbedarf der Gesellschaft mit Fremdmitteln abgedeckt haben (vgl. BGH-Urteile vom 24. März 1980 II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329; vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 389; Scholz/Karsten Schmidt, a.a.O., §§ 32a, 32b, Rdnr. 5). Aus dem Blickwinkel des § 42 AO 1977 wirft dies die Frage auf, ob ein Gesellschafter nicht die ihm vom Zivilrecht eingeräumte Möglichkeit der Darlehenshingabe mit der Folge der Haftung gemäß §§ 30, 31 bzw. gemäß §§ 32a, 32b GmbHG nutzen können muß, ohne sich deshalb dem Vorwurf des Mißbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Zivilrechts auszusetzen. Die Konsequenz einer solchen Auffassung wäre es, daß jedenfalls das Rechtsinstitut des eigenkapitalersetzenden Darlehens für sich genommen die Anwendung des § 42 AO 1977 nicht rechtfertigt. Der Senat läßt auch insoweit unentschieden, ob er sich dieser Auffassung letztlich anschließt. Er hält jedoch die Rechtsfrage in dem Sinne für offen, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheides nicht schon aus Gründen des § 42 AO 1977 verneint werden können.

8. Zu Unrecht stützt das FA seine Beschwerdebegründung vor allem auf das BFH-Urteil vom 30. Mai 1990 I R 97/88 (BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875). Der erkennende Senat hat in diesem Urteil lediglich entschieden, daß die Frage, ob eine Gesellschafterleistung Eigenkapital der Gesellschaft auslöst, nach dem Zivilrecht zu entscheiden ist, das sich nach dem Gesellschaftsstatut bestimmt. Damit ist nichts darüber gesagt, ob eigenkapitalersetzende Leistungen nach deutschem Zivilrecht Eigenkapital der Gesellschaft auslösen. Für eine entsprechende Aussage bestand in BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875 keine Veranlassung. Nach der o.g. BGH-Rechtsprechung lösen eigenkapitalersetzende Leistungen kein Eigenkapital der Gesellschaft aus. Der Senat folgt insoweit der Beurteilung von Westerfelhaus, (DB 1990, 2035) nicht.

9. Das FG hat deshalb im Ergebnis die Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO zu Recht bejaht und die Vollziehung des angefochtenen Haftungsbescheides ausgesetzt. Die sich dagegen richtende Beschwerde ist unbegründet.