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  BFH-Urteil vom 30.7.1991 (IX R 49/90) BStBl. 1992 II S. 27

Ist wegen des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung ab Veranlagungszeitraum 1987 für die Zeit der Selbstnutzung eines vor dem 1. Januar 1987 hergestellten oder angeschafften Ferienhauses kein Nutzungswert zu erfassen, so können Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur noch insoweit abgezogen werden, als sie mit der Vermietung des Ferienhauses an Feriengäste zusammenhängen. Sind die Aufwendungen sowohl durch die Selbstnutzung als auch durch die Vermietung veranlaßt, sind sie regelmäßig zeitanteilig aufzuteilen.

EStG §§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 9 Abs. 1, 21 Abs. 2, 21 a, 52 Abs. 21.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine mit ihm zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Ehefrau sind zu je 1/2 Miteigentümer eines Ferienhauses in einem Nordseebad. Seit 1982 vermietet der Kläger das Ferienhaus an Feriengäste. Es ist im Gastgeberverzeichnis der Gemeinde F eingetragen. Im Streitjahr 1987 war das Ferienhaus an 72 Tagen vermietet. An 13 Tagen nutzte es der Kläger selbst, und zwar nach seinem Vortrag nur zur Reinigung und Renovierung.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr bezifferten die Kläger den Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung für das Ferienhaus auf 3.363 DM. Dabei stellten sie den Mieteinnahmen von 5.060 DM und dem Mietwert für die Zeit der Selbstnutzung (13 x 50 DM täglich) Aufwendungen von insgesamt 9.073 DM gegenüber. Als Werbungskosten machten sie u. a. Schuldzinsen, Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), erhöhte Absetzungen nach § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), ferner Grundsteuer, Reinigungskosten, Anschaffungskosten für Einrichtungsgegenstände, Versicherungsbeiträge sowie Fremdenverkehrsabgaben geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging dagegen bei der Einkommensteuerfestsetzung davon aus, daß Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur in der Zeit der Vermietung angefallen seien. Für den Zeitraum der Selbstnutzung, zu dem es auch die Zeit des Leerstehens des Ferienhauses rechnete, setzte das FA wegen des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung ab Veranlagungszeitraum 1987 keine Einkünfte an. Es zog dementsprechend von den tatsächlich erzielten Mieteinnahmen nur die zeitanteilig auf die Zeit der Vermietung entfallenden Werbungskosten (9.073 DM : 365 X 72) ab. Dadurch ergab sich ein Überschuß von 3.270 DM. Außerdem zog es den Anteil an den erhöhten Absetzungen nach § 82 a EStDV, der auf die Zeit der Nichtvermietung entfällt, nach § 52 Abs. 21 Sätze 4 und 5 EStG wie Sonderausgaben ab.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der der Kläger geltend machte, das Ferienhaus habe ganzjährig zur Vermietung zur Verfügung gestanden und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien deshalb für das ganze Jahr durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten zu ermitteln, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien die Einkünfte aus einem zeitweise vermieteten und zeitweise selbst genutzten Ferienhaus nur dann für das ganze Jahr durch Gegenüberstellung der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige das Haus ständig zur Vermietung an Feriengäste bereithalte. Diese Voraussetzung sei im Streitjahr nicht erfüllt. Der Kläger habe das Haus zwar an Feriengäste vermietet, hieraus lasse sich aber keine uneingeschränkte Vermietungsbereitschaft herleiten, weil er die Verfügungsbefugnis über das Haus nicht aus der Hand gegeben habe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision. Er rügt fehlerhafte Anwendung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die vom FG verlangte Objektivierung der Vermietungsabsicht sei mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar. Wenn man dieser Ansicht folge, dürfte eine Vermietungsabsicht für leerstehende Wohnungen nur noch dadurch nachgewiesen werden können, daß ein Wohnungsvermittler mit der Vermietung an Dritte beauftragt werde und der Eigentümer zusätzlich auf sein Verfügungsrecht verzichte. Das sei jedoch häufig nicht zumutbar. Das FG habe auch unzutreffend die Werbungskosten zeitanteilig auf die Zeit der Vermietung und die Zeit der Eigennutzung aufgeteilt.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung 1987 dahin zu ändern, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Ferienhaus mit ./. 3.363 DM berücksichtigt werden und das zu versteuernde Einkommen sich auf 95.877 DM errechnet.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 25. Juni 1991 IX R 7/85 (BFHE 165, 67, BStBl II 1992, 24) entschieden hat, ist bei Ferienhäusern und Ferien-Eigentumswohnungen, die zeitweise an Feriengäste vermietet sind und zeitweise selbstgenutzt werden, der Nutzungswert für die Zeit der Selbstnutzung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1, § 21 a EStG zu ermitteln. Zur Selbstnutzung gehört auch der Zeitraum, in dem das Ferienhaus weder vermietet noch tatsächlich selbstgenutzt wird, es dem Steuerpflichtigen aber zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung steht. Das Ferienhaus steht dem Steuerpflichtigen jedenfalls dann zur jederzeitigen Selbstnutzung zur Verfügung, wenn er es selbst vermietet und es ihm deshalb freisteht, das Grundstück selbst zu nutzen oder zu vermieten.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, gegen die zulässige und begründete Revisionsrügen nicht erhoben wurden und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO), hat der Kläger das Ferienhaus im Streitjahr selbst an Feriengäste vermietet. Er konnte es deshalb außer in den Zeiträumen, in denen es vermietet war, jederzeit nutzen.

2. Die Vorentscheidung ist danach zu Recht davon ausgegangen, daß als Zeitraum der Selbstnutzung der gesamte Zeitraum anzusehen ist, in dem das Ferienhaus nicht vermietet war. Für diesen Zeitraum ist nach dem Senatsurteil vom 25. Juni 1991 IX R 7/85 bis zum Veranlagungszeitraum 1986 der Nutzungswert nach § 21 a EStG zu ermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift vorliegen, also entweder das Ferienhaus als Einfamilienhaus bewertet ist oder § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. F. des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I, 1523, BStBl I 1982, 235) - 2. HStruktG - eingreift.

3. Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt, daß die Besteuerung des Nutzungswerts einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus ab dem Veranlagungszeitraum 1987 (Streitjahr) entfallen ist und sich dadurch eine unterschiedliche steuerrechtliche Beurteilung ergeben kann (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG i. d. F. des Wohnungseigentumsförderungsgesetzes - WohneigFG - vom 15. Mai 1986, BGBl I, 730, BStBl I, 278). Für zeitweise vermietete und zeitweise selbstgenutzte Ferienhäuser und Ferienwohnungen sind danach regelmäßig ab dem Veranlagungszeitraum 1987 für die Zeit der Selbstnutzung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr zu erfassen. Ein Nutzungswert ist nach der sog. großen Übergangsregelung (§ 52 Abs. 21 Satz 2 EStG) für vor dem 1. Januar 1987 angeschaffte oder hergestellte Ferienhäuser nur noch dann zu besteuern, wenn bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben vorgelegen haben. Der Nutzungswert ist dann noch bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 anzusetzen und nach § 2 Abs. 2 EStG durch Überschußrechnung zu ermitteln.

Sind die Voraussetzungen für die Anwendung der großen Übergangsregelung nicht erfüllt, so greift lediglich die sog. kleine Übergangsregelung nach § 52 Abs. 21 Sätze 4 und 5 EStG ein, die das FA angewendet hat.

4. Da das FG von einer anderen Rechtsansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat vermag nicht abschließend zu entscheiden, ob im Streitfall ein Nutzungswert für die Zeit der Selbstnutzung nach der großen Übergangsregelung (§ 52 Abs. 21 Satz 2 EStG) anzusetzen ist. Den tatsächlichen Feststellungen des FG ist nicht zu entnehmen, ob im Veranlagungszeitraum 1986 für die Zeit der Selbstnutzung § 21 a EStG anzuwenden war. Das FG hat nicht festgestellt, ob das Ferienhaus als Einfamilienhaus bewertet ist oder die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegen. Die Sache war deshalb an das FG zurückzuverweisen.

5. Sollte das FG feststellen, daß das Ferienhaus als Einfamilienhaus bewertet ist oder § 21 a Abs. 1 Satz 2 EStG eingreift und deshalb die große Übergangsregelung nicht anwendbar ist, so sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr nur für die Zeit der Vermietung an Feriengäste anzusetzen. Diese Einkünfte sind durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der mit ihnen in Zusammenhang stehenden Werbungskosten zu ermitteln (§ 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1 EStG). Von den Mieteinnahmen abzuziehen sind solche Werbungskosten, die durch die Vermietung veranlaßt sind. Das sind zunächst die Werbungskosten, die unmittelbar mit der Vermietung zusammenhängen, z. B. Reinigungskosten, Entgelte für die Aufnahme in das Gastgeberverzeichnis und Anschaffungs- und Reparaturkosten für Wirtschaftsgüter, die ausschließlich der Vermietung dienen. Ob und in welcher Höhe solche Werbungskosten angefallen sind, muß der Steuerpflichtige im einzelnen darlegen und (im Zweifel) nachweisen. Bei den übrigen Aufwendungen, die sowohl durch die Selbstnutzung als auch durch die Vermietung veranlaßt sind, z. B. bei Schuldzinsen, Grundsteuer, AfA und Versicherungsbeiträgen, ist eine Aufteilung auf die Zeit der Vermietung und auf die Zeit der Selbstnutzung geboten. Dabei kommt als Aufteilungsmaßstab nur das Verhältnis der beiden Zeiträume in Betracht. Der Aufteilung steht § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht entgegen. Zwar handelt es sich bei diesen Aufwendungen um sog. gemischte Aufwendungen, die teils der Lebensführung, teils der Einkünfteerzielung dienen, weil die Selbstnutzung vom Veranlagungszeitraum 1987 an regelmäßig nicht mehr dem Bereich der Einkünfteerzielung zuzurechnen ist. Das grundsätzlich für solche Aufwendungen geltende Aufteilungsverbot (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17) greift jedoch nicht ein, weil eine Aufteilung auf die beiden Zeiträume leicht und einwandfrei möglich ist. Das FG wird auch insoweit die tatsächlichen Feststellungen nachzuholen haben, die für den Werbungskostenabzug bedeutsam sind.