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  BFH-Urteil vom 4.9.1990 (IX R 197/87) BStBl. 1992 II S. 69

Bei unentgeltlichem Erwerb kann der Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie dem Rechtsvorgänger wegen der nur bei diesem eingetretenen Objektbeschränkung nicht zustanden.

EStG §§ 7 b Abs. 5, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, 21, 21 a; EStDV § 11 d Abs. 1.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Die Mutter des Klägers übertrug diesem mit notariell beurkundetem Vertrag vom 29. Dezember 1983 unentgeltlich das von ihr 1982 mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück in S. Sie konnte wegen Objektbeschränkung (§ 7 b Abs. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) keine erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG in Anspruch nehmen. Die Kläger unterliegen dieser Beschränkung nicht.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1983 machten die Kläger für das selbstgenutzte Einfamilienhaus vergeblich erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG von 7.500 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Den Einspruch wies der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zurück. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führt zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, die Objektbeschränkung sei ein persönlicher Ausschließungsgrund, der sich nicht in der Person des Rechtsnachfolgers fortsetze. Es komme vielmehr insoweit auf die persönlichen Verhältnisse des Rechtsnachfolgers an.

Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es rechtsfehlerhafte Anwendung des § 7 b EStG i. V. m. § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) rügt. Der Rechtsnachfolger trete lediglich an die Stelle des Rechtsvorgängers und könne daher die erhöhten Absetzungen nur mit dem Abschreibungssatz und für den Zeitraum fortführen, der für den Rechtsvorgänger gegolten hätte. Der Eintritt in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers bedeute, daß der Rechtsnachfolger nicht nur an die Bemessungsgrundlage der Absetzungen für Abnutzung (AfA), sondern auch an die AfA-Methode des Rechtsvorgängers gebunden sei.

Das FA beantragt, die Entscheidung des FG aufzuheben.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß entschieden, daß der Kläger die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG in Anspruch nehmen kann, obwohl seiner Rechtsvorgängerin diese Begünstigung wegen Objektverbrauchs nicht zustand.

Nach § 7 b Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG kann der Steuerpflichtige erhöhte Absetzungen nur für ein begünstigtes Objekt in Anspruch nehmen; Ehegatten stehen die erhöhten Absetzungen für insgesamt zwei Objekte zu. Die erhöhten Absetzungen werden damit auf ein einziges Objekt - bei Ehegatten auf zwei - beschränkt. Jeder Steuerpflichtige kann die Begünstigung grundsätzlich nur einmal und nur für ein einziges Objekt in Anspruch nehmen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Dezember 1979 VIII R 23/78, BFHE 129, 357, BStBl II 1980, 199). Nach § 11 d Abs. 1 EStDV kann auch der Steuerpflichtige, der ein begünstigtes Objekt unentgeltlich erworben hat, AfA in Anspruch nehmen. Sie bemessen sich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers und nach dem Hundertsatz, der für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würde, wenn er noch Eigentümer des Wirtschaftsguts wäre. Das gilt entsprechend für erhöhte Absetzungen.

Ob sich die Objektbeschränkung, die beim Rechtsvorgänger eingetreten ist, in der Person des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers fortsetzt, ist umstritten. Während das FG Berlin und ein Teil des Schrifttums wegen der Personenbezogenheit der Objektbeschränkung dem Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen bei dieser Fallgestaltung zubilligt (Urteil des FG Berlin vom 17. Mai 1977 V 348/76, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1978, 13; Boeker in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 7 b Anm. 35; Stuhrmann in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Einkommensteuergesetz, § 7 b, Rz. 31; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 7 b Anm. 6 d), wollen andere Autoren mit Rücksicht darauf, daß der Rechtsnachfolger in die Position des Rechtsvorgängers einrückt, dem Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen versagen (Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 7 b EStG Anm. 340; Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, § 7 b, Rz. 720; Seithel, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1971, 715, 716; wohl auch Höser/Drasdo, Finanz-Rundschau - FR - 1982, 605, 606).

Der Senat teilt die Rechtsansicht der Vorinstanz. Im Falle des unentgeltlichen Erwerbs kann der Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie seinem Rechtsvorgänger wegen der (nur) bei diesem eingetretenen Objektbeschränkung nicht zustanden. Die Objektbeschränkung ist eine personenbezogene Begrenzung (BFH-Urteil vom 3. Mai 1983 VIII R 23/80, BFHE 138, 244, BStBl II 1983, 457, 459; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 9. September 1976 VI 144/76, EFG 1977, 9; Abschn. 62 Abs. 4 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - 1981). Es kommt bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, jeweils auf die Person des Steuerpflichtigen an.

§ 11 d Abs. 1 EStDV steht der Rechtsansicht des Senats nicht entgegen. Nach Satz 1 i. V. m. Satz 3 dieser Vorschrift ist der Rechtsnachfolger bei der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen an die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und an den Hundertsatz gebunden, der für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würde, wenn er noch Eigentümer wäre. Die Bindung des Rechtsnachfolgers sowohl an die Bemessungsgrundlage (Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers) als auch an die Höhe der AfA des Rechtsvorgängers entspricht dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Rechtsgedanken, daß der unentgeltliche Erwerber - gleichgültig, ob Gesamtrechtsnachfolger oder Einzelrechtsnachfolger - in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers einrückt und deshalb die Absetzungen nur so vornehmen kann wie der Rechtsvorgänger (BFH-Urteil vom 5. Juni 1973 VIII R 118/70, BFHE 109, 513, BStBl II 1973, 702, 704). § 11 d Abs. 1 EStDV schließt es indes nicht aus, dem Rechtsnachfolger solche erhöhten Absetzungen zuzubilligen, die sein Rechtsvorgänger wegen eines ausschließlich an seine Person geknüpften Grundes nicht beanspruchen kann. Nach dieser Vorschrift bestimmen sich entsprechend der Ermächtigung in § 51 Abs. 1 Nr. 2 p EStG lediglich die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der AfA des Rechtsnachfolgers. Die hier zu entscheidende Frage, ob der Rechtsnachfolger befugt ist, die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG abzuziehen, wenn der Rechtsvorgänger sie aus einem ausschließlich in seiner Person liegenden Grund nicht abziehen konnte, ist in § 11 d EStDV nicht geregelt.

Der Zweck der Objektbeschränkung gebietet es nicht, dem Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen bei der vorliegenden Fallgestaltung zu versagen. Die Objektbeschränkung soll der Gefahr einer unangemessenen Inanspruchnahme des Steuervorteils durch Begrenzung der Zahl der begünstigten Objekte vorbeugen (BFH-Urteil in BFHE 129, 357, BStBl II 1980, 199). Übernimmt der Sonderrechtsnachfolger, wie im Streitfall, nur eines von mehreren Grundstücken und ist dies das einzige Grundstück, das ihm gehört, so besteht in seiner Person nicht eine solche Gefahr. Es besteht kein Grund, dem Rechtsnachfolger die mit den erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG bezweckte Subventionierung der Vermögensbildung und der Schaffung von Wohnraum nicht zugute kommen zu lassen, wenn zwar nicht sein Rechtsvorgänger, aber er selbst alle Voraussetzungen für die Subventionierung erfüllt.

Die Finanzverwaltung geht in Abschn. 62 Abs. 4 Satz 2 EStR 1981 ebenfalls davon aus, daß die Objektbeschränkung personenbezogen ist, und billigt deshalb dem Rechtsnachfolger die erhöhten Absetzungen für ein ihm gehörendes Erstobjekt weiter zu, wenn er unentgeltlich ein zweites Objekt erwirbt und für dieses zweite Objekt keine erhöhten Absetzungen in Anspruch nimmt. Es ist von diesem Ausgangspunkt aus folgerichtig, auch im hier zu entscheidenden Fall auf die Person des Rechtsnachfolgers abzustellen und ihm die Vergünstigung zuzubilligen, wenn (nur) er die Voraussetzung dafür erfüllt.