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  BFH-Urteil vom 7.11.1991 (IV R 57/90) BStBl. 1992 II S. 141

Wird durch einen einheitlichen Kaufvertrag ein gemischt genutztes Grundstück erworben und die Kaufpreisschuld teils mit Fremd-, teils mit Eigenmitteln beglichen, so sind die Zinszahlungen nur im Verhältnis des betrieblich zum privat genutzten Anteil als Betriebsausgaben abziehbar. Einen Grundsatz, daß vorrangig der auf privater Veranlassung beruhende Teil der Schuld getilgt werde, gibt es nicht (Abgrenzung zur Behandlung gemischter Kontokorrentkonten durch den Großen Senat im Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817).

EStG § 4 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Arzt selbständig tätig. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Kläger erwarben im Jahre 1980 ein Einfamilienhaus mit Arztpraxis; die Praxisräume machen ein Drittel der Nutzfläche aus. Der Kaufpreis betrug 500.000 DM. Die Kläger beglichen ihn in Höhe von 240.000 DM aus eigenen Barmitteln. Außerdem setzten sie Bausparverträge über je 50.000 DM ein, die vom Kläger bzw. der Klägerin abgeschlossen waren; hieraus gewannen sie Eigenmittel von insgesamt 51.823 DM und Darlehen von insgesamt 49.177 DM. Den Rest von 160.000 DM finanzierten sie aus einem Versicherungsdarlehen; Darlehensnehmer waren beide Eheleute. Die Zinsen auf das Versicherungsdarlehen ordneten die Kläger in der Erklärung zur Einkommensteuerveranlagung 1983 den betrieblichen Einkünften des Klägers, die Zinsen aus dem Bauspardarlehen den gemeinsamen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Nach einer Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ein Drittel des gesamten Zinsaufwandes von 13.688 DM als Betriebsausgaben des Klägers und änderte den früheren Steuerbescheid entsprechend.

Mit der hiergegen erhobenen Klage erstrebten die Kläger weiterhin den Abzug der Zinsen für das Versicherungsdarlehen bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit. Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß beim Kauf des Hauses in Höhe des Praxisanteils eine betriebliche, im übrigen aber eine private Schuld entstanden sei. Die Kläger hätten mit ihren eigenen Mitteln die private und mit den Kreditmitteln die betriebliche Teilschuld tilgen können.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Entscheidungsgründe

Auf die Revision muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen werden.

Das FG ist davon ausgegangen, daß das im Miteigentum beider Kläger stehende Grundstück zu 1/3 ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens und zu 2/3 ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens dargestellt habe. Demgemäß habe auch die Kaufpreisschuld in eine betriebliche und eine private Teilschuld aufgeteilt werden müssen. Dem Kläger habe es freigestanden, die betriebliche Teilschuld mit Kreditmitteln, die Privatschuld dagegen mit eigenen Mitteln zu tilgen. Dementsprechend seien die angefallenen Zinsen in vollem Umfang als Betriebsausgaben anzusehen. Dem kann nicht gefolgt werden.

1. Das Grundstück bildete nur zu 1/6 ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens.

Zu Recht hat das FG angenommen, daß ein der Praxisausübung dienender Gebäudeteil kraft seiner besonderen Funktion und seines Nutzungszusammenhangs ein eigenes Wirtschaftsgut darstellt (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Die Eheleute waren jedoch Miteigentümer, so daß dem Kläger dieses Wirtschaftsgut nur zur Hälfte zugerechnet werden kann. Daraus entfiel vom Gesamtkaufpreis nur 1/6 auf Anschaffungskosten für Betriebsvermögen des Klägers. Es bestehen keine Anhaltspunkte, daß der Kläger wirtschaftlicher Eigentümer (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) des Hälfteanteils seiner Ehefrau war. Auch von Anschaffungskosten des Klägers für ein ihm gegenüber seiner Ehefrau zustehendes Nutzungsrecht kann nicht gesprochen werden, weil der Kläger die Anschaffungskosten des Grundstücks nicht allein getragen hat, sie vielmehr auch von seiner Ehefrau aufgebracht wurden (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77, BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401).

Das FG hätte deshalb auch auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nicht die gesamten Kreditzinsen als Betriebsausgaben ansehen dürfen.

2. Das FG konnte auch nicht annehmen, daß der Kläger den auf seinen Anteil an den Praxisräumen entfallenden Kaufpreis von 83.333 DM ausschließlich mit Hilfe von Kreditmitteln getilgt habe.

Für den Erwerb des Grundstücks war ein einheitlicher Kaufpreis vereinbart, der lediglich im Interesse einer zutreffenden Ermittlung der dem betrieblichen Bereich einerseits und dem Vermietungsbereich andererseits zuzuordnenden Bemessungsgrundlage für Absetzung für Abnutzung (AfA) aufzuteilen ist. Eine solche Aufspaltung erweist sich auch sonst als erforderlich, etwa dann, wenn ein einheitlicher Kaufpreis für verschiedene Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, die möglicherweise verschiedenen AfA-Regeln unterliegen, entrichtet wird (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 23. Februar 1984 IV R 128/81, BFHE 140, 548, BStBl II 1984, 516; vom 17. September 1987 III R 272/83, BFHE 151, 58, BStBl II 1988, 441); sie ist auch bei einem Steuerpflichtigen mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorzunehmen, der zur Berechnung der AfA (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG) die Anschaffungskosten der betrieblich genutzten Wirtschaftsgüter feststellen muß. Gleichwohl führt die Aufteilung der Kaufpreisschuld in verschiedene AfA-Bemessungsgrundlagen nicht dazu, daß es sich im Verhältnis zum Gläubiger um gesonderte Schuldverhältnisse handelt.

Wäre die Kaufpreisschuld in voller Höhe mit Kreditmitteln getilgt worden, könnte kein Zweifel bestehen, daß die Darlehensverbindlichkeiten zu 1/6 eine Betriebsschuld des Klägers darstellte. Wird eine teilweise dem privaten und teilweise dem betrieblichen Bereich zuzurechnende Verbindlichkeit mit Hilfe eines Kredits zurückgezahlt, so ist die Darlehensschuld in derselben Weise wie die abgelöste Verbindlichkeit aufzuteilen (BFH-Beschluß vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 824). Dies gilt auch, wenn mit Hilfe eines Darlehens lediglich ein Teil der Verbindlichkeit getilgt wird. Da zivilrechtlich eine einheitliche Verbindlichkeit besteht, werden durch eine teilweise Tilgung die nur für steuerliche Zwecke gebildete betriebliche und private Teilschuld im Verhältnis ihres Gewichtes getilgt und durch die neu entstandene Darlehensschuld ersetzt. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Erwägung, daß ein Steuerpflichtiger, der gleichzeitig ein Betriebsgrundstück und ein Privatgrundstück erwirbt, die erste Kaufpreisschuld mittels eines Darlehens und die zweite aus eigenen Mitteln tilgen kann. Der Streitfall unterscheidet sich hiervon maßgeblich dadurch, daß wegen der Einheitlichkeit der Kaufpreisschuld objektiv nicht erkennbar ist, inwieweit die (ebenfalls einheitliche) Tilgung betrieblich bzw. privat veranlaßt ist.

Vom Grundsatz der anteiligen Tilgung der privaten und betrieblichen Verbindlichkeit ist auch der Große Senat des BFH in seinem angeführten Beschluß (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 827) ausgegangen. Bei der Unterhaltung eines gemischten Kontokorrentkontos kann nach seinen Ausführungen allerdings unterstellt werden, daß durch laufende Geldeingänge vorrangig die privaten Schuldenteile getilgt werden (BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 828). Daraus läßt sich jedoch nicht folgern, daß von einer Tilgung aus Kreditmitteln vorrangig der betriebliche Schuldenteil betroffen sei; dies würde dem sonst bei einer Umschuldung geltenden Grundsatz der verhältnismäßigen Tilgung widersprechen. Es besteht steuerlich kein Bedürfnis, eine Kaufpreisschuld nach der "Zweikontenmethode" aufzuspalten, da keine Zinsen, die sich nach ständig wechselnden Salden bestimmen, anfallen. Daher gelten auch die für gemischte Kontokorrentkonten geltenden Tilgungsregeln nicht.

Noch weniger kann angenommen werden, daß bei Aufnahme mehrerer Kredite die betriebliche Teilschuld durch das Darlehen mit der höchsten Verzinsung abgelöst worden sei, wie dies die Kläger erreichen wollen. Werden gleichzeitig Tilgungsleistungen aus eigenen und aus Kreditmitteln geleistet, hebt dies den Grundsatz der verhältnismäßigen Tilgung durch die Kreditmittel nicht auf.

Das FG hat für seine abweichende Auffassung das BFH-Urteil vom 29. November 1968 VI R 183/66 (BFHE 94, 452, BStBl II 1969, 233) herangezogen; die für die Tilgung einer gemischt betrieblichen und privaten Verbindlichkeit geltenden Grundsätze sind jetzt jedoch durch den Beschluß des Großen Senats klargestellt worden.

3. Dem Kläger sind danach Betriebsausgaben nur in Höhe von 1/6 der angefallenen Kreditzinsen entstanden. Das FA hat ihm den Abzug 1/3 zugebilligt und damit auch den auf seine Ehefrau entfallenden Kreditanteil berücksichtigt; ob dies berechtigt war (vgl. dazu das Senatsurteil vom 20. September 1990 IV R 300/84, BFHE 162, 86, BStBl II 1991, 82), kann dahinstehen.