| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 11.12.1991 (II R 14/89) BStBl. 1992 II S. 278

Schwimmbecken stellen bei Hotelbetrieben keine Betriebsvorrichtung dar.

BewG § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1989, 393)

Sachverhalt

Der Kläger betreibt auf eigenem Grundstück ein Hotel. In den Jahren 1977 und 1978 ließ er u. a. an der Südseite des Hotelhauptgebäudes einen Anbau errichten, in welchem sich ein Hallenschwimmbad befindet. Das Untergeschoß des Anbaues ist durch eine Außenmauer umgeben. Innerhalb dieses Geschosses befindet sich das in unregelmäßiger Mehreckform angelegte Schwimmbecken. In dem zwischen diesem und der Außenmauer verbleibenden Raum ist hauptsächlich die Schwimmbadtechnik untergebracht. Das Schwimmbecken ist auf dem beim Neubau aufgeschütteten und verdichteten Untergrund aufgelegt. Um den Rand des Schwimmbeckens herum befinden sich größere Freiflächen, auf denen Liegestühle und dergleichen aufgestellt werden können. Die Außenwand der Schwimmhalle ist zum größten Teil verglast. Sie wird durch ein zeltartiges Dach überspannt, das der Vieleckform der Schwimmhalle angepaßt und mit dem Dach des Hotelgebäudes verbunden ist. Die Dachkonstruktion ruht auf Pfeilern, die außerhalb des eigentlichen Schwimmbadgebäudes in gesonderten Fundamenten verankert sind. Das Schwimmbecken selbst hat keine tragende Funktion; sowohl die Außenwand des Untergeschosses als auch die Wandelemente der Schwimmhalle ruhen auf besonderen Fundamenten. In der Nähe des Eingangs zur Schwimmhalle befinden sich im Obergeschoß des Hotelgebäudes eine Sauna sowie WC-Anlagen. Der Eingangsbereich der Schwimmhalle kann vom Hotel aus über das dortige Treppenhaus und einen Flur erreicht werden. Ursprünglich bestand ein weiterer Zugang über einen gesonderten Eingang von außen durch einen Vorraum und eine Wendeltreppe im Schwimmbadanbau; dieser wurde bei Errichtung eines Rezeptionsbaues etwa im Jahre 1982 verlegt, so daß das Schwimmbad seitdem von der Rezeption aus durch einen Flur und den Vorraum erreichbar ist.

Das Hotelgrundstück (Betriebsgrundstück) war zuletzt auf den 1. Januar 1975 im Ertragswertverfahren bewertet und der Einheitswert auf 176.600 DM festgestellt worden. Anläßlich einer Besichtigung im November 1981 ermittelte der Bausachverständige des Finanzamts (FA) unter Heranziehung der Berechnungen des bauplanenden Architekten den umbauten Raum des Schwimmbadanbaues mit 1.068 cbm, dessen Wert er nach Gebäudeklasse 9.143 mit 125 DM/cbm ansetzte. Den so gewonnenen Wert ergänzte er um einen Zuschlag für das Schwimmbecken mit einer Fläche von 42 qm um 1.000 DM/qm und für die Überdachung von rd. 50 qm nach Gebäudeklasse 8.811 um 81 DM/qm. Diesen Angaben folgte das FA. Mit Bescheid vom 8. September 1983 nahm es eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1979 vor und stellte den Einheitswert, ermittelt im Sachwertverfahren, auf 331.300 DM fest. In diesen Wert ist der Schwimmbadanbau mit einem Gebäudesachwert von insgesamt 179.550 DM eingegangen.

Mit der nach erfolgloser Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobenen Klage begehrt der Kläger, den Gebäudesachwert um zusammen 84.000 DM zu kürzen und den Einheitswert entsprechend niedriger festzusetzen. Er ist der Ansicht, das Schwimmbecken, das er auch Personen, die nicht Hotelgäste seien, gegen gesondertes Entgelt zur Verfügung stelle, sei als Betriebsvorrichtung anzusehen. Dementsprechend müsse bei der Berechnung des Gebäudesachwerts nicht nur der Zuschlag für das Schwimmbecken i. H. von 42.000 DM entfallen, sondern auch der Gebäudesachwert für den umbauten Raum zusätzlich um denselben Betrag gekürzt werden, weil die Herstellungskosten des Schwimmbeckens durch den angesetzten Raummeterpreis abgegolten seien.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 393 veröffentlichte Urteil stattgegeben und den Einheitswert unter Kürzung des Gebäudesachwerts um 84.000 DM auf 270.100 DM herabgesetzt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als der Einheitswert niedriger als auf 300.700 DM festgestellt wurde, sowie insoweit die Klage abzuweisen. Es rügt Verletzung von § 68 Abs. 2 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG). Zutreffend habe das FG allerdings unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. März 1986 II R 146/77 (BFHE 146, 178, BStBl II 1986, 386) den Gebäudesachwert um den Zuschlag für das Schwimmbecken i. H. von 42.000 DM gekürzt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das FG den Einheitswert für das Betriebsgrundstück des Klägers auf den 1. Januar 1979 niedriger als auf 300.700 DM festgestellt hat.

Das FG hat ausgeführt, zwar habe der Kläger mit dem Schwimmbecken wohl keinen eigenständigen Schwimmbadbetrieb begründet, der selbständig neben dem Hotelbetrieb bestünde. Darauf käme es jedoch nicht an, weil das Schwimmbecken unmittelbar der Erbringung gewerblicher Dienstleistungen im Hotelbetrieb diene, nämlich der Erbringung selbständiger Nebenleistungen zur eigentlichen Vermietungs- oder Beherbergungsleistung, und der Kläger überdies auch außenstehenden Gästen die Benutzung des Schwimmbeckens entweder gegen besonderes Entgelt oder gegen Gesamtentgelt einschließlich Benutzung der Sauna zur Verfügung stelle. Damit aber diene das Schwimmbecken unmittelbar dem gewerblichen Hotelbetrieb des Klägers und bilde eine Betriebsvorrichtung. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Betriebsgrundstück des Klägers ist gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BewG wie Grundvermögen zu bewerten. Zum Grundvermögen gehören nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG u. a. der Grund und Boden, die Gebäude und die sonstigen Bestandteile. Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG sind in das Grundvermögen nicht einzubeziehen Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), und zwar auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile sind.

Aus dem Erfordernis der "Zugehörigkeit zu einer Betriebsanlage" folgert die Rechtsprechung, daß der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird (vgl. BFH-Urteile vom 14. August 1958 III 382/57 U, BFHE 67, 325, BStBl III 1958, 400; vom 5. März 1971 III R 90/69, BFHE 102, 107, BStBl II 1971, 455; vom 2. Juni 1971 III R 18/70, BFHE 102, 560, BStBl II 1971, 673, und vom 10. Oktober 1990 II R 171/87, BFHE 162, 367, BStBl II 1991, 59). Es genügt nicht, daß die Anlage zu einem gewerblichen Betrieb gehört oder daß sie für die Ausübung des konkret im Gebäude ausgeübten Gewerbebetriebs nützlich, notwendig oder sogar vorgeschrieben ist. Erforderlich ist vielmehr, daß die Anlage in einer besonderen Beziehung zum gegenwärtig im Gebäude ausgeübten Betrieb steht, d. h. ihr in bezug auf die Ausübung des Gewerbebetriebs eine ähnliche Funktion wie einer Maschine zukommt (vgl. BFH-Urteile vom 15. Februar 1980 III R 105/78, BFHE 130, 224, BStBl II 1980, 409; vom 11. Dezember 1987 III R 191/85, BFHE 151, 573, BStBl II 1988, 300, und in BFHE 162, 367, BStBl II 1991, 59). Ein solcher unmittelbarer und besonderer Zusammenhang zwischen einem Schwimmbecken und dem ausgeübten Gewerbebetrieb besteht beispielsweise bei einem Hallenbad (BFH-Urteil vom 16. Oktober 1980 V R 51/76, BFHE 132, 119, 123, BStBl II 1981, 228).

Im Streitfall besteht zwischen dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbe und dem Schwimmbecken kein derartiger betriebsspezifischer Zusammenhang. Der Kläger unterhält nicht einen neben den Hotelbetrieb tretenden selbständigen Gewerbebetrieb Hallenschwimmbad. Die Mitbenutzung des Schwimmbades durch Personen, die nicht Hotelgäste sind, gibt dem Grundstück auch nicht etwa ein gegenüber einem normalen Hotelgrundstück verändertes Gepräge. Zwischen einem normalen Hotelbetrieb und dem hoteleigenen Schwimmbecken besteht kein unmittelbarer und besonderer Zusammenhang derart, daß letzterem in bezug auf den Hotelbetrieb eine ähnliche Funktion wie eine Maschine zukommt. Ein Hotelgrundstück dient der Beherbergung sowie ggf. der Verköstigung von Gästen. Daß aus Konkurrenzgründen den Gästen auch ein Hallenbad zur Verfügung gestellt wird und das Vorhandensein eines Schwimmbeckens die Anziehungskraft des Hotelbetriebs erhöhen kann, reicht für die Annahme, das Schwimmbecken sei Betriebsvorrichtung, nicht aus. Schwimmbecken sind vielmehr auch bei Senioren- oder Kinderheimen sowie bei betrieblichen Erholungsheimen und ähnlichen Einrichtungen vorzufinden.

Soweit der Senat von den zur Umsatzsteuer ergangenen Entscheidungen vom 18. Dezember 1986 V R 176/75 (BFHE 149, 78, 86, BStBl II 1987, 350) und vom 20. Juli 1988 X R 8/80 (BFHE 154, 255, 259, BStBl II 1988, 1012) abweichen sollte, hat der V. Senat, auf den insofern die Zuständigkeit wieder zurückgefallen ist, der Abweichung zugestimmt.

Soweit im Anhang 5 zu den Vermögensteuer-Richtlinien 1989, auf die der Kläger in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat, die Fußnote 20 a wie folgt lautet: "Bäder und Duschen in Hotels sind Betriebsvorrichtungen (BFH v. 12. 8. 1982, BStBl II S. 782)", handelt es sich schon im Hinblick auf die in dem vorgenannten Urteil getroffene gegenteilige Aussage offensichtlich um einen Druckfehler (vgl. auch BewRGr, herausgegeben 1990, Anh. 43 FN. 22).