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  BFH-Urteil vom 25.9.1991 (I R 184/87) BStBl. 1992 II S. 406

Der Gewinn aus einer zeitlich und wirtschaftlich mit der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft zusammenhängenden Entnahme ist auch dann nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG 1977 i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt.

UmwStG 1977 § 20 Abs. 5; EStG § 34.

Vorinstanz: FG München (EFG 1987, 569)

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betrieben in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) eine gewerbliche Tätigkeit. Mit Ablauf des Streitjahres (1978) wandelten sie die KG gemäß §§ 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in eine GmbH um, die das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert ansetzte. Nicht eingebracht wurde ein Grundstücksanteil mit einer darauf errichteten Doppelgarage, den einer der beiden Kläger in sein Privatvermögen überführte.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) errechnete für den Grundstücksanteil einen Entnahmegewinn und stellte mit Bescheid vom 26. Oktober 1981 die Einkünfte der KG aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr einheitlich und gesondert fest. Dabei rechnete er den Entnahmegewinn dem laufenden Gewinn des entnehmenden Klägers zu und wies in den Erläuterungen des Bescheids darauf hin, daß die Tarifbegünstigung nach § 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zu gewähren sei. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 569 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 20 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) und des § 34 EStG.

Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

A.

Das FG hat zutreffend die ehemaligen Gesellschafter der KG als Kläger behandelt. Die KG wurde durch die Umwandlung auf die GmbH vollbeendet, ohne daß damit das Klagerecht aus § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO auf diese überging (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Oktober 1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II 1990, 333). Weder die KG noch die ihr nachfolgende GmbH können deshalb als Prozeßstandschafter für die Gesellschafter auftreten, gegen die sich der streitige Feststellungsbescheid nach Inhalt und Wirkung richtet. Klageberechtigt sind vielmehr allein die früheren Gesellschafter der KG.

Die Klage wurde zwar zunächst namens der KG erhoben. Indes hat das FG mit Recht - insbesondere auf Grund der für die ehemaligen Gesellschafter nachgereichten Vollmachten - eine Berichtigung der Parteibezeichnung zugelassen, da im allgemeinen nicht davon auszugehen ist, daß Klage für ein nicht mehr existierendes Rechtsgebilde erhoben wird (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178). Einer Beiladung von Gesellschaftern der ehemaligen KG bedurfte es nicht, da sämtliche früheren Gesellschafter im vorliegenden Verfahren als Streitgenossen auftreten (vgl. § 73 Abs. 2 FGO).

Es ist unschädlich, daß das FA den Feststellungsbescheid an die im Zeitpunkt seines Erlasses nicht mehr bestehende KG adressierte. Der Bescheid ist dennoch als an die seinem Inhalt nach betroffenen Kläger gerichtet anzusehen (BFH-Urteil vom 12. August 1976 IV R 105/75, BFHE 120, 129, BStBl II 1977, 221).

B.

Mit Recht hat das FG den streitigen Entnahmegewinn als tarifbegünstigt i. S. des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG angesehen und darüber im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung entschieden (zu letzterem BFH-Urteile vom 26. November 1975 I R 44/74, BFHE 117, 539, BStBl II 1976, 304, und vom 24. März 1983 IV R 138/80, BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233).

1. Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder werden Mitunternehmeranteile in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach den §§ 20 ff. UmwStG.

Im Streitfall ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG davon auszugehen, daß im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 49 Abs. 2 Satz 2 UmwG) die wesentlichen Grundlagen des Betriebs der KG auf die GmbH übergingen. Der Anwendung des § 20 UmwStG steht nicht entgegen, daß im zeitlichen Zusammenhang mit der Einbringung ein Grundstücksanteil aus dem Betriebsvermögen der (ehemaligen) KG entnommen wurde, da er nach den Feststellungen des FG nicht zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebs gehörte (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374, und Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., 1991, § 16 Anm. 13, m. w. N.).

2. Der Gewinn aus der Entnahme des nicht miteingebrachten Grundstücksteils ist nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, da es sich um einen "bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteiles im Wege der Sacheinlage gemäß § 20 UmwStG erzielten Gewinn" handelt (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG und BFH-Urteile vom 30. April 1975 I R 41/73, BFHE 116, 118, BStBl II 1975, 706, und in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233). In diesem Sinn ist der Wortlaut des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG zu verstehen, der zwar an sich von einem "bei der Sacheinlage entstehenden Veräußerungsgewinn" spricht, indes damit lediglich den Bezug zum Grundtatbestand des § 16 Abs. 1 EStG herstellt. Der Wortlaut des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG schließt somit einen Entnahmegewinn nicht von vornherein von der Begünstigung aus.

a) Die Einbringung der Mitunternehmeranteile der Kläger im Wege der Sacheinlage in die GmbH stellt auch dann eine Veräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar, wenn die Kapitalgesellschaft gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt; das Entgelt besteht in der Gewährung von Gesellschaftsrechten (vgl. § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG und BFH-Urteile in BFHE 116, 118, BStBl II 1975, 706, und in BFHE 139, 361, BStBl II 1984, 233).

Zu der Betriebsveräußerung i. S. des § 16 Abs. 1 EStG werden alle Geschäftsvorfälle gerechnet, die mit der Veräußerung zeitlich zusammenhängen und wirtschaftlich durch sie bedingt sind (BFH-Urteile vom 18. April 1973 I R 57/71, BFHE 109, 505, BStBl II 1973, 700, und vom 24. Juli 1962 I 280/61 U, BFHE 75, 414, BStBl III 1962, 418). In diesem Sinn versteht der Senat die tatsächlichen Feststellungen des FG.

Das Gesetz stellt nämlich nicht auf den Gewinn, der durch die Sacheinlage entsteht - den durch Gegenüberstellung des Wertes, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt (§ 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG), und des Buchwerts der Sacheinlage entstehenden Gewinn -, sondern auf den bei, d. h. anläßlich der Sacheinlage entstehenden Gewinn.

Der Gewinn aus einer zeitlich und wirtschaftlich mit der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft zusammenhängenden Entnahme ist deshalb auch dann nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG i. V. m. § 34 EStG tarifbegünstigt, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt (Schmidt, a. a. O., § 16 Anm. 13 und 38; Hübl in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 20 UmwStG Rdnrn. 154 und 171; Glade/Steinfeld, Umwandlungs-Steuergesetz 1977, Kommentar, 3. Aufl., Rdnrn. 972 und 1100; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rdnr. 7256, m. w. N.).

b) Zwar lag der ursprüngliche Grund der Steuervergünstigungen nach § 20 Abs. 5 UmwStG i. V. m. § 16 Abs. 4, § 34 EStG darin, die zusammengeballte Auflösung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven mit ihren typischen steuererhöhenden Auswirkungen infolge der Tarifprogression zu mildern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374, und BTDrucks V/3186, S. 8 u. 16 - Regierungsentwurf des UmwStG 1969 -). Zu einer solchen zusammengeballten Auflösung kommt es aufgrund der Regelung des § 20 Abs. 4 UmwStG nicht, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt. In diesem Fall entsteht kein Veräußerungsgewinn i. S. des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG. Indes gebietet die Bestimmung die Anwendung der Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 1 EStG gleichermaßen für Veräußerungsgewinne, die bei Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit Zwischenwerten (zwischen Teilwert und Buchwert) entstehen. Das Gesetz begünstigt folglich auch Veräußerungsgewinne aus der Auflösung lediglich eines (möglicherweise geringen) Teils der stillen Reserven. Nur die Anwendung des § 16 Abs. 4 EStG wird in § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG ausdrücklich vom Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens mit dem Teilwert abhängig gemacht. Damit kommt zum Ausdruck, daß die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG - anders als im Fall der Betriebsveräußerung nach § 16 EStG im übrigen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 VIII R 33/85, BFHE 156, 158, BStBl II 1989, 458) - nicht von der Auflösung sämtlicher stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens abhängen soll und deshalb auch bei einer nur geringfügigen Auflösung stiller Reserven zu gewähren ist (Widmann/Mayer, a. a. O., Rdnr. 7254). Dann aber kann es keinen Unterschied machen, ob stille Reserven (beim Ansatz zu Zwischenwerten) nur mit einem symbolischen Betrag oder (beim Ansatz zu Buchwerten) überhaupt nicht realisiert werden. Auch in diesem Fall müssen Entnahmegewinne anläßlich der Veräußerung begünstigt sein. Ohnehin könnte der Steuerpflichtige mit dem Ansatz eines geringen Zwischenwertes die Steuerbegünstigung eines zugleich anfallenden (hohen) Entnahmegewinns jederzeit erreichen.

Zudem trägt das Gesetz dem Sinn und Zweck der Tarifbegünstigung des § 34 EStG nicht konsequent Rechnung, da es diese Begünstigung gleichermaßen den Steuerpflichtigen gewährt, die beständig dem Spitzensteuersatz unterliegen und daher allein aus der Zusammenballung stiller Reserven durch eine Betriebsveräußerung keinen Nachteil erleiden. Mit Urteil vom 24. August 1989 IV R 67/86 (BFHE 158, 329, BStBl II 1990, 132) hat der BFH erkannt, daß ein Entnahmegewinn anläßlich der Veräußerung eines Bruchteils des Mitunternehmeranteils nach § 34 EStG steuerbegünstigt ist. Dies zeigt ebenfalls die lediglich subsidiäre Bedeutung des Sinns und Zwecks der Tarifbegünstigung.

Im Urteil in BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374 hat der IV. Senat entschieden, daß ein anläßlich der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) entstehender Entnahmegewinn nicht tarifbegünstigt ist. In seiner Entscheidung vom 19. Februar 1981 IV R 116/77 (BFHE 133, 176, BStBl II 1981, 566) hat der IV. Senat einer Entnahme anläßlich einer unentgeltlichen Betriebsübertragung die Tarifbegünstigung versagt. Von beiden Entscheidungen weicht der erkennende Senat angesichts der besonderen Bestimmung des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG (Tarifbegünstigung des Ansatzes zu Zwischenwerten) nicht ab.

c) Nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG ist auf einen bei einer Sacheinlage entstehenden Veräußerungsgewinn § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden, wenn der Einbringende eine natürliche Person ist. Diese Voraussetzung ist im Streitfall ebenfalls erfüllt, zumal an der einbringenden Mitunternehmerschaft ausschließlich natürliche Personen beteiligt waren (vgl. Hübl in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 20 UmwStG Rdnr. 170; Widmann/Mayer, a. a. O., Rdnr. 7257).