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  BFH-Urteil vom 13.9.1990 (IV R 69/90) BStBl. 1992 II S. 598

1. Eine Entschädigung für Wirtschafterschwernisse ist bei Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen als Einnahme im Zuschlagsbereich des § 13 a Abs. 8 EStG anzusetzen. Der Gewinnzuschlag ist grundsätzlich im Wirtschaftsjahr der Vereinnahmung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln.

2. Die Bildung eines Schuldpostens für die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse nach dem Übergang von der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG zum Bestandsvergleich ist eine Billigkeitsmaßnahme i. S. des § 163 Abs. 1 Satz 2 AO 1977, über die durch besonderen Verwaltungsakt zu entscheiden ist.

EStG § 4 Abs. 1 und 3; § 13 a Abs. 8 Nr. 3; AO 1977 § 163.

Vorinstanz: FG Münster

[Der Leitsatz wurde vom BMF gebildet]

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, die er bis zum 30. Juni 1981 nach § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und in der Folgezeit nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte.

Am 29. Mai 1981 veräußerte der Kläger die Hofstelle mit einer Teilfläche von ... ha, führte im übrigen aber seinen Betrieb fort. In dem Kaufpreis von insgesamt ... DM war eine Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse in Höhe von ... DM enthalten, die sofort ausgezahlt wurde.

Eine steuerliche Erfassung der Entschädigung erfolgte weder in der Einkommensteuererklärung der Kläger für das Wirtschaftsjahr 1980/81 noch in der zum 1. Juli 1981 für den Übergang zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich erstellten Übergangsbilanz (Anfangsbilanz).

Nach einer Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) von der Auffassung aus, für die Entschädigung sei beim Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in der Anfangsbilanz ein Passivposten auszuweisen, der zu den Bilanzstichtagen entsprechend Abschn. 131 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) zeitanteilig in Höhe von 3.000 DM je Wirtschaftsjahr gewinnerhöhend aufzulösen sei. Dementsprechend erhöhte das FA den Gewinn in den Wirtschaftsjahren 1981/82 und 1982/83 jeweils um 3.000 DM.

Der gegen den daraufhin ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid 1982 eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die gegen diese Sachbehandlung erhobene Klage, zu deren Gegenstand der Kläger den zwischenzeitlich ergangenen Änderungsbescheid vom 29. September 1988 gemacht hatte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die Entschädigung in vollem Umfang im Wirtschaftsjahr 1980/81 gewinnerhöhend zu berücksichtigen sei.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, das Urteil des FG Münster vom 13. Februar 1990 VI 2915/87 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG den angefochtenen Steuerbescheid geändert.

Entgegen der Auffassung des FA war der Kläger nicht verpflichtet, beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in die zu erstellende Anfangsbilanz einen "Schuldposten" wegen der in dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr erhaltenen Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse einzustellen.

1. Geht ein Landwirt - wie hier - mit dem Eintritt in die Buchführungspflicht von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13 a EStG) zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) über, so ist bei Beginn des ersten Wirtschaftsjahres mit Bestandsvergleich eine Anfangsbilanz aufzustellen, die das im Zeitpunkt des Übergangs vorhandene Betriebsvermögen ausweist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Dezember 1985 IV R 225/83, BFHE 145, 533, BStBl II 1986, 392).

a) Dabei sind die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, mit denen sie nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu Buche stehen würden, wenn der Gewinn schon vorher durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt worden wäre (BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 96/86, BFHE 153, 138, BStBl II 1988, 672).

Entsprechend sind in der Übergangsbilanz Einnahmen vor dem Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlung, soweit sie Ertrag auch noch für eine Zeit nach dem Wechsel darstellen, durch Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite anzusetzen.

b) Diese Grundsätze gelten aber beim Übergang von der § 13 a-Gewinnermittlung zum Bestandsvergleich nur für Wirtschaftsgüter und Einnahmen, die gemäß § 13 a Abs. 3 bis 7 EStG zum Grundbetragsbereich der Durchschnittsgewinnermittlung gehören und dort im Ausgangswert als erfaßt gelten; sie gelten nicht für Wirtschaftsgüter und Betriebsvorgänge - wie u. a. Betriebseinnahmen -, die nur im Zuschlagsbereich des § 13 a Abs. 8 EStG zu erfassen sind, weil sie beim Ausgangswert nach § 13 a Abs. 3 EStG nicht berücksichtigt worden sind bzw. nicht berücksichtigt werden können.

Für sie gelten beim Übergang zum Bestandsvergleich andere Grundsätze. Entweder werden die als Zuschlag anzusetzenden "Sondergewinne" dem Regelfall entsprechend nach § 4 Abs. 3 EStG oder zulässigerweise durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. Im letzteren Fall liegt bei ihnen beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG zum Bestandsvergleich überhaupt kein Wechsel der Gewinnermittlung vor.

2. Nach diesen Grundsätzen war der Kläger nicht verpflichtet, die im Jahre 1981 erhaltene Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse in der Übergangsbilanz zum 1. Juli 1981 zu erfassen.

Wie der Senat bereits mit Urteil vom 17. Mai 1990 IV R 21/89, BFHE 161, 56, BStBl II 1990, 891 entschieden hat, ist die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse im Gegensatz zur allgemeinen Meinung im Schrifttum (vgl. u. a. Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft Rdnr. 1249; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Landwirte, 3. Aufl., Abschn. C Rdnr. 269 a, und Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 4. Aufl., S. 41) als Einnahme im Zuschlagsbereich des § 13 a Abs. 8 EStG anzusetzen und ist der entsprechende Gewinnzuschlag zum Durchschnittsgewinn mangels eines vom Kläger gewählten Bestandsvergleichs nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Auf die Begründung der Entscheidung IV R 21/89 wird Bezug genommen.

3. Als zuschlagspflichtiger Betriebsvorgang im Sinne des § 13 a Abs. 8 Nr. 3 EStG war die Entschädigung gemäß § 4 Abs. 3 EStG im Wirtschaftsjahr der Vereinnahmung, d. h. hier im Wirtschaftsjahr 1980/81 zu erfassen (BFH-Urteil vom 31. März 1977 IV R 159/76, BFHE 121, 476, BStBl II 1977, 549).

Eine Erfassung der Entschädigung in der Anfangsbilanz des Klägers beim Übergang zum Bestandsvergleich am 1. Juli 1981 aufgrund des in diesem Zeitpunkt gegebenen Wechsels der Gewinnermittlungsart war - zumindest zunächst - nicht geboten.

Insbesondere ist eine solche Pflicht nicht aus Abschn. 131 Abs. 3 Satz 4 EStR herzuleiten, weil diese Regelung allenfalls ein steuerliches Bilanzierungswahlrecht enthält (" ... kann ... bis zur Höhe der Entschädigung ein Schuldposten ,Wirtschaftserschwernis' eingesetzt werden"), dessen wirksame Ausübung in der Vergangenheit weder allgemein (vgl. BFH-Entscheidungen in BFHE 153, 138, BStBl II 1988, 672, und vom 17. März 1988 IV R 82/87, BFHE 153, 333, BStBl II 1988, 770) noch im Hinblick auf die vom FA behaupteten, aber nicht ersichtlichen Besonderheiten der Betriebsvorgänge im Sinne des § 13 a Abs. 8 EStG unterstellt werden kann.

Denn die Zulassung der Bildung eines Schuldpostens für die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse stellt eine Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dar; über diese ist durch besonderen Verwaltungsakt zu entscheiden, der ggf. mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden kann (BFH-Urteile vom 10. Juli 1979 VII R 72/78, BFHE 128, 429, BStBl II 1979, 698, und vom 28. Februar 1980 IV R 19/78, BFHE 130, 244, BStBl II 1980, 528; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 163 AO 1977 Tz. 7, m. w. N.). Eine solche für das Jahr der Vereinnahmung der Entschädigung - insbesondere im Hinblick auf Beginn und Ende der Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 - zu treffende und für die Veranlagung in den Folgejahren als Grundlagenbescheid bindende besondere Verwaltungsentscheidung (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O.) liegt nicht vor.

Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob die Bildung einer Rückstellung für zukünftige erhöhte Betriebslasten bei Land- und Forstwirten nach der Rechtsprechung des BFH überhaupt zulässig ist (vgl. Urteil vom 11. Juli 1973 I R 140/71, BFHE 110, 248, BStBl II 1973, 840, zur Unzulässigkeit eines Passivpostens für eine Ertragswertentschädigung; Leingärtner/Zaisch, a. a. O. Tz. 1249, und Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4, 5 Rz. 30 j "Rechnungsabgrenzung").

4. Bei dieser Sachlage ist die Entscheidung, daß die Entschädigung für Wirtschaftserschwernisse nicht mit dem Ansatz des Grundbetrages gemäß § 13 a Abs. 4 EStG n. F. als abgegolten gilt, sondern als Zuschlag im Sinne des § 13 a Abs. 8 Nr. 3 EStG erfaßt werden muß, - zumindest zunächst - allein für das Wirtschaftsjahr 1980/81 von Bedeutung, in dem sie vereinnahmt wird.

Für jenes Wirtschaftsjahr, das nicht zu den Streitjahren dieses Verfahrens gehört, ist somit zu prüfen, ob eine Änderung des diesbezüglichen Einkommensteuerbescheides möglich ist.

Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung nicht verzichtet, der Senat entscheidet durch Vorbescheid.