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  BFH-Urteil vom 10.4.1992 (III R 142/90) BStBl. 1992 II S. 632

Ein Antrag auf Genehmigung der Errichtung eines Gebäudes nach § 4 BImSchG steht zulagenrechtlich einem Antrag auf Baugenehmigung i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 3 InvZulG 1982 gleich. Der Zeitpunkt der Antragstellung bestimmt sich dabei nach dem Eingang des Antrages bei der nach dem BImSchG zuständigen Genehmigungsbehörde.

InvZulG 1982 § 4 b Abs. 2 Satz 3; BImSchG § 4.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1991, 42)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Gießerei. Sie beantragte am 22. Dezember 1981 beim Regierungspräsidenten in A die Genehmigung nach § 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) für die Errichtung und zum Betrieb einer neuen Gießerei einschließlich des Neubaus der erforderlichen Werksgebäude.

Noch im Jahre 1981 bestätigte der Regierungspräsident den Eingang des Antrags und setzte bereits zu diesem Zeitpunkt einen abschließenden Erörterungstermin wegen eventueller Einwendungen gegen die Anlage fest. Am 21. April 1982 genehmigte er den Neubau der Gebäude sowie die Errichtung und den Betrieb der sonstigen Gießereianlagen. Weitere behördliche Genehmigungen, insbesondere eine gesonderte Baugenehmigung, wurden nicht erteilt. Mit der Errichtung des Gießereigebäudes wurde unmittelbar nach Erteilung der Genehmigung begonnen. Der Betrieb wurde noch im Jahre 1982 aufgenommen.

Die Klägerin beantragte am 29. September 1983 eine Zulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982. Dabei rechnete sie in das Begünstigungsvolumen u. a. auch die für den Neubau der Gießereigebäude angefallenen Herstellungskosten ein.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte die Zulage nach § 4 b InvZulG 1982 zunächst antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung änderte das FA den Zulagenbescheid; es ließ die Aufwendungen für die Herstellung der Gebäude außer Betracht und forderte die darauf ausgezahlte Zulage einschließlich gesetzlicher Zinsen zurück.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 42 veröffentlicht.

Das FG ist insbesondere der Ansicht, der von der Klägerin im Dezember 1981 nach dem BImSchG gestellte Antrag habe einem "Antrag auf Baugenehmigung" i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 3 InvZulG 1982 gleichgestanden. Die Klägerin habe daher die Errichtung der Gießereigebäude bereits vor dem gemäß § 4 b InvZulG 1982 maßgeblichen Begünstigungszeitraum ins Werk gesetzt. Nicht entscheidungserheblich sei, daß für die baurechtliche Beurteilung erforderliche Unterlagen noch nach dem 1. Januar 1982 nachgereicht worden seien.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 4 b InvZulG 1982.

Sie beantragt, das Urteil des FG sowie den Investitionszulagenänderungsbescheid und die Zinsfestsetzung vom 5. November 1984 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet.

Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Errichtung der Gebäude für die Gießerei nicht nach § 4 b InvZulG 1982 begünstigt ist, weil die Klägerin die dafür erforderliche Genehmigung bereits vor dem Begünstigungszeitraum beantragt hatte.

Nach § 4 b Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1982 ist die Herstellung abnutzbarer unbeweglicher Wirtschaftsgüter nur begünstigt, wenn der Steuerpflichtige nachweislich nach dem 31. Dezember 1981 und vor dem 1. Januar 1983 mit der Herstellung (tatsächlich) begonnen hat. Bei Baumaßnahmen, zu deren Durchführung eine Baugenehmigung erforderlich ist, gilt abweichend davon als Beginn der Herstellung der Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Baugenehmigung gestellt wird (§ 4 b Abs. 2 Satz 3 InvZulG).

1. Der erkennende Senat hat sich schon wiederholt zur Auslegung des Begriffs "Antrag auf Baugenehmigung" sowie zur Frage des Zeitpunkts der Antragstellung geäußert. Er hat dabei als "Bauantrag" in Anlehnung an das Baurecht den an die Baugenehmigungsbehörde gerichteten Antrag auf Erteilung der Genehmigung für ein bestimmtes Bauvorhaben verstanden (s. zuletzt das Urteil vom 18. April 1990 III R 12/88, BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754, zur Bauanzeige, m. w. N.). Als maßgebenden Zeitpunkt der Antragstellung hat der Senat regelmäßig den Tag angesehen, an dem der dem später tatsächlich verwirklichten Vorhaben zugrunde liegende Plan eingereicht worden ist (vgl. das Urteil vom 30. September 1988 III R 34/87, BFH/NV 1989, 457). Wie die Genehmigungsbehörde mehrere nacheinander eingereichte Pläne verwaltungstechnisch behandelt, ist nicht maßgebend (vgl. Senats-Entscheidung vom 2. September 1988 III B 63/87, BFH/NV 1989, 194).

In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung ist der erkennende Senat der Auffassung, daß der Antrag auf Genehmigung einer baulichen Anlage nach dem BImSchG als "Antrag auf Baugenehmigung" i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 3 InvZulG 1982 anzusehen ist, und daß - dann denknotwendig - maßgebender Zeitpunkt der Antragstellung der Eingang dieses Antrags bei der nach dem BImSchG zuständigen Genehmigungsbehörde ist. Diese Beurteilung beruht entscheidend auf der Erwägung, daß ein Steuerpflichtiger auch durch die Stellung eines Genehmigungsantrages nach dem BImSchG seinen Entschluß, eine bestimmte Investition vorzunehmen, eindeutig und klar nach außen zu erkennen gibt.

a) Mit der Fristenregelung in § 4 b Abs. 2 Satz 2 InvZulG 1982 sollte eine verstärkte Investitionstätigkeit angeregt, andererseits aber die Möglichkeit von Mitnahmeeffekten vermieden werden (s. BFHE 160, 383, BStBl II 1990, 754, unter 1. b, m. w. N.). Entsprechend war es notwendig, den Zeitpunkt, zu welchem ein Steuerpflichtiger sich zur Investition entschlossen hat, genau zu bestimmen. Wie alle inneren Tatsachen bedurfte ein solcher Entschluß der Dokumentation; diese sah der Gesetzgeber im Regelfall im Beginn der Herstellung oder im Zeitpunkt der Bestellung. Eine Ausnahme hielt er - im Interesse der Steuerpflichtigen - allerdings bei solchen Investitionen für geboten, deren Durchführung einer behördlichen Genehmigung bedurfte. In diesen Fällen ist der Beginn der Herstellung nicht allein vom Willen des Investors, sondern entscheidend von der im Einzelfall nicht absehbaren Bearbeitungszeit der Behörde abhängig. Entsprechend gilt als Beginn der Herstellung bei baugenehmigungsbedürftigen Wirtschaftsgütern der Zeitpunkt der Bauantragstellung.

So verhält es sich auch, wenn vor Beginn der tatsächlichen Herstellungsarbeiten eine Genehmigung nach dem BImSchG erforderlich ist. Auch hier wird mit Stellung des Antrages der konkrete Investitionsentschluß nach außen dokumentiert. Ebensowenig hat der Investitionswillige die Möglichkeit, auf den zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens entscheidend Einfluß zu nehmen. Entsprechend sind investitionszulagenrechtlich an den Genehmigungsantrag nach dem BImSchG auch die gleichen Rechtsfolgen zu knüpfen wie an den "Antrag auf Baugenehmigung".

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Zeitpunkt, zu dem die Baubehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem BImSchG erstmals mit der Genehmigung befaßt wurde, nicht entscheidend. Dies ergibt sich bereits daraus, daß aus einem verwaltungsinternen Vorgang nicht auf den Investitionsentschluß eines Steuerpflichtigen geschlossen werden kann. Ebenso kann der Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung, ein Wirtschaftsgut herzustellen, nur anhand eines im einzelnen nachprüfbaren Verhaltens des Investors selbst bestimmt werden.

2. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe im Jahre 1981 einen noch unvollständigen Antrag eingereicht; ein vollständiger genehmigungsfähiger Antrag habe daher erst innerhalb des Begünstigungszeitraums vorgelegen.

Der erkennende Senat hat zwar bereits mehrfach entschieden, daß ein Bauantrag nur dann für den Beginn der Herstellung maßgebend ist, wenn das Investitionsvorhaben auch auf der Grundlage dieses Antrages und der dazu erteilten Baugenehmigung ausgeführt worden ist (s. zuletzt das Urteil vom 7. Dezember 1990 III R 88/88, BFHE 163, 282, BStBl II 1991, 378).

Doch wurde die Genehmigung im Streitfall - entgegen der Ansicht der Klägerin - aufgrund des im Dezember 1981 eingereichten Antrages erteilt. Dies ergibt sich bereits daraus, daß der Regierungspräsident noch im Jahre 1981 aufgrund der eingereichten Unterlagen einen abschließenden Erörterungstermin anberaumt hatte. Darin kommt zum Ausdruck, daß die Genehmigungsbehörde die eingereichten Unterlagen abschließend bearbeiten konnte und wollte. Eventuell noch nachgereichte baurechtliche Unterlagen änderten nichts daran, daß das für die Durchführung des umfassenderen und hier maßgebenden immissionsschutzrechtlichen Verfahrens erforderliche Aktenmaterial von Anfang an vorgelegen hatte.

Ungeachtet dessen standen die Werksgebäude auch bereits im Jahre 1981 in ihren wesentlichen baurechtlich bedeutsamen Merkmalen fest. Auch bei Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens sind nachgereichte bautechnische Unterlagen - z. B. statische Berechnungen - regelmäßig ohne Einfluß auf den Zeitpunkt des "Antrags auf Baugenehmigung". Außerdem hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß eine geringfügig andere Plazierung eines Gebäudes - wie sie von der Klägerin geltend gemacht wird - keine im Rahmen des § 4 b InvZulG 1982 relevante Änderung des im Bauantrag beschriebenen Wirtschaftsgutes bedeutet (vgl. BFHE 163, 282, BStBl II 1991, 378, unter 2.).

3. Der Klägerin steht nach alledem für die bei der Errichtung der Gebäude angefallenen Aufwendungen eine Zulage nach § 4 b InvZulG 1982 nicht zu. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).